Großbritannien


Monday for wealth,
Tuesday for health,
Wednesday the best day of all;
Thursday for losses,
Friday for crosses,
And Saturday no luck at all.

Montag macht reich,
Dienstag gesund,
Mittwoch ist von den Tagen der beste;
Donnerstag ist zum Verlieren,
Freitag zum Vexieren,
Und Samstag bringt gar kein Glück zum Feste.

Mit diesen Reimen werden in der Grafschaft Durham die Glücks- und Unglückstage für's Heiraten bezeichnet. Als Unglückszeit betrachtet werden die Fasten.

If you marry in Lent,
You will live to repent,

Wenn Ihr in den Fasten freit,
Reut's Euch die ganze Lebenszeit,

sagt warnend ein alter Spruch. Am schlimmsten jedoch ist der Mai. In Schottland kommt noch der Januar dazu; Niemand lässt sich zu Ende eines Jahres abkündigen und im Anfang des andern trauen, aber der Mai ist doch noch schlimmer, und nun gar erst der vierzehnte Mai! Der Tag der Woche, auf welchen er fiel, wurde für das ganze Jahr ein Unheilstag, an welchem in Perthshire z. B. sicherlich kein Paar an den Altar trat. Den Freitag hatte man nicht gern; gegen das Aufbieten am Ende eines Vierteljahres und das Trauen am Beginn eines neuen hegte man fast ebensolche Abneigung, wie gegen das eine am Jahresschluss und das andere am Jahresanfang; aber Alles war besser, eher möglich, nicht so zu fürchten und zu scheuen wie der vierzehnte Mai. Woher die aufrichtige Furcht gerade vor diesem Tage entsprungen sein mochte, können wir nicht mit Bestimmtheit sagen, meinen jedoch einen abergläubischen Zusammenhang zwischen ihr und dem "alten Maitag" annehmen zu dürfen, welcher auf den jetzigen dreizehnten Mai fiel, in Schottland "Beltane" oder "Beltein", in Irland "la na Beal tina" heißt und selbst jetzt noch durch Feuer als das Frühlingsfest Bels, d. h. der Sonne bezeichnet wird.


englische Bräuche zur Hochzeit


In einem alten Kalender für Gloucester findet sich nicht diese absolute Unliberalität gegen Januar und Mai. "The tymes of weddinges when it beginneth and endeth" (die Heiratszeiten, wenn sie beginnen und enden), sind vom vierzehnten bis zum einundzwanzigsten Januar und vom zweiundzwanzigsten Mai an festgesetzt. Und in einem andern Kalender hundert Jahr später werden im Januar der zweite, vierte, elfte, neunzehnte und einundzwanzigste, und im Mai der zweite, vierte, zwölfte, zwanzigste und dreiundzwanzigste als Tage bezeichnet, die gut zum Heiraten oder Freien sind, weil an ihnen die Frauen sich "zärtlich und liebevoll" zeigen. Dagegen lehrt ein altes Sprichwort:

Who marries between the sickle and the scythe,
Will never thrive.

Wer zwischen der Sichel und der Sense freit,
Der niemals gedeiht.

Auf den Orkneyinseln wird nur bei zunehmendem Mond, und ist es tunlich, bei Flut geheiratet, und verpönt überall ist der Tag der Unschuldigen Kindlein, der in England so gut wie anderswo im allertraurigsten Rufe steht. Er ist nun einmal ein Unglückstag von Gewerbe, wie sollte man sich also von ihm in das neue Leben zu Zweien einführen lassen?

An Unglücks- und Glückszeichen bei der Hochzeit mangelte es nicht. Schlechtes Wetter wurde und wird wohl noch äußerst ungern gesehen. "Blest is the bride the sun shines on!" (Glücklich die Braut, auf welche die Sonne scheint!) heißt es nicht nur in den Gränzlanden, an den "Borders", und ebenso bringt nicht bloß dort die Mutter der Braut durch ihre Gegenwart Unglück; als eigentümlich aber fiel uns auf, dass eine Trauung nach Sonnenuntergang die Braut mit einem freudlosen Leben, dem Verlust von Kindern oder einem frühen Tode bedroht. Wenn vor einem Hochzeitszuge Schweine über den Weg laufen, bedeutet es auch nichts Gutes, woher die alte Redensart stammt: "das Schwein ist hindurchgerannt."

In den schottischen Niederlanden darf bei der Hochzeit kein Grün getragen werden: es war die Leibfarbe der "Fairies", der Elfenfeen, und wer sich anmaßte, sie zu tragen, den traf Verderben. Jetzt mag schwerlich noch an die Elfen geglaubt und ihre Rache gefürchtet werden, aber darum ist nicht minder Kohl und alles andere grüne Gemüse von der hochzeitlichen Mittagstafel verbannt, wogegen ein Paar Hühner nicht fehlen darf. Im Hochland musste der Bräutigam den linken Schuh ohne Schnalle oder Nestel anziehen, damit die Hexen in der Brautnacht keinen ihrer Streiche ausführen könnten; auch gab man wohl Acht, dass nicht ein Hund zwischen dem Brautpaare durchlief. Zu Logierait in Perthshire wurde unmittelbar vor der Trauungszeremonie jeder Knoten, welchen das Brautpaar an sich hatte, sorgfältig aufgemacht, so dass die Braut mit einigen jungen Mädchen und der Bräutigam mit einigen jungen Männern sich erst zurückziehen und ihren Anzug wieder in Ordnung bringen lassen mussten, bevor sie, wie der Gebrauch es erheischte, mit ihrer ganzen Gesellschaft so rund um die Kirche ziehen konnten, dass dieselbe ihnen immer zur Rechten war. Im Norden von England wird Grün ebenfalls gescheut, nicht minder eine ungleiche Anzahl von Hochzeitsgästen, weil dann einer von ihnen im Laufe des Jahres sicherlich sterben müsste. Eine Trauung, welche stattfindet, während auf dem Kirchhof ein Grab offen steht, ist unheilvoll für die neuen Eheleute; eine Braut darf nicht auf Glück rechnen, wenn sie einen Mann heiratet, dessen Familienname mit demselben Buchstaben beginnt, wie der ihrige. Weiter bringt es ihr Unglück, wenn sie sich in der Kirche abkündigen hört; sie läuft dann Gefahr, taubstumme Kinder zu haben. Gar keine bekommt sie, wenn ihre Brautmädchen versäumt haben, bei ihrem Auskleiden am Hochzeitsabend ihre Strümpfe kreuzweise zu legen. In der Grafschaft Durham muss, wer von den Brautleuten in der Hochzeitsnacht zuerst einschläft, auch zuerst sterben; das Zerbrechen des Trauringes bedeutet gleichfalls Tod. Wenn er verloren geht, verliert die Frau zugleich die Liebe des Mannes, weshalb viele Frauen den Ring niemals ablegen. In Lancashire gilt es als besonders wichtig, beim Beginnen einer Reise oder irgend einer andern Unternehmung mit der Sonne, d. h. von Osten nach Westen zu gehen; beim Brautzuge darf das natürlich am wenigsten vernachlässigt werden, und so ziehen denn in vielen Landkirchen alle Bräute immer auf derselben Seite "withershins" an den Altar, ohne sich davon stören zu lassen, dass "Wither-shins", das hochländische





"Widersinnis", gerade das Gegenteil bedeutet, nämlich die Bewegung von Westen nach Osten. Im östlichen Bezirk (East Riding) von Yorkshire wird, wenn die Braut bei der Rückkehr aus der Kirche wieder bei ihres Vaters Haus anlangt, aus einem oberen Fenster eine Schüssel mit Kuchen hinausgeschleudert. In je mehr Stücke sie zerbricht, je mehr Glück verheißt sie; bleibt sie unversehrt, ist es ein höchst bedenkliches Zeichen. Eine andere Gewohnheit geht in ganz England durch: der Braut beim definitiven Verlassen ihres Elternhauses den glückbringenden alten Schuh nachzuwerfen. Selbst in den vornehmsten Häusern findet sich irgend eine alte Wärterin oder eine poetische Küchenmagd, die "ihrer jungen Herrin", wenn diese in ihrem Vierspänner an der Seite ihres "bridegroom" dahinrollt ",for luck" einen abgetretenen Pantoffel nachschleudert. In Schottland wird vor dem Werfen gegen den Schuh geschlagen.

Früher wurde auch der Strumpf geworfen, welcher damals "hose" hieß, doch betraf das nicht die Braut, selbst nicht den Bräutigam, obgleich auch sein Strumpf die Ehre hatte, geworfen zu werden, sondern bloß die, welche die Strümpfe warfen, d. h. die jungen Leute beiderlei Geschlechtes, welche im Brautgemach erschienen, sobald das Brautpaar sich niedergelegt hatte. Die jungen Männer bemächtigten sich des linken Strumpfes der Braut, setzten sich einer nach dem andern mit dem Rucken gegen das Bett am Fußende desselben nieder und warfen den Strumpf über die linke Schulter nach der Braut. Dasselbe taten die jungen Mädchen mit dem Strumpf des Bräutigams, und

Th' intent of flinging thus the hose,
Was to hit him or her o' th' nose,

d. h. die Absicht dieser Strumpfkanonade war, Braut oder Bräutigam auf die Nase zu treffen. Wem das gelang, der war sicher, zu heiraten ",bevor er zwölf Monate älter war." Dagegen wurde diejenige von den Brautmädchen, welche beim Auskleiden der Braut eine von deren Stecknadeln behielt, frühestens erst nächste Ostern, meistens aber nicht vor Pfingsten verheiratet, und auch für die Braut war es schlimm, wenn nicht sämtliche Stecknadeln weggeworfen wurden und verloren gingen. Wenn in einer Familie die jüngste Tochter früher heiratete, als ihre altern Schwestern, so mussten diese, um ihr schlechtes Glück unwirksam zu machen, d. h. um ihrerseits Männer zu bekommen, auf der Hochzeit ohne Schuhe tanzen. Eine andere alte Sitte hat sich noch in abgelegenen Gegenden von Yorkshire erhalten. Wenn die Braut ihr altes Heimathaus verlässt, so gießt man unmittelbar darauf einen Kessel siedenden Wassers über die Türschwelle aus. Bevor es getrocknet ist, wird dem allgemeinen Glauben nach eine neue Hochzeit in Richtigkeit gebracht.

Im Gränzland wird das Mädchen als die nächste Braut in der Gesellschaft betrachtet, welches von der Braut ein Stück Käse empfängt, das diese abgeschnitten hat, bevor sie vom Tisch aufsteht. Ist das Mittagessen vorüber, steckt die Braut ihr Messer in den Käse, und sämtliche junge Männer suchen sich desselben zu bemächtigen und sich so Glück in ihrer künftigen Ehe zu sichern. Da gewöhnlich der "bestman" oder Beistand des Bräutigams das Messer ergreift, so heißt es "the best-man's prize" (des Bestmanns Gewinn). Entgeht es ihm, darf er sich beim Heiraten nicht viel Erfreuliches erwarten.

Früher wurde, wenn die Braut aus der Kirche kam, Weizen über ihr Haupt geworfen, während man ihr und dem Bräutigam im Hause als Vorbedeutung von Überfluss an allem Guten einen Topf mit Butter darbot. Jetzt wird an den "Borders", wenn die junge Frau ihr neues Heim betritt, von einem der ältesten Nachbarn, welcher sie zu diesem Zweck auf der Schwelle erwartet, über ihren Kopf eine Schüssel voll "short-bread" ausgeleert, und Alles stürzt über das Gebäck her, denn wer ein Stück davon erhascht, betrachtet es nicht nur als ein gutes Zeichen, sondern legt es unter sein Kopfkissen und ist dann sicher, von seinem "sweetheart" zu träumen, wie die Volkssprache sowohl die Liebste wie den Liebsten nennt.

In der Umgegend von Burnley in Lancashire sind zweierlei Weissagungen bei Heiraten üblich. Man tut einen Trauring in den "posset", einen Milchtrank, von dem später die Rede sein wird, schenkt diesen ein und passt auf, in wessen Schale der Ring sich befindet. Ist es eine ledige Person, ist sie die erste von der Gesellschaft, welche heiratet. Dann wird ein Kuchen, in welchen ein Ring und ein





Sixpence eingebacken worden sind, vor dem Aufbruch der Gesellschaft zerbrochen und unter die anwesenden Mädchen verteilt. Die, welche den Ring bekommt, wird bald heiraten - die, welcher der Sixpence zu Teil wird, als alte Jungfer sterben. In Yorkshire wird der Hochzeitskuchen bisweilen über dem Haupt der Braut zerbrochen und zum Aufraffen unter das Gedränge der Gäste geschleudert, meistens aber in kleine Vierecke zerschnitten, welche zuerst über die Köpfe des Brautpaars geworfen, dann neun Mal durch den Trauring gezogen und endlich unter die verschiedenen Kopfkissen gelegt werden, um prophetische Träume vom "Süßherz" herbeizuzaubern.

Doch darf man hierbei nicht bloß von Yorkshire sprechen; die Gewohnheit ist im ganzen Norden daheim und hat sich in ganz England allmählich dermaßen verbreitet, dass sie gleich dem alten Schuh als eine allgemein nationale bezeichnet werden muss. Ohne Hochzeitskuchen keine Hochzeit: er stellt so gut im königlichen Schloss, wie in jedem bescheidenen Haushalt auf der Frühstückstafel, um welche "the bridal party", die Hochzeitsgesellschaft, sich bei der Rückkehr aus der Kirche versammelt. Der gewöhnliche Preis für einen ist fünf Pfund ohne die Zierraten; "the Ornaments" müssen besonders bezahlt werden. Einer ohne "Ornaments" ist zum Verschicken an entfernte Verwandte und Freunde bestimmt, von denen doch jedes sein Stück Braut- oder Hochzeitskuchen (bride- or wedding-cake) beansprucht. Früher glaubte man, es durch Fasten den Tag über prophetisch wirksam machen zu müssen, bevor man Abends sein Haupt darauf niederlegte, jetzt wird man sich diese Pönitenz wohl ersparen, wenn man den Brautkuchen überhaupt noch als Traumorakel anwendet. Originell ist die Erklärung der drei Lagen, aus denen der runde dicke Kuchen besteht, welcher, nebenbei gesagt, erst nach drei Monaten wirklich wohlschmeckend und essbar wird. Die erste aus weißem Zucker bedeutet Liebe, die zweite aus Marzipan Brautstand, die dritte aus alltäglichem "plumcake" (Rosinenkuchen) Ehestand. "Love", ganz süß ",courtship", schon mit Mandeln gemischt, unter denen hier und da einige bittere sein mögen ",matrimony", auch noch süß genug und dabei nahrhaft, aber bisweilen etwas schwer verdaulich.

Es ist interessant, den englischen Heiratszeremonien, wie sie jetzt unter den bessern Klassen noch gang und gäbe sind, bereits in den ältesten Jahrhunderten zu begegnen. Vieles ist natürlich anders geworden: man wird nicht mehr, wie im dreizehnten Jahrhundert selbst die Könige noch, unter den Portalen der Kirche getraut, der Bräutigam erwartet nebst den Hochzeitsgästen am Altar die Braut, die, umwallt vom weißen Schleier, geführt vom Vater oder dem, welcher Vaterstelle bei ihr vertritt, gefolgt von "the fair bevy" (der schönen Versammlung) ihrer Brautmädchen, als die letzte und wichtigste Person bei der bevorstehenden Handlung langsam die Kirche heraufkommt. Aber damals, wie jetzt, nahmen die Eheleute sich "for bettur for worse, for richer for porer, in seknesse and in helthe, for thys tyme forward, til dethe us departe." (Ob gut, ob schlecht, ob reich, ob arm, in Krankheit und in Gesundheit, von dieser Zeit an bis der Tod uns scheide.) Damals, wie jetzt, wurde vom Bräutigam der fesselnde Ring der Braut an den vierten Finger der linken Hand gesteckt, freilich nicht länger aus dem Grunde, dass dieser Finger durch eine Arterie direkt mit dem Herzen zusammenhänge. Ebenso wird der Ring nicht länger, wie es in den Messbüchern von Hereford, York und Salisbury vorgeschrieben war, erst auf den Daumen und dann auf den zweiten und den dritten Finger gesteckt, sondern findet gleich am vierten seine bleibende Stätte.

Die "bride-favours" (Brautschleifen) sollen ihren Ursprung von dem "true love knot", dem Liebesknoten, herleiten, welcher jetzt noch in Schottland und Nordengland zwischen Liebenden ausgetauscht wird und natürlich unwandelbare Neigung verspricht, obgleich der Name nicht von "true love", treuer Liebe, sondern von den isländischen Worten "trúlofan, trúlofa, trúlofask", Verlöbnis, verloben, sich verloben, abstammt. Im Grunde ist Beides ganz gleich, der Knoten bedeutete so wie so Liebe in Treue oder Treue in der Liebe, und wurde allmählich aus einem bloßen Zeichen der Verheißung zu einem der Erfüllung, nämlich zum Schmucke bei Hochzeiten. Die reichsten Edelleute verteilten und verschickten bei solchen Gelegenheiten in der Zahl von vielen Hunderten die "favours", welche ihre Benennung den "faveurs", den





Schleifen von schmalen Bändern, verdankten, mit denen die Damen bei Turnieren ihre Ritter "begünstigten". Die "favours" waren von mehreren Farben, etwa Gold, Silber, Fleischfarbe und Weiß, oder Blau, Rot, Pfirsichfarbe und Orange (orange-tawny), und der König trug sie so gut, wie der geringste Diener. Jetzt sind diese Brautschleifen ganz einfach weiß, und dürften bei eleganteren Hochzeiten nur noch auf den Hüten der Postillone und an den Ohren der Pferde glänzen, welche nach dem "wedding-breakfast" (dem Hochzeitsfrühstück) "the happy pair" (das glückliche Paar) irgendwohin entführen, wo es ungestört den "Honigmonat" genießen kann.

Von den Geschenken haben außer denen, welche die Braut empfängt, und den eleganten "trinkets", die der Bräutigam den Brautmädchen gibt, nur die weißen Handschuhe sich erhalten - die Schärpen, Strumpfbänder, Brautschnüre, Ringe und Messer sind weggefallen. Die Messer hingen am Gürtel der Braut, die Ringe waren von dreifachem Golddraht gemacht, die Strumpfbänder wurden, gleich den "favours", an den Hüten getragen, die Schnüre dienten unter Anderem dazu, den Rosmarin an den "seidenen Ärmeln" der Knaben festzubinden, zwischen denen die Braut zur Kirche ging. Die des Bräutigams wurden wohl auch mit den Strumpfbändern der Braut zusammengeschlungen. Dann bemächtigten die Jünglinge sich der ersteren, die Mädchen der letzteren, häufig aber, besonders im Norden, waren es die jungen Männer, welche der Braut die Strumpfbänder entrissen, und zwar vor dem Altar selbst unmittelbar nach der Zeremonie. Anderswo taten es vor dem Zubettgehen die "bride-men" oder Brautführer, und es geschah mit etwas mehr Schicklichkeit, indem die Braut schon früher die Bänder auflöste und herabhängen ließ. Der Pfeifer bei einer Hochzeit hatte immer ein Stück des Brautstrumpfbandes um seine Pfeifen geschlungen. Handschuhe wurden auch, z. B. zu Wrexham in Flintshire, aus weißem Papier geschnitten und zugleich mit weißen Papierbändern an Stämme und große Äste befestigt, welche in der Straße, wo der Bräutigam wohnte, vor den Türen aufgepflanzt wurden.

Blumen werden, wo die Örtlichkeit es erlaubt, noch jetzt auf den Kirchweg der Braut gestreut, doch nicht länger Binsen oder Weizenähren. Das Getreide als Symbol der Fruchtbarkeit und Fülle scheint vorzüglich beliebt gewesen zu sein: Kränze von vergoldetem Weizen wurden nebst Brautkuchen von jungen Mädchen im Zug nach der Kirche getragen, und die Braut selbst trug unter Heinrich VIII. ebenso oft einen Kranz von Kornähren, wie von Blumen, und wenn nicht auf dem Kopfe, dann in der Hand.

Ebenfalls im Brautzuge und zwar vor der Braut her getragen wurde "the bride-cup", die Brautschale von vergoldetem Silber und darinnen ein vergoldeter Rosmarinzweig, der mit farbigen Seidenbändern behangen war. Der Rosmarin war damals, was noch jetzt der Brautkuchen ist: unerlässlich bei einer Hochzeit. Die Jünglinge und Jungfrauen trugen ihn in den Händen, bei der ersten Erscheinung des Bräutigams am Morgen überreichten die Brautmädchen ihm einen Rosmarinstrauß mit Bändern, Rosmarin schmückte den Kopf des besten Vorderpferdes, Rosmarin wurde auf das "gute Stück Rindfleisch" gesteckt, Rosmarin wurde in's Brautbett gestreut, und wurde nicht nur vergoldet, sondern auch in wohlriechende Wasser getaucht. Teilnehmer an seinen Ehren war der Lorbeer.

Die Brautmädchen mussten noch mehr tun, als dem Bräutigam den Hochzeitsstrauß reichen, sie mussten ihn in die Kirche geleiten, wie die "bride-men" die Braut. Zurückgeführt wurde sie von zwei verheirateten Männern, während ein dritter die Brautschale vor ihr her trug; ihren sämtlichen Führern verehrte sie während des Mittagessens Handschuhe. Auf der Insel Man trugen die Brautmänner als Zeichen der Überlegenheit Weidenstäbe in den Händen. In alter Zeit Messen sie "bride-knights" (Brautritter), und hatten beim Bräutigam das Amt, ihn zu entkleiden und zur Braut in's Bett zu bringen. Jetzt hat der "best-man" kaum noch etwas Anderes zu tun, als zu danken (to return thanks), wenn die Gesundheit der Brautmädchen getrunken worden ist.

Die Braut nach der Trauung zu küssen ist in den mittleren und unteren Ständen immer noch üblich. In Cleveland gehört der erste Kuss dem, welcher auf des Predigers Frage: "Wer gibt diese Frau fort?"





(Who gives this woman away?) die Antwort erteilt: "I do" (Ich tu's), möge er der Vater sein, oder nur den Vater vertreten. In der Grafschaft Durham muss zuerst der Geistliche die Braut küssen, und kommt einer aus dem Süden hin, welcher diese Verpflichtung nicht kennt, so erinnert ihn der Bräutigam daran.

Bei den Verlobungen ist nicht länger irgend eine Feierlichkeit üblich. Eine gegenseitige Erklärung und ein Antrag beim Vater genügen, um aus dem jungen Mann einen "anerkannten Liebhaber" (accepted lover), aus dem jungen Mädchen eine "erwählte Braut" (bride-elect) zu machen. Dann kommen die Rechtsgelehrten und setzen die "settlements" (Ehepakten) auf, im Hause der Braut wird unaufhörlich geschneidert und anprobiert, und endlich bricht der "glückliche Tag" an, welchen zu bestimmen ihr Vorrecht ist, und "the nuptial knot" (der eheliche Knoten) wird geschürzt. Früher galt ein zerbrochenes Goldstück, von welchem jedes der Liebenden die Hälfte nahm und aufbewahrte, als Zeichen des Versprechens. Bei alltäglichen Leuten tat's auch ein schlechtes Geldstück, nur musst' es verbogen sein. Ringe wurden gleichfalls zerbrochen, oder mussten, wenn sie ganz getragen wurden, einander zum Verwechseln ähnlich sehen.

Hier und da fanden sich und finden sich noch originelle Lokalgebräuche. Zu Galston in Ayrshire (Schottland) begab sich ein junger Mann, der sich einem Mädchen anzutragen beabsichtigte, nicht etwa zu dessen Vater, sondern in ein Wirtshaus, wo er die Wirtin in's Vertrauen zog und sie zu dem Gegenstand seiner Wünsche sandte. Selten weigerte dieser sich zu kommen, und es ward bei Ale und Whisky die Sache sogleich in's Reine gebracht.

Auf Guernsey geben die Eltern bei einer Verlobung ihrer Kinder eine Festlichkeit, welche "flouncing" genannt wird. Die junge Dame wird von ihrem künftigen Schwiegervater umhergeführt und den Freunden seiner Familie vorgestellt, dann geschieht mit dem Bräutigam dasselbe durch den Vater der Braut, es werden Ringe und einige Gerätschaften von Silber ausgetauscht, und von nun an darf das verlobte Mädchen mit keinem andern Manne mehr ausgehen und der versprochene Jüngling kein anderes weibliches Wesen mehr ansehen.

In Lancashire durfte am Samstag Abend, wenn die Arbeit der Woche getan war, der ländliche Anbeter zum "Aufsitzen" (sitting-up) kommen, welches, nachdem die übrige Familie sich zurückgezogen hatte, am Küchenfeuer stattfand. Wehe aber dem jungen Menschen, wenn er am Freitag beim Hofmachen ertappt wurde! Dann begleitete man ihn mit Musik von Schürhaken, Zangen und Pfannendeckeln so lange auf dem Heimweg, bis er sich durch Geld zum Vertrinken loskaufte.

In Irland fand noch gegen die Mitte dieses Jahrhunderts die Werbung gewaltsam, d. h. durch Entführung statt, und zwar schon bei Mädchen von zwölf Jahren, ein Alter, welches allerdings auch von den Eltern nicht als unzureichend zum Verheiraten ihrer Töchter angesehen wird. Meistens ist das Vergeben der Mädchen ein Handel für den Vater, welcher sich dabei so knauserig wie möglich zeigt. Geht auch bisweilen eine Heirat wegen eines Schweins, eines Tisches oder eines Stuhles mehr oder weniger auseinander, so findet sich immer ein anderer "boy", welcher eine Frau braucht und sich minder habsüchtig zeigt, als der erste "Junge". Die Entführungen wurden früher nicht so ernst genommen, wie jetzt; der Bräutigam war in den bergigen Distrikten sogar ehrenhalber gezwungen, mit der Geliebten durchzugehen, auch wenn nicht die mindeste Notwendigkeit dazu vorlag. Nachdem die "Heirater" einige Tage in Saus und Braus mit den Angehörigen des Bräutigams zugebracht hatten, kehrten sie in den Ort der Braut zurück, wo nicht nur jeder Verwandte, sondern auch jeder Bekannte, der ihnen "wohlwollte", seine Flasche Whisky oder das Geld dazu anbrachte, und dann wurden sie auf einmal vernünftig und zogen als ordentliches Paar in ihr neues Haus.

Gesetzlicher war die Gewohnheit der "Übereinkommen-Flasche" (agreement-bottle), einer Flasche mit gutem "Usquebaugh" (Whisky), welche lustig die Runde machte, wenn die beiden Familien, die sich durch ihre Kinder zu verbinden gedachten, glücklich zu einem Übereinkommen gelangt waren. Sie trafen sich zu diesem Zwecke bei schönem Wetter am Abhang eines Hügels, bei kalter Witterung an irgend einem





Hochzeitsbräuche England Hochzeitstracht


geschützten Platze, immer aber an einem Orte, der von beiden Wohnstätten gleich weit entfernt war. Die Mitgift bestand aus Vieh, jeder Nachbar oder Freund des Brautvaters gab dazu eine alte oder junge Kuh her. Starb die Braut innerhalb einer gewissen Zeit ohne Nachkommenschaft, so erhielt Jeder das beigesteuerte Tier wieder. Am Tage des Heimbringens ritt der Bräutigam mit seinen Freunden der Braut bis an den Ort entgegen, wo der Vertrag abgeschlossen worden war. Die Begleiter der Braut sahen sich dabei durch kurze Wurfpfeile begrüßt, welche zwar aus großer Entfernung geschleudert wurden, aber doch zuweilen Schaden anrichteten und deshalb allmählich außer Gebrauch kamen.

Jetzt wird bei der Heirat zwischen vermögenden Pächterfamilien das Hochzeitsmahl durch freiwillige Beiträge zusammengebracht. Jeder Gast bringt seine Schüssel mit, der Gutsherr leiht das Geschirr und sendet einige Fass Bier, nimmt auch wohl, gleich dem Pfarrer, an dem Gastgebot Teil. Nach der Mahlzeit wird der Hochzeitskuchen nach einem kurzen Gebete vom Pfarrer gesegnet und dann zerschnitten. So viel Anwesende, so viel Stückchen, selbst das kleinste Kind muss das seine bekommen, und der Abwesenden wird gleichfalls gedacht: gibt es irgendwo in Amerika oder in Australien einen Vetter im zehnten Glied, so wird ein Stück für ihn abgeschnitten und ihm bei erster Gelegenheit zugeschickt. Hochzeitslieder folgen, in welchen die Schönheit der Braut und das Glück des Bräutigams gepriesen wird, dann bringt man Tische und Sitze bei Seite, ein Geiger besteigt ein Fass und der Ball beginnt, um bis Tagesanbruch zu währen. Vor dem letzten Tanze machen die Mütter Anstalt, mit ihren Töchtern zu verschwinden , aber die Ausgänge der Scheuer sind verrammelt und die Mädchen müssen sich in ihr Schicksal ergeben, welches darin besteht, dass ihre Tänzer ihnen plötzlich ein Hals- oder Taschentuch um den Kopf schlingen, sich auf ein Knie niederlassen, die Schönen zu sich herabziehen und küssen. Dann wird mit einem Rundtanz das Fest geschlossen, die Braut auf das schönste Pferd im Stall gesetzt und, begleitet von sämtlichen Hochzeitsgästen, in die Wohnung des Bräutigams geführt. In England kam das Hochzeitsmahl auf gleiche Weise zu Stande. Die Vornehmen gaben einem bräutlichen Paare kostbare Geschenke, die Leute der geringeren Stände trugen ihm Schüsseln zu. Außerdem durfte die Braut an ihrem Ehrentage Ale verkaufen, darum hieß ein Hochzeitsfest "bride-ale" (Brautale), wie jetzt noch "bridal". "Brautbusch" und "Brautpfahl" (bride-bush and bride-stake) sind andere Namen, herrührend von dem Busch an einem Pfahl, welcher ein Alehaus bezeichnete, oder von dem Busch allein, der, an der Tür befestigt, im Hause einen Ausschank ankündigte. Um den Pfahl pflegten die Gäste wie um einen Maibaum im Kreise zu tanzen.

"Bride-ale", "bride-bush" oder "bride-stake", wie immer die Festlichkeit heißen mochte, sie gab Veranlassung zu reichlichem Essen und Trinken. In dem Hause, wo sie stattfand, wurden duftige Blumen und würzige Kräuter gestreut und zierliche Körbchen, Stühle, Beutel und andere kleine Arbeiten von Binsen aufgehangen, welche nach Beendigung des Festes als Brautgeschenke versandt wurden.

In Süd-Wales nannte man die Hochzeitsfeier "a bidding", eine Ladung. Ein Herold, welcher mit seinem bebänderten Stab den Süddeutschen äußerst vaterländisch vorgekommen sein würde, machte einige Zeit vorher die Runde bei den erwählten Gästen und brachte seine Ladung in bestimmter Form an. Am Vorabend der Hochzeit wurden bereits Vorräte und Hausratsgegenstände gesandt, die Geldgeschenke sammelte man nach der Rückkehr aus der Kirche, wie es sich versteht, unter der Bedingung, sich bei ähnlicher Gelegenheit gleich großmütig zu beweisen. Der Reiterzug, das Rauben und Befreien der Braut, der Wortkampf in Reimen erinnern uns ebenfalls an kontinentale, in diesem Werke schon vielfach berührte Gebräuche. Die ärmeren Schotten hatten "Pfennighochzeiten", bei denen die Gäste sämtliche Kosten trugen. Ein Paar, welches "contracted", d. h. versprochen war, bestellte seine Hochzeit in irgend einem beliebten Wirtshaus und zog dann nach allen Seiten hin, um sich Gäste zu erbitten, welche sich auch oft zu Hunderten einstellten und nach ihres Herzens Genügen aßen, tranken, tanzten und rauften. Andere Hochzeiten waren um einen Grad besser als diese "penny-weddings" oder "penny-bridals". Die Verwandten, welche sich am Morgen versammelten, bekamen einen Schnaps und einen Trank umsonst, aber





nach der Zeremonie musste Jeder bezahlen, was er trank. Zum Schank war ein Haus bestimmt und zum Tanzplatz eine Scheuer, und so erlustigte man sich zwei bis drei Tage, d. h. bis zum Samstag des Abends. Am Sonntag ging man in die Kirche, und dann gab das neue Ehepaar den beiderseitigen Freunden eine Art von Mahlzeit, mit welcher die Festzeit schloss. Waren die Familien in bessern Umständen, so bestritten sie alle Auslagen, und nur das Bezahlen der Musik fiel den Gästen zu.

In einigen Teilen von Essex finden wir ebenfalls das Schenken, zu welchem unter dem Vorwand eines Hochzeitsmahles alle Welt eingeladen wurde. Hier spielte der Pfeifer die Rolle, welche in Süddeutschland der Hochzeitlader oder Brautführer übernimmt. Ein Tisch wurde aufgestellt, an dessen oberem Ende die Braut sich niederließ, während der Bräutigam mit einem weißen Laken über die Schultern neben ihr stand. Die Gäste kamen einer nach dem andern zu der Braut, zahlten ihr Geld und machten Kehrt. Dann wurde ein Paar Handschuhe ganz schrecklich mit Bändern überladen auf den Tisch gelegt und dem Meistbietenden zugesprochen, welcher außer diesem Preise noch einen Kuss von der Braut erhielt.

Noch tätiger bewies die Teilnahme der Freunde an einem armen neuen Paare sich im Norden von Lancashire, wo sie sich am Hochzeitstage daran machten und für dasselbe aus Holz und Lehm eine Wohnung errichteten. Der Grundherr gab den Boden dazu, und der Bräutigam musste für Speise und Trank während des Baues sorgen. Manche dieser "clay biggins" (Lehmbauten) sind noch vorhanden. Mehrere Gemeinden in Essex und Hertfortshire hatten wenigstens besondere Häuser, in denen arme Leute ihre Hochzeiten abhalten konnten. Im Hochland und im Norden von Schottland fuhr ehemals ein bedürftiges neuvermähltes Paar zu seinen Freunden und Anverwandten umher und lud Korn, Mehl, Wolle, genug Alles auf, was es bekommen konnte. In Whitbeck, einem Kirchspiel von Cumberland, baten neuverheiratete Bauern um Korn zu ihrer ersten Saat, und wurden deshalb "Cornlaiters" genannt. Arme neue Ehefrauen in einigen Teilen von Wales gehen die Pächter um Käse an, der dort "Cawsa" heißt.

In Cumberland wurde eine solche Sammelveranstaltung ein "bride-wain" (Brautwagen) genannt, einige Zeit nach der Hochzeit abgehalten und in folgendem Stil durch die "Neuigkeitsblätter" zur allgemeinen Kenntnis gebracht:

"Georg Payton, welcher Anne, die Tochter von Joseph und Dinah Collin von Crossley Mill geheiratet hat, beabsichtigt Donnerstag den 7. Mai (1789) in seinem Hause zu Crossley bei Mary Port einen Brautwagen abzuhalten, bei welchem es ihn sehr glücklich machen wird, seine Freunde und "Wohlwünscher" zu sehen, für deren Unterhaltung durch einen Sattel, zwei Zäume und ein Paar "gands-d'amour-Handschuhe" gesorgt ist. Wer diese gewinnt, ist sicher, binnen zwölf Monaten zu heiraten. Außerdem gibt es einen Gürtel (ceinture de Venus), welcher Eigenschaften besitzt, die sich nicht beschreiben lassen, und mancherlei andere Gegenstände, Spiele und Zeitvertreibe, zu zahlreich, um ihrer zu erwähnen u.s.w."

Auf eine solche verlockende Einladung kam selbstverständlich die ganze Nachbarschaft von mehreren Meilen in der Runde im Hause des jungen Ehemannes zusammengeströmt, unterhielt sich so viel es immer möglich war, und bezeigte ihre Erkenntlichkeit dadurch, dass sie Geld in eine Schüssel warf, die an einem passenden Orte befestigt war.

Dieser Schüssel, die auch ein Becken oder eine Schale sein konnte, begegnen wir zwei Jahrhunderte früher noch in mehreren Grafschaften, nur steht sie da auf dem "Tisch" in der Kirche, und die Gäste werfen ihre Gaben im Augenblick der Trauung hinein. Dagegen stößt uns nirgends eine Erinnerung an die alte Sitte auf, Wein in der Kirche zu trinken, es müsste denn der wunderliche Gebrauch der "hot-pots" sein, wie er jetzt noch in dem Dorfe Whitburn bei Sunderland besteht. Wenn "the bridal party" die Kirche verlässt, findet sie zur Linken der Tür mehrere Frauen aufgestellt, von denen jede einen Krug (mug) trägt, der mit einem Tuche bedeckt ist. Das sind die "hot-pots", heiße Getränke vom Glühwein bis zum Eierbier. Ein "mug" nach dem andern wird dem neuen Ehemann angeboten, welcher ihn seinerseits der jungen Frau überreicht. Diese tut einen Schluck und gibt das Gefäß ihrem Manne zurück,





welcher ebenfalls daraus trinkt. So geht jeder "mug" von Paar zu Paar bis zum Ende des Zuges, und Alle müssen von sämtlichen Brauten versuchen, welche ans nachbarlichem Wohlwollen bereitet worden sind. Bisweilen sollen die Getränke geradezu abscheulich schmecken; zum Glück gibt es jetzt nicht mehr, wie im vorigen Jahrhundert, bei einer Hochzeit zweiundsiebzig "hot-pots", als deren Verdeutschung wir das schlesische Wort "Hoppel-Poppel" vorschlagen, welches eine versüßte Mischung aus Wein, heißem Wasser und Eierschaum bezeichnet.

Aus Milch, Eigelb, Zucker, Muskatnuss, Zimt und Sekt bestand der "posset", der Nachttrunk, welcher noch genauer "sack-" (Sekt) oder "Benediction- (Segen) posset" hieß und hereingebracht wurde, wenn das Brautpaar zu Bett lag. Die Brautleute mussten zuerst davon genießen; dann kam die Reihe an die übrige Gesellschaft. War nun der Strumpf geworfen, der schließlich in die Posset-Bowle flog, so wurde, um sich doch zu guter Letzt noch einen kleinen Spaß zu machen, die Braut in eines ihrer Betttücher eingenäht, und dann erst ließ man die beiden Vielgeplagten endlich in Frieden. In der katholischen Zeit war das Bett vorher gesegnet worden.

"Was Heißes" (something hot) scheint bei der Hochzeit stets geliebt worden zu sein. Auf dem Lande bestiegen früher die jungen Leute, sobald sie die Braut beim Herauskommen aus der Kirche geküsst, ihre schon gesattelten Pferde und sprengten Hals über Kopf nach dem Hause der Braut, um die Botschaft der vollzogenen Trauung zu überbringen. Wer zuerst dort anlangte, gewann den "kail", einen Napf mit gewürzter Brühe, welcher für den Sieger schon bereit stand. In Schottland nannte man einen gleichen Ritt "the running for the brose". Dieses "Reiten um die Brühe" war nicht ohne Gefahr, denn die Reiter wurden in den Dörfern, durch welche sie jagten, mit Flinten- und Pistolenschüssen begrüßt, und machten, Dank dieser Ehre, welche für die Nerven ihrer Pferde mitunter zu viel war, nicht selten eine mehr genaue als angenehme Bekanntschaft mit dem Boden der Landstraße. Dennoch nahmen hier und da junge Mädchen an dem Rennen Teil, und, was noch besser war, gewannen den Preis. Auch in Westmoreland, wo "um's Band" geritten wurde, hatte man Aehnliches zu erzählen. In Cleveland wurde "um das Band", welches der Bräutigam beim Verlassen der Kirche gab, gelaufen, und zwar Angesichts des Hauses, wo das Hochzeitsfest gehalten wurde. Alle Läufer, der Sieger sowohl wie die Besiegten, hatten ein Anrecht auf ein Glas Branntwein, und erschienen folglich, kaum dass der Wettlauf vorüber war, im Hause, um ihre "lowance" (Portion) ohne weitere Umstände einzufordern. Im Dorfe Melsonby bei Darlington und in dem angrenzenden Distrikt wurde die Braut mit dem Band in der Hand am Ziele aufgestellt, und der Sieger durfte zugleich mit dem Preise einen Kuss verlangen. Wollte die Braut kein Band hergeben, so rächte man sich für ihre Knickrigkeit, indem man in den Amboss in der Werkstatt des Grobschmieds eine Ladung Pulver tat, und diese losbrannte, wenn die Braut auf dem Weg aus der Kirche vorbeikam. Das nannte man "to fire the stithy at her" (den Amboss auf sie abfeuern). Übrigens glaube man nicht, dass die "Yorkshiremen" bei ihren Hochzeiten nur gerannt wären. Sie ritten auch, d. h. sie rasten der Hochzeitsgesellschaft voraus und wieder zurück zu ihr, dabei jauchzten sie, schossen ihre Gewehre ab und zwangen Jeden, welcher dem Zuge begegnete, aus ihren Whiskyflaschen auf das Wohl des neuen Paares zu trinken. In Süd-Wales ging es noch toller zu, denn da jagte Alles, Männer wie Weiber, indem es darauf ankam, zuerst die Kirche zu erreichen. Wer einer solchen wilden Hochzeitsjagd nicht rasch genug ausweichen konnte und doch nicht umgeritten wurde, der hatte von Glück zu sagen.

Sehr hübsch war das "Reiten um den Brautkuchen", welches im Kirchspiel von Claybrook und dessen Nachbarschaft bei der Heimführung der Braut stattfand. Vor ihrer neuen Wohnstätte war eine Stange aufgerichtet, auf deren Spitze der Kuchen steckte. In dem Augenblick, wo die Braut ihr altes Heim verließ, brachen die jungen Männer zu Pferde auf. Der, welcher den Pfahl zuerst erreichte und den Kuchen mit seinem Stock herabschlug, empfing ihn auf der Spitze eines hölzernen Degens aus den Händen einer Jungfrau und ritt mit diesem Siegeszeichen triumphierend zurück, bis er die Braut mit ihrer


traditionelle englische Bräuche zur Hochzeit


Begleitung erreichte. Dann setzten Alle gemeinschaftlich ihren Weg bis in's Dorf fort, wo ihnen ein anderer Reitertrupp entgegenkam, der die Köpfe ihrer Pferde mit Kränzen schmückte und der Braut einen Strauss (a posy) überreichte. Bisweilen wurde auch zu Fuß um den Brautkuchen gekämpft, und dann geschah es mit schweren Eisenstangen, eine Athletenmanier, welche "throwing the quintal" (Zentnerwerfen) genannt wurde.

Von dem Geräusch der Musik und der Glocken, welches früher die Brautleute in die Kirche und aus derselben begleitete, ist jetzt nur noch das Läuten übrig geblieben, welches dem Bräutigam fünf Pfund kostet. Auch die Festlichkeiten des Hochzeitstages sind weggefallen, seit das Brautpaar auf und davon fährt. Ehedem wurde nach dem großen Mittagsmahl von der Jugend getanzt, von den älteren Männern getrunken. Abends erschien bei vornehmen Hochzeiten ein Maskenaufzug und nach dem Abendbrot wurde der "Kissentanz" aufgeführt.

Die Nachfeier der Hochzeit besteht jetzt ganz einfach darin, dass die junge Frau bei der Rückkehr von ihrem Hochzeitsausflug die Besuche ihrer Bekannten empfängt und, immer unter der Benennung "bride", d. h. Braut, nach und nach zu einer Reihe von Mittags- und Abendgesellschaften eingeladen wird, die ihr zu Ehren gegeben werden. In früherer Zeit hingegen durften die jungen Eheleute am ersten Morgen nicht anders aufwachen, als unter dem Getöse eines gewaltigen Morgenständchens. In Schottland drangen die Verwandten in's Brautgemach ein und warfen ihre Hochzeitsgeschenke auf die Bettdecke. Den zweiten Tag nach der Hochzeit fand ein "creeling" (Körben) statt, d. h. es wurden Steine in einen kleinen Korb, "creel", getan, welchen die jungen Männer der Reihe nach nehmen mussten. Beschwert mit dieser Last, ließen sie sich von den jungen Mädchen jagen und haschen, das Letztere wohl nicht zu ungern, da es ihnen das Vorrecht gab, die Fängerin zu küssen. Zuletzt wurde der "creel" dem jungen Ehemanne aufgepackt und er musste ihn länger schleppen, als alle Übrigen, weil keines der Mädchen ihn jagen wollte, bis endlich seine neue Gefährtin sich seiner erbarmte. War das Spiel zu Ende, so wurde zu Mittag gegessen. In Nord-Wales kam den Sonntag nach der Hochzeit die Gesellschaft, welche ihr beigewohnt hatte, mit dem jungen Paare in die Kirche, und bemühte sich, ihm Ehrenplätze auszusuchen. Nach dem Gottesdienst zogen die Männer, mit "Fiedlern" an der Spitze, in allen Alehäusern der Stadt herum.

Durch die Straßen ziehen in Yorkshire noch jetzt die Paare, die sich halbdutzendweise trauen lassen. Am Sonnabend Nachmittag kaufen sie ein, um acht Uhr Sonntags früh werden sie getraut, und dann gehen sie, nachdem sie den Kirchhof besucht, in hellen Kleidern, weißen Hüten und weißen "favours" den ganzen Tag in den Straßen spazieren. Noch mehr Paare auf ein Mal, oft ein volles Dutzend, werden in der alten Kirche (th'owd church) getraut, wie die Kathedrale von Manchester früher genannt wurde. Nur geschieht es hier am Montag, hauptsächlich am Ostermontag. Die Paare und ihre Begleiter sitzen auf Bänken, welche dem Kommunionstisch gegenüber aufgestellt werden. Wenn der Geistliche erscheint, werden die Ersteren aufgerufen, im Halbkreise vor den Altar zu treten. Gewöhnlich wissen sie nicht recht, wo sie hin und was sie anfangen sollen. Dann hilft der Küster: "Daniel und Phöbe! hierher, Daniel, zieht Eure Handschuh aus, Daniel. - William und Anne! nein, Anne, hier, Anne; auf die andere Seite, William. - John und Mary! hier, John ; o John!" Und so kommt ein Paar nach dem andern an die rechte Stelle und dann zum rechten Augenblick in den heiligen Ehestand.