Schlesien


Bei einer schlesischen Bauernhochzeit werden vor Allem zwei oder drei Junggesellen erwählt, von denen Einer der wirkliche "Hochzeitbitter" oder "Brautdiener" ist, und die andern Beiden seine Nebengehilfen sind. Der Name deutet schon die Pflichten an, welche die Junggesellen während der ganzen Festlichkeiten auszuüben haben, und diese beginnen mit dem öffentlichen Versprechen, welches früher auch das "Kränzelabholen" hieß.

Sobald nämlich das junge Pärchen einig ist, stattet in der Gegend von Rösnitz der Heiratslustige den Eltern seiner Erwählten einen Besuch ab, und der "Versprechnistag" wird anberaumt. Am Abend desselben versammeln sich um die Dunkelstunde die nächsten Vettern und die Paten des Bräutigams in dessen Behausung, die der Braut in der Wohnung ihrer Eltern. Jeder Teil hat seinen Vorredner oder "Freymann". In feierlicher Stille zieht der "Bräutrig", geführt von seinen nächsten Verwandten, hinter ihm sein "Freymann" und dann die übrigen Vettern und die Paten, Alle in lange Röcke gekleidet und Jeder mit einem Stab in seiner Rechten, nach dem Hause der Braut. Es ist verschlossen, die Braut nicht da. Der "Freymann" des Bräutigams klopft. Die um den Tisch sitzenden Vettern und Paten der Braut antworten nicht. Es wird stärker und stärker geklopft. Endlich murmelt die Mutter der Braut: "Ich muss schon schauen, wer da klopft," tritt in das Vorhaus und fragt: "Wer klopft denn da?"

"Arme Leute, die sich verirrt haben und eine christliche Nachtherberge suchen," ist die Antwort.

"Ja, wer weiß, was ihr für Gäste seid," erwidert die Hausfrau.

"Wir sind ehrliche Leute," wird geantwortet.

"Nun, wenn dem so ist, so lasst sie schön herein," rufen die in der Stube Sitzenden, und die draußen Harrenden treten ein. Sie bleiben demütig an der Stubentür stehen und ihr Vorredner beginnt, nachdem er den ihm zum Gruß dargereichten Bierkrug weiter gegeben, eine lange Rede über den Zweck ihres Kommens.

Der "Freymann" der Braut beantwortet sie und erklärt, dass die Eltern und Verwandten des Mädchens zwar nichts gegen die Heirat haben, aber nicht wüssten, wo die Tochter wäre. Aufgefordert, sie zu suchen, machen sich der "Freymann" und die Vettern des Bräutigams auf, sie zu holen und bringen sie an.

Der Vater fragt sie: "Bist du Willens, des N. N. christliche Ehefrau zu werden?" Eine Träne im Auge antwortet sie: "Was Vater und Mutter wollen, das will ich auch."

Da reicht ihr der Bräutigam seine rechte Hand, in die sie die ihre legt, der Vater spricht einige passende Worte, und man setzt sich zu Tisch. Dann werden die Ehepakten geschlossen, der "Freymann" des Bräutigams hält, ist man einig geworden, eine Rede, und "der Kranz ist geholt."

Einige Zeit später findet das sogenannte "Bauschau'n" statt. Die Eltern der Braut nehmen nämlich die Häuslichkeit, Einrichtung und Habe des Bräutigams in Augenschein und bemessen danach, was die Tochter etwa einzubringen hat.

In der letzten Woche vor der Hochzeit kommen die nächsten Basen der Braut in das Haus derselben zur "Bettschütt", die einige Tage währt, und die Muhmen der Brautleute "schirren Geschenke zu": Pfefferkuchen und Safran, große und kleine Rosinen, Mandeln und Zucker, geräuchert und "grün" Fleisch, Milch, Butter und Käse, Alles nach Vermögen.

Am Tage vor der Hochzeit, die in der Regel Dienstags gehalten wird, reiten in aller Frühe die Junggesellen aus der Verwandtschaft des Brautpaares vor jedes Haus. Sie sind in lange blaue, an den


Schlesien Hochzeit Brauch


Enden aufgeschlagene Röcke gekleidet, setzen einen hohen dreieckigen Hut auf, dessen Schnauzen mit "Riecheln" oder Sträußen von Rosmarin, Flittergold und bunten Bändern geschmückt sind, und haben auf der Brust eine Rose aus blau- und rotgefärbten Bändern nebst einem hervorragenden Strauß oder "Schmeckerle" von Zitronenblatt und Rosmarin. Hier und da hängen von beiden Achseln über den Rücken herab lange, breite, seidene Bänder von den Farben der Rose, im Ohlauer und Trachenberger Kreise dagegen werden große weiße Tücher zusammengeschlagen und über die rechte Schulter und unter den linken Arm geknüpft getragen. An den Stiefeln sind Sporen befestigt, und in der Hand ist ein zierlich gefärbter, aus Riemen geflochtener "Schmitz" (Handpeitsche) unentbehrlich. Ihre Pferde, die schon Wochen vorher von aller schweren Arbeit verschont und vorzugsweise gut gefüttert werden, sind mit einem nur zu diesem Behufe bestimmten Zaumzeuge geziert, mit einer gestickten Schabracke bedeckt und an den Mähnen und Schwänzen mit Blumen-, Buchsbaum- oder Rosmarin-Sträußen, Goldpapier, Flittergold und bunten Bändern herausgeputzt. Am Sattel stecken in den Halftern zwei Pistolen, welche, blind geladen, von Zeit zu Zeit abgeschossen werden.

Wo drei "Hochzeit-" oder "Innbitter" üblich sind, reitet der eigentliche Brautdiener in der Mitte seiner "Nebenmänner" oder "Mitreiter", die auch "Mitlatscher" (Mitgänger) oder "Mitgespons" genannt werden; wo nur zwei sind, auf der Ehren- oder rechten Seite.

Ein gellendes Jauchzen ruft die Hausbewohner an die Fenster. Der Brautdiener lässt seine Ankunft melden und bleibt vor dem Hoftor oder im Hofe zu Pferde halten, bis der Wirt oder die Wirtin herauskommt. Dann bringt er vom Pferd herab, jedoch mit entblößtem Haupt, seine Einladungsrede vor. Nöthigt man ihn aber, einzutreten, so lässt er die Pferde sicher anbinden oder halten, geht in die Stube, um dort die übliche Einladungsformel herzusprechen, und jagt hierauf weiter zum Nachbargehöft.

Geschieht die Einladung, wie in der Gegend von Glogau, am Sonntag des ersten Aufgebots, so pflegt der Hochzeitsbitter Nachmittags nach dem Kretscham (Wirtshaus) zu reiten, um dort Alle, die von den einzuladenden Gästen anwesend sind, auf ein Mal zur Hochzeit zu bitten.

Im Hochzeitshaus wird inzwischen von den Müttern der Hochzeitskuchen gebacken. Abends erscheinen die Hochzeitsbitter, die Vettern, der "Freymann" und der Bräutigam mit Musik vor dem Hause der Braut, und ein Tänzlein beginnt, das bis zur zehnten Stunde währt. An vielen Orten Niederschlesiens ist das "Poltern" üblich, und in Goldberg senden Bekannte, Freunde und Verwandte der Braut an diesem Abend Jedes ein "Wirtschaftsstücke".

Am nächsten Morgen in aller Frühe ertönen Hörner und Trompeten, Klarinetten und Geigen vor dem Fenster der Braut. Die Basen in vollem Schmuck treten in das Haus. Zwei Wagen fahren vor. Pferde und Kutscher sind herausgeputzt, die Peitschen sogar mit rotem Band verziert. Auf jeden Wagen steigen zwei Basen, und ihren Händen werden sorgsam die hoch aufgetriebenen Betten übergeben, die mit grünen Bändern gebunden sind. In der Regel kommen auch noch andere Sachen zu den Betten und namentlich auf dem Lande fehlt bei diesem "Brautfuder" nie ein mit bunten Bändern geschmücktes Spinnrad nebst Rocken. Die Musikanten voran, bewegt sich der Zug langsam und "staat", damit das ganze Dorf Zeit habe, der Braut prachtvolles Gebett zu schauen, bis zu des Bräutigams Haus, wo man hält, und Basen und Muhmen die Betten mit großer Vorsicht abladen. Oft ist ein Spaßmacher beim Zug zugegen, und bei Wohlhabenderen werden dem Bräutigam am Hochzeitstage auch "Brautkühe" zugeführt.

Bei Glogau holen sich die Junggesellen die für sie bestimmten Mädchen ab, deren jedes seinem Begleiter ein breites buntseidenes Band in's linke Knopfloch, ein buntseidenes Tuch in die linke Tasche, doch so, dass ein Zipfel heraushängt, und einen Goldflitter auf den Hut steckt und schenkt. Dasselbe tut die Braut am Brautdiener, der nun ihr Führer ist und sie beim Essen und Tanzen stets bedient. Braut und Bräutigam beschenken sich schon früher, und zwar erhält die Braut ein kostbar eingebundenes sogenanntes "Brautbuch", d. h. ein Gesangbuch oder eine Bibel, ein Korallenhalsband und einen silbernen Gürtel.





Anderswo gehen die Brautdiener nochmals zu Fuß herum und wiederholen ihre Einladung. Die "Kranzbinderin" überbringt dem Pfarrer ein "Schmeckerle", bestehend aus einer Zitrone, die mit Rosmarin und Zitronenblatt umwunden und mit einer grünseidenen Bandrose an ein zierlich geschnittenes Stäbchen befestigt ist.

In den Wohnungen der Brautleute versammelt sich die beiderseitige "Freundschaft". Die des Bräutigams geht, der Aufforderung des "Freymanns" gemäß, "nach der Braut." Diese sitzt inzwischen in ihrem Schmuck hinter dem Familientisch, ihr zur Rechten die "Gesellin" oder Kranzjungfer. Die Basen und Muhmen treten in die Stube, jede ein Geschenk unter der Schürze haltend. Die älteste Base wirft ihre Gabe zuerst auf den Tisch, indem sie spricht: "Lass dir deinen Bräutrig lieber sein, als mein klein Geschenk," die anderen folgen ihr nach, und die "Gesellin" räumt mit rascher Hand den Tisch ab, auf welchem Hauben, Mützen, Schürzen, Bänder und dergl. aufgetürmt liegen, und verbirgt die Geschenke hinter sich, weil schon der Zug des "Bräutrigs" naht.

Der Brautdiener lässt seine Ankunft melden, tritt ein, bittet um Einlass für den Zug, der natürlich gewährt wird, und führt dann an der Hand die "Züchtfrau" in das Zimmer, welcher die übrigen Frauen und Jungfrauen folgen. Hierauf bittet der Bräutigam um "Zulassung zum Tischsitz", sein "Freymann" hält, nachdem Alles mit einer Mahlzeit bewirtet worden, eine Rede über die Bedeutung des Kranzes, und der Brautdiener fordert zum Kirchgang auf.

In der Glogauer Gegend wird beim Eintritt des Bräutigams der "Freymann" vom Hochzeitsvater ersucht, die Braut, welche bis dahin in ihrer Brautkammer bleiben muss, zu holen, und sie im Namen der Eltern ernst und feierlich dem Bräutigam zu übergeben. Sie hat, gleich ihren Brautjungfern, das Haargeflecht mit einer Flitterkrone geschmückt, und den Kopf mit silberbrokatenen Bändern umbunden. In ihrem Kopfputz herrscht die grüne, in dem der Jungfern die rote Farbe vor. Ganz eigenthümlich ist der Anzug der Braut in Rösnitz. Die "Gesellin" ist ebenso gekleidet, nur dass sie keinen Schleier trägt.

Beim Zuge nach der Kirche schreitet das Chor der Musikanten voraus. Ihm folgen paarweise die Braut, geführt vom Brautvater oder Brautdiener, ihre "Gesellin" mit einem "Nebenmann" oder "Mitreiter", und die übrigen Junggesellen mit ihren Mädchen. Dann kommt der Bräutigam, geführt von seinem "Freymann", der angesehenste Hochzeitsgast mit seiner Frau, welche die "Züchtfrau" vorstellt, und hinter ihnen der Rest der verheirateten Gäste mit ihren Frauen. Ist es Winterzeit, gehen die Brautdiener voraus, um den Schnee vor der Braut zu beseitigen und ihr das Gehen leichter zu machen.

In der Gegend von Rösnitz folgen der "Gesellin" die Basen und Muhmen, Mädchen und Frauen in ihrem Festtagsschmuck, und dem Bräutigam die übrigen Junggesellen und Männer. Letztere haben Stöcke, die Hochzeitbitter dünne Rohrstöcke und Alle lange Röcke an. Die Junggesellen sind mit Bändern und "Schmeckern" geschmückt, der Bräutigam trägt auf der Brust eine Rose aus grünen und blauen Bändern mit Rosmarin und Zitronenblättern. An einem Ende des Hutes, welcher den Hüten der Hochzeitbitter gleicht, ist der Kranz befestigt, der, gleich dem der Braut, aus Gold- und Silberblättern besteht.

Vor dem Brauthaus und der Kirche drängen sich die Neugierigen zur "Brautschau", und unter diese werden von den Gästen kleingeschnittene Stückchen Kuchen teils von Hand zu Hand verteilt, teils hingeworfen. In der Kirche selbst verteilen sich die Geschlechter in die für sie bestimmten Bänke, indem jeder männliche Hochzeitsgast seine Begleiterin an ihren Platz geleitet. In Rösnitz muss die "Gesellin" zuerst die Braut entschleiern, bevor sie sich setzen darf.

Mit dem letzten Vers des gesungenen Brautliedes tritt der Geistliche zum Altar; der Bräutigam erhebt sich, um sich vor demselben aufzustellen, und der Brautdiener holt die Braut von ihrem Sitze, um sie ebenfalls zum Altar zu führen. Sie muss zur Rechten des Bräutigams, doch so nahe von ihm stehen, dass man nicht zwischen dem Brautpaar durchsehen kann, weil dies als Vorbedeutung einer unglücklichen Ehe gilt. Auf dem rechten Oderufer bei Glogau muss der Brautdiener zuerst den Priester, dann den





Bräutigam und zuletzt die Braut an den Altar führen, wo die "Züchtfrau" dem Bräutigam behutsam den Kranz auf's Haupt setzt. Denn sitzt er schief oder fällt er herunter, bedeutet es Unglück in der neuen Ehe. Die übrigen Hochzeitsgäste bilden einen Halbzirkel um das Brautpaar.

In manchen schlesischen Orten begibt sich der Brautdiener sogleich auf seinen Sitz zurück und steht erst nach der Einsegnung wieder auf, um die Braut vom Altar abzuholen und auf ihren Platz zurückzugeleiten. An anderen bleibt er während der Trauung hinter dem Brautpaar stehen, und zwar in Rösnitz neben der "Gesellin", welche ein "Bitter" zum Altar führt.

Um die Herrschaft im Hause zu gewinnen, muss die Braut bei der Trauung dem Bräutigam auf den Fuß treten, und um immer Geld zu haben, muss sie am Trauungstage ein Geldstück in den Strumpf legen.

Beim Opfergang um den Altar geht in der Glogauer Gegend das weibliche Geschlecht voran, und der Brautdiener macht den sogenannten "Schwenzelmann", d. h.: er ist der Letzte. Vor dem Verlassen der Kirche wird in Rösnitz die Braut wieder von der "Gesellin" verschleiert, und zum Heimweg nach dem Hochzeitshaus ordnet sich der Zug wie vorher, nur folgen bei Glogau die Männer den jungen Leuten und die Frauen gehen hinterdrein. Nach der Rückkehr aus der Kirche begeben sich die Gäste in ihre Behausungen oder die für sie bestellten Wohnungen, um sich umzukleiden, worauf sie abermals vom Brautdiener zum Hochzeitsschmaus kurz eingeladen werden.

Beim Essen sitzen Braut und Bräutigam neben einander im sogenannten "Brautwinkel". Neben der Braut sitzt die "Züchtfrau", dann kommen die Brautjungfern und die andern jungen Mädchen und Burschen, während die übrigen Gäste an den andern Tischen Platz nehmen. Auf dem rechten Oderufer bei Glogau sind die Geschlechter scharf getrennt, indem die Männer gewöhnlich links, die Frauenzimmer rechts in der Stube an zwei Tischen sitzen, und jeder Teil die ihm gehörige Person des Brautpaares im Winkel der Stube hat. Die Hochzeitbitter tragen die Speisen auf, bedienen die Gäste und suchen sie mit Späßen zu unterhalten. Das Mahl selbst besteht regelmäßig aus Rindsbrühsuppe, starrend von gelblichem obenauf schwimmendem Fette und Semmelbrocken, Rindfleisch mit Meerrettich, Rindfleisch mit Kohlrüben, Schweinefleisch und Sauerkraut, "Gelbfleisch", Hühnern mit Reis, "Schwarzsud" oder dem "schwarzen Gericht", Bratwurst und Sauerkraut, Fischen, Hirsebrei, Rind- und Schweinebraten mit Backobst, Kuchen, Butterbrot und Käse.

In Rösnitz zieht man aus der Kirche zuerst in das Wirtshaus oder den Kretscham, wo sich der Bräutigam, der am ersten Hochzeitstage nicht tanzen darf, hinter einen Tisch setzt, die Braut aber Mantel und Schleier ablegt, um zu tanzen. Ein Brautdiener tanzt ihr vor, und je künstlicher seine Schwankungen nach vor- und rückwärts ausfallen, desto mehr Ehre erwirbt er.

Sobald die Basen und Vettern, welche inzwischen im Hause der Braut "das Essen zuschirren", damit fertig sind, nehmen zwei Vettern die Stöcke zur Hand, gehen in den Kretscham und laden die Gäste zum Mahle ein. Die Tanzpaare achten jedoch nicht darauf und tanzen weiter, bis die Einladung nach einer halben Stunde wiederholt wird. Da hängt die "Gesellin" der Braut den Mantel um, wirft ihr den Schleier über und die ganze Gesellschaft zieht in der früheren Ordnung nach dem Hochzeitshaus. Vor demselben kommt der Vater der Braut mit einem Krug den Gästen entgegen, spricht: "Seid willkommen! lasst Euch einmal schenken!" und reicht ihnen den Ehrentrunk. Dann tritt man in die Stube, setzt sich, jeder Gast isst ein Stückchen Brot, das er vorher in das auf der Mitte jedes Tisches in einem hölzernen Teller befindliche Salz getunkt, und der "Freymann" der Braut ermahnt zur Ruhe. Ein Tischgebet wird hergesagt, unter einem Tusch der Musik bringen die aufwartenden Vettern die Suppe an, und dieser Tusch wiederholt sich bei jeder neuen Schüssel, die aufgetragen wird. Nach beendigter Mahlzeit bittet sich der Brautdiener mit einer kurzen launigen Rede ein Auflegegeld für seine Bemühungen aus. In Rösnitz tritt statt seiner einer der Vettern, in einer Hand eine Schüssel voll Wasser, in der andern einen Stock mit einem Handtuch, an jeden Tisch. Die Braut wäscht sich zuerst die Hände, trocknet sie sich am Handtuch





ab und legt ein Geldstück in die Schüssel. Alle Gäste folgen ihrem Beispiel. Dann erscheint eine der Basen, die rechte Hand mit Tüchern verbunden, als habe sie sich am Feuer verbrannt und reicht einen Kochlöffel herum, in den jeder Gast ein Geldstück legt. Hierauf hält der Vorredner der Braut eine Rede, welche die "Gesellin" beantworten muss, man stimmt das Lied: "Nun danket Alle Gott!" an, und zieht, wie man gekommen, die Braut im Mantel und Schleier, in den Kretscham zurück zum Tanze.

Bei Glogau begibt sich nach der Mahlzeit Alles zu Hause, um sich zum Tanze umzukleiden, worauf jeder Junggeselle wieder seine Jungfer abholt, die ihm dabei das bisher im Knopfloch getragene Band so am Hut befestigt, dass die ganze linke Seite damit bedeckt ist. Vor der Kretschamtür hält der Zug gewöhnlich an; der Brautdiener geht zum Gastwirt und bittet sich von ihm in einer wohlgesetzten Rede die Erlaubnis zum Tanze aus. Ist sie gegeben, fordert er die Gesellschaft mit einigen Worten zum fröhlichen Tanze auf. Wer die Ehre hat, mit der Braut zu tanzen, zahlte ehemals drei Kreuzer für die Musik.

Die unverheirateten Männer tanzen in der Regel bloß mit den ihnen zugeordneten "Hochzeit-Jungfrauen", welche ihnen am Schluss der Hochzeitfeier nach einem längeren gereimten Zwiegespräch die Kränzlein verehren, um die sie gebeten. Ist dies geschehen, bringt die "Züchtfrau" eine für die Braut gefertigte Haube, sämtliche Hochzeitfrauen nähern sich der Braut und setzen ihr die Haube auf. Von diesem Augenblicke an heißt sie nicht mehr Braut, sondern "Junge-Frau".

In Rösnitz verlässt um neun Uhr Abends die Braut mit ihren Basen, Muhmen und Jungfrauen den Tanzsaal, und geht ganz still und ohne Musik bei dem Scheine einer Laterne in's Haus des Bräutigams. Dieser ist ihr bereits vorausgeeilt, und ohne weitere Förmlichkeiten lassen sich die Frauen an einem und die Mädchen am andern Tische zum "Brautessen" nieder. Alsbald tritt die Mutter des Bräutigams in's Zimmer, wirft der Braut ein Geschenk mit den Worten zu: "Lass dir meinen Sohn lieber sein, als mein klein Geschenk," und veranlasst so die Basen und Muhmen, ein Gleiches zu tun.

Alle Geschenke werden von der "Gesellin" in der Schürze gesammelt. Dann bewillkommt der Bräutigam seine Braut, und das Essen beginnt mit denselben Gerichten und Förmlichkeiten, wie im Hause der Braut. Nach und nach verliert sich die Gesellschaft und die Braut wird ihres Schmuckes entledigt. Gleichwohl setzt sie am nächsten Tage, wo sich um zwei Uhr Nachmittags die Hochzeitsgäste von Neuem im Hause des jungen Ehepaares versammeln, um gegen drei Uhr wiederum zum Tanz zu ziehen, nochmals den Kranz nebst einem Rosmarinkränzchen auf, geht aber nicht mehr verschleiert.

In der Glogauer Gegend pflegen am zweiten Tage der Hochzeit die Geschlechter die Tische zu wechseln, indem die Männer am Tische rechter, die Frauen am Tische linker Hand Platz nehmen. Nach dem Essen lauern die Frauen auf eine Gelegenheit, der Braut den Kranz zu rauben, welchen die Jungfrauen sorgfältig bewachen, und wenn es ihnen gelingt, eilt sogleich die "Züchtfrau" herbei, um der Braut eine Haube aufzusetzen. Dadurch ist die junge Frau gewissermaßen den Weibern verfallen, welche sie im Brautwinkel festhalten, und der Bräutigam muss nun sehen, sie von ihnen loszukaufen. Er fängt gewöhnlich sein Angebot, das er der "Züchtfrau" macht, mit kleinem Gelde an, steigt dann zu Talern und zuletzt zu Dukaten, so dass ein reicher Bräutigam oft 10-20 Taler daran wenden muss, ehe die "Züchtfrau" mit der Summe zufrieden ist, die sie der jungen Frau zum guten Anfang in der neuen Wirtschaft übergibt. Mit dem Brautkauf endet auch das mühsame Geschäft des Brautdieners, welcher bis dahin der eigentliche Anordner aller Feierlichkeiten ist.

Der Bräutigam will nun mit seiner von ihm erkauften Frau den Ehetanz beginnen, da bemerkt man, dass die Braut plötzlich lahm, bucklig oder schielend ist. Alles schreit und lacht den Bräutigam aus, dass er einen so schlechten Kauf gemacht, bis er den Betrug entdeckt und den Tanz fortsetzt. Noch an demselben Tage führt der junge Ehemann seine Frau heim, und wenn sie aus einem andern Dorfe ist, so war es noch Anfang dieses Jahrhunderts Sitte, dass vor dem Wagen des Mannes ein anderer ohne Hinter-





räder fuhr, mit einem Pferd bespannt, auf welchem ein Knabe oder Knecht saß. Am Kummet war eine lange empor stehende Stange befestigt und an dieser hing ein Paar alter schmutziger Beinkleider.

Anderwärts begibt sich die junge Frau, ehe sie das elterliche Haus verlässt, mit einigen der weiblichen Gäste in eine Kammer und wartet dort, bis der Brautdiener sie abholt, um sie an der Hand zum Wagen zu führen. Dann fordert der Brautdiener die Gesellschaft auf, das junge Ehepaar zu begleiten, besteigt sein Pferd und reitet links neben dem Brautwagen, oder, wenn das nicht geht, vor demselben.

Auf der Dorfgrenze wird Halt gemacht, der Brautdiener ladet die Begleitung nochmals ein, "mit dem Herrn Bräutigam in seine Behausung zu ziehen auf wenig Essen und einen Trunk," und sendet zwei Mitreiter voraus, welche die Ankunft der Braut melden und als Wahrzeichen, dass sie ihren Auftrag erfüllt, einen langen Kuchen mit zurückbringen.

Bei der Ankunft führt der Brautdiener die Braut an der Hand in das Haus und hinter den Tisch; ist dieselbe aber Wittwe, darf er sie blos bis zur Haustür geleiten, wo sie dann von ihrem Bräutigam in Empfang genommen und eingeführt wird.