Pyrenäische Halbinsel


(Spanien, Portugal)


Während anderwärts die Brautwerber in der Regel die Unterhandlungen anknüpfen, welche zum Abschluss einer Ehe führen sollen, treten sie in manchen Gegenden des südlichen Spaniens erst auf, wenn sich die jungen Leute bereits verständigt und die Eltern die Verbindung gutgeheißen haben.

So dient z. B. in Valencia die Brautwerbung in aller Form bloß als Zeremonie, die Verlobung gewissermaßen rechtskräftig zu machen, und es wird, nachdem das Mädchen schon Ja gesagt hat und die Eltern eingewilligt haben, ein besonderer Abend zu dieser Feierlichkeit bestimmt.

Der Freier erscheint alsdann in Begleitung eines Hochzeitbitters und einiger Kameraden vor dem Hause der Geliebten, welches vorher mit Blumenfestons geschmückt worden ist. Je prachtvoller der Aufzug, desto ehrenvoller für die Braut. Musikanten und Fackelträger dürfen daher nicht fehlen, und der Hochzeitbitter besonders muss ein "trovador" oder Improvisator von Ruf sein. Wie einst in der Provence, gibt es nämlich in ganz Andalusien und vor Allem in Valencia noch "trovadores", welche die Gabe besitzen, Lieder aus dem Stegreif dichten und singen zu können und deshalb bei festlichen Gelegenheiten, wie bei Hochzeiten, eingeladen und namentlich als Brautwerber oder Hochzeitbitter verwendet werden.

Kömmt nun der Zug vor dem Hause an, so stellt er sich im Halbkreis vor der Türe auf, und der "trovador" tritt mit dem Bräutigam vor und hebt im Namen des Letzteren an:

Ich komm' in stiller Mitternacht,
Zu sehen, ob mein Liebchen wacht;

Ich komm' bei hellem Sternenschein,
Zu schauen nach dem Mägdlein mein!

worauf er die Schönheit der Braut rühmt, ihren Wuchs mit dem der Palme, ihre Lippen mit den Granatblüten vergleicht, immer begeisterter in seinen Ausdrücken wird, und sie zuletzt für das vollendetste Schönheitsideal erklärt. Doch ist es nicht genug, ihre körperlichen Eigenschaften zu loben. Ihre moralischen Tugenden geben diesen nichts nach, und der Schwan, die Taube und die Schwalbe müssen als Vergleichung dienen, um ihre Reinheit, Sanftmut und Häuslichkeit gebührend schildern zu können. Sie ist mit einem Worte nicht bloß das Weib aller Weiber, sondern geradezu ein "Erzweib".

Hat der "trovador" seinen Preisgesang geendet, klopft der Bräutigam an die Haustür und ruft die Geliebte drei oder vier Mal bei Namen, bis sie es endlich für schicklich findet, das Fenster niederzulassen, das Köpfchen herauszustecken und zu fragen, was der Herr begehre.

Dich will ich, Dich will ich, mein himmlisches Kind!

gibt der Sprecher des Bräutigams begeistert zur Antwort, und fährt nun fort, ihr die Liebe desselben mit den glühendsten Farben zu malen, da sie natürlich die feurigste unter der Sonne ist. Um dem Mädchen gleiche Empfindungen einzuflößen, spricht er von der Liebessehnsucht der Natur:

Die Sterne drehen in Liebesharmonien,
Die Wellen küssen und vereinen sich,

Die Bäume murmeln liebevoll zusammen,
Und eine Blüte strebt zur andern hin,

geht dann zu dem Tierreich über, indem er fragt:

Hörst Du die Taube girren?
Hörst Du die Nachtigall schlagen?

Hörst Du der Liebe süßen Ruf
Von Allem, was die Liebe schuf?

und schließt mit der Nutzanwendung auf den vorliegenden Fall.

"Was soll ich sagen?" ruft die Braut mit verstellter Sprödigkeit aus. "Ach, ich bin noch viel zu jung dazu! Wer will das Täubchen schon so früh von seiner Mutter reißen und eine Knospe brechen, die noch geschlossen ist? Und überdem, ich kenne Dich ja nicht! Wo kommst Du her? Wer bist Du denn?"


Hochzeitsriten


Die Auskunft, welche der zärtliche Freier durch den Mund des "trovador" über sich gibt, ist so beruhigend, seine Worte sind so überzeugend und seine Überredungskunst ist so groß, dass nach einigem Sträuben das blöde Mädchen dem holden Versucher nicht länger Widerstand leistet, hastig den Kranz, den sie im Haar trug, vom Kopf reißt und ihn dem Freier mit den Worten zuwirft, dass es ihm treu sein will auf ewig. Ein fröhlicher Tusch der Musik verkündet den Triumph des jungen Mannes. Alle Fenster des Hauses werden erleuchtet, und die Eltern kommen mit dem verschämten Mädchen heraus und laden den Bräutigam mit seinem Gefolge ein, in's Haus zu treten, wo sogleich ein lustiger Ball beginnt, bei dem es an Erfrischungen nicht fehlen darf, und rundumher ertönt die ganze Nachbarschaft von Freudenschüssen und Jubelgeschrei.

Es ist zugleich das erste Mal, dass der Freier die Wohnung seiner Geliebten betritt. Denn in ganz Andalusien dürfen Liebhaber vor der öffentlichen Verlobung die Dame ihres Herzens nie in deren Hause sehen, sondern müssen sich damit begnügen, sich in der Abendstunde von der Gasse aus mit ihr zu unterhalten. Wenn man daher des Abends durch die Straßen einer andalusischen Stadt geht, so sieht man sicherlich hier und da junge Männer, welche, in ihren Mantel gehüllt und den Hut tief in's Gesicht gedrückt, um von Vorübergehenden nicht erkannt zu werden, an eines der vergitterten Parterrefenster gelehnt stehen und leise mit einem Mädchen flüstern, dessen Umrisse nur schwach hervortreten, weil die Zimmer nicht erleuchtet sind.

In den Dörfern der Provinz Salamanca erklärt ein Bursche seiner Erkorenen seine Liebe dadurch, dass er vor ihrem Hause wartet, bis er sie am Fenster erblickt, sie dann grüßt und bittet, den Balkon zu öffnen. Tut sie es, wirft er seinen Knotenstock hinein, und je nachdem das Mädchen letzteren ohne ein Wort zu sagen wieder auf die Straße wirft, oder dem Burschen zuruft: "Der Stock bleibt im Hause," ist er abgewiesen, oder als Verlobter angenommen.

An kleineren Orten und auf dem Lande sind gewöhnlich die Brunnen die Rendezvousplätze der Jugend, und sobald die Glocken das Ave oder die "Oracion" verkündet haben, versammeln sich die Mädchen, um Wasser zu holen und den Geliebten zu sehen und zu sprechen.

Sind die jungen Leute einig und ihre Eltern von ihrer gegenseitigen Neigung unterrichtet, so begeben sich in Murcia die Eltern des jungen Mannes in das Haus des Mädchens und fragen die Eltern des letzteren, ob sie etwas gegen die Verbindung einzuwenden haben. Ist dies nicht der Fall, so halten sie im Namen des Sohnes um die Hand der Tochter an, was "um die Braut bitten" (pedir à lanovia) heißt. Hierauf erkundigen sie sich bei der Braut, ob sie etwas von Kleidungsstücken nötig habe, indem sie dem Herkommen gemäß anschaffen müssen, was jene verlangt, und sollte es selbst ihr Vermögen übersteigen. Indessen sind die Forderungen selten zu hoch, weil es für eine Schande gilt, zu große Ansprüche zu machen.

Die Eltern der Braut halten für diesen Besuch Erfrischungen bereit, und gehen nach einigen Tagen mit den Eltern des Bräutigams gemeinsam zu dem Pfarrer, um das Aufgebot zu bestellen.

In Kastilien begibt man sich schon zur Verlobung (por tomar los dichos) in's Haus des Pfarrers. Dieser examiniert die Brautleute über die Religionsartikel, dann pflegen die Eltern mit Zuziehung eines Notars die Aussteuer ("el dote" oder "las arras") zu bestimmen, oder, wie man zu sagen pflegt, die Braut zu "erhandeln" (ajustar la novia), und darauf werden verzuckerte Früchte, süßes Backwerk und frisches Wasser vorgesetzt.

Wenn in der Umgegend von Murcia ein heiratslustiger Bursche ein Mädchen, das ihm gefällt oder ihm angerühmt worden, näher kennen zu lernen wünscht, so erscheint er eines Tages vor dem Hause dieses Mädchens und bittet um Wasser. Wird er, wie nicht anders zu erwarten, eingeladen, sich zu setzen, so macht er sich eine Papier-Zigarre zurecht und bittet um Feuer. Er raucht gemächlich seine Zigarette, ohne viel Worte zu wechseln, aber seine Augen sind um so beredter, obgleich er sich bemüht, es nicht merken zu lassen. Nach einiger Zeit kommt er wieder und hält sich abermals unter irgend einem Vorwand in dem





Hochzeitsbräuche Hochzeitstracht


Hause auf, um das Mädchen in seinem Wesen und Treiben zu beobachten. Vielleicht wagt er auch, einige Worte auf dasselbe zu "werfen".

Ist er nun entschlossen, es zu ehelichen, entdeckt er dem Vater seine Absicht, mit seiner Tochter in den Brautstand zu treten, und erhält in der Regel die Antwort: "Geh jetzt und erkundige Dich nach mir, damit Du erfährst, wer ich bin; ich werde mich ebenfalls nach Dir erkundigen, damit auch ich weiß, wer Du bist. Nach so und so viel Tagen komm' wieder."

Sind die eingezogenen Nachrichten günstig für den Freier, so erteilt ihm der Vater die Erlaubnis zum öfteren Besuche seines Hauses, und die jungen Leute werden "novio" und "novia", Bräutigam und Braut, genannt, ohne dass eine eigentliche Verlobung stattfände. Auch das Benehmen der Brautleute zu einander wird in Nichts geändert: sie umarmen sich nicht beim Kommen und küssen sich nicht beim Abschied. Ja nicht einmal die Hand dürfen sie sich reichen, "porque no si toca à las mozas" (weil man die Mädchen nicht berührt), und das ganze Glück des Brautstandes besteht in der Freiheit, sich ungehindert zu sehen und schwatzend beisammen zu sitzen. In den großen Städten Andalusiens ist man zwar weniger streng und gestattet dem Verlobten, seiner Braut den Arm zu bieten, wenn er sich auf der Straße oder Promenade mit ihr zeigt, aber küssen in Gegenwart Anderer darf er sie ebensowenig, wie ein Ehemann seine Frau.

Sollten unerwarteter Weise die Eltern eines Mädchens nicht in die Verheiratung ihrer Tochter mit ihrem Geliebten willigen, und trotz dreimal wiederholter Werbung auf ihrer Weigerung beharren, so hat in Spanien der Freier das Recht, sich klagend an die Behörde zu wenden. Der Alkalde verfügt sich sogleich in voller Amtstracht, in einer Kutsche oder "Tartane" fahrend, in das Haus des Mädchens, fordert den Vater des Letzteren von Amtswegen auf, seine Zustimmung zu geben, und nimmt, wenn er es nicht tun will, ohne Weiteres das Mädchen mit sich, um es in die Wohnung eines ehrenhaften Familienvaters zu bringen, wo es bis zur Trauung bleibt. Der Vater darf sich den Verfügungen der Obrigkeit nicht widersetzen und muss es daher geschehen lassen, dass sich die Tochter wider seinen Willen mit ihrem Geliebten verheiratet, sei dieser auch das schlechteste Subjekt, wenn er nur den Richter für sich zu gewinnen weiß.

Arme Freier entführen in solchem Falle ihre Geliebte wohl auch ohne Behörde und bringen sie bis zur Heirat in ein anständiges Haus, und hat ein Mädchen bereits das zweiundzwanzigste Jahr erreicht, so kann der Vater es nicht hindern, nach seinem Belieben über seine Hand zu verfügen. Auch Witwen bedürfen keiner Einwilligung ihrer Eltern, und jeder Einspruch gegen eine eheliche Verbindung ist ungesetzlich, wenn er nicht öffentlich in der Kirche bei dem Aufgebot geschieht.

Das Aufgebot selbst findet an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen, die Trauung in Kastilien meist des Sonnabends und nie an einem Dienstag, in Murcia gewöhnlich drei Tage nach dem letzten Aufgebot statt. In Valencia werden die Hochzeiten in der Regel im Mai oder Juni gefeiert, und zur Trauung wird in den Städten fast überall die Abendstunde gewählt.

In Kastilien trägt die Braut, wenn sie Jungfrau ist, am Hochzeitstage eine weiße Blume an der Brust, und nur in sehr vornehmen Ständen mitunter, wie in Frankreich, einen Kranz von Orangenblüten; in Andalusien dagegen einen Kranz von roten Rosen und Nelken. Ihre Eltern und nächsten Verwandten begleiten sie nach der Kirche, und bei der Trauung werden ohne vorherige Übereinkunft aus den Anwesenden die Zeugen gewählt. Brautjungfern kennt man nicht.

Nach der Trauung begibt sich die Gesellschaft in das Haus der Braut, wo Schokolade mit Biskuit aufgetragen wird, und Nachmittags der Hochzeitsreigen (el baile del espigo) stattfindet. Man wählt dazu die sogenannten "seguidillas manchegas", einen Volkstanz, bei welchem die Tanzenden sich, ohne sich anzufassen, einander gegenüberstehen. Jedes der Geladenen, Mann, Frau oder Kind, muss drei "seguidillas" mit der Braut tanzen und ihr dafür ein Geschenk machen, das bisweilen in Hausgerät, häufiger in Naturalien, wie Öl, Weizen u. dergl., gewöhnlich aber in Geld besteht und ihr nach dem Tanz von Seiten der Männer mit einer Umarmung, von Seiten der Frauen mit einem Kuss in die Hand gedrückt wird.





Da es in Barcelona nicht üblich ist, Freunde in die Kirche zu laden, so begeben sich bloß die Verwandten einzeln hin, um der kirchlichen Zeremonie beizuwohnen, die übrigen Gäste aber versammeln sich im Hause der Braut. Die Säle, in denen sich die Gesellschaft bewegt, sind reich mit Bäumen, Sträuchern und Blumen verziert; in dem einen sind die Herren mit dem Bräutigam, in dem andern sitzen auf schmalen Divans, die längs der Wände herumlaufen, die Damen in schwarzer Seide, das Haar mit einem kleinen Büschel Granatblüten oder dunkelroten Nelken, manchmal auch nur mit Korallen geschmückt, die Mantilla herabfallend auf die bis an den Hals hochanschließenden Kleider, und auf der Brust und an den Armen reich mit langen Schnüren schöner Perlen und Korallen, Goldketten und maurischen Spangen versehen. Die Braut, in demselben Anzug, empfängt die ankommenden Damen mit den in Spanien üblichen vielen Umarmungen und nötigt sie, auf einem der Divans Platz zu nehmen. Die Konversation wird in einem leisen, bis zum Flüstern gedämpften Tone geführt und nur das Rauschen der Fächer bringt etwas Leben in die geheimnisvolle Stille.

Wenn gegessen werden soll, ziehen die Damen, die Hausfrau mit der vornehmsten Fremden voran, paarweise in einen anderen Raum, während die Herren in ihrem Saal bleiben, wo besonders für sie gedeckt wird. In der Regel ist der Tisch der Herren mit den verschiedensten Braten und Weinen besetzt, die Tafel der Damen dagegen weniger substantiell, aber dafür poetischer ausgeschmückt. Körbe voll der auserlesensten Blumen in den prachtvollsten Farben spenden einen beinahe betäubenden Duft, zahlreiche, schöngearbeitete Girandolen ein glänzendes Licht, und zwischen je vier Personen steht ein Aufsatz von Kristall mit einer hohen Pyramide von kandierten Früchten, in welcher Scheiben von Ananas, Melonen, Orangen, Pfirsichen und Granatäpfeln mit Mandeln und Nüssen sich mischen und zu einem wahren Turm emporsteigen. Kuchen, Früchte und Backwerk aller Art, Mandelmilch und Eisorgeade werden herumgereicht, und sobald das Mahl vorüber ist, räumen die Diener Teller, Gläser und Löffel weg, und lassen nur die Messerchen liegen, mit denen die Tischgenossinnen tapfer auf die glasierten Fruchtpyramiden losklopfen, um die herabfallenden großen und kleinen Stücke auf ihren Taschentüchern, die sie auf der Tafel ausbreiten, aufzufangen und so viel davon einzubinden, als die Tücher fassen können.

Sind die Herren mit ihrem Essen fertig, kommt der Bräutigam, mit einem mächtigen Korb am Arm, in den Essraum der Damen, welche bei seinem Erscheinen sogleich in einen Halbkreis zusammenrücken und, obgleich sie sitzen bleiben, ihre Kleider zusammennehmen, wie kleine Mädchen ihre Schürzen. Er tritt bis in die Mitte vor, bleibt dann stehen und wirft aus seinem Korb ganze Hände voll der feinsten Süßigkeiten - gefüllte Bonbons, Likörmandeln, Fruchtdulcis u.s.w. den erwartungsvoll aufblickenden Damen in den Schoss. Sobald eine Jede ihren Anteil empfangen hat, zieht er ernst und feierlich wieder ab, und nun strömen Herren und Damen in den Saal, in welchem getanzt werden soll.

Braut und Bräutigam, welche der Etikette gemäß bis dahin wohl zärtliche Blicke gewechselt, aber nie ein Wort mit einander gesprochen und höchstens aus der Entfernung sich gegenseitig stumm zugetrunken haben, tanzen nun bloß mit einander und erlauben sich auch ein leises Geplauder, indessen schon nach wenigen Tänzen hat die Unterhaltung ihr Ende erreicht. Eine der älteren Damen erhebt sich, um Abschied zu nehmen und küsst zuerst die Braut, dann die Hausfrau und zuletzt der Reihe nach alle anwesenden Damen. Eine Zweite folgt ihrem Beispiel und so geht es weiter, bis alle fort sind und nun die Herren anfangen, sich ebenfalls zu verabschieden.

In der Umgegend von Andujar in Andalusien wird das Hochzeitsmahl gewöhnlich im Freien eingenommen. Man setzt sich, nachdem die Neuvermählten die Glückwünsche ihrer Freunde empfangen, vor der Haustür unter einem Feigenbaum nieder, die Braut zwischen dem Bräutigam und dem Notar oder einer andern Notabilität des Ortes. Kommt ein Fremder vorüber, ist er ein willkommener Gast und der Bräutigam steht sogleich auf, um ihn zu Tische zu laden und ihm den Platz neben der Braut anzubieten. Alter Sitte gemäß füllt die Braut, wenn beim Ende der Mahlzeit feinere Weine, wie Montilla, vorgesetzt





werden, das Glas des Fremden, nippt davon und überreicht es ihm dann, was man mit dem Ausdruck "una fineza" bezeichnet und bei Personen tut, die man besonders schätzt. Nach dem Essen wird gesungen und getanzt. Wer es kann, improvisiert zur Gitarre Lieder zu Ehren der jungen Eheleute, und häufig werden eigens "trovadores" von Fach dazu bestellt.

In Murcia wird unmittelbar nach der Trauung getanzt und dann erst gegessen. Der Brautvater bewirtet sämtliche Gäste, lässt aber meist einen leeren Teller unter den Anwesenden herumgehen, auf welchen diese Geld werfen, das für die Braut bestimmt ist. Da er nämlich nicht bloß die Wohnung, sondern auch Alles, was dazu gehört, bis zu den Wassergefäßen und kleinsten Kochtöpfen herab, für seine Tochter anschaffen muss - eine Ausgabe, die mindestens auf 1500 Realen zu stehen kommt, so gibt er ihr außer dieser Ausstattung höchst selten noch bares Geld mit.

Nach der Mahlzeit verlassen die Gäste mit den üblichen Glückwünschen das Haus, nur die Paten des Brautpaares bleiben zurück, um dieses später nach der für dasselbe bestimmten Wohnung zu geleiten und es beim Weggehen dort einzuschließen, damit es nicht gestört werden könne, was namentlich bei der Wiederverheiratung eines Witwers oder einer Witwe gern zu geschehen pflegt. Denn so wenig Umstände vor und bei der Hochzeit eines solchen Paares gemacht werden, so groß ist der Lärm nach der stattgefundenen Trauung. Kaum dunkelt es, so rotten sich die Burschen des Ortes zusammen, um dem neuvermählten Paare allerlei Possen zu spielen. Es wird irgend ein totes Tier an die Haustür gebunden, um damit zu klopfen, es werden alle möglichen Schallinstrumente zusammengeholt, um eine solenne Katzenmusik auszuführen, und wenn es irgend geht, wird heimlich ein starker Strick am Bettgestell befestigt, um dieses im geeigneten Moment umfallen lassen zu können. Eine reichliche Verteilung von Wein und Erfrischungen ist allein im Stande, dem armen Ehepaar Ruhe zu verschaffen, und ist es vollends als geizig verschrieen, oder sonst irgendwie übel angeschrieben im Dorf, so dauert der Schabernack oft Tage lang und keine Behörde kann ihn hindern.

Auf den Dörfern der Provinz Salamanca ziehen die Brautleute nach der Trauung in Begleitung eines Musikanten, der die "gaita", eine Art Schalmei, bläst, durch das Dorf, machen vor jedem Hause eines Freundes oder Verwandten Halt und laden die Bewohner desselben zum Tanze ein. Dieser wird auf dem Konstitutionsplatz abgehalten. Es werden Bänke aus der Kirche geholt und in einem Viereck aufgestellt. An einem Ende dieses geschlossenen Raumes setzt man einen Tisch hin und auf denselben stellt man eine Torte, neben welche man ein Messer legt. Die Eltern des Brautpaares, sowie die Trauzeugen setzen sich um den Tisch herum, und Jeder der Gäste, der mit der Braut tanzt, geht darauf an den Tisch, sticht mit dem Messer ein Loch in die Torte und steckt ein Geldstück hinein.

Ein anderer eigentümlicher Gebrauch findet an einigen Orten in der Umgebung Madrids statt, indem sich dort am Hochzeitstage zwei Burschen an die Türe des Hauses der Braut stellen, und, wenn sich alle jungen Bursche des Dorfes um sie versammelt haben, mit lauter Stimme der Eine alle Gebrechen und Fehler der Braut aufzählt, der Andere sie verteidigt. Leider kommt es dabei vor, dass Redner, die dem Gegner nicht gewachsen sind, das Messer ziehen, um Sieger auf dem Kampfplatz zu bleiben. Auch muss dort der Bräutigam, wenn er aus einem andern Orte ist, sich die Braut von den Burschen des Dorfes mit einer Quantität Wein, Fleisch, Brot u. dergl. erkaufen, damit sie ihm erlauben, seine Frau heimzuführen.

In Valencia muss der Bräutigam mit Hilfe seiner Kameraden die Braut von den sie bewachenden Mädchen noch einmal erkämpfen, wenn er sie am Trauungstage gegen Mitternacht aus der Versammlung der Hochzeitsgäste führen will, und in der Regel flüchtet er mit ihr auf die Terrasse des Hauses, wo das Brautbett unter einer Blumenlaube aufgeschlagen steht. Gegen Morgen schleicht das glückliche Paar durch die Falltüre des Daches in das Haus hinab, wo sich allmählich die Gäste wieder zum Frühstück einfinden und die Mädchen ihrer früheren Gespielin eine aus "esparto" geflochtene Wiege als Geschenk bringen. Sind


Rituale zur Hochzeit


die Eltern der Braut reich, wird der Rest des Tages mit neuen Vergnügungen, wie Pferderennen, Ballspielen, Marionettenkomödien u.s.w. unter beständigem Jubel verbracht.

In Kastilien versammeln sich am Tage nach der Trauung die nächsten Verwandten im Brauthaus und schmausen bis zum Abend, weshalb dieser Tag "torna boda" genannt wird.

Auch in Portugal wurden früher die Hochzeiten so pomphaft gefeiert, dass Wenigerbemittelte sich nicht selten durch die dafür verausgabten Summen ruinierten. Namentlich ist dort das Ehebett ein Gegenstand des größten Luxus. Es wird auf das Kostbarste geschmückt: mit Gold-, Silber- und Seidenstoffen behangen, mit Blumen bestreut und mit Betttüchern belegt, die mit den feinsten Spitzen besetzt sind.

Die Trauung findet bei den niederen Klassen in der Pfarrkirche, bei den höheren in der Hauskapelle statt. Der Priester pflegt dabei die Hände des Brautpaars mit dem Ende seiner Stola buchstäblich zusammenzubinden, ehe er den Ring ansteckt. Er hält das Amt in lateinischer Sprache, und die Zuschauer, welche trotz der feierlichen Handlung es nicht im mindesten für nötig halten, etwas Ernst zu zeigen, warten nur auf den Augenblick, wo die Zeremonie zu Ende ist, um die jungen Eheleute mit einem wahren Hagel von Bonbons zu bewerfen, ehe es ihnen möglich ist, sich aus der Kirche oder Kapelle zu flüchten. Mitunter wird selbst der Priester zur großen Belustigung des Publikums von den Bonbons getroffen, welche für das Brautpaar bestimmt sind. Bei Vornehmen werden die Festlichkeiten mit einem Balle im Hause der Eltern der Braut oder des Bräutigams beschlossen, bei welchem das junge Paar beständig zugegen sein muss, und dann tritt wieder die Eintönigkeit des portugiesischen Familienlebens ein, indem die Eheleute gewöhnlich so lange bei den Eltern wohnen bleiben, bis das Haus derselben ihr Eigentum wird oder die Vermehrung der Familie sie zwingt, eine andere Wohnung zu suchen.

Diese klösterliche Zurückgezogenheit der Portugiesinnen macht es auch den Männern äußerst schwierig, sich ihnen zu nähern. Hat ein junger Mann sich verliebt, so geht er so oft als möglich an den Fenstern seiner Angebeteten vorüber, bis er ihre Aufmerksamkeit erregt. Ist das geschehen, so bleibt er wohl stehen, flüstert einige höfliche Redensarten und entfernt sich, sobald er von Fremden bemerkt wird, um nach einer Weile wieder zurückzukehren und die Unterhaltung fortzusetzen. Dann trifft er die Geliebte zunächst in der Kirche, und, an einem Seitenaltar neben ihr kniend, wird es ihm möglich, ihr ein Liebesbriefchen mit den Ausdrücken seiner Bewunderung zuzustecken. Hat sie aber eine strenge Mutter oder eine luchsäugige alte Dienerin zur Begleitung, so ist irgend ein Chorknabe oder Messner gegen gute Belohnung gern erbötig, diese Besorgung zu übernehmen.

Auf den Bällen endlich bleibt einem Liebhaber wenig Zeit zu zärtlichen Gesprächen und Erklärungen, weil die Sitte verlangt, die Tänzerin unmittelbar nach Beendigung des Tanzes auf ihren Sitz neben die mit ihrer Beaufsichtigung betraute Dame zurückzuführen. Empfiehlt sich jedoch ein Bewerber durch Vermögen und Herkunft, so wird ihm von Seiten der Eltern leichter Gelegenheit geboten, sich der Tochter zu nähern und sie zu sehen, wenn gleich nie ohne die strengste Aufsicht.

Das Freien unter den Landleuten ist trotz der größeren Freiheit des Verkehrs nicht minder zart. Begegnet ein lusitanischer Bauer seiner Geliebten, so nimmt er ehrerbietig den Hut ab und bleibt, auf seinen langen Stab gestützt, in einiger Entfernung stehen, während sie auf der andern Seite einer Türe oder an einer Mauer, auf welcher sie ihren Korb abgesetzt hat, ehrbar die Augen zu Boden senkt und nur dann und wann mit einem schelmischen Lächeln um den Mund feurige Blicke auf ihren Anbeter wirft. Lange Zeit beschränkt sich das Verhältnis auf den Austausch solcher Höflichkeiten, und dessen ungeachtet soll es selten vorkommen, dass sich eines der beiden Liebesleute einer Unbeständigkeit oder Falschheit schuldig macht, bis sie am Traualtar für immer vereinigt werden.