Die Polen
Obwohl die Polen gleich den Czechen und Wenden dem westlichen Hauptast des großen Slawenstamms angehören, die Kleinrussen aber mit den Großrussen und Serben gemeinschaftlich den östlichen Ast desselben bilden, so sind doch ihre Hochzeitsgebräuche den kleinrussischen ähnlicher, als den wendischen oder czechischen.
Wie bei den Kleinrussen setzt sich das Mädchen beim Erscheinen eines Freiwerbers hinter den Ofen, und befolgt genau die Worte des Liedes, welches im Lubliner Kreise gesungen wird:
Wenn sich naht der "Swacha",
Sitz' ich hinter'm Ofen,
Tu', als ob ich weinte,
Bin im Grund zufrieden.
Im Krakauischen geht eines Donnerstags der Vater oder ein alter Anverwandter als "Swat" mit dem Freier in das Haus der Auserwählten, und bittet dort um ein Gläschen für den Branntwein, den er mitgebracht. Gibt der Vater des Mädchens sogleich den Befehl, ein Glas zu holen, und bringt es die Mutter gern und rasch, so ist das ein günstiges Zeichen; wird aber zum Schein lange gesucht und kann durchaus kein Glas gefunden werden, so bedeutet dies, dass man sich wenig aus der Heirat mache.
Im letzteren Falle gehen die beiden Besucher wieder weg, ohne etwas zu sagen; wird jedoch das Glas bald hingesetzt, so trinkt der Brautwerber auf die Gesundheit der Familie und fragt dabei scheinbar absichtslos nach der Tochter. Die Mutter führt sie herbei. Er lobt sie als hübsch und angenehm, setzt hinzu, dass sie eine tüchtige Frau und gute Wirtin abgeben würde, und bietet ihr ein volles Glas zum Trinken an. Das Mädchen sträubt sich, bittet, es ihm zu erlassen, nippt aber doch zuletzt einige Tropfen davon. Diesen Augenblick benutzt der "Swat", um den Wunsch seines Begleiters vorzutragen; und bittet in dessen Namen um die Hand der Tochter. Nach einigem Widerstreben und mancherlei Bedenken willigen die Eltern und das Mädchen ein, und das Aufgebot wird beschlossen.
Bei den Masuren reitet an einem Herbstsonntag ein ältlicher zuverlässiger Mann mit einem Kohlkopf, den er von seinem Pferde anfressen lässt, nach dem Hause, wo die Brautwerbung stattfinden soll. Nach den ersten Begrüßungen knüpft er ein Gespräch an, in dessen Verlauf er den Kohlkopf vorzeigt und sagt: "In unserm Garten ist ein Reh (eine Ziege) gewesen, und der Kohlkopf beschädigt worden; nun habe ich gespürt bis hierher und will das Reh sehen." Die Tochter wird hervorgeholt, auch mit ihr unterhält sich der Brautwerber über die Beschädigung des Kohlkopfes und trägt dann den Eltern direkt seine Wünsche vor. Sind sie geneigt, so kommt er acht Tage später mit dem Freier, wo dann die Verlobung gefeiert und die Ausstattung und Zeit der Trauung verabredet wird.
Im Lubliner Kreise tritt der Werber mit einer Flasche Branntwein in der Hand in's Haus, und antwortet den Eltern auf ihre Frage, weshalb er komme, sogleich: "Ich komme nicht um Euretwillen, sondern Eurer Tochter wegen." Dann bittet er um ein Glas. Die Tochter muss hinter dem Ofen vor, um es zu holen. Findet sie keins, gilt es als abschlägige Antwort; bringt sie es sogleich, trinkt es der Brautwerber auf ihre Gesundheit aus, füllt es wieder und reicht es ihr. Nach vielem Nötigen nimmt sie einige Schlucke, worauf der Brautwerber ihren Eltern und allen Anwesenden zutrinkt und dem Freier die frohe Botschaft bringt, dass sein Antrag angenommen worden. Da dieser erste Besuch, wie im Krakauischen, stets an einem Donnerstag gemacht wird, so geht bereits am Sonnabend darauf der Heiratskandidat selbst in Begleitung des Brautwerbers und der von ihm erwählten Brautführer oder "Starosten" zu den Eltern seiner zukünftigen Braut. Er wird von ihnen im Flur empfangen und nach Kräften bewirtet. Nach dem Essen erhebt sich der Brautwerber, hält eine passende Rede, und legt die Hände des jungen Paares in einander, welchem nun von allen Seiten Glück zur Verlobung und langes Leben gewünscht wird.
Auch im Krakauischen ist es der "Swat", welcher die jungen Leute feierlich verlobt, indem er mit einigen angemessenen Worten ihre Hände mittelst des Tuches zusammenbindet, das der Freier dem Mädchen schenken und in dessen einen Zipfel er je nach seinem Vermögen einige Gulden einknüpfen muss.
Am Sonntag vor der Hochzeit müssen bei den Masuren in Preußen die Brautleute kommunizieren, wobei die Braut zum Zeichen ihrer Würde mit dem Kranz geschmückt ist. In Polnisch-Schlesien wohnt die Braut am letzten Aufgebotssonntag dem Gottesdienst ebenfalls im Kranze bei, und in Guttentag lässt der Bräutigam, ist er irgend wohlhabend genug, der Braut an jedem der drei Aufgebotstage Abends ein Ständchen bringen. In Rosenberg geschieht dies bloß am Abend vor der Hochzeit, wo dann die Brautführer mit den Brautjungfern dazu tanzen.
In der Regel werden nur zwei eigentliche Brautführer und ebensoviele Brautjungfern erwählt, welche "druch" oder "druzba" und "druchna" heißen. In Polnisch-Schlesien wird jeder der beiden Brautdiener "starosta" genannt, im Krakauischen bloß der älteste, welcher die Reden hält, und deshalb in Masowien den Namen "orator" führt. Im Lubliner Kreise ernennt der Bräutigam neben dem "starosta", welcher die Fahne trägt, einen "Hochzeitsmarschall", welcher Alles leitet, und bei den Masuren in Preußen hat man außer dem "Hochzeitbitter" oder "Bitter" (proszek) noch einen oder zwei "Platzmeister", welche die Hauptrollen bei der Hochzeit spielen. Einige Tage vor der Hochzeit, gewöhnlich am Sonntag vorher, gehen die Hochzeitbitter von Haus zu Haus, um die Gäste einzuladen.
In Lubschau in Polnisch-Schlesien geht zuerst die Braut herum und jede Familie gibt ihr, sei es Eier, Butter und Mehl oder Speck, Erbsen und Graupen und dergl. zum Geschenk, worauf die Hochzeitbitter sämtliche Einwohner des Dorfes und oft auch der nächsten Ortschaften feierlich einladen, indem der "starosta" jedes Mal eine scherzhafte Rede hält.
In Rosenberg erhalten die "Starosten" an dem Sonntage, wo sie das Einladen besorgen, ihr Mittagsmahl von der Braut, und essen auch Abends, wenn sie nach Hause kommen, bei ihr. Da jedoch Niemand ein bestimmtes Versprechen gibt, und Jedes sich zum Scheine sträubt, die Einladung anzunehmen, so müssen am Hochzeitsmorgen früh die "Starosten" von Neuem anfangen, herumzulaufen, und nicht selten in dem oder jenem Hause warten, bis die Gäste mit ihrem Anzug fertig sind, um sie in's Hochzeitshaus zu begleiten. Oft muss der Bräutigam selbst die Gäste zusammentreiben. Wenn die Hochzeitbitter reiten, sind ihre Pferde mit Blumen und Bändern geschmückt. Sie selbst tragen ein langes weißes, kreuzweise über den
Rücken und die Brust gebundenes Handtuch, eingeschlagene Rockzipfel und auf der Brust und auf dem Hut künstliche Blumensträuße von buntgefärbten Federn und Flittergold.
Bei den Masuren geht der "Bitter", meist ein Bruder des Bräutigams oder der Braut, zu den Freunden und Nachbarn im Dorfe, um sie einzuladen, während der "Platzmeister", gewöhnlich ein jüngerer Mann, herumreitet, die auswärtigen Gäste zu bitten. Zwei bunte Tücher, ein rotes und ein gelbes an den Schultern, bunte Bänder und Papierblumen an der Mütze und in der Hand eine lange Peitsche, womit er vor den Häusern derer, die er einladet, beim Kommen und Gehen tüchtig knallt, reitet er bis in die Zimmer der Einzuladenden und spricht vom Pferde herab die wohl eingelernte Einladungsformel. Im Krakauischen ziehen die Brautführer und Brautjungfern mit Musik von Hof zu Hof und bitten im Namen des Brautpaares, in die Kirche zu gehen und der Trauung beizuwohnen. Bei jedem Eintritt in eine Wohnung fängt die Musik an zu spielen und schweigt dann bis zum Schluss der üblichen Rede, wo sie nochmals einfällt und die Anwesenden gewöhnlich ein Mal herumtanzen, ehe der Zug weiter geht, um mit denselben Zeremonien die Bewohner des nächsten Gehöftes einzuladen.
Das Haus, in welchem die Hochzeit stattfinden soll, wird mit Laub und Blumen geschmückt, und ist im Krakauischen durch eine Fahne kenntlich, die auf dem Dach weht.
Der Tag der Trauung ist sehr verschieden. In der Regel wählt man einen Sonntag, in Polnisch-Schlesien einen Dienstag oder Mittwoch, bei den Masuren in Preußen einen Dienstag oder Donnerstag dazu. Nur an einigen Orten, wo nicht katholischer Einfluss nachwirkt, halten die Masuren den Freitag für günstiger zur Hochzeit. Auch lassen sich dieselben nie unter dem Zeichen des Krebses oder bei abnehmendem Monde trauen, damit die Wirtschaft nicht zurückgehe oder abnehme. In Kujawien folgt die Trauung schon wenige Wochen nach der Verlobung, und die Bezeichnung "wesele", welche eigentlich Freude, Vergnügen bedeutet, beweist, wie lustig es bei einer polnischen Hochzeit zugeht. Reiche und Arme ohne Unterschied werden aus dem ganzen Dorfe dazu eingeladen, und wer vorübergeht, darf ohne alle Umstände in das Hochzeitshaus eintreten und des freundlichsten Empfanges gewärtig sein.
Besonders aber ist die Hochzeit der Polen ein förmliches Gesangsfest, und keine Zeremonie wird vorgenommen, die nicht von einem Lied begleitet wird. Singend ladet der Hochzeitbitter ein; unter Gesang wird die Braut gekämmt und angekleidet, unter Liedern gesegnet und dem Manne übergeben; mit Gesang fährt man zur Kirche und aus der Kirche, und Lieder erschallen beim Essen, Trinken und Tanzen.
Am Hochzeitsmorgen versammeln sich die Gäste gewöhnlich im Hause der Braut, wo sie bei den Masuren in Preußen mit Musik empfangen und von den "Platzmeistern" mit Bier bewillkommnet werden. In Polnisch-Schlesien begeben sich in Guttentag bloß die weiblichen Gäste zur Braut, die männlichen zum Bräutigam, und in Kuhnau (Kreuzburger Kreises) kommen sämtliche Gäste zuerst in's Haus des Bräutigams. Sind die Brautleute nicht aus demselben Orte, so versammeln sich die von Seiten der Braut Eingeladenen im Hause der Braut, und die Gäste des Bräutigams im Hause des Letzteren. Die Brautmädchen und Gefährtinnen der Braut finden sich meist schon ganz früh bei dieser ein, um sie anzuziehen und ihr das Haar zu ordnen. Wie bei den Kleinrussen, muss auch bei den Polen die Braut auf einem Backtrog sitzen, wenn ihr das Haar aufgelöst und mit Blumen und Bändern geschmückt wird. Während dieser Zeit wird auch der Kranz gewunden. Ist er fertig, gibt ihn die Braut im Lubliner Kreise kniend der Mutter, welche ihn mehrere Male wegstößt, ehe sie ihn endlich nimmt und der Tochter auf's Haupt setzt.
In Kujawien wird die Gutsherrschaft gebeten, nicht nur die Pferde zu geben, mit denen die Braut zur Kirche fährt, sondern auch der Braut den Kranz und der jungen Frau die Haube aufsetzen zu wollen, und deshalb führen dort die Brautmädchen die Braut, sobald sie angekleidet ist, auf das Schloss, damit die Edelfrau ihr den Kranz aufsetze. Kehren sie von dort zurück, so ruft die älteste Brautjungfer laut: "Schon ist die Braut zur Trauung bereit, schon sind die Wagen da, es ist demnach Zeit zur Kirche."
Die Gäste, die sich inzwischen versammelt haben, werden mit einem kleinen Frühstück bewirtet,
das in Polnisch-Schlesien aus Kuchen und Warmbier, in Masowien aus Wurst besteht. Dann zieht der Bräutigam mit seinem Gefolge in's Haus der Braut. Im Lubliner Kreise geht der "Starost" mit einem Fähnchen in der Hand voran und neben dem Bräutigam ein Brautführer mit der sogenannten "Palme", einem Fichtenbäumchen, an dem vier Lichter, ein Glöckchen und zwei Kränze befestigt sind. Die übrigen Gäste folgen zu Pferde und singen unter Musikbegleitung das Lied:
Eilen wir, Brüder und Gäste,
Reiten wir munter zu ihr u.s.w.
Sobald die Brautjungfern und Mädchen im Hause der Braut den Zug von fern erblicken, singen sie:
Kennst du unser Hänschen,
Unsern wackern Burschen?
und andere Lieder, welche schildern, dass die Braut sich nicht von den Eltern trennen will und diese bittet, sie nicht von sich zu lassen, und wenn sich der Zug des Bräutigams dem Hause nähert, wird singend zwischen ihm und den Mädchen der Braut eine Art Dialog in Chören geführt, bis die Begrüßung vorüber ist.
In Polnisch-Schlesien wird der Bräutigam und sein Gefolge meist mit Musik in's Hochzeitshaus abgeholt und an einigen Orten sind mit seiner Ankunft noch besondere Zeremonien verbunden. Hat z. B. in Lubschau der Bräutigam durch Beantwortung verschiedener Anfragen, woher er komme, was er wolle u.s.w., den Einlass erwirkt, so wird ihm nach einer possenhaften Rede des älteren "Starosten" ein altes, in ein weißes Tuch eingehülltes lahmes Mütterchen vorgeführt, das er als seine Braut erkennen soll. Der "Starost" erklärt mürrisch, es sei ein wildes Tier, aber nicht die Braut. Das alte Weib schleicht fort, und statt desselben erscheint eine der Brautjungfern. Der "Starost" will sich mit ihr herumdrehen, sie entwischt ihm aber und er sagt: "Das ist ein scheues Tierchen, die Braut ist es nicht." Jetzt erst wird dem Bräutigam auf einem Teller ein grüner Zweig und der Kranz gebracht, als Zeichen, dass die wahre Braut nahe, und bald darauf tritt sie in's Zimmer und wird vom Bräutigam als die richtige anerkannt.
In Sternalitz werden dem Bräutigam sämtliche Brautjungfern von der jüngsten an vorgestellt, ehe das Mädchen kommt, das er als seine Erwählte erkennt und annimmt, während er die anderen von sich weist, und bei Namslau und Wartenberg kommen mehrere verkleidete alte Weiber nach einander, bis endlich die Braut erscheint. Auch muss dort der Bräutigam, nachdem der sogenannte "Mõwça" oder Redner, einer der "Starosten", eine lange, halb scherz-, halb ernsthafte, auf die Gelegenheit bezügliche Rede gehalten, sein Verlangen nach der Braut noch eigens aussprechen und begründen, und in Kuhnau nicht nur die Männer für sich gewinnen, welche die Ankommenden nicht einlassen wollen und auf sie schießen, sondern auch noch besonders um die Braut bitten, welche versteckt gehalten wird. Statt ihrer erhält der Bräutigam zuerst einen Apfel und ein Herz von Pfefferkuchen, und dann ein Schnupftuch, einen grünen Zweig und den Kranz, welchen eine Brautjungfer bringt und mit den Worten überreicht:
"Meine lieben Herren Starosten, junge Herren Hochzeitbitter und Du, Herr Bräutigam! Ich bin hier mit dem Kränzchen von der Braut geschickt. Sie hat es selbst mühsam gewunden, die Braut, und mit Tränen benetzt. Vier Nächte hat sie nicht geschlafen, vier Kerzen hat sie verbrannt, als sie ihn geflochten. Sie war nicht träge, suchte das Kräutchen nicht im Dorfe, sie ging in ihr eigenes Gärtchen, pflückte dort das Kräutchen. Gebt ihr nicht hundert Dukaten, seht ihr die Braut nicht. Sie geht wieder in ihr Gärtchen, wird dort Kränze winden und eine solche Jungfer bleiben, wie sie es war."
Der Bräutigam gibt ein Talerstück. Die Brautjungfer verlangt mehr. Es wird gehandelt, und wenn sie befriedigt abgeht, erscheint wie in Lubschau zuerst ein altes Weib, dann eine Brautjungfer, bevor die Braut herausgeführt wird. Sie ist in ein weißes Tuch gehüllt; der Bräutigam übernimmt sie, tanzt mit ihr und übergibt sie dem älteren Hochzeitbitter, damit er seinerseits mit ihr tanze. Ihn löst der jüngere Hochzeitbitter ab, und diesem folgen sämtliche männliche und weibliche Gäste. Erst nachdem die Braut mit Allen getanzt, geht der Zug in die Kirche.
Anderwärts wird dem Bräutigam bei seiner Ankunft blos der Kranz herausgebracht, wohl auch von der Braut selbst überreicht, wofür er ihr ein Geschenk an Geld, gewöhnlich einen Dukaten gibt, und fast allgemein erteilen die beiderseitigen Eltern oder Verwandten dem Brautpaar ihren Segen und besprengen es mit Weihwasser, ehe es mit oder ohne Musik zur Kirche zieht. Bei den Masuren in Ermeland hält der Ortslehrer, in andern Gegenden der Platzmeister eine Rede an die Braut, worauf einige Liederverse gesungen werden, bevor man das Haus verlässt, um zur Kirche zu fahren. An einigen Orten Masowiens reicht der Orator, wenn er nach der Begrüßung des Bräutigams und seines Gefolges seine gereimte Rede gehalten, dem Bräutigam zwei Kränze. Den der Braut nimmt jedoch die älteste Brautjungfer, um einige Blumen herauszuziehen, welche sie sich an die Brust heftet, und gibt ihn dann den übrigen Brautjungfern, die ihn unter sich und die Brautführer verteilen. Nun erst flechten die Brautjungfern der Braut das Haar auf, indem sie dabei singen:
Kuckuck! rief der Kuckuck auf dem Turm hoch,
Weinend saß Mariechen auf dem Backtrog u.s.w.,
setzen ihr einen frischen Kranz auf und führen sie in's Zimmer zurück, wo sie den Eltern zu Füssen fällt, um ihren Segen zu erhalten, ehe sie zur Trauung fährt.
Im Krakauischen wird, wenn sich alle Gäste versammelt haben und nur die Braut noch fehlt, von der ganzen Gesellschaft das Lied gesungen:
Komm' nun heraus, es ist schon Zeit!
Zieh' an den Rock mit grauem Streif, u.s.w.
Während des Gesanges tritt die mit dem Kranz geschmückte Braut in's Zimmer, wirft sich vor den Eltern auf die Knie, umklammert weinend und schluchzend die Füße derselben und wird von ihnen gesegnet, worauf der "starosta" zum Aufbruch mahnt. Auch in Kujawien wirft sich das Brautpaar den Eltern zu Füssen, um ihnen für alle ihre Güte und ihre Wohltaten zu danken, und bittet kniend sowohl sie, wie nachher alle Verwandte und Anwesende der Reihe nach um ihren Segen. Die Väter vereinigen die Hände der Brautleute, die Mütter besprengen sie mit Weihwasser, und die jüngeren Leute trinken auf ihre Gesundheit. Im Lubliner Kreise gibt, nachdem die Braut vor den Eltern, Geschwistern und der ganzen Verwandtschaft, sei sie auch noch so zahlreich, niedergekniet ist, um ihre Verzeihung zu erbitten, der "Hochzeitsmarschall" der Brautjungfer die Trauringe, wobei er mit ihr ein Lied singt, in dessen Refrain: "Lado! Lado!" die ganze Hochzeitsgesellschaft mit großem Freudengeschrei einstimmt. Dann nimmt die Braut, indem sie bitterlich weint, Abschied von ihren Eltern und steigt mit ihren Brautmädchen und der Musik auf den Wagen. Der Bräutigam mit den Hochzeitbittern und Starosten begleiten sie zu Pferd, und auf dem ganzen Wege singt man:
Von dem Dickicht zu dem Dickicht
Wir zur Trauung reiten heut, u.s.w.
In Masowien reitet der Bräutigam an der Spitze der Brautführer, hinter denen die Braut mit den Brautmädchen und der Musik fährt, und letztere muss in jedem Ort, durch den man kommt, verschiedene Tänze und Lieder spielen. Bei den Masuren in Preußen sitzen die Braut und Brautmutter (swachna) neben einander auf einem Wagen, vor ihnen Brautjungfern, und jede hat einen guten Vorrat von zerschnittenen Fladen bei sich, um unterwegs den Leuten auf der Straße die Stücke zuzuwerfen. Fast dieselbe Sitte herrscht in Sternalitz und andern Dörfern des Rosenbergschen Kreises in Polnisch-Schlesien, wo sich alle Gäste vor dem Gang zur Kirche kleingeschnittene Kuchen in die Taschen stecken, um die Stücke unterwegs den ihnen begegnenden Kindern und den neugierigen Zuschauern zuwerfen zu können. Der Zug selbst geht meist zu Fuß. Ist die Kirche in einem andern Dorfe, so reiten die Brautdiener voran, dann kommt der Wagen mit der Musik, hinter diesem der mit der Braut, dann der des Bräutigams und zuletzt folgen die Wagen der Hochzeitsgäste je nach deren Rang und Ansehen.
Früher fuhr gewöhnlich die Braut mit allen Mädchen und Frauen auf einem großen Leiterwagen, in dessen Vorderflechte Bass, Geige und Cymbel musizierten, und hinter ihr auf einem andern der Bräutigam mit den Männern, während die Brautdiener und Burschen auf ihren schöngeschmückten Pferden die Wagen umkreisten. Die Mädchen haben keinen Kopfputz und lassen die Haare fliegen, die Brautjungfern sind mit Bändern, Rauschgold und Sträußen geschmückt. Die Braut hat eine ernste Tracht und erscheint stets in einem Tuchjäckchen, der Bräutigam in einem Überrock. Trägt er keinen kleinen Myrtenkranz auf dem Kopfe, so hat er einen Myrtenzweig im Knopfloch, auf der Mütze oder dem Hut. Die Brautführer nehmen weiße Tücher wie ein Bandelier über die Schulter, binden sie in einen zierlichen mit Sträußchen verzierten Knoten über der Hüfte zusammen und lassen die beiden Enden gleich den Quasten einer Schärpe herabhängen. Die Sträuße werden ihnen von den Brautjungfern geschenkt, mit denen sie dafür besonders fleißig tanzen müssen. In Kujawien haben die sechs Burschen, in deren Mitte der Bräutigam reitet, ebenfalls weiße Tücher um die linke Hüfte gewunden und halten in der linken Hand das Schnupftuch und die Zügel, in der rechten die Peitsche. Sie ziehen paarweise, die Musik voran, und hinter ihnen fährt mit ihren vier Brautmädchen auf einem Wagen die Braut, einen großen Blumenstrauß in der Hand haltend. Ihr folgen die übrigen Mädchen und Frauen, welche singen, und zuletzt die Wirte mit ihren Weibern, Alles auf Wagen. Auf den Ruf des "družba": "Geige was für's Ohr!" stimmen sogleich zwei Violinisten und ein Bassgeiger einen Kujawiak an. Die Burschen jauchzen dazu und die Fuhrleute knallen mit ihren Peitschen.
Bei dem Hochzeitszug im Krakauischen sitzen der Bräutigam, der "starosta" und die Brautführer auf auserwählten Pferden, deren Köpfe mit Federbüschen geschmückt sind, und Jeder von ihnen hält in einer Hand die Peitsche, in der andern ein Fähnchen. Die Braut mit ihren Brautjungfern und der Musik fährt und die Reiter umgeben ihren Wagen. Von Zeit zu Zeit zünden die jungen Burschen auf dem Wege, den der Zug nimmt, kleine Feuer von Reisigholz an, über welche die Brautführer mit ihren Pferden hinwegsetzen; in den Dörfern, durch die man kommt, spielt die Musik, und Alles singt dazu. Die Masuren in Preußen halten in der Schenke oder dem "Krug" des Kirchdorfs an, wo sie tanzen, bis die Glocken läuten und der Zug zu Fuß in die Kirche geht, und kehren auch nach der Trauung zu Fuß dorthin zurück, um noch zu trinken und zu tanzen, ehe man wieder die Wagen zur Rückfahrt besteigt.
Die Trauung selbst wird fast überall nach dem katholischen Ritual vollzogen, welches in den polnischen Kirchen vorgeschrieben ist. Die jungen Eheleute werden zuerst vom Priester in der Kirche eingesegnet, dann, nachdem Messe für sie gelesen worden, mit einer Decke behangen und einer teils weißen, teils purpurroten Binde zusammengebunden. Hierauf schenkt der Bräutigam der Braut einen vom Priester geweihten Ring. Die neue Ehe wird unter verschiedenen Gebeten Gott anempfohlen und das junge Paar mit der Ermahnung entlassen, sich im Ehestande wohl und ehrbar zu verhalten.
In Kujawien ordnet in der Kirche der "družba" Alles an, wie es sich gehört. Er lässt vor dem Altar ein weißes Tuch ausbreiten, auf welchem die Braut stehen soll, weist dem Vater oder Großvater, sowie den andern Verwandten Plätze an, stellt hinter der Braut die Brautjungfern und weiter die andern Mädchen, hinter dem Bräutigam zwei Brautführer und die andern jungen Burschen auf. Der älteste und zweite Brautführer stehen vorn. Nach dem Veni Creator beginnt der Kaplan die Anrede und den Akt der Trauung.
An manchen Orten von Polnisch-Schlesien, z. B. in Rosenberg, darf bei der Trauung keine Orgel ertönen, und nach dem Volksglauben der Masuren darf während der Trauung die Braut den Arm des Bräutigams nicht loslassen, damit die Ehe nicht auseinander gehe. Auch muss sie suchen, während des Trauungsaktes dem Bräutigam auf den Fuß zu treten oder auf seinen Rock zu knien, um in der Ehe die Herrschaft zu erlangen, und nach der Trauung beim Fortgehen vom Altar den Bräutigam um sich herum gehen lassen, damit er in der Ehe stets zuvorkommend und dienstfertig sei.
In Polnisch-Schlesien pflegt die Braut ebenfalls bei Ablegung des Eides auf einen Zipfel des
Rockes ihres Bräutigams zu knien, um sich der Oberhand im ehelichen Leben zu versichern, und in Galizien muss sie nach der Trauung sich hinter den Altar flüchten, wo sie von den Brautführern gesucht und aus ihrem Versteck hervorgeholt wird. Damit es nie an Geld fehle, muss bei den Masuren der Bräutigam zur Trauung Geld in der Tasche haben und die Braut ein Geldstück, das sie vorher von dem Bräutigam verlangt hat, im rechten Strumpf oder Schuh verwahrt, mit in die Kirche nehmen, und wie in der Gegend von Tarnowitz die polnisch-schlesische Braut zur Trauung etwas von ihrem Haupthaar frei herunter hängen lässt, damit ihr später der Flachs wohl gerate, so flicht sich die masurische einen Silbergroschen in's Haar, um sich nach der Trauung Schnaps zu kaufen, den sie austrinkt, damit ihr Mann während der Ehe nie mehr als für einen Silbergroschen Branntwein trinke. Auch vermeidet die Braut bei ihrem Hochzeitsstaat die rote Farbe, welche Feuersgefahr herbeiziehen würde, und legt der Vorbedeutung wegen nichts Geborgtes an. An der Türschwelle darf beim Ausgang zur Trauung eine Axt, mit der Schärfe nach außen gelegt, nicht fehlen, und vor den Brautwagen spannen die Masuren einen Schimmel, um die in der Ehe kommenden Kinder am Leben zu erhalten, sowie sie auch ohne alle Unterbrechung nach dem Kirchdorf fahren, damit später in der Ehe kein Hindernis eintreten möge.
Für den Pfarrer und Organisten wird in Polnisch-Schlesien bei der Trauung ein Opfergang um den Altar gehalten, und findet die Hochzeit in einem Kirchdorf statt, werden Beide zum Hochzeitsmahl eingeladen. Die Gebühren für die Trauung trägt der Bräutigam dem Pfarrer bald nachher in die Sakristei.
Bei dem Weggang aus der Kirche geht in Kujawien die Braut nicht wieder mit den Brautmädchen, sondern mit den verheirateten Frauen, mit denen sie auch in den Wagen steigt, und in Polnisch-Schlesien geht nach der Trauung der Bräutigam voran.
Die Rückfahrt gleicht in Allem der Hinfahrt: Gesang, Musik und Jubel von Anfang bis zu Ende. Auf der Schwelle des Hochzeitshauses werden die Brautleute mit Brot und Salz, wozu hier und da noch Branntwein kommt, empfangen. Im Krakauischen bewirft der Hausherr das Brautpaar und das ganze Gefolge mit Hafer, den man eifrig aufliest, um ihn später auszusäen. Der "Starost" heißt die Neuvermählten willkommen, hält ihnen eine Rede über die Pflichten ihres neuen Standes und schließt mit dem Ausrufe: "Das Brautpaar (die Jung-Herrschaft) möge leben!" welchen alle Anwesenden jubelnd wiederholen.
Bei den Masuren in Preußen pflegt der Kutscher des Brautwagens, wenn man auf der Heimfahrt über die erste Brücke kommt, plötzlich anzuhalten und zu rufen: "Das Rad ist zerbrochen!" Schnell wird nun Geld zusammengelegt, um den Schaden wieder gut zu machen, und sobald ein Jedes das Seinige dazu beigetragen, geht es in vollem Jagen weiter. Hat man aber die Hälfte des Wegs erreicht, so sprengt einer der "Platzmeister", welche voran reiten, in gestrecktem Galopp nach dem Hochzeitshaus, um ein Laib Brot zu holen, das er in ein Tischtuch wickelt und der Braut entgegenbringt, damit sie in ihrem Leben stets Brot haben möge. In der Gegend von Hohenstein müssen der jungen Frau Fladen und Bier bis an die Dorfgrenze entgegengebracht werden, wovon die Eheleute Alles, was sie nicht selbst verzehren, den Armen zuwerfen, und kommen sie dem Hause näher, so bringen die "Platzmeister" einen mit allerlei Getreide und sonstigen Viktualien gefüllten Topf herbei, den sie als Opfer für das Brautpaar gegen ein Rad des heranrollenden Wagens werfen.
Indessen fährt man gewöhnlich nicht sogleich in's Hochzeitshaus, wo das Mittagsmahl angerichtet wird, sondern in die Behausung der Brautmutter, wo Schnaps und Bier getrunken, Kuchen gegessen und getanzt wird. Ist das Essen fertig, kommt der Hochzeitbitter in das Haus der "swachna", tritt in die Stube, schlägt mit dem Stock gegen den Balken, worauf die Musik schweigt und Jedes still stehen bleibt, wo es sich eben beim Tanzen befindet, und spricht: "Der Hochzeitsvater, die Hochzeitsmutter und das Ehepaar lassen grüßen und bitten, nach dem Hochzeitshaus zu kommen zugleich und sogleich (oraz i zaraz)." Dann macht er Kehrt, die Musik folgt ihm und die ganze Gesellschaft schließt sich paarweise an.
Die "Platzmeister" kommen dem Zuge mit Bier aus dem Hochzeitshaus entgegen, und bei der
Mahlzeit, vor und nach welcher der Ortslehrer das Gebet spricht, werden wieder einige Liederverse gesungen. Die Braut hat ihren Platz hinter dem langen Tisch, wo sie schwer zugänglich ist, und verlässt ihn auch nicht freiwillig, sondern wird nach beendigter Mahlzeit von den jungen Leuten mit Gewalt und oft nicht ohne Anstrengung "aus der Gemeinschaft der Jungfrauen" hinter dem Tisch hervorgezogen. Ist dies gelungen, fordert sie jeden männlichen Gast zum Tanze auf und tanzt mit Allen den sogenannten "Brauttanz", bei welchem die Musikanten extra bezahlt werden. Nach Beendigung desselben wird Gänsebraten, der schon zerlegt ist, herumgereicht und gegessen, und hierauf werden Striezel und ganze gebratene Gänse aufgetragen und je in vier Teile zerschnitten, damit jeder Gast für diejenigen Angehörigen, welche nicht an der Hochzeit Teil genommen, ein solches Viertel mit nach Hause nehmen könne.
Auch in manchen Orten Galiziens und Polnisch-Schlesiens begibt sich der Zug zuerst in eine Schenke, wo gesungen, getanzt und gezecht wird, findet aber dann in Polnisch-Schlesien nicht selten das Hochzeitshaus verschlossen, wenn man vor demselben ankommt. "Man wolle," sagen die Köchinnen, welche dem Hochzeitszug diesen Schabernack gespielt, "nachdem man die Tochter des Hauses weggeführt, auch noch die reichen Vorräte desselben aufzehren," und erst nach vielen Versprechungen und Vorstellungen der Brautdiener wird geöffnet. Eine ähnliche Sitte findet auch im Lubliner Kreise statt, wo man direkt aus der Kirche nach Hause fährt, aber die Türen zugeschlossen findet. Man versucht mit Gewalt zu öffnen. Vergebliches Bemühen. Man bittet singend um Einlass. Es wird singend aus dem Hause mit verschiedenen Fragen geantwortet, auf deren jede Seitens der Draußenstehenden ein laut schallendes: "Lado! Lado!" erfolgt. Endlich nach einem nochmaligen Gesang von Seiten des Zuges und nach den flehentlich bittenden Worten:
Öffne, Mütterlein! Öffne!
Für mich, Dein Töchterlein!
Lado! Lado! erscheint die Mutter, tut, als ob sie eben erst die Ankunft erführe, und öffnet die Tür zum Hause, wo schon die Tische gedeckt stehen.
Wenn in Hohenstein in Preußen ein Masure bereits mehrere Male Witwer geworden ist, so lässt er die neu verheiratete Frau nicht durch die Türe, sondern durch ein Fenster in sein Haus eingehen, damit er sie nicht gleichfalls durch den Tod verliere, und ebendort wird die junge Frau bei ihrem Eintritt in's Haus sogleich dreimal um den Ofen oder den Herd geführt, damit sie ihrem Manne nicht davonlaufen könne. Gewöhnlich wird nach der Rückkehr aus der Kirche zuerst gefrühstückt und dann getanzt bis zum Mittagsmahl.
In Kujawien stehen Semmeln, Striezel von Weizen- und Roggenmehl, Butter, Käse und Branntwein auf dem Tische. Man isst und trinkt nach Belieben, bis der Bräutigam den ersten Tanz beginnt. Beim Mittagsmahl gibt's Schwarzsauer von Gänsen und Ferkeln mit großen Klößen, Kohlrüben mit reichlichen Stücken Fleisch, Braten und Weißkraut (kapusta) mit Würsten und Speck und zuletzt Nüsse und Äpfel. Nach dem Essen wird von Neuem getanzt. In Masowien dürfen Suppe, Gedärme, Erbsen und Pastinak beim Mahl nicht fehlen. Vor dem ersten Gericht trinkt der Hochzeitsvater auf das Wohl der Braut. Die ganze Gesellschaft schlägt unter lautem Jubel mit den Fäusten auf den Tisch und ruft zum Tusch der Musik: "Vivat! Vivat! Sie soll leben, die Jungfer Junge!" Die Braut bringt unter demselben Lärm die Gesundheit des Bräutigams aus und dann trinken nach und nach Alle sich einander zu. Bei den Masuren in Preußen hat der Platzmeister die Verpflichtung, an der Tafel die Gesundheit jedes Einzelnen mit geeigneter Anrede auszubringen, und zugleich darauf zu sehen, dass die Krüge immer voll sind und jeder Anwesende zu essen bekommt. Auch trägt er bei Tisch die Schüsseln zu und sammelt für die Braut und die Musik. Die Gäste bringen Kuchen, bisweilen auch Fleisch mit und sorgen für Getränk, wenn der im Haus vorrätige Schnaps ausgetrunken ist. In Polnisch-Schlesien senden die Geladenen Beiträge zum
Mahl, und namentlich die Brautjungfern haben an vielen Orten eine jede einen Schweins-, Gänse- oder Kalbsbraten zu liefern, während das Getränk auf allgemeine Kosten beschafft wird. In Rosenberg, Guttentag und den umliegenden Dörfern wird nur Kuchen aufgetragen, und zwar werden die Mannspersonen an einen und die Frauenzimmer an einen andern Tisch gesetzt. In Guttentag werden die Gäste zu je vier oder sechs Personen abgeteilt und vor jede Abteilung eine Flasche und ein Kuchen hingesetzt. Wer in jeder Abteilung am geschicktesten schneiden kann, teilt den Kuchen in so viel möglichst gleiche Stücke, wie seine Abteilung Personen enthält, und legt dann jedem seiner Nachbarn ein Stück vor. Ist dies geschehen, kömmt ein zweiter, dritter, vierter und fünfter Kuchen und hat das Schicksal des ersten, so dass jeder Gast einen ungeheuren Haufen Kuchen vor sich liegen hat. Was er nicht isst, verteilt er an die hinter ihm stehenden Kinder, oder packt es ein, um es mit nach Hause zu nehmen. Aus der Flasche wird, so lange sie reicht, das gemeinschaftliche Glas gefüllt, welches in der Abteilung herumgeht. Ist sie leer, wird eine zweite gebracht. Das Tischgebet, Zutrinken und was es sonst an Zeremonien mit Grüßen und Sprüchen gibt, besorgt in der Gegend von Namslau, Wartenberg und Kreuzburg der "Mówça" oder Redner.
In der Stadt Rosenberg isst das Brautpaar nichts, sondern sendet die ihm vorgelegten Esswaren nach aufgehobener Tafel in das Hospital. In Guttentag geht während des Essens ein Teller für die Schule, ein zweiter für die Musikanten und ein dritter für die Köchin herum, welche hinkend und mit verbundenem Arme erscheint, indem sie vorgibt, sich beim Backen oder Braten verbrannt zu haben. In Rosenberg wird auch für die Brautdiener gesammelt.
So lange die Mahlzeit dauert, hört auch das Zutrinken nicht auf, und da jeder Gast Äpfel, Zuckerwerk und Pfefferkuchen bei sich in der Tasche führt, sendet in Rosenberg Einer dem Andern auf den Schnapsgläsern dergleichen Süßigkeiten durch den Brautdiener zu. Gegen Ende des Mahles erhält jeder Gast kleine Kuchen, "wyslužki" genannt, für seine Hausgenossen und von der Braut ein Geschenk, das meist in Pfefferkuchen, jetzt wohl auch in Zigarren besteht, worauf man sich erhebt und mit Musik zum Tanz in das Wirtshaus oder den "Kretscham" zieht.
Bei den Masuren in Preußen macht die Brautjungfer ihrem "Platzmeister" über Tisch ein Geschenk, wobei sie folgende Verse spricht:
Herr Platzmeister!
Ich komme vor Dich getreten,
Weil ich von Dir gebeten.
Heute ist Dein Ehrentag,
Weil ich Dir ein kleines Geschenk bringen mag.
Halte das Geschenk fest,
Wie der Baum die Äst',
Wie die Glocke ihren Klang,
Wie das Wasser seinen Gang,
Wie der Mond seinen Schein,
Auf's Jahr sollst Du wieder mein liebster Platzmeister sein.
Der Beschenkte erwidert:
Dafür tu' ich mich bedanken,
Ich will es legen in meinen Schranken,
Ich will es in Ehren halten und meine Brautjungfer an die rechte Seite führen.
Musikanten, Vivat hoch!
Im Krakauischen ist es Brauch, dass bei dem Mahle alle Männer ihre Mützen aufbehalten, und nach demselben zuerst der älteste Hauswirt eine Polonaise, Mazurka und Krakowiaka, oder, wie man zu sagen pflegt, "einen Tanz" vortanzt, worauf die jungen Leute nachtanzen.
Auf einigen Dörfern des Lubliner Kreises bringt nach Beendigung des Mahles die Brautmutter dem Brautpaare zwei Laib Brote, um sie auf dem Fußboden rollen zu lassen. Wenn beide Brote zu gleicher Zeit rollen und zu gleicher Zeit umfallen, rufen alle Anwesende: "Günstiges Geschick! Günstig!" Herrscht aber allgemeines Schweigen, so ist dies eine schlimme Vorbedeutung für die Zukunft der Brautleute, welche die Brote rollen ließen.
In Masowien tritt am Schluss des Mahles die älteste "swacha" zur Braut, um ihr die Haube auf-
zusetzen. Kaum hat sie es aber getan, so reißt der älteste Brautführer die Haube wieder herunter und setzt der Braut statt derselben seine Mütze auf, indem er dabei ruft: "Abscheulich in der Haube, hübscher mit meiner Mütze!" Indessen tritt ein Brautmädchen nach dem andern heran und versucht, die Haube aufzusetzen, und jedes Mal reißt ein Brautführer nach dem andern wie zum Spott die Haube ab und setzt statt ihrer der Braut seine Mütze auf, bis endlich kein Brautführer mehr übrig ist und das letzte Brautmädchen unter dem dabei üblichen Gesang ihre Absicht erreicht, worauf Jedes der Anwesenden etwas für das junge Ehepaar "zur Wirtschaft" schenkt und der Tanz von Neuem beginnt. Bei den Masuren in Preußen wird diese Zeremonie auf den Tag nach der Hochzeit verschoben, und in Polnisch-Schlesien, wie in Kujawien und Galizien findet sie gewöhnlich um Mitternacht statt. Im Krakauischen geschieht es durch die älteste Brautjungfer, indem man dabei das bekannte Lied vom Hopfen singt, und nach dem Behauben fängt die Braut an, inmitten der verheirateten Frauen zu tanzen, während man dazu singt:
Was windet sich am Baume dort? u.s.w.
und nun wird bis zum Morgen getanzt, geschmaust, gesungen und gezecht.
An einigen Orten Galiziens sucht die Braut, bevor ihr die Haube aufgesetzt werden soll, zu entfliehen und sich einzuschließen, aber die Brautführer, welche sie scharf bewachen, vereiteln ihre Flucht, ergreifen sie und setzen sie auf einen Schemel, wo sie dieselbe nicht mehr aus den Augen lassen. Jetzt erscheint die Brautmutter, nimmt der Braut den Kranz ab, welchen diese unter die Musikanten verteilt, und schlägt sie mit einem zerbrochenen Topf auf die Schultern, um ihr anzudeuten, es möge ihr im neuen Haushalt kein Geschirr zerbrechen. Zuletzt gibt sie ihr einen leisen Schlag auf die Wangen, worauf die Braut unter Gesang zu ihrem Lager geleitet und von nun an als Frau betrachtet wird.
In Kujawien lädt man die Frauen des Kommissars, des Wirtschaftsbeamten, des Organisten und der wohlhabendsten Bauern zum Behauben ein, das gegen 12 Uhr in der Nacht beginnt. Vorher müssen zuerst die Brautjungfern, nach ihnen die übrigen Mädchen eins nach dem andern mit der Braut tanzen und dem Geiger etwas dafür geben. Wenn das letzte Paar tanzt, erscheint der älteste Brautführer, nimmt die junge Frau, stellt sich vor die Musik hin, stampft mit dem Fuß, indem er singt:
O Du Mädchen! O Du Mädchen!
Was soll jetzt wohl mit Dir werden? u.s.w.
und tanzt mit der Braut. Unterdessen geht der zweite Brautführer zu der vornehmsten oder ältesten der anwesenden Frauen und bittet sie um die Gunst, der jungen Frau die Haube aufzusetzen. Die Mädchen nöthigen die Braut zum Sitzen, lösen ihr unter den dabei üblichen Liedern und dem Freudengeschrei der Burschen die Flechten auf, und die "gnädige Frau" nimmt eine kleine Schere, schneidet der Braut die Flechten ab und setzt ihr die Haube auf. Alle trinken auf das Wohl der Behaubten, die "gnädige Frau" tanzt mit ihr, indem sie drei Taler auf den Teller legt, und alle übrigen Frauen folgen diesem Beispiel und geben, was Jede vermag, worauf sich die junge Frau und sämtliche verheirateten Frauen an den Tisch setzen, auf die Gesundheit der "gnädigen Frau" trinken und das Abendbrot einnehmen, das aus Braten mit Äpfeln, Rosinenfladen und Obst besteht. Nachher wird bis 3 oder 4 Uhr Morgens getanzt, wo der sogenannte "Langsame", den der Großvater mit der jungen Frau vortanzt und nach ihm alle Väter und alten Frauen nachtanzen, den Schluss des Festes bildet.
Im Lubliner Kreise sitzt die Braut zum Haubenaufsetzen weinend auf dem Backtrog. Die Brautjungfern und Mädchen umringen sie, indem sie ihr unter den üblichen Klageliedern die Flechten auflösen und sie mit Haube, Kopfbinde und Hülle versehen, und beenden die Zeremonie mit dem Lied: Hüllte sich der Himmel in die Wolken, Hüllte sich Marysia in die Schleier, Deckte mit dem Laubgrün sich der Ahorn, Braut Marysia tat's mit weißer Haube. Dann beginnen die Tänze, bei denen die Braut als verheiratete Frau den Reigen führt, und zuletzt ist allgemeiner Tanz.
Wenn in Polnisch-Schlesien die junge Frau "gehaubt" werden soll, umringen alle Frauen sie mit großem Geschrei, tanzen singend um sie herum und nehmen sie in ihre Gemeinschaft auf, indem eine Jede mit ihr tanzt. Hat sie die Haube auf, wird sie dem Bräutigam vorgezeigt und von sämtlichen Weibern in sein Haus geführt, wo ihre Begleiterinnen bewirtet werden. Im Rosenberger und Kreuzburger Kreise tragen bei dieser Zeremonie alle Frauen kleine brennende Wachskerzen in der Hand, und in Ellguth-Woschnik haben die Frauen die Verpflichtung, der Braut eine Haube zu schenken. An den meisten Orten wird vor dem "Hauben" für die Braut gesammelt. Ist es jedoch offenkundig, dass die Braut das Recht verloren hat, den Kranz zu tragen, so wird sie nicht "gehaubt" und es geht bloß ein Teller für sie herum zu "Windeln".
Da fast überall im Wirtshaus getanzt wird, wo Jeder das Getränk sich kaufen und die Musik bezahlen muss, und sogar Lokal und Beleuchtung auf Rechnung der Gäste kommt, so hat in Rosenberg die Braut das Abendbrot für die Musikanten und Brautdiener zu besorgen. Dafür wird ihr am folgenden Tage ganz früh ein Ständchen gebracht, worauf die Musikanten zum "guten Morgen" gehen. Die männlichen Gäste schließen sich an, und so zieht man von einem Haus zum andern. Überall wird etwas aufgetischt und den Musikanten ein kleines Geldgeschenk gemacht. Auch Verkleidungen und mancherlei Possen fehlen dabei nicht. Die verheirateten weiblichen Gäste begleiten inzwischen die junge Frau zur Einsegnung in die Kirche und nehmen dann das Frühstück bei ihr ein. Des Abends wird wiederum getanzt, und in Rosenberg erst an diesem Tag um Mitternacht die junge Frau "gehaubt", welche von nun an nicht mehr mit bloßem Kopf tanzen darf, sondern in einer Haube tanzen muss. Dauert die Hochzeit nicht länger als zwei Tage, so kommen am dritten die Gäste bei dem Bräutigam zusammen, wo der "starosta" Rechnung legt und mit Ausnahme der Brautdiener und des Bräutigams Jedes seine Zeche bezahlen muss.
Bei den Masuren in Preußen findet das Haubenaufsetzen, wie in Rosenberg, am Tage nach der Hochzeit statt. Schon des Morgens um 10 Uhr nimmt der "Platzmeister" die Musik mit sich und geht von Haus zu Haus durch's Dorf, um alle Hochzeitsgäste wieder zusammen zu holen. In jedem Hause, das er betritt, wird eine Weile geschmaust und getanzt, und je größer der Zug wird, desto lärmender geht es zu, bis endlich, vom Platzmeister geführt, sämtliche Gäste im Hochzeitshaus anlangen. Hier wird für die angesehensten Frauen etwas Besonderes aufgetragen: Schnaps mit Honig, und nachdem sie genug davon genossen, setzen sie der jungen Frau die Haube auf, nehmen sie in ihre Mitte und bringen sie in den Tanzsaal, wo sie nun mit ihnen tanzt und so "in den Bund der Frauen aufgenommen" ist.
Am dritten Tag, dem Sonntag, wird die Braut zum Bräutigam heimgefahren. Die Gäste versammeln sich wiederum am Vormittag im Hochzeitshaus, wo gefrühstückt wird. Die Nachbarn stellen große vierspännige Wagen, welche mit der Mitgift der Braut bepackt werden. Wer von den Gästen, Verwandten und Nachbarn noch Platz findet, fährt mit, und fort geht es nach dem Haus des Bräutigams, wo abgeladen und nachher der Rest des Tages, sowie der Montag unter Teilnahme der Nachbarn des Bräutigams verjubelt wird. In manchen Orten zieht nun die ganze Gesellschaft von einem Haus zum andern, und wird in jedem einen Tag lang bewirtet, so dass die Hochzeit je nach der Zahl der eingeladenen Gäste oft acht bis vierzehn Tage währt.
Bei den Katholiken des polnischen Ermlandes pflegt man gleich nach der Hochzeit die Braut aus dem Hause zu schicken und mit Fichtenstöcken nach den sich entfernenden jungen Eheleuten zu schlagen, und in Galizien versammeln sich einige Tage nach der Hochzeit alle Personen, die daran Teil genommen, noch ein Mal zu einem Nachschmaus (poprawina), um dabei "gutzumachen", was beim Hochzeitsmahl verabsäumt worden ist.
In den höheren Ständen hat die Hochzeitsfeier, wie überall, allerdings viel von ihrem nationalen Gepräge und Charakter verloren, indessen haben sich dennoch mehrere Züge erhalten, welche sich in andern Ländern nicht vorfinden. So ist die Dauer der Verlobung gewöhnlich eine sehr kurze, und das Verhalten der Brautleute unter einander während des Brautstandes, wenigstens vor den Augen der Welt, ein äußerst
formelles. Statt des vertraulichen Du bleibt die allgemeine Anrede: "Herr" und "Fräulein", und ein Kuss in Gegenwart Anderer, selbst der Familie, ist streng verpönt. Auch Verlobungsringe werden nicht immer getragen, so dass ein Fremder kaum bemerken kann, ob er sich einem Brautpaar gegenüber befindet.
Am Tag der Hochzeit versammeln sich die Gäste im Haus der Brauteltern, wo sie vom Bräutigam empfangen werden, der jeder Dame und jedem Herrn beim Eintritt in den Salon sogleich einen einfachen goldenen Fingerreif überreicht, in welchem das Datum des Trauungstages eingraviert ist. Sind alle Gäste beisammen, wird die Braut von den Brautjungfern in den Salon geführt, wo sie und der Bräutigam kniend den Segen der Eltern empfangen, ehe sie das Haus verlassen, um sich in die Kirche zu begeben. Dort wird die Braut von den Brautführern, der Bräutigam von den Brautmädchen zum Altar geleitet, und nach der Trauung wird die junge Frau von einem verheirateten Freund der Familie, ihr Mann aber von einer befreundeten verheirateten Frau in das Hochzeitshaus zurückbegleitet, wo nun die Festlichkeiten beginnen.
Wird die alte Sitte noch mit voller Strenge beobachtet, bleibt die junge Frau noch drei volle Tage im Hause ihrer Eltern, ehe sie dem Manne übergeben wird.