Die Wenden


Die in der Lausitz wohnenden Wenden bilden im Verein mit den Czechen, Slowaken und Polen den nordwestlichen Hauptast des großen Slawenstammes, und nennen sich selbst in der Oberlausitz "Serben" (Sorben), in der Niederlausitz "Sersken". Aber obgleich sie zwei von einander so verschiedene Mundarten sprechen, dass sie sich nur mit Mühe gegenseitig verständlich machen können, so zeigen sie doch in ihren Sitten und Gewohnheiten eine solche Übereinstimmung, dass die Gebräuche des Oberwenden mit geringen Abweichungen auch die des Niederwenden sind, und umgekehrt. Dies ist namentlich bei den Hochzeitsfeierlichkeiten der Fall, welche besonders von den reichen Klosterbauern mit großem Pomp begangen werden.

Soll eine wendische Ehe geschlossen werden, so sendet man in der Ober-, wie in der Niederlausitz einen älteren, verheirateten Freund ab, um die weiteren Verhandlungen einzuleiten. Unter irgend einem Vorwand führt er sich bei den Eltern des Mädchens ein, indem er z. B. fragt, ob sie nicht ein Schweinchen oder Öchschen, Hirse oder Garn zu verkaufen hätten, und nimmt dabei die Gelegenheit wahr, seine eigentliche Absicht kund zu geben. Damit er aber, im Falle er etwa abgewiesen würde, dem Spott der Dorfbewohner entgehe, sucht er es so einzurichten, dass er erst in der Dunkelheit eintrifft. Mitunter begleitet ihn auch der Vater des Freiers, der dann nach der höflichen Erkundigung, ob die Familie gesund und fröhlich sei, an den Vater des Mädchens bald die Worte richtet: "Gott hat mir einen Sohn, N. N., gegeben, der bedarf einer Frau oder Wirtin, und du hast eine Tochter, welche heiratsfähig und auch wohl heiratslustig ist. Wenn es deiner Tochter und Gottes Wille ist, so könnten die Beiden wohl ein Ehepaar werden."

Sagt der Vater des Mädchens, nachdem er mit seiner Tochter und seiner Frau gesprochen: "Ich habe Nichts dawider, wenn es Gott so will!" so wird nicht selten sogleich über die Mitgift der zukünftigen Eheleute verhandelt, und der Vater des heiratslustigen jungen Mannes verspricht bei seinem Fortgehen, dass sein Sohn sich an einem bestimmten Tage selbst vorstellen werde. Gewöhnlich schiebt man jedoch die bedingte oder unbedingte Zustimmung des Mädchens hinaus, bis man den Freier näher kennen gelernt und bei dessen Eltern einen meist unangemeldeten Besuch gemacht hat, um sich durch eigene Anschauung von deren Verhältnissen zu unterrichten. Ist man zufriedengestellt, so wird die Verlobung (slub) angesetzt und entweder ganz still des Abends im Familienkreis, oder sehr förmlich in Gegenwart und nach der Anordnung des Hochzeitsbitters oder "Braschka" gefeiert

Die Braut trägt vom Verlobungstage an kein rotes Band mehr, und zieht sich mit ihrem Bräutigam nach und nach von der Gesellschaft und den Lustbarkeiten der unverheirateten jungen Leute zurück.

Am ersten und letzten Sonntag des Aufgebots gehen die Brautleute an den meisten Orten der Oberlausitz nicht in die Kirche; dagegen verlangt es die dortige Sitte, dass sie am Sonntag des zweiten Aufgebots zum Abendmahl und zugleich zum sogenannten Brautexamen gehen, in welchem der Geistliche sich überzeugt, ob sie mit den Pflichten bekannt sind, die der Ehestand auflegt.

In der Niederlausitz pflegt am Sonntag des dritten Aufgebots der Bräutigam, begleitet von zwei Freunden, die Braut mit ihren beiden "Züchtjungfern" zum Kirchgang abzuholen, und nach dem Gottesdienst gibt sowohl Braut, wie Bräutigam, Jedes in seiner Wohnung, der Begleitung ein Mittagsmahl, das gewöhnlich aus drei warmen Gerichten besteht.

Während der Zeit des Aufgebots besorgt die Braut die Geschenke, welche sie dem Bräutigam und dessen Anverwandten zu machen hat, und fertigt die Bekleidungsstücke an, die sie dem Bräutigam am Tage vor der Trauung zuschickt, weil er sie an seinem Ehrentage tragen muss. Bei den Serben der Niederlausitz bestehen sie gewöhnlich in einem Hemd von feiner Leinwand und einem von Haman, in einem weißen Schnupftuch und einem schwarzseidenen Halstuch, wozu bisweilen noch eine Weste kommt. Der Bräutigam muss ebenfalls einige schöne Tücher, Hauben, Bänder und andere Schmucksachen, sowie Schuhe und Strümpfe für die Braut kaufen.

In der Woche vor der Hochzeit, welche in der Oberlausitz entweder Sonntags oder Dienstags, in der Niederlausitz stets Sonnabends stattfindet, werden die Gäste eingeladen, und zwar bei den Oberserben durch den Braschka oder "Trauschmer" (družba), in der Haide und bei den Niederserben durch die beiden sogenannten "Brautdiener", welche der Bräutigam unter seinen noch unverheirateten Freunden ausgewählt hat. Man nennt sie "towarisch" (Gefährte), oder "podružba" (Freund), und unterscheidet sie, wie die Kleinrussen ihre Starosten, durch die Beinamen der "große" (weliki) und der "kleine" (maly). Sie erscheinen zu Ross, während der Braschka zu Fuß geht, nachdem ihm von der Braut ein Kränzchen künstlicher Blumen mit flatterndem rotseidenem Bande an den Hut befestigt, ein ebensolches Band an den


Hochzeitssitten


Hochzeitsbräuche Wenden Hochzeitstracht


Stock gebunden, ein schönes buntes Tuch vorn an den linken Rockflügel und ein anderes so in die Tasche gesteckt worden ist, dass ein Zipfel aus derselben hervorguckt.

Die Einladungsformel lautet bei den Oberserben etwas anders, als bei den Niederserben.

Die geladenen Gäste schicken zwei Tage vor der Hochzeit in das Haus der Braut, wo die zur Bewirtung nötigen Vorbereitungen getroffen werden, Milch in Flaschen, Käse zu den Kuchen und eine mit Butter hoch aufgetürmte Büchse, weswegen dieser Brauch "die Butterbüchse tragen" (křinku nosyé) heißt. Die Leute, welche diese Geschenke bringen, bekommen zu essen und zu trinken, soviel sie wollen, nur müssen die Überbringerinnen nach dem Essen den Käse reiben, worauf sie sich mit einem Tänzchen vergnügen und zum Abschied die leeren Milchflaschen mit Bier gefüllt erhalten.

Am Abend vor der Hochzeit singen die Mädchen des Orts vor dem Hause der Braut verschiedene geistliche und weltliche Lieder, und werden dafür mit Kuchen, Bier und Branntwein bewirtet. In der Niederlausitz haben während dieser Zeit die beiden "Gefährten" (Towariski) die zur Feier bestimmten Räume zu säubern und festlich zu schmücken.

Tags darauf versammeln sich die von Seiten des Bräutigams geladenen Gäste bei diesem, die von der Braut gebotenen bei der letzteren, und werden in der Niederlausitz mit dem sogenannten "kleinen Mahl" bewirtet, das aus zwei bis drei Schüsseln besteht. In der Oberlausitz wird jeder ankommende Gast auf der Hausflur - bei der Braut von deren Vater, bei dem Bräutigam vom "Trauschmer" - mit einem Glas Bier und Branntwein bewillkommt. Nach der Begrüßung wünscht der Gast zuerst den Eltern der Braut oder des Bräutigams Glück zur Heirat, und tritt dann in die Stube, wo er die etwa schon anwesenden Gäste einzeln begrüßt und beglückwünscht. Diese bewillkommen ihn ihrerseits mit einem Glas Bier oder Branntwein und erwidern seinen Glückwunsch.

Braut und Bräutigam halten sich unterdessen in einem andern Zimmer auf. Erst wenn alle Eingeladenen beisammen sind, holt der "Trauschmer" den Bräutigam, stellt ihn der Versammlung vor und beginnt eine rührende Rede, in welcher er im Namen des Bräutigams alle Anwesenden um Verzeihung für die ihnen etwa zugefügten Beleidigungen und unter Hinweisung auf biblische Beispiele um ihren Segen zu dem wichtigen Vorhaben desselben bittet. Ist diese Zeremonie, welche das "Aussegnen", in der Niederlausitz die "Abbitte" genannt wird, unter vielen Tränen, namentlich von Seiten der Mutter, erfolgt, und hat jeder Anwesende dem Bräutigam seinen Glückwunsch abgestattet, so ruft der "Braschka" Gottes Segen auf den künftigen Ehemann herab, indem er ein geistliches Lied anstimmt, und während des Gesanges verlassen alle Gäste die Stube, um sich mit dem Bräutigam zu Fuß oder zu Wagen nach dem Haus der Braut zu begeben. Je näher sie dem Wohnort derselben kommen, je mehr wird gejubelt und gesungen. Bevor sie jedoch anlangen, schicken sie zwei Abgesandte an den Dorfrichter, und lassen ihn fragen, ob es einigen fremden Männern erlaubt sei, in's Dorf zu kommen. Der Richter antwortet gewöhnlich: "Wenn es ehrliche und brave Leute wären, möchten sie in Gottes Namen kommen, nur sollten sie der Greise und der Kinder schonen."

Demgemäß setzen die Hochzeiter ihren Weg fort, sehen aber, wenn sie das Dorf erreichen, die Straße durch ein Band oder eine mit Bändern verzierte Stange gesperrt. Verwundert fragt der "Braschka", was das zu bedeuten habe, und beruft sich, als er hört, man habe den Befehl, keinen Fremden in's Dorf zu lassen, auf die Genehmigung des Richters. Da die Stange dessen ungeachtet nicht weggenommen wird, erbietet sich der "Braschka", sie abzukaufen, zahlt den Preis, der sich nach dem Vermögen des Bräutigams richtet, indessen selten über einen Taler beträgt, und setzt dadurch seine Begleiter in Stand, unter den Glückwünschen der versammelten Dorfbewohner ungehindert dem Hause der Braut zuziehen zu können, welche bereits in einer Oberstube oder oberen Kammer sitzt, um die Erste von allen Hausbewohnern zu sein, die den Bräutigam erblickt. Dieser findet den Hofraum offen, aber Fenster und Türen geschlossen, als wenn Niemand da wäre. Der "Braschka" klopft leise an und bittet um Einlass. Es rührt sich nichts.





Er klopft stärker und stärker, bis endlich der Vater der Braut sich hören lässt und fragt, was man wolle. Der"Braschka" erwidert: er und seine Begleiter bäten um Herberge, und setzt hinzu, sie wären Alle ehrliche Leute und voll der freundschaftlichsten Gesinnungen. Der Vater und seine hinzugetretenen Gäste wollen dieser Versicherung anfangs keinen Glauben beimessen, lassen sich aber doch zuletzt überzeugen und öffnen die Tür. Gleichwohl tritt weder der Bräutigam, noch sein Gefolge ein, sondern der "Braschka" wiederholt erst förmlich die Werbung um die Braut. Nach langem Hin- und Herreden stimmt der Vater bei und die im Hause befindlichen Gäste tun, als ob sie die gewünschte Braut holen wollten, bringen aber als solche eine alte Weibsperson, welche in der Niederlausitz das "alte Spreuweib" (plowa baba) genannt wird. Der "Braschka" betrachtet sie von allen Seiten und findet sie so wenig anziehend, dass er sie zurückschickt. Statt ihrer kommt bald darauf ein allerdings hübsches und junges Mädchen, aber in Alltagstracht. Dieses gefällt zwar dem "Braschka", stellt ihn aber noch immer nicht ganz zufrieden und wird ebenfalls abgewiesen. Endlich erscheint an der Hand ihres Vaters die Braut in vollem Staat. Sie trägt auf dem Kopfe die "Borta", eine 9 bis 10 Zoll hohe Mütze von schwarzem Samt, deren oberer, mit rotem Samt eingefasster Rand mit einem schmalen, vergoldeten platten Reifen umgeben ist, an welchem rundherum zwölf sich frei bewegende vergoldete Sterne hängen. Auf der Spitze der Borta, welche die Form eines abgestutzten Zuckerhuts hat, ist der mit künstlichen Blumen verzierte Brautkranz von Kaute angebracht, und um den Absatz, der dadurch entsteht, dass man die Borta hinten vermittelst mehrerer Bänder und Schleifen an die Haarzöpfe befestigt, wird das vergoldete, mit Sternchen verzierte Haarband gelegt, welches das "Silberband" heißt, weil es ehemals aus Silber bestand. In manchen Gegenden setzt die Braut unter der Borta bereits eine Frauenhaube aus Brokat auf, um die Kopfbedeckung leichter wechseln zu können. Um den Hals trägt die Braut viele Perlen, unter denen aber keine roten sein dürfen, weil am ganzen Brautanzug Nichts von roter Farbe sein darf und selbst die Bänder sämtlich grün oder weiß und grün sein müssen. Außer den Perlen hat sie noch ein paar Schnüre gehenkelter goldner und silberner Schaumünzen um, und in der Hand hält sie ein weißes gesticktes Tuch. Das Jäckchen ist gewöhnlich von blauer Seide, vorn offen, und der Busen mit einem gestickten weißen Tuche verhüllt. Über Brust, Schultern und Rücken läuft ein etwa vier Zoll breites, gefaltetes und mit grünseidenem Bande eingefasstes Stück feiner weißer Leinwand, welches "Flizur" oder "Frizur" genannt wird, und auf dem schwarztuchenen Faltenrock werden zwei Schürzen, eine von Kattun und darüber eine weiße gestickte, getragen.

Bei Muskau hat die Braut das Haar ganz und gar mit grünseidenen Bändern umwunden und auf dem Scheitel ein Rautenkränzchen befestigt, von dem ein grünes und ein weißes, aus gezupfter Seide bestehendes Flauschchen bis an den Gürtel herabhängt. Auch trägt sie dort ein schwarzes Jäckchen, das weiß aufgeschlagen und rot paspelliert ist, über der Brust dagegen mit dunkelfarbiger Schnur zusammengehalten wird, hat eine schwarze Schürze um, am Gürtel auf der rechten Seite ein schalartiges weißes Tuch herunterhängen, und hält einen Rosmarinzweig in der Hand.

Der "Braschka" nimmt die wirkliche Braut wohlgefällig an, bedankt sich bei den Eltern für sie und fragt sie vor allen Leuten nochmals, ob sie dem erwählten Bräutigam die Hand reichen wolle. Nach ihrer Bejahung macht er sie auf ihre zukünftigen Pflichten aufmerksam, fragt auch die Eltern, ob sie noch in die Verheiratung ihrer Tochter willigen, bittet die Gäste um ihre Begleitung zur Trauung und lässt die Braut ganz ebenso, wie zuvor den Bräutigam, verabschieden. Während dieser Zeremonien werden die Wagen zurechtgemacht, auf denen man zur Trauung fahren will. Sämtliche Kutscher sind mit einem bunten Tuch im Knopfloch und mit Sträußen an den Hüten geschmückt, alle Pferde mit Schellen behangen und mit Blumen und bunten Bändern verziert.

Den ersten Wagen besteigt die Braut mit ihrem Ehrengeleit, den zweiten der Bräutigam mit dem seinen, und dann folgen die Wagen mit den übrigen Gästen. Allen voran fährt die Musik, welche fast den ganzen Weg über das Lied:





Wir haben sie, ja haben sie!
Wir geben keinem Andern sie.

Wir führen sie, wir führen sie!
Wir geben keinem Andern sie.

entweder in seiner einfachen Weise, oder mit Variationen spielt. Die Gäste singen und jauchzen, schießen wohl auch mit Pistolen und schlagen die Stöcke zusammen, als ob sie mit einander fechten wollten. Früher trugen die meisten Begleiter zur Trauung ein Seitengewehr, was jedoch jetzt ganz abgekommen ist. Dagegen ist es noch überall Brauch, dass die Gäste aus den Flaschen mit Bier und Branntwein, welche sie bei sich haben, Jedem, der ihnen unterwegs begegnet, einschenken, und Niemand darf sich weigern, ihnen Bescheid zu tun.

Ein Stück von der Kirche entfernt steigen sie ab, stellen sich, nachdem der Geistliche von ihrer Ankunft unterrichtet ist, in Ordnung auf, und treten, sobald die Glocke auf dem Turme zu läuten beginnt, ihren Zug in die Kirche an. Die Spitze bildet, unmittelbar hinter der voranschreitenden Musik, der "Braschka". Ihm folgt die Braut, an jeder Seite einen Ehrendiener oder "Swat" und hinter sich ihre "Stonka" mit den beiden Brautjungfern ("Druzka", Vertraute, oder "Towárška", Gefährtin). Dann kommt der Bräutigam, die "Slonka" desselben mit seinen beiden "Züchtjungfern" und zwei seiner Gefährten (Towárši), welchen sich die von Seiten der Braut Geladenen anreihen, und den Schluss bilden die Gäste des Bräutigams.

Bei den katholischen Wenden geht außer den zum Ehrengeleit gehörenden Begleiterinnen keine Frauensperson mit zur Trauung. Während aber bei den Serben evangelischer Konfession nie mehr als zwei Mädchen bei der Braut sowohl, wie bei dem Bräutigam die Würde der Züchtjungfern erhalten, führen bei den Katholiken sämtliche zur Hochzeit geladenen Mädchen diesen Namen, und alle tragen auch den eigentümlichen Halsschmuck der Züchtjungfern katholischer Konfession, welcher aus vier Korallen-, vielen Perlenschnüren und mindestens zwei Reihen gehenkelter Silber- und Goldmünzen besteht. Die Züchtjungfern evangelischer Konfession hingegen, welche die Braut aus ihren vertrautesten Freundinnen wählt, sind gekleidet wie die Braut, nur dass sie kein Silberband tragen, statt der grünen rote Bänder haben und in dem Kränzchen die Raute weglassen.

Die "Slonka", welche die verdeutschten Wenden "Salzmeste" oder "gute Wirtin" nennen, hat nichts Besonderes in ihrem Anzug, ist stets eine verheiratete Frau und meistens die Pate der Braut, der sie mit Rat und Tat beistehen muss, als ob sie ihre Hofmeisterin wäre oder Mutterstelle bei ihr verträte.

Der Bräutigam trägt seinen gewöhnlichen Sonntagsstaat, am Hut oder auf dem Scheitel ein Kränzchen von Raute, von welchem ein grünes Band herabhängt, und am Rock ein Band von derselben Farbe, mitunter wohl auch vorn an der Brust einen Strauss von künstlichen Blumen oder, wie im Schleifer Kirchspiel, einen großen Rosmarinzweig, der "kóñ" heißt.

Der "Swat" und "Towárs" geht wie der Bräutigam, jedoch mit einem roten Bande am Kränzchen und am Stocke, den er trägt. Auch hat er vorn vom linken Rockflügel ein buntes Tuch herabhängen, das er nebst dem Strauss von der ihm zugeteilten Züchtjungfer bekommt, für die er während der Hochzeit alle Ausgaben zu bestreiten hat. Beide Swaten gelten als die Beschützer und Diener der Braut, deren Aufträge sie zu besorgen haben.

Die übrigen Gäste kommen in ihrer Sonntagstracht, nur haben die Frauen Blumensträuße in den Händen, und die Männer Kränzchen an der Kopfbedeckung und rote Bänder an den Röcken.

Ist der Zug an der Kirche angelangt, bleiben die Musikanten vor der Türe stehen und lassen ihn vorüberziehen. In der Kirche setzen sich die Manns- und Weibspersonen getrennt von einander und beten zuerst ein stilles Vaterunser. Hierauf wird ein Lied gesungen, und wenn der Geistliche die Altarstufen besteigt, führt der "Braschka" den Bräutigam vor den Altar, holt dann die Braut und stellt sie zur Rechten ihres Bräutigams und zwar so nahe als möglich. Hinter ihnen bildet das Ehrengeleit einen Halbkreis, während die übrige Begleitung sitzen bleibt, bis der Trauungsakt vollzogen ist. Sobald dies geschehen, halten alle Hochzeitsgäste einen Umgang, um das Opfer darzubringen, worauf sie sich an ihre


Hochzeit Sitte


alten Plätze zurückverfügen, noch ein Lied singen, ein stilles Vaterunser beten, und dann die Kirche verlassen. Bei dem Zuge, der sich abermals bildet, geht die Neuvermählte mit ihren beiden Begleitern hinter dem "Braschka" her und der junge Ehemann folgt ihr auf dem Fuße ; Beide setzen sich auf einen und denselben Wagen, die Braut zur Rechten des Bräutigams, und die"Slonka" wirft Kuchen oder auch Geld unter die gaffende Menge aus. Alle übrigen Gäste gehen und fahren, wie auf dem Weg zur Kirche. Ehe sie jedoch das Kirchdorf verlassen, werden sie von den jungen Burschen und Mädchen desselben vermittelst schöner Bänder, die man quer über die Straße zieht, aufgehalten und müssen sich mit einem beliebigen Geldgeschenk loskaufen. Auf dem Rückweg wird wiederum gesungen, gejubelt und geschossen, von der Musik dasselbe Lied gespielt, wie beim Hinweg, und von Jedem, der dem Zug begegnet oder in dessen Nähe kommt, dem Brautpaar und den Gästen mit den Worten Glück gewünscht: "Gebe Gott Glück!" worauf die Antwort erfolgt: "Gebe es Gott!"

Um Kamenz müssen die beiden "Gefährten" dem Zug voraneilen und dessen Rückkunft den Eltern der Braut anmelden.

Sind alle Gäste vor dem Hause angelangt, in welchem die Hochzeit ausgerichtet wird, nötigt sie der "Braschka" mit einer bald längeren, bald kürzeren Rede in die Gaststube, wo er das Brautpaar als junges Ehepaar vorstellt und ihm unter Gebet und frommen Betrachtungen Glück und Segen zum neuen Stande wünscht. Hierauf gibt die Braut den Zuschauern aus einer ganz neuen Milchgelte Bier zu trinken, und nun geleitet der "Braschka" die Gäste unter vielen Höflichkeitsformeln an den sogenannten "Braut-" oder "Ehrentisch", indem er zuerst den jungen Mann und dann die junge Frau in den der Stubentür gegenüberliegenden "Brautwinkel" führt, wo, durch die Tischecke getrennt, die Braut zur Rechten des Bräutigams und ihre"Slonka" neben ihr sitzt. An Letztere reihen sich die übrigen von der Braut Eingeladenen, während die Gäste des Bräutigams neben dessen "Slonka" links von ihm Platz nehmen. Auf der andern Seite der Tafel, welche einen rechten Winkel bildet, sitzen die Gäste, die nicht zum Ehrengeleit gehören, und zwar gebührt dem Vornehmsten unter ihnen der Sitz dem Bräutigam gegenüber.

Bei den westlichen, besonders den katholischen Serben dagegen ist es Brauch, mehrere Tische zu je zwölf Personen aufzustellen, so dass, da oft 150-200 Gäste gebeten werden, gewöhnlich nur die Neuvermählten mit ihren Ehrenbegleitern und nächsten Verwandten in der Stube sitzen, die Übrigen aber in den Neben- und Bodenstuben - ist das Wetter gut, wohl auch unter dem Schuppen oder auf dem Hofe untergebracht werden. Auf diesem wird auch in manchen Gegenden, noch ehe man in's Haus tritt, ein Tänzchen gemacht, nach welchem die junge Frau die Ställe besucht, wohl gar eine Kuh melkt und sich überhaupt im ganzen Gehöfte umsieht.

Haben die Gäste ihre Plätze am Tische eingenommen, so essen sie zuerst als Vorkost Butter, Brot und Käse. Dann wird die Suppe aufgetragen, mit welcher das eigentliche Mahl beginnt. Der "Braschka" hält ein Tischgebet und legt jedem Gast seine Portion vor. Dasselbe geschieht bei allen folgenden Speisen, zu deren Zerlegung Jedes sich Messer und Gabel mitbringen muss, und da man in keiner Weise etwas zurückgeben darf, so ist es Sitte, was man nicht selbst essen kann, Jemandem im Dorf zu schicken oder für sich bei Seite zu setzen, um es mit nach Haus zu nehmen, weshalb die meisten Gäste besondere Gefäße dazu bei sich haben. Dem Brautpaar, vor dem zwei brennende Lichter aufgestellt sind, die nicht geputzt werden dürfen, überreicht die "Slonka" jedes Mal die Speisen, und Beide dürfen nur soviel essen und trinken, wie diese für gut befindet.

Das Mahl selbst besteht meistens aus vier Gerichten gedämpften Fleisches, einer Schüssel Fische und zweierlei Braten je mit einem oder mehrfachem Zugemüse, dauert öfters bis in die Nacht hinein, und heißt das "große Mahl" (wulki wobed). Während desselben pflegt man unter die in der Stube oder vor den Fenstern befindlichen Neugierigen Butterbrot mit Käse zu verteilen und ihnen wohl auch ein Glas





Branntwein oder einen Trunk Bier zu geben, und in den Pausen zwischen zwei Gerichten wird gemeiniglich schon getanzt.

Der dazu auserwählte Platz ist in der Regel die Scheuntenne, welche besonders zu diesem Behufe gedielt wurde, und mit Ausnahme des Bräutigams, der am ersten Hochzeitstag keinen Schritt tanzen darf, tanzt Jedes nach Belieben. Die Braut besonders tanzt soviel sie will und mit wem sie will, hat, so oft sie erscheint, den Vortanz, und genießt noch überdies des Vorrechts, dass ihre Tänzer sich ganz nach ihr richten müssen und sie nicht nach ihnen. Ist, wenn sie kommt, kein Tänzer frei, so muss einer der Swaten ihr die Hand zum Reigen bieten.

Nach dem Essen wird noch Kaffee mit Kuchen herumgereicht, worauf der "Braschka" das Mahl für beendet erklärt, die Stunde ansagt, zu welcher sich die Gäste Tags darauf wieder einfinden sollen, und nochmals ein Gebet spricht, dem zum Schluss ein von der ganzen Versammlung gesungenes geistliches Lied folgt. Bevor man jedoch vom Tisch aufsteht, haben die Brautdiener der Braut einen Schuh, die Brautjungfern dem Bräutigam den Hut zu entwenden gewusst, und erstatten diese Gegenstände nur gegen eine Summe zurück, über deren Betrag sich beide Parteien einigen müssen, ehe die Braut, dem Herkommen gemäß, über den Tisch schreiten und von ihm herabspringen darf, um sich an dem jetzt beginnenden allgemeinen Tanzen zu beteiligen. Auch muss dieselbe vorher noch eine salbungsvolle Rede des "Braschka" mit anhören, welche dieser an das junge Ehepaar richtet, und muss sich vom Tanz zurückziehen, sobald die "Slonka" es für gut findet, die Neuvermählten zu Bette zu führen.

Alles versammelt sich dazu wieder in der Gaststube, die Mädchen nehmen die Braut, die Burschen den Bräutigam in ihre Mitte, und erst nach längerem oder kürzerem scheinbaren Widerstand wird die Braut den Frauen, der Bräutigam den Männern verabfolgt, welche Beide als ihres Gleichen bewillkommen. Der Braut wird nun unter rauschender Musik Borta und Kränzchen abgenommen und die Frauenhaube aufgesetzt, worauf die jungen Eheleute unter Musik und Gesang von allen Anwesenden bis an das Schlafgemach begleitet werden. Dort knien Beide nieder und beten mit einander, der "Braschka", welcher nebst der "Slonka" der Braut mit ihnen gegangen ist, nimmt unter Anrufung Gottes "das Einsegnen in's Brautbett" vor und kehrt mit der "Slonka" zu den Gästen zurück, die entweder auch zu Bette gehen, oder noch tanzen, so lange es ihnen gefällt.

Am nächsten Tage erscheinen gegen acht Uhr Morgens die Gäste wieder im Hochzeitshaus, treffen die junge Frau bereits in der Frauenhaube und Frauentracht an, und nehmen, sobald sie alle beisammen sind, Kaffee mit Kuchen, oder das "kleine Frühstück" ein. Ihm folgt einige Zeit darauf das "große Frühstück", das mehrere Stunden dauert, aus Butterbrot und Käse, zwei bis drei Fleischspeisen und Wurst besteht und vom "Braschka" mit Gebet eingeleitet wird. Dann begibt man sich zum Tanz, an dem auch der junge Ehemann Teil nimmt. Einige von der Gesellschaft pflegen sich nach dem großen Frühstück zu maskieren und die Anwesenden durch allerhand Scherze und Possen zu unterhalten, oder auch im Dorfe umherzuziehen und die Bewohner zu necken, bis um zwei Uhr das Mittagsmahl beginnt, welches in Bezug auf die Zahl der Schüsseln dem des vorigen Tages gleich ist. Neigt es sich zum Ende, schickt der Koch einen Teller mit Salz, worin die Gäste, die ihn am Tisch herumgehen lassen, ein beliebiges Geldgeschenk für den Absender versenken. Eine kurze Weile nachher macht ein Teller, auf dem ein kleiner Strohwisch liegt, die Runde um die Tafel, um Gaben für die "Aufwäscherin" aufzunehmen, und wenn auch dieser zweite Teller seinen Zweck erreicht hat, erhebt sich der "Braschka", dankt im Namen der Empfänger und trägt beide Teller wieder in die Küche, welche bei den westlichen Serben gewöhnlich eigens zur Hochzeit im Garten erbaut wird und in der meist die Mädchen des Orts, die nicht selbst zur Feier geladen wurden, als Helferinnen beschäftigt sind. Kommt der "Braschka" zurück, so berichtet er, die Küche fange an einzufallen, und meint, die Gäste, welche so viel Gutes aus derselben genossen hätten, würden gewiss nicht anstehen, nach Kräften zur Wiederherstellung beizutragen. Auch müssten die jungen Eheleute sich eine





neue Küche bauen, um die Gäste zur Nachhochzeit warm speisen zu können, und so würde wohl sicherlich Jeder eine Beisteuer dazu geben wollen. Nach dieser Rede setzt er sich in die Nähe des Ehepaares, stellt zwei übereinander gesetzte Teller vor sich hin und legt in der Regel zwei Talerstücke hinein, worauf die Gäste der Reihe nach an den Brauttisch treten und ihre Geschenke bringen, die teils in Geld, teils in Hausrat bestehen. Mit den Worten: "Gott gebe, dass es Euch Beiden viel helfe und mir wenig schade!" wirft Jeder das Geld in den obersten Teller und übergibt den Gegenstand, den er sonst noch etwa beifügt, dem "Braschka", welcher das Geld klirrend in den unteren Teller fallen lässt, den Namen des Gebers laut ausruft, ihm sein Glas anbietet und im Namen der Neuvermählten dankt. Ein Gleiches tun die beiden "Slonka's" und endlich Braut und Bräutigam in eigener Person.

Ist diese Zeremonie, welche "das Zusammenlegen" (Skladowanje) heißt, vorüber, so spricht der "Braschka" noch einen allgemeinen Dank für die Geschenke aus, erklärt das Fest im Hochzeitshaus für geschlossen und fordert die Anwesenden auf, den jungen Eheleuten, welche sich jetzt in ihre neue Heimat begeben würden, die Liebe und Freundschaft zu erweisen, sie dorthin zu begleiten. Unter der besonderen Aufsicht der Brautdiener werden nun die zur Fortschaffung des Brautguts bestimmten Wagen aufgeladen, und wenn Alles zur Abfahrt fertig ist, hält der "Braschka" das sogenannte "Aussegnen aus dem hochzeitlichen Hause", worin er sich besonders auf den Abschied der jungen Frau "von den Ihrigen" bezieht. Die Musik spielt die Melodie: "Der Abschied der Braut", zu welchem die Anwesenden den wohlbekannten Text singen, und die Braut nimmt unter vielen Tränen vom Vater und von der Mutter, von den Geschwistern und Gespielinnen Abschied, indem sie ihnen für alle Sorge und Mühe, Liebe und Güte dankt, und sie bittet, sie auch ferner lieb zu behalten. Hat sie sich endlich verabschiedet, empfiehlt sich ihr Mann ebenfalls von seinen Schwiegereltern und von allen Anwesenden, die ihn nicht mit begleiten können, der "Braschka" stimmt ein geistliches Lied an und ordnet die Folge der Wagen, die man besteigt.

Voran fährt das junge Ehepaar mit seinem Ehrengeleit, dann folgen die übrigen Gäste und zuletzt kommt das Heiratsgut der jungen Frau, das außer dem Geld und der Wäsche in allerhand Hausgerät, Flachs und Betten bestellt. Die Swaten haben es sich angelegen sein lassen, Alles so aufzuladen und auszubreiten, dass es möglichst in die Augen fällt, und haben meist so für das Beste der jungen Frau gesorgt, dass sie oft Gegenstände mitgenommen haben, die nachher ihren Eltern zurückgeschickt werden müssen. Ehe die Verehelichte jedoch ihr Heimatdorf verlässt, wird sie von den Mädchen des Orts mit seidenen Bändern aufgehalten und muss sich freien Abzug erkaufen, und dasselbe wiederholt sich bei der Ankunft an ihrem künftigen Wohnort.

Je näher man demselben kommt, je mehr wird gejauchzt und gesungen. An ihrem "neuen Hause" wird die junge Frau von ihrem Schwiegervater und dessen Angehörigen mit Kuss und Händedruck und einem herzlichen: "Witaj k nam!" (Sei uns willkommen!) begrüßt. Sie überreicht ihren nunmehrigen Verwandten die üblichen Geschenke, teilt an die Zuschauer Kuchen und Semmeln aus, tränkt sie mit Bier und wird, sobald das mitgebrachte Gut abgeladen und untergebracht worden, vom "Braschka" "in ihr Haus eingesegnet." Ist die Rede beendet, in welcher derselbe die Neuvermählten nochmals auf ihre gegenseitigen Pflichten aufmerksam macht, die junge Frau im Besonderen an alle ihre Obliegenheiten gegen ihre Schwiegereltern und die Geschwister ihres Mannes erinnert und diese wiederum bittet, die neue Schwiegertochter und Schwägerin mit Liebe und Güte aufzunehmen, begibt man sich in die Stube, und setzt sich zu der Abendmahlzeit nieder. Nach dem ersten Gericht erhebt sich das Ehepaar, die junge Frau nimmt einen Teller mit Fleisch und einen Laib Brot, und trägt Beides in das Haus der Familie, welche ihr als die ärmste des Dorfs bezeichnet worden ist.

Wie am Hochzeitstage während des Mittagsmahles die Mädchen des Orts vor den Fenstern des Hochzeitshauses erscheinen, um auf das Fest bezügliche geistliche und weltliche Lieder zu singen, so


hochzeits sitten


kommen jetzt während des Abendessens die Frauen des Dorfs, um die neu angekommene Ehefrau mit Gesang zu begrüßen, wofür sie gewöhnlich ein Geschenk erhalten.

Das Mahl selbst, welches aus zwei bis drei Schüsseln besteht, schließt mit Gebet und Singen eines Liedes, worauf die beiden "Slonka's" den jungen Eheleuten das Bett machen und sie in's Schlafgemach geleiten. Ihre Rückkehr zu den Gästen dient auch diesen als Zeichen, Abschied von einander zu nehmen und sich nach Hause zu begeben.

Am Sonntag nach der Hochzeit wird als Nachfeier derselben die sogenannte "junge Hochzeit" festlich begangen. An diesem Tage macht nämlich die junge Frau mit ihrem Mann den ersten Besuch bei ihren Eltern, in deren Wohnung sich deshalb bereits die nächsten Verwandten versammelt haben. Man nimmt zusammen das Mittagsmahl und das Vesperbrot ein, sucht bei lustiger Unterhaltung, wozu natürlich auch ein Tänzchen gehört, den Nachmittag heiter hinzubringen, und kehrt des Abends vergnügt nach Hause zurück, ohne dass indessen bei dieser Zusammenkunft besondere Zeremonien stattgefunden hätten.

In der Niederlausitz tritt der" Pobratřka " an die Stelle des "Braschka", die Brautjungfern werden "Towariski", die Brautführer "Swaśki" genannt, und die Hochzeitszeremonien sind noch um einige reicher, als bei den Wenden der Oberlausitz.

So tritt am Trauungstage bei der Ankunft im Hause der Braut der "Pobratrka" zuerst allein in die Stube, wo die Braut, verschleiert, das Gesicht auf die untergelegten Hände gesenkt, zwischen ihren beiden "Towariski" am Tische sitzt, und fragt, zur älteren "Towariska" gewendet: "Towariška, wie teuer ist deine Braut?" - "Achtzig Taler," ist die gewöhnliche Antwort. Er findet es zu teuer, weiß an der Braut allerlei auszusetzen, wobei ihm natürlich die "Towariska" keine Äußerung schuldig bleiben darf, und erhält endlich die Braut, nachdem er sie für einen Augenblick entschleiert und gesehen hat, um fünfzig Taler zugesprochen, von denen er, dem Verlangen der "Towariska" gemäß, fünf als Draufgeld sogleich geben muss.

Bei der Fahrt nach der Kirche sitzt auf dem hinteren Sitz des Brautwagens, welcher stets dem Bräutigam angehört, die "Babka", ein altes Mütterchen aus der Verwandtschaft des Brautpaares, das den Wagen nicht verlassen darf und während der Trauung den Platz der Braut auf dem Mittelsitz einnehmen muss, bis diese aus der Kirche zurückkehrt.

Bevor man jedoch die Wagen besteigt, um auf einer andern Straße, als man gekommen, nach Hause zu fahren, wird auf dem freien Platze vor dem Kirchhof der Brauttanz gehalten, welchen der "Pobratřka" mit der Braut eröffnet. Er besteht in einem polonaisenartigen Herumführen der Paare im Kreise, zuweilen auch in einem langsamen Ländern, und wird bei der Ankunft vor dem Hochzeitshaus wiederholt. Ehe man aber den Rückweg antritt, müssen mit Ausnahme des Bräutigams alle Personen mit einander und namentlich mit der Braut getanzt haben.

Am letzten Tag der Hochzeitfeier im Haus der Eltern der Braut findet beim Schluss der Mahlzeit das sogenannte "Beehren" oder Schenken statt, indem der "Pobratřka" in einer Rede an die Versammlung dem Hochzeitsvater im Namen aller Gäste für die Bewirtung dankt, dem neuen Ehepaar Glück wünscht und die Anwesenden auffordert, den jungen Leuten zum Anfang ihrer Haushaltung ein Ehrengeschenk zu geben. Nach dem Schenken wird wieder bis Mitternacht oder gegen Morgen getanzt, ehe man aufbricht, um sich nach dem Wohnort des jungen Ehemanns zu begeben, und der Pobratřka seine Abschiedsrede oder das sogenannte "Gute Nacht" (Dobra noć) hält.

Da es gewöhnlich noch dunkel ist, wenn der Zug vor dem neuen Hause anlangt, wird er von Niemand empfangen, und die Neuvermählte lässt zuerst eine mitgebrachte Henne in den Hof laufen, um aus dem, was diese tut, auf ihr zukünftiges Los zu schließen. Bleibt nämlich die Henne ohne Weiteres im Hofe, als wäre sie dort zu Haus, so ist das ein günstiges Zeichen; läuft sie aber scheu und ängstlich herum, wird es als üble Vorbedeutung angesehen. Dann wird ein ebenfalls dazu mitgebrachter Topf an die





Haustür geworfen, dass er in Scherben fliegt, und hierauf die junge Frau von ihrem Mann in die Stube geführt. Sie muss dabei über eine auf die Schwelle gelegte Axt schreiten und einige Augenblicke im Finstern bleiben, indem ihre Mutter, die sie begleitet hat, schnell vorangeht und das auf dem Herde lodernde Feuer mit einem umgekehrten Tiegel verdeckt. Bald jedoch wird derselbe abgenommen und die junge Frau von ihren in der Stube befindlichen Anverwandten begrüßt. Ist dies auch bei den andern Ankommenden geschehen, verteilt die Mutter der Braut die mitgebrachten Geschenke, bestehend in Tüchern, Westen, Schürzen und dergleichen an sämtliche Hausgenossen. Nach dieser Zeremonie, welche "der Willkomm" (Witawa) heißt, erscheinen gewöhnlich die Hausfrauen des Orts vor den Fenstern des Hauses und singen zur Bewillkommung der neuen Wirtin ein Lied, wofür diese sie mit Bier und Branntwein traktiert und jeder von ihnen ein großes Stück frischgebackenen Brotes überreicht. Hat eine Wirtin nicht kommen können, wird auch ihr noch an demselben Tage ein gleiches Stück Brot in's Haus geschickt, und in manchen Gegenden erhalten sogar sämtliche Einwohner des Dorfes Brot.

Am Sonntag darauf findet der sogenannte "erste Gang" statt, indem die jungen Eheleute zum ersten Male als Vermählte mit ihrem ganzen Gefolge in die Kirche gehen, wobei die Frau die weiße Frauenhaube (Cop, Copk) trägt, welche netzartig gestrickt und mit Spitzen besetzt ist. Zum Mittagsessen, das wie alle Festmahle spät Nachmittags anfängt, kommt der Vater der jungen Frau mit vielen von den Hochzeitsgästen, welche das Ehepaar nicht bei der Heimfahrt begleitet haben, und nun beginnt die Lustbarkeit mit Schmaus, Musik und Tanz auf's Neue und dauert nicht selten drei Tage lang, mindestens aber einen Tag und die darauffolgende Nacht. Am nächsten Morgen ziehen dann die Musikanten mit klingendem Spiele ab, und der Aufbruch des " Pobratřka " ist das Zeichen zur allgemeinen Verabschiedung der Gäste. Nur einige ledige Personen, die nichts zu versäumen haben, verweilen noch mitunter bis nach dem Mittagsbrot.

In dem sogenannten Wendland im Hannoverschen, dessen Bewohner mit den Wenden der Lausitz eines Stammes sind und erst Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgehört haben, ihre eigene slawische Mundart zu sprechen, die zuletzt stark mit plattdeutschen Wörtern vermischt war, finden wir noch viele Hochzeitsgebräuche, welche an den slawischen Ursprung der jetzt gänzlich germanisierten Wenden erinnern.

Als Vermittlerin der Eltern, die ihren Sohn oder ihre Tochter verheiraten wollen, dient die "Friewerbersche", eine alte Frau mit gutem Mundwerk, welche das Auffinden und Zustandebringen von passenden Partien geschäftsmäßig betreibt und für ein Geldgeschenk die Beschaffung einer Braut oder eines Bräutigams übernimmt. Sie macht ihren Vorschlag und vermittelt, wenn derselbe gefällt, die Bekanntschaft beider Familien. Die "Stäht wart besehen", d. h. die Eltern besuchen das Gehöft, in welches ihr Sohn oder ihre Tochter heiraten soll, mustern es gründlich und einigen sich, wenn es ihnen zusagt, mit der andern Partei über die Aussteuer. Dann erst erhalten die jungen Leute Gelegenheit, sich kennen zu lernen, und die "Löfft" oder Verlobung wird mit einem Schmause in dem Gute abgehalten, aus welchem Braut oder Bräutigam wegheiraten. In der Regel zahlt dabei die Partei, welche ihr Kind in das Haus bringt, einen Teil des Heiratsgutes in harten Talern an. Auch erhalten sämtliche Hausgenossen Gaben an Geld und Kleidungsstücken, und zugleich wird bei der "Löfft" der Tag bestimmt, an dem man in die Stadt fahren will, um die Geschenke einzukaufen, welche die Brautleute dem Herkommen gemäß am Trauungstage sich gegenseitig zu machen haben. Die Braut verehrt nämlich dem Bräutigam gewöhnlich einen Ring, eine silberbeschlagene Tabakspfeife und eine Uhrkette, und dieser schenkt der Braut ebenfalls einen Ring, ein Gesangbuch mit Goldschnitt und eine Halskette, mitunter auch einen weißen Überwurf, wie die Wendenfrauen ihn tragen, wenn sie zum Abendmahl gehen.

Ist nun noch die Eheverschreibung beim Amt oder Notar erfolgt, wird die Ausstattung, soweit sie nicht in Geld besteht, beschafft. Wohlhabende Bauern geben "voll Landesrecht" mit, d. h. ein Pferd, eine Kuh, einen Wagen und vier Sack Roggen, ferner ein Bett, einen Kleiderschrank, eine Lade, sechs Stühle und einen Spiegel, oft auch ein Sofa und einen eleganten Tisch.





Die Hochzeit oder "Köst" findet meist nach der Ernte, um Martini, statt, damit man Zeit habe, die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Denn eine große Hochzeit ist eine Versammlung der gesamten Verwandtschaft bis in die entferntesten Glieder, und alle Familien folgen der Einladung mit Mann und Maus, Kind und Kegel, so dass oft über dreihundert Personen zusammenkommen.

Man pflegt daher bei einer irgendwie bedeutenden Hochzeit zwei Ochsen, zwei fette Schweine und ein halbes Dutzend Hammel und Kälber zu schlachten, der Hühner, Enten und Gänse gar nicht zu gedenken, und der Schlächter, der zugleich als Koch dient, hat alle Hände voll zu tun, um die Berge von Fleisch zuzubereiten. Sechs bis acht Malter Weizen werden zu Kuchen, zwei Malter Koggen zu Brot verbacken; Massen von Zucker, Kaffee, Reis, Gewürz und Tabak sind aus der Stadt geholt und Bier und Branntwein fuderweise herbeigeschafft worden. Natürlich wird Musik bestellt; das Haus, in welchem die "Köst" abgehalten wird, ist ausgebessert und neu bemalt worden, und der Schneider, der dem Bräutigam den Hochzeitsrock gemacht, hat von Alters her das Recht, beim Schmaus als Schenk aufzuwarten.

Endlich ist der große Tag gekommen. Schon um vier Uhr Morgens wird im Haus des Bräutigams zum Kaffee geblasen. Dann fährt der "Schappenwagen" ab, um die Braut zu holen. Es ist ein großer Leiterwagen, himmelblau angestrichen und mit sechs Rappen bespannt, geführt vom Bräutigam, der auf dem hintersten Sattelpferde, und dem nächsten Verwandten, der vorn sitzt. Die Pferde sind an der Stirn mit künstlichen Blumen, die Zäume und Peitschen mit Bändern geschmückt, und den beiden Wagenführern hängen bunte seidne Tücher von den Schultern herab.

Am Hause der Braut angelangt, schreitet man sogleich zum Aufladen des Hausrats derselben. Der Schrank kommt nach altem Brauch auf die Hinterachse, die Lade auf die Vorderachse zu stehen, und über die Lade legt man den Sims des Schrankes so, dass der auf demselben in Goldschrift unter Glas prangende Name der Besitzerin gehörig zu sehen ist. Dorthin wird auch das Spinnrad gestellt, dessen Rocken mit dem feinsten Flachs umwunden und mit flatternden Bändern geziert ist. Die Braut sitzt im höchsten Staat, mit seidener Schürze und seidenem Brusttuch, die goldblinkende Timpmütze auf den zurückgekämmten Haaren, vor dem Schranke, und um sie im Halbkreis gedrängt nehmen die Brautjungfern, hinter ihr, an den Leiterbäumen sich festhaltend, so viele von den Freunden des Bräutigams Platz, als der Wagen fasst. Andere Hochzeitsgäste, sämtlich im langen Kirchenrock und hohen Hut, umschwärmen den "Schappenwagen" zu Pferd. Ein zweiter Wagen trägt die Musikanten, deren Instrumente mit Tüchern geschmückt sind, welche die Braut geschenkt; ein dritter den Brautvater, den Rest der Aussteuer und die Korbmuhme oder "Korfmöhm", eine Frau, welche, so oft die den Zug umjauchzende Dorfjugend: "Nöt her! Nöt her!" (Nüsse her!) schreit, aus einem vor ihr stehenden Korb Pfeffernüsse herabwerfen muss. Dahinter folgt eine lange Reihe von Wagen mit den übrigen Hochzeitsgästen, denen sich in jedem Dorfe, durch welches man fährt, immer neue anschließen.

Auf ein gegebenes Zeichen setzt sich der Zug in rasche Bewegung. Die Musik schmettert los, und die Reiter schwingen unter wildem Hallo die mitgenommenen Flaschen, leeren sie und sprengen mit verhängtem Zügel voraus. An der Gemarkung des Hochzeitsdorfes wird Halt gemacht. Die beiden Führer des "Schappenwagens" steigen ab und wenden sich an die Braut mit der Frage: "Wer att di föhrt, Jungfer Brut?" worauf diese antwortet: "Gott un goode Lüt" und den Wagenführern ein Trinkgeld in den Hut wirft. Nach dieser Zeremonie, welche dazu dienen soll, dass die Braut als Frau nie sagen könne: "Att mi de Döwel ier ärföhrt!" (Hat mich der Teufel hierher geführt!) geht es vor das Hochzeitshaus, wo zunächst jede gebetene Familie den sogenannten "Korf", einen Beitrag zu den Küchenvorräten, abgibt, der meist in Eiern und Butter besteht. Dann wird ein Frühstück eingenommen und Alles zum Kirchgang zurechtgemacht. Der Bräutigam und seine Begleiter stecken sich Rosmarinsträuße an Brust und Hut, die Braut setzt eine Krone von künstlichen Blumen auf, von welcher breite, mit den buntesten Mustern bedruckte Seidenbänder herabhängen, und die Kranzjungfern tragen Goldmützen mit ähnlicher Bänderzier.





Hinter der Musik kommt die Braut mit den Kranzjungfern; hinter diesen der Bräutigam mit seinem Gefolge, und den Schluss bilden die übrigen Geladenen. Während der Trauung geht der Schenk, mit einer weißen Schürze angetan, im Dorfe herum und wirft in jedes Haus eine Handvoll Pfeffernüsse.

Nach der Trauung beginnt sofort der eigentliche Hochzeitsschmaus. Der Geistliche, das junge Ehepaar, dessen Eltern und etwaige Ehrengäste aus der Stadt essen in der "Döns" (Stube), die andere Gesellschaft nimmt an langen, aus Brettern zusammengeschlagenen Tischen auf der "Diele" (Flur) Platz, wo Jedes sich des mitgebrachten "Köstenmessers", bei welchem Messer und Gabel in einer Schale vereint sind, bedienen muss, da nur in der "Döns" Bestecke hingelegt werden.

Zum Mahl gehören Hühnersuppe mit großen Fettaugen darauf, Ragout und Sülze, Rinder- und Schweinebraten, Milchreis, übergossen mit brauner Butter und mit Zucker und Zimt bestreut, Backobst, Meerrettich mit Korinthen, weiße Bohnen und Sauerkraut, und vor Allem das "Süersöt" (Sauersüß), ein Leibgericht der Wenden, das aus Honig und Essig besteht, in dem Rosinen gekocht sind.

Fangen die Gäste allmählich an, ihre "Köstenmesser" abzuwischen und zusammenzuklappen, so erscheint das aufwartende Personal, um sich sein Trinkgeld zu holen: der Koch mit einem Gefäß voll Salz, der Schenk mit einem leeren Glas, die "Friwerbersche", die als Aufwäscherin geholfen, mit einem Strohwisch, und der Einsammler der Musikanten mit einem Teller, auf dem das Mundstück einer Trompete liegt.

Sind die Tafeln weggeräumt, werden auf der "Diele" die herkömmlichen Ehrentänze aufgeführt. Die Braut mit den Kranzjungfern, deren sie oft zwanzig hat, und die gewöhnlich mit Grün geschmückte Kerzen, bisweilen auch kleine Christbäume tragen, stellen sich auf der einen, der Bräutigam mit seinen Freunden, denen von der linken Schulter weiße Tücher über den Rücken hängen, auf der andern Seite auf, und die übrigen Gäste bilden mit den vor der Einfahrt versammelten Neugierigen aus dem Dorfe das zuschauende Publikum.

Sobald die Musik ertönt, eröffnet der Brautführer den Tanz mit der Braut, welche nun in bestimmter Reihenfolge mit allen dazu Berechtigten und zuletzt mit dem Bräutigam tanzt. Jeder Tänzer wirft, nachdem er geendigt, als Dank fünf oder mehr Taler auf den Teller der Musikanten, wobei es immer Einer dem Andern zuvortun will, und wenn die Kerzen der Kranzjungfern dem Erlöschen nahe sind, schlagen die jungen Eheleute sie mit ihren Tüchern aus, worauf der allgemeine Tanz beginnt, der nun bis tief in die Nacht fortgesetzt wird, während die Alten in der "Döns" ihr Solo spielen.

Am nächsten Morgen geht das Brautpaar bei Zeiten herum, um mit einem Frühtrunk zu weiterem Essen und Trinken, Tanzen und Spielen einzuladen, und der Tag schließt damit, dass der Braut von ihren Verwandten die Krone abgenommen und ihr statt derselben die goldene Mütze aufgesetzt wird.

Den dritten Tag wird nochmals geschmaust und getanzt, am Morgen aber eine eigentümliche Zeremonie vollzogen. Während nämlich unter dem Schall der Musik alle anwesenden Mädchen und jungverheirateten Frauen eine Leiter, die an den Hühnerstall angelegt ist, auf- und absteigen müssen, verstecken sich Braut und Bräutigam irgendwo im Dorfe und werden nun von den jungen Burschen und Dirnen, welche mit Musik überall herumziehen, gesucht. Hat man sie entdeckt und feierlich nach dem Hochzeitshaus zurückgebracht, so muss die Braut den neuen Kleiderschrank besteigen, von wo sie in der Schürze mitgenommene Nüsse herabzuwerfen pflegt.

Mit drei Tagen sind die Hochzeitsfeierlichkeiten in der Regel zu Ende. Beim Abschied überreicht noch jede anwesend gewesene Familie den Eltern des Bräutigams ein Geschenk, das meist in so viel Talern besteht, wie Familienglieder beim Schmause waren. Noch einmal blasen die Musikanten, und unter ihrem Geschmetter rollt ein Wagen voll Gäste nach dem andern aus dem Dorfe.


alte Hochzeitssitten