Bayern


"Dreitausend Gulden brauch' ich; weißt du mir Keine?" das ist die Frage des reichen jungen Bauers in Oberbayern an den "Heiratsmacher" von Handwerk, dem er den Auftrag erteilen will, ihm eine Frau zu suchen. Es kommt im Bauernstande wie überall vor, dass bei der Heirat nicht zuerst "an's Geld gedacht wird;" aber es geschieht sicherlich seltener, als in allen andern Ständen. Nichts ist positiver, als ein rechter Bauer, der von Klein auf mit beiden Füssen auf eigenem Grund und Boden gestanden hat.

Sind die dreitausend Gulden gefunden, so erscheint der "Heiratsmacher" eines schönen Nachmittags mit dem Vater der dreitausend Gulden, bisweilen auch mit den dreitausend Gulden selbst im Hause seines Auftraggebers. Das Haus wird von unten bis oben besehen, noch genauer der Stall. Gesagt wird Nichts; der junge Mann erfährt erst nachher, welchen Eindruck das "auf die B'schau gehen" hinterlassen hat.

War es ein günstiger, so beginnen die Verhandlungen, bei denen die Verwandten als "Beiständer" zugezogen werden. Auch dabei handelt es sich selbstverständlich nur um die Geldfrage. Eine Kuh oder fünfzig Gulden weniger, und die Heirat geht zurück.

Bei gegenseitiger Verständigung dagegen verfügt der Freier sich in's Haus der Braut zum "Richtigmachen". Er zahlt ihr die "Arrha", welche aus ältester Zeit herrührt, sie setzt ihm den schon bereit gehaltenen "Ja-Schmarren", einen zerrührten Eierkuchen, vor, den Beide gemeinschaftlich verzehren. Jetzt sind sie verlobt, und der "Hochzeitlader", welcher gewöhnlich mit dem "Hochzeitmacher" eine und dieselbe Person ist, muss sich in Bewegung setzen.

Wie schon gesagt worden, treibt er das Zusammenbringen von Paaren gewerbsmäßig, und war bis vor Kurzem noch durch ein besonderes Abzeichen, einen langen, oben zum Haken gekrümmten Stab, kenntlich. Beim Einladen trägt er einen Rosmarinzweig am Hut und ein rotes Band im Knopfloch. Ist der Bräutigam reich, so reitet der "Hochzeitlader" dessen bestes Pferd, welchem der Schweif und die Mähnen mit Blumen und Bändern durchflochten sind. Im Traungau, im Chiemgau und im Berchtesgadenerland heißt er der "Prokurator;" sein Lohn für die gehabte Mühe nach vollzogener Hochzeitsfeier führt die wenig wohlklingende Benennung "Kuppelpelz".

In manchen Gauen wird der "Hochzeitlader" von zwei Gefährten begleitet. Der eine ist der Bruder des Bräutigams oder der nächste Vetter, der "Kranzlherr", oder gar der Bräutigam selbst, geschmückt mit einem großen Strauss an der Brust und einem Säbel, dessen Griff mit roten und blauen Bändern prangt. Einen gleichen Säbel trägt der zweite Gefährte, der "Hundwehrer" oder "Hennenklemmer", meistens ein Verwandter der Braut, welcher die Aufgabe hat, auf den verschiedenen besuchenden Höfen eine Henne zu "klemmen", das heißt, zu stehlen. Wird der Diebstahl entdeckt, so erfolgt bloß eine


Hochzeitsbräuche in Bayern


scherzhafte Strafe; lässt der Hundewehrer sich dagegen seinerseits den Säbel entwenden, so darf er für Spott nicht sorgen und muss außerdem ein schweres Lösegeld zahlen. Die Henne verzehren die drei Genossen bei nächster Gelegenheit unterwegs.

Doch sind sie mit ihrem Appetit nicht allein auf das "geklemmte" Huhn angewiesen. Die Bewirtung ist freilich verschieden, besteht hier und da bloß in einem Schluck Branntwein und einer Schnitte Brot, oft aber wird auch glänzend aufgetragen, und hat das Trio ungefähr zwanzig Ladungen an einem Tage abgemacht, so kommt es gewiss nicht hungrig nach Hause, da tapferes Zulangen überall eine Ehrensache ist.

Wird die "Ehrenmutter", die erwählte Geleitsfrau der Braut, zuerst geladen, wie es in manchen Gegenden der Brauch erheischt, so muss sie den Ankömmlingen entweder die Morgensuppe, oder als Mittag ein fettes Eierschmalz vorsetzen. Im Traungau gilt die erste Ladung der Braut, die sich geschwind versteckt, sobald sie Prokurator, Bräutigam und Hennenklemmer von Weitem erblickt. Sei es hinter der Tür, in einem Winkel, im Schrank, in der "Gewandttruhe", oft sogar im Krautfass, genug, sie verkriecht sich. Der Prokurator aber erschnuppert sie. Wie ein Hühnerhund beim Eintritt in das Zimmer, die Nase in die Höhe steckend, spricht er bedächtig: "Mir scheint, mir scheint, hier ist eine Braut." Und sie wird gesucht, gefunden und unter mädchenhaftem Sträuben hervorgezogen.

Nun ersinnt sie Ausflüchte. Sie hört nicht gut, sie kann die Sprache des Ladenden nicht verstehen. Der Prokurator wird rhetorisch, der Bräutigam feurig, sie lässt sich erweichen, hört die Ladung des Prokurators an, gibt dem Bräutigam Jawort und Handschlag darauf, dass sie auf der Hochzeit erscheinen will, und das siegreiche Trio zieht weiter.

Überall aber, wohin es kommt, hat es dieselbe Mühe, wenn auch in anderer Form. Die Braut hat sich aus Schamhaftigkeit geweigert, die künftigen Gäste müssen sich aus Bescheidenheit zieren. Sie sind der hohen Ehre der Ladung gar nicht würdig. Viele reißen vor den "Hochzeitsboten" geradezu aus und verbergen sich in Hof oder Scheune, ja, die Allerbescheidensten rennen sogar in die Berge und in den Wald und lassen sich nur sehr schwer einholen und zum Stehen bringen. Anderswo lässt man die Lader am Tage der Ankunft gar nicht zu Worte kommen, erst am nächsten Morgen bringt der Prokurator seinen Spruch vor, und dann, welches Erstaunen! Nein, diese Neuigkeit, welche der Gast Monate vorher gewusst hat, ist gar zu überraschend! Allmählich fasst er sich wieder, lehnt jedoch ab. Die Ehre ist zu groß für ihn, der Prokurator muss ihn nun aus dieser allzu großen Demut hinauskomplimentieren. Er entdeckt, der Himmel weiß wie und wo, eine Vetterschaft des Gastes mit einem der Brautleute. Als Vetter darf der Gast nicht länger Nein sagen: der Prokurator hat ihn. Noch an andern Orten indessen verbietet die Etikette, dem Prokurator eine bestimmte Antwort zu erteilen. Der Gast darf nicht entschieden annehmen, der Prokurator muss erraten, ob er kommt, ob nicht. Es ist das ebenso schwer wie wichtig, weil nach der Zahl der Gäste das Hochzeitsmahl bestellt werden muss. In seinen Massen nämlich. Seinen Bestandteilen nach ist es bereits vor der Ladungsreise bestellt worden und zwar vom Brautpaare, den beiderseitigen Eltern und dem Hochzeitslader, der überall mit sein muss. Diese Besprechung heißt "Andingen", und bisweilen wird dabei schon eine Probe des Hochzeitsmahles verzehrt, weshalb wir in Niederbayern für das Andingen auch die Bezeichnung "Ladsuppe" finden. Ebenso häufig aber wird dieser Vorschmaus erst beim "Zusagen" gehalten, wenn der Hochzeitslader seine Rundfahrt vollendet hat und man die Zahl der Gäste ansagen kann.

Eine andere Mahlzeit beim Hochzeitswirt findet früher oder später als das Andingen oder Zusagen statt, je nachdem das "Stuhlfest" oder "Festnen" am letzten Sonnabend vor der Hochzeit oder drei Wochen vorher begangen wird. Es ist dieses die öffentliche Verlobung, "sponsale", die der Geistliche in Gegenwart von mindestens zwei Zeugen vollzieht, und welche gewöhnlich auf das "Zum Schreiben gehen", d. h. den nötigen Gang vor Gericht folgt. Die Bauern sind nicht gern vor Gericht, und das





Brautpaar, welches nach kanonischem Recht vom Pfarrer examiniert worden ist, bevor es verlobt wurde, hat auch Seelenangst ausgestanden. Brautleute, Eltern, Zeugen und Hochzeitslader empfinden das Bedürfnis, sich zu stärken, und nehmen daher das Mahl ein, welches in Niederbayern die "Schenk", im Isarwinkel das "Krautessen" heißt. Die Kellnerin trägt nämlich eine Schüssel Kraut auf und fragt den "Hochzeiter": "Wie viel gibst du mir für dies Kraut?" Seine erste Antwort lautet barsch: "Ich brauche keins;" bald jedoch wird er nachgiebiger: das Kraut ist kein gewöhnliches Kraut, sondern ein Symbol der nahen Hochzeit. Das kann man schon bezahlen, und er bezahlt es auch nach einigem Handeln mit ein bis vier Taler, welche als Geschenk der Braut übergeben werden.

Unveränderlich am Sonnabend vor der Hochzeit fährt der "Kammerwagen", "Kuchenwagen", vom inntalischen "fedeln", umherziehen, auch "Fedelwagen", weiter "Brautfuhr" und "Watsaum" genannt. Wenn der Bräutigam in's Haus der Braut heiratet, kommt der "Fedelwagen" von ihm; gewöhnlich jedoch trägt er die Mitgift der Braut, d. h. mindestens ein Kruzifix, eine Kommode, zwei Stühle, einen Hängekasten, einen Schrank mit Bettzeug und Leinwand und Tuch in Stücken, ferner das große zweischläfrige Bett, welches in Niederbayern mit Skapulieren und Amuletten behängt wird, die Schaukelwiege und endlich, die Spitze bildend, das Spinnrad, dessen "Gupf" oder "Wucke" mit Flachs und bunten Bändern versehen ist. Die Bespannung besteht aus vier, auch sechs mit Rosmarin und Bändern geschmückten Rossen, welche zum Teil von den Nachbarn geliehen werden. Der Kutscher ist ebenso schön ausstaffiert, wie sein Gespann, und so geht es im Prunk von dannen. Die Kuh, welche der reiche Bauer gern der Tochter mitgibt, wird von deren Geschwistern, der Näherin, die bei der Hochzeit vielbeteiligt ist, oder einer Dirne dem Wagen nachgetrieben, oder "nachgewiesen". Neben dem Wagen geht der Zimmermann, welcher das Brautbett aufschlagen und dafür mitessen soll. Sitzt die Braut nicht auf den Betten, so geht auch sie, die verzierte Kunkel im Arme, neben ihrer Ausstattung her. Im Inntal trägt sie dabei auf dem Kopfe das schön bemalte Milchfass, gefüllt mit reinem Flachs oder ihren besten Kleidern, außerdem oft ein Körbchen mit Nudeln und kleinem Geld, um sich von den "Wurarern", d. h. Wehrern zu "lösen". Es hat nämlich in den Dörfern, durch welche der Zug geht, ja selbst auf der Landstraße Klein und Groß das Recht, mit Stricken und Stangen "den Wagen zu sperren", "die Braut zu vermachen", in Niederbayern "den Weg zu verziehen". Die Braut zahlt gern das Lösegeld: was man im Brautstand gibt, wird im Ehestand siebenfach vergolten.

Mittags Schlag zwölf Uhr muss der Brautwagen im Dorfe des Bräutigams eintreffen. Dieser geht ihm einen Büchsenschuss entgegen, oder empfängt die Braut vor der Haustür und reicht ihr den Bierkrug, wofür sie ihm demütig die Schlüssel zu ihren Schränken übergibt. Durch die Näherin empfängt er das Geschenk der Braut: ein selbstgesponnenes Hemd und ein Paar Schuhe. Auch den Hausgenossen und Nachbarn bringt die Braut kleine "Einstandsgeschenke" mit, und sie helfen ihr beim Abladen und Hineinschaffen. Ist Alles in Ordnung, so kommt der Pfarrer und erteilt den Segen, die "benedictio thori et thalami", wohlverstanden, wenn es nicht bereits vor dem Aufpacken im Heimatdorfe der Braut durch ihren Geistlichen, oder, wie es in abgelegenen Gebirgstälern der Brauch will, durch ihre Eltern geschehen ist. Findet es beim Bräutigam statt, so kommt es wohl vor, dass die Braut, wenn sie nicht reich genug ist, sich von Freundinnen in der Heimat einige Stücke Linnen und Tuch borgt, um in den Augen der neuen Nachbarinnen wohlhabender zu scheinen.

Der Geistliche erhält für das Segnen durch die Näherin auf einem Teller dreißig Kreuzer und ein "Sacktuch". Die Nachbarn, welche geholfen haben, die "Eintragler" auf Niederbayerisch, werden zu einem Mahle von Bier, Brot, Kücheln, manchmal auch Fleisch eingeladen. Abends fährt die Braut allein auf dem leeren Wagen nach Hause; der Bräutigam darf sie nur eine kurze Strecke geleiten. In ihrer heimatlichen Kirche wird an diesem Tage eine Seelenmesse für ihre verstorbenen Verwandten gelesen.

Gewöhnlich werden die Hochzeiten in der großen Fastnacht, oder in der kleinen, in den Wochen





Hochzeitsbräuche Bayern Hochzeitstracht


vor Advent gehalten. Der Tag ist der zweite nach dem letzten "Verkündsonntag", der gegen jede Zauberei, Hexentücke und böse Wünsche gänzlich gefeite Dienstag. Ist er angebrochen, so tun die Brautleute zuerst, was man auch an andern Tagen zu tun pflegt: sie frühstücken, nur feierlicher als gewöhnlich, und wenn sie aus verschiedenen Dörfern sind, getrennt in ihren respektiven Elternhäusern. Begibt man sich dagegen zur "Morgensuppe" in's Wirtshaus, so ist Beschaffenheit und Preis derselben schon beim Andingen mit ausgemacht worden. Dieser "Frühtrunk" oder "hochzeitliche Ein- und Ausgang" wird häufig in die Übergabebedingungen des Bauerngutes mit aufgenommen. An vielen Orten sind die Behörden, so geistliche wie weltliche, dagegen eingeschritten: die Gäste, selbst die Brautleute, kamen bisweilen in gar zu erhöhter Stimmung in die Kirche. Wo, wie im Traungau, das Frühstücken im Wirtshaus beibehalten wurde, lässt während des Mahles der Prokurator die Gäste "nach dem Ehrenzeichen langen", d. h. aus einem Bündel von ellenlangen roten, blauen und grünen Bändern eines wählen, welches die Männer am Hut, die Frauen am Schurzband befestigen. In Niederbayern schmückt die Näherin die ganze Gesellschaft mit Rosmarin, Bändern und "Favor", weißen und roten Armschleifen.

Ist Alles satt, so bereitet man sich zur Rührung vor, indem die Braut in einem vom Hochzeitslader gehaltenen Morgenspruch "ausgedankt" wird, nämlich mit Dank an die Eltern Abschied vom väterlichen Hause nimmt. Im Wirtshaus freilich verwandelt sich dieses "Ausdanken" in einen "Suppendank" des Prokurators, doch wird auch hierbei der verstorbenen Verwandten durch das Abbeten von fünf Vaterunser und Ave gedacht. Zum Schluss ergeht an das "Brautvolk" die Aufforderung, dem Brautpaare nunmehr zur Kirche, zur Laufstatt und "zur ehrbescheidnen Gastgeb'" zu folgen.

Im Fall die Braut in ein anderes Dorf heiratet, wird sie vom "Kranzlherrn", so genannt, weil er ehedem einen Kranz um den Arm trug, mit Musik und geschmücktem Gespann abgeholt. Vorher geht in manchen Gauen, wie z. B. im Land zwischen dem Lech und der Isar, die Braut unbegleitet zu den Pferden, in der Hand einen Porzellanteller mit Brotschnitten, welche mit geweihtem Salz bestreut sind. Das Salz ist mit Weihwasser besprengt, und Palmkätzchen sind darunter gemischt. Hat jedes Pferd seine Schnitte gefressen, so geht die Braut drei Mal um den Wagen und zerschlägt darauf am letzten Hinterrad den Teller in Scherben. Dann wird sofort eingestiegen, und unter Pfeifen, Peitschenknall, Trompetenschmettern und Böller- und Büchsenkrachen in vollem Trabe abgefahren. Bei der Ankunft derselbe Lärmjubel; ist schon der Kammerwagen angeschossen worden, muss der Brautwagen, von welchem der Kranzherr die Braut auf das Zierlichste herabschwingt, erst recht angeschossen werden.

Beim Zug in die Kirche herrscht große örtliche Verschiedenheit, nicht minder bei den Zeremonien des Trauaktes. Die "Musik", lange Bänder an Hüten und Instrumenten, zieht stets an der Spitze, darf aber im Inntal z. B. "den Zug nur aus dem Hause, nicht an die Kirche blasen." Ihr folgen gewöhnlich die Männer, doch gehen an manchen Orten auch die Weiber voran. Mit dem Bräutigam sind Kranzherr, Ehrvater, Hochzeitslader und Hennenklemmer, mit der Braut die Ehrenmütter und Kranzeljungfern. Von diesen sieht man jetzt oft vier bis sechs, während ehedem eine genügte. Bisweilen begleitet ein degentragender Brautführer die Braut und in der Kirche nebst der Ehrmutter das Paar bis an den Altar; sonst macht der Hochzeitslader den Kavalier der Braut und geleitet sie auf Schritt und Tritt mit zierlichen Verneigungen. In Niederbayern stellt der Brautführer ihr auf den Kirchenstuhl den schönen Wachsstock, der für sie allein brennt, denn wer seine Kerze an ihm anzünden wollte, beginge einen schweren Verstoß.

Beim Opfern werden kleine Gaben auf die Stufen des Altars niedergelegt, in Niederbayern bringt eine Kranzeljungfer noch überdies einen Rosmarinstrauß auf einem schönen "Tüchlein" dar. Zum Schluss wird dem Brautpaar, oft auch den Gästen, der Johanniswein gereicht, wie im Zillertal. Nach beendigter Trauung begibt man sich hier und da auf den Kirchhof, und betet, Jedes an den Gräbern seiner Verwandten, ein paar Vaterunser.





Was den Putz der Braut betrifft, so ist er natürlich durch die Tracht der verschiedenen Gauen bedingt. Durchgängig aber liebt man die dunklen Farben, schwarze und violette Seidenstoffe, besonders die schwarze Seidenschürze. Auch der Bräutigam trägt am Rosmarin auf seinem Hut eine veilchenfarbene Bandschleife. Ist die Braut elternlos, so darf sie schon gar nicht an helle Traukleider denken.

Der eigenste und ausschließliche Brautschmuck ist der Brautgürtel, welcher, der Gemeinde gehörig, im Wirtshause oder in der Kirche aufbewahrt und gegen einen kleinen Beitrag zur Armenkasse den Bräuten geliehen wird. Er besteht aus zollhohen versilberten Messinggliedern, welche oft auf Samt genäht und durch vergoldete rosenförmige Spangen, deren jede einen roten oder blauen Glasstein einfasst, in zehn Abteilungen getrennt werden. Die "Doppelschließe", mit welcher der Gürtel um die Hüften befestigt wird, ist zierlich gearbeitet und mit Steinen besetzt, neben sie wird eine blaue Schleife und das spitzenbesetzte "Tränentuch" befestigt. Diesen Gürtel umlegen zu dürfen, ist die höchste Ehre, denn es wird nur einer jungfräulichen Braut gestattet.

Auf dem Kopfe trugen früher alle Bräute, welche das Haar nach alemannischer Weise zurückgestrichen hatten, die hohe Brautkrone aus Golddraht, Glassteinen und Flitter, unter welcher die rotdurchflochtenen Zöpfe über den Rücken herabhängen. Jetzt ist die Krone abgekommen, und statt ihrer meist "das Kranl" angenommen worden, eine Wulst mit Silberfolie überzogen, mit Drahtblumen, Perlen und Gestein besetzt, welches um das Nest am Hinterkopf geschlungen und nebst dem bräutlichen Rosmarin, dem ländlichen Äquivalent der Myrte, durch eine breite Silbernadel festgehalten wird. Das "Kranl" ist auch der Schmuck der Kranzeljungfern, der "Prangerinnen" überhaupt, wie die Jungfrauen bei den kirchlichen Umzügen genannt werden. Die weitere Auszeichnung in ihrem Anzug besteht in weißen Hemdsärmeln, weißen Gollern mit rosa Einstecktüchern, weißen Schürzen mit roten Bändern, und von all diesem Weiß heißen sie oft auch "Weißprangerinnen".

Auf welche Art die Braut nun auch geschmückt sein möge, als Königin dieses einen Tages steht sie in der Tür des Wirtshauses, vor welchem die jungen Bursche um den Schlüssel laufen, der den Eintritt in's Brautgemach, folglich den Besitz der Braut versinnbildlicht. Der "Brautlauf" oder "Schlüssellauf" findet fast immer unmittelbar nach der Rückkehr aus der Kirche statt; oft tanzen die Läufer schon von der Kirchtür an in grotesken Sprüngen vor dem Brautpaar her. Die Ziele werden in der Entfernung von vierhundert, dreihundert oder auch einer geringeren Anzahl Schritten durch den Gemeindediener oder den Hochzeitslader aus zwei Lagen Streu gebildet. Die Läufer sind barfuß und bis auf Hemd und Hosen entkleidet. Der, welcher das entfernteste Ziel erreicht, empfängt vom Bräutigam den höchsten Geldbetrag und einen vergoldeten Holzschlüssel, welcher ihm an den Hut gebunden wird. Die andern von der Braut gereichten Preise bestehen in kleineren Summen oder Geschenken, nebst der Befreiung von den "Mahlkosten". Vom schlechtesten Läufer heißt es: "er hat die Sau," weshalb er am Hut und Rücken mit Schweineschweifchen verziert wird. Im Berchtesgadenerland wird der "Brautlauf" durch ein Sacklaufen oder Eiertreten ersetzt oder begleitet. Anderswo laufen die Stände getrennt: Jäger, Sennen, Holzknechte, Köhler, namentlich die, welchen die Brautleute angehören, auch Mädchen, vorzüglich Sennerinnen, doch dann nach besonderen Preisen. Im Traungau helfen die Preisgewinner dem Prokurator beim Geldeinsammeln für die Musikanten und zwar unter den Vorwänden: die Läufer hätten sich vor Eile den Fuß übersprungen, den Arm "überschlungen", die Rippe aus dem Leib geschritten, und bedürften Geldes, um sich kurieren zu lassen.

Wenn die Braut die Schwelle des Wirtshauses überschritten hat, so nähert sich ihr die Köchin mit der Bitte, in die Küche oder in's Seitenzimmer zum "Kraut-" oder "Suppensalzen" zu kommen. Die junge Frau bewährt ihre Befähigung zum Kochen am eigenen Herde, indem sie das ihr vorgesetzte Gericht kostet, und wenn sie es für nötig findet, nachsalzt. Dann legt sie für die Köchin in's Salzfass zwanzig Kreuzer bis einen Gulden, welche Spende, wie Alles, was die junge Frau gibt, für höchst segens-





kräftig gilt. Darum muss die Braut an manchen Orten in alle Speisen etwas Salz und einige Tropfen Johanniswein tun, um das Haus und die Gäste für das Jahr vor Einschlagen, Krankheit und sonstigem Unheil beschirmend zu sichern.

Unterdessen haben die Mädchen statt des kirchlichen Festputzes ihre gewöhnlichen Sonntagskleider angezogen und die "Kranl" mit den grünen Hüten vertauscht. Die Bursche legen ebenfalls die schweren Mäntel und "Joppen" ab, nur die Braut bleibt in ihrem vollen Staat. Die Andern aber sind behaglich bereit zum Tanzen und zum Essen, und Beides hebt auch an, hier bald das erstere, dort bald das letztere zuerst.

Beginnen wir mit dem Mahl. Es wird an Tischen zu zwölf Personen eingenommen, doch kommen auch halbe und doppelte Tische vor. Das "Ansitzen", d. h. das Verteilen der Gäste nach ihrem Rang an die verschiedenen Tische ist die Sache des Hochzeitsladers. Sitzen Alle, wie sie sollen, so fängt das Mahl um zwölf Uhr an und währt, allerdings mit Pausen zwischen jedem Gange, seine richtigen sechs Stunden. Und das, nachdem die Hochzeitsleute zur Morgensuppe Fleischknödel, Haubenküchel, Rindfleisch und Backnudel genossen haben.

Diese gewaltige Speisung mit einer dicken Gerstensuppe zu beschließen ist im ganzen Oberland eine uralte Sitte, und nur langsam rückt der Kaffee an die Stelle der geheiligten Suppe. Ebenso unerlässlich wie sie sind die anderthalb Pfund Rindfleisch, welche, im Chiemgau und im Traungau "das große Stück" genannt, gewöhnlich Nachmittags um drei, häufig ungekocht aufgetragen und dann "im Tüchlein" mitgenommen werden. Überhaupt wird Alles, was der Gast nicht zu vertilgen vermag, als "Bescheidessen" mit nach Hause getragen und das sind die Stücken von den meisten Fleischspeisen, indem nur die Brühe gleich verzehrt wird.

Im Chiemgau kommt auf den Brauttisch allein "die bessere Richt", ein gebeizter Schlegel in gelber Sauce, wofür der Hochzeiter zwölf Kreuzer auf die Person nachzahlt. Für die ganze Gesellschaft wiederum wird nach den ersten vier Schüsseln als besonderer Leckerbissen das "Hafenbratl", das heißt eingemachtes Kalbfleisch aufgetragen. Der "Aff" oder "Hornaff", ein Hochzeitsgebäck aus dem vierzehnten Jahrhundert, hat sich am linken Innufer noch erhalten; der ebenso ehrwürdige "Brein", Hirsebrei in Milch, ehemals selbst auf fürstlichen Tafeln das echte Hochzeitsgericht, wird treu der Überlieferung im Isarwinkel verzehrt.

Wie in Niederbayern sind auch in Oberbayern überall die Gänge durch Pausen getrennt, denn am Ende, tot essen sollen die Gäste sich nicht. Auch außerdem gibt es noch lustige Unterbrechungen des schwerfälligen Mahles. Die Musik veranlasst einige; die erste ist das "Übern Tisch blasen", welches im Rottal geschieht, während nach dem "Lungenvoressen" jedem Gast ein großer "Lebzelten" als Geschenk der Ehrmutter auf den Teller gelegt wird. Zu welchem Moment es aber auch geschehen möge, nirgends will es gehen: die Instrumente sind sämtlich zerbrochen. Erst wenn die Musikanten auf einem Teller, auf welchem als Wahrzeichen das Mundstück eines Hornes liegt, "Macherlohn" oder "Flickgeld" eingesammelt haben, können sie wieder blasen. In ähnlicher Weise, nur weniger geräuschvoll, erscheinen Köchin und Kuchelmagd mit einem zerbrochenen Kochlöffel und einem zersprungenen Tiegel, und beweisen, dass auch ihre Küche ruiniert sei und dringend des Macherlohns bedürfe. Die Musiker betteln sich später auf einem andern Teller noch Kraut, bei welchem allerdings die Würze von Sechs- und Zwölfkreuzerstücken die Hauptsache ist. In manchen Gegenden, z. B. im Gebiete von Tegernsee, werden nach uralter Sitte noch die Hauptgerichte des Mahles in besonderen Aufzügen hereingetragen und von der Musik "eingeblasen", wofür diese an allen Tischen, außer am Brauttisch, das sogenannte "Teuergeld" einsammelt.

Das Stehlen der Braut ist eine andere Episode des Mahles. Gewöhnlich wird es beim Krautessen ausgeführt, bisweilen von "Aufgestellten", die der Bräutigam selbst dazu erwählt hat, häufiger aber von einem listigen Burschen, welcher, glückt sein Anschlag, nebst einigen Genossen seine schöne Beute in das





Herren- und Weinstübchen des Hochzeitwirtshauses, mitunter selbst in ein anderes Gasthaus bringt. Dort wird auf Kosten des Brautführers oder des Bräutigams gemütlich süßer Wein getrunken, bis endlich der verwitwete Hochzeiter die Entführte durch den Hochzeitslader mit einer Laterne und eine Mannschaft mit Schellen, Stecken, Stangen und Besen holen lassen darf, wobei er freilich außer der Weinzeche noch ein Lösegeld zu bezahlen hat. Im Gebiete des Samerberges, im Gerichte Rosenheim, wird ihm zuerst sogar "die wilde Braut", ein bärtiger Mann in Weiberkleidern, statt der echten Hochzeiterin gebracht. Ebenso wird der Braut, wenn man sich begnügt hat, nur ihren Schuh zu stehlen, erst ein ganzer Haufen alter Filz-, Holz- und Stallschuhe vorgelegt, ehe sie gegen Bezahlung ihren eigenen zierlichen Schleifenschuh wieder erhält.

Die Mädchen bringen dann auch noch mehr Bewegung in die Sache, indem sie ihre Bursche beschenken. Sie gehen zu diesem Zwecke mit ihnen "zum Kaufen", nämlich in den Kramladen des Dorfes, wo Jede für ihren Burschen eine Rolle Rauchtabak, ein wollenes Sacktuch oder ein seidenes Halstuch ersteht, welche um den "Gupf" des Hutes gewunden werden. Oft überraschen auch die Mädchen die Bursche, indem sie die Hüte entwenden und mit den heimlich gekauften Tüchern umwinden; dann wieder hat der Prokurator die Entwendung der Hüte zu besorgen und lässt darauf den geschmückten Hut unter einem Tusch in den Saal bringen, wo er ihn mit großer Feierlichkeit auf den Kopf des Eigentümers setzt. Desgleichen hat er im Chiemgau, wo noch das "Kranzlhergeben" üblich ist, die Aufgabe, auf einem Teller ein "Tüchel" und das "Jungfernkränzl", in dessen Mitte eine halbe Flasche Wein steht, dem Erwählten des betreffenden Mädchens zu überreichen. Dieser schlingt das Tuch um den Hut, tanzt sogleich mit der Geberin und hat das Recht oder die Verpflichtung, sie den Tag über frei zu halten, worauf es bei dem Tücherschenken überhaupt hinausläuft.

Freigehalten werden auch die sogenannten "Aftergäste", welche einzuladen den Gästen vom Hochzeiter bisweilen erlaubt wird. Außer ihnen erscheinen Nachmittag um drei Uhr die "Draufgeher", Gäste, die sich selbst einladen und mittanzen wollen. Eigentlich dürfen sie das nur, wenn der Brautführer ihnen die Erlaubnis gibt, indem er "es ihnen aus seinem Kruge zubringt." Viele mischen sich jedoch auch ohne diese Automation unter die Gäste und helfen ihnen sogar das "Freibier" austrinken, welches später aufgesetzt wird. Die Tänze, an denen sie so gut wie die Hochzeitsgesellschaft Teil nehmen, heißen "Freitänze", zum Unterschied von den eigentlichen Hochzeitstänzen, in welchen nur die wirklichen Hochzeitsgäste figurieren dürfen.

Sie tragen eigene charakteristische Namen. Der "Hungertanz", im Chiemgau der "Brauttanz", kommt zwischen Isar und Glon und in Niederbayern vor, wird vor dem Mahle getanzt, häufig vom "Kranzpaar" eröffnet, und dient zur Bestimmung der "Partner", wie sie den Tag über zusammenbleiben wollen. Vor seiner Beendigung darf kein Bissen gegessen und kein Trank Bier eingeschenkt werden, es lässt sich daher vermuten, dass man ihn nicht zu lang macht.

Im Gebiet von Tegernsee findet beim Auftragen des Krautes der "Krauttanz" statt, während dessen die Braut gestohlen wird. Bei diesem Tanze sitzen zu bleiben gilt für eine große Schmach ; die Mädchen, denen sie widerfährt, werden "Krauthüterinnen" genannt, oder man sagt von ihnen: "sie führen den Hund heim."

Der erste Tanz nach dem Mahle ist der "Ehrtanz", welchen die Braut mit dem Kranzherrn, dem Ehrvater oder dem Hochzeitslader eröffnet. Wenn er im besten Zuge ist, spielt die Musik auf einmal lauter falsche Noten und gerät gänzlich aus dem Takt, die Braut fängt zu gleicher Zeit betrübend an zu hinken - mit einem Worte, der Tanz kommt in Unordnung und in's Stocken, der Hochzeitslader weiß Rat: die Braut soll sich bei den Musikanten eine Salbe kaufen. Sie bietet einen Pfennig - es hilft Nichts; sie bietet einen Kreuzer - es hilft noch nicht; endlich steigt sie bis zu einem Gulden. Der Hochzeitslader nimmt ihr das Geldstück aus dem Schuh und ruft: "Schau, bei euch ist ein Nagel durchgegangen!"





dann wird der "Nagel" der Musik verabreicht, und sie kann plötzlich wieder spielen und die Braut kann von Neuem tanzen. Im Chiemgau folgt auf den "Ehrtanz" das "Ehestandsaus- und Eintanzen", bestehend in drei Touren, welche zwei Buben, zwei Mädchen, zwei Männer und zwei Weiber paarweise ausführen.

Der schönste dieser Reigen ist der "Gunkeltanz", welcher im Lechrain, aber fast nur bei Bräuten von jenseits des Flusses üblich ist. Um ihn auszuführen, ziehen sämtliche Gäste, die Musik voran, gegen die Mitte des Mahles vor dem Braten nach dem Hochzeitshaus und dort auf die Tenne oder den Vorplatz. Die stärkste von den Kranzjungfern bringt die "Gunkel" mit einem zierlich geflochtenen, bebänderten und mit der Spindel besteckten Rocken. Sie hält sie hoch, andere Mädchen fassen die Enden der Bänder und unter diesem ausgespannten Bandgitter durch tanzt, dem Brautpaar folgend, die ganze Hochzeitsgesellschaft, worauf die "Gunkel" in festlichem Zuge in das Wirtshaus gebracht und dort an der Seite der Braut aufgestellt wird.

Im unteren Lechrain herrscht dieselbe Sitte, nur in etwas veränderter Form und unter der Bezeichnung "das Wickele holen". Gegen Ende des Festes tanzt dann der Hochzeiter mit der ältesten Ehrmutter, der Hochzeitslader mit der Braut. Nachdem an den Bräutigam vielfach die Frage gerichtet worden: ob er denn nicht mit den Tänzerinnen tauschen wolle ? überlässt der Hochzeitslader ihm endlich für ein Lösegeld die Braut und tanzt selbst mit der Ehrmutter weiter, bis er sie plötzlich unter allgemeinem Gelächter auf einen Schubkarren, eine "Radeltruhe", packt und sie eilfertig zur Tür hinausfährt. Den letzten Festtanz führt die Braut mit dem Kranzherrn auf, welcher ihr zum Schluss den Kranz abnimmt und denselben mit den naiv derben Worten: "Nun wünsch' ich besten Appetit, Herr Hochzeiter," auf einem Teller dem Bräutigam darreicht.

Im Berchtesgadenerland kommt der Brautführer nicht so leichten Kaufes weg. Da sind die sogenannten "Schlodermütter", die Mütter, Tanten und Patinnen des Brautpaares, deren Name vielleicht von Schlotter, Schlutten - einem früher gebräuchlichen Überkleid aus Pelz oder Leinwand - herrührt, ein integrierender Bestandteil der Hochzeitsfeierlichkeit: "geschlodert muss werden," sagen die Berchtesgadener. Wenn nun die Braut dem Bräutigam abgetreten worden ist, so tanzen neben ihnen die zwei Kranzjungfern mit den beiden "Jungfernknechten", zwei besonders flotten auserwählten Burschen, und darauf tanzt der Brautführer mit allen anwesenden Frauen und Mädchen und schließlich voll altväterlicher Zierlichkeit, langsamen Schrittes, die Arme gekreuzt, mit sämtlichen "Schlodermüttern".

Aber auch dem Brautpaar steht noch ein letzter Tanz bevor, ehe es das Wirtshaus verlassen darf. Denn wenn es sich dazu anschickt, so erwarten es auf dem "Fletz", dem Gange, welcher das Hans der Quere nach durchschneidet, Wirt und Wirtin und bitten um die Ehre einer Tour. Dieser "Fletztanz" darf keinem Wirtspaar verweigert werden, wenn gleich der Herr Wirt, der vom fleißigen Genuss seines guten Bieres entweder längst schon zu korpulent, oder an diesem Tage speziell zu taumelselig geworden ist, häufig vom Hochzeitslader vertreten werden muss.

Wir haben, der fasslichen Übersicht wegen, alle Tänze auf einander folgen lassen, in der Wirklichkeit fällt zwischen Mahl und Tanz der Gebrauch, welchen die Gäste, wenn sie französisch verständen, "le quart-d'heure de Rabelais" nennen würden. Es gilt nämlich "zu schenken, zu waisen, das Ehrat zu reichen", mit andern Worten, die Zeche zu bezahlen und dem Brautpaar Geschenke zu verehren. Diese betragen in den reicheren Gegenden von einem bis zu sechs Talern, einige Zwanziger für die Braut besonders, sowie scherzhaft symbolische Gaben noch nicht gerechnet. Die Gäste an den "Ehrtischen" zahlen mehr, Verwandte desgleichen, Geschwister und Paten das Drei- und Vierfache.

Die Aufforderung zu diesem Liebeswerke geht vom Hochzeitslader aus, wenn er nach Beendigung des Mahles seinen "Abdankspruch" hält. Bisweilen hüllt er seine Mahnung in eine märchenhafte Erfindung ; so fliegt z. B. im Vorland an Glon und Inn eine Henne mit dreißig Küchlein zum Küchenfenster herein und zerschlägt, während man sie jagt, alles Geschirr, weshalb denn die Gäste der betrübten Braut zur Erneuerung ihrer Kücheneinrichtung behilflich sein und das "Weisat", dort "Haferl (Topf)geld" genannt,





geben müssen. Anderwärts werden diese Umschweife nicht gemacht; der Hochzeitslader verlangt geradezu, wenn auch äußerst höflich, bald in gebundener, bald in freier Rede. In diesem Falle wird jedoch meist wenigstens Anfang und Ende gereimt, wie denn, um ein Beispiel zu geben, im Ampergrunde der Abdankspruch etwa folgendermaßen schließt:

Schönen Dank, schönen Dank,
Vom Tisch auf die Bank,

Von der Bank auf den Tisch,
Zahlt habt ihr frisch,

Und wieder kriegt ihr euer Geld,
Wenn Fastnacht auf Aschermittwoch fällt.

Nach dieser rednerischen Einleitung wird zum Akt selbst geschritten. Auf den Brauttisch kommt ein Teppich, auf diesen eine Zinnschüssel, auf die Zinnschüssel als Deckel ein Teller. Der Wirt, das Brautpaar und zwei Ehrmütter setzen sich an den Tisch, und der Hochzeitslader ruft, gewöhnlich beim Herrn Pfarrer anfangend, einen Gast nach dem andern mit voller Titulatur zum Schenken auf, jedes Mal mit einem Vivat schließend. Wenn er sich bei den jüngeren ledigen Gästen manche Neckerei erlaubt, so nimmt das Niemand übel, ja, er wird, wenn er als Mundstück für den Humor Anderer gedient hat, von diesen seinen Eingebern oft reichlich gelohnt.

Geneckt oder nicht, der aufgerufene Gast leistet der Einladung Folge und schreitet, von einem Tusch begleitet, an den Brauttisch, wo er vom Bräutigam, Wirt, Hochzeitslader oder Ehrvater einen Becher Wein, den "Ehrwein", von der Braut eine darein getauchte Semmelschnitte erhält. Geht es minder hoch her, so bietet der Wirt oder der Hochzeitslader nur den gefüllten Bierkrug an, dagegen gibt es in reicheren Gauen außer dem Wein und Brot für die Männer Met, und Zuckerwerk für die Frauen und Mädchen. Die Gabe, das "Waisat", wird hier offen, dort in Papier gewickelt, "auf's Teller" oder "auf's Tüchel" gelegt; dieses Letztere geschieht, wenn der Teller, mit einer Serviette bedeckt, vor der Braut steht. Die Ehrmutter kehrt den Teller über der Schüssel um, das Brautpaar reicht dem Geber dankend die Hand, und die geschenkte Summe wird genau notirt, damit man sie bei ähnlicher Gelegenheit wiedererstatten könne. Das "Waisat" ist also eigentlich mehr ein Darlehen, aber freilich eines, auf dessen Rückzahlung man möglicher Weise lange zu warten hat, und welches inzwischen keine Zinsen bringt. Doch wird auch wirklich, d. h. uneigennützig gegeben: der Hochzeitslader hält beim Schluss des Mahles die Armenbüchse mit den liebevollen Worten hin:

Weil wir haben 'trunken und 'gessen,
Wollen wir der Armen nit vergessen.

Mit dem Schenken ist der offizielle Teil des Tages ganz beendet, und was noch bleibt, gehört ausschließlich dem Tanz. Ist auch der glücklich zu Ende gebracht, so versucht das Brautpaar wohl zu entwischen, aber das glückt ihm nicht. Der Hochzeitslader leuchtet ihm unter Possen und Kapriolen mit der Laterne voraus, und die Musik "bläst es heim", eine kostbare Ehre, für die auch reichere Gäste mit oder ohne Willen zu bezahlen haben.

Der Tag nach der Hochzeit heißt "der goldene Tag". Vormittags wird die "Goldne-Tag-Messe" gehalten, wenn die Eltern der Brautleute noch leben, als Dankamt, im entgegengesetzten Falle pro defunctis. Nachmittags erscheint das junge Ehepaar mit den nächsten Angehörigen, die es beim "Waisen" dazu eingeladen hat, im Wirtshaus "zur Abrait", d. h. um mit dem Wirt abzurechnen und von den Resten des Hochzeitsschmauses ein kleines Mahl einzunehmen.

Am ersten "Samstag" nach der Hochzeit geht die junge Frau allein an einen nahen Wallfahrtsort und bringt dann die Nacht im elterlichen Hause oder bei Verwandten als Gast im "Kirchtagbett" zu, denn solche freiwillige Witwenschaft gefällt der Jungfrau Maria, welcher der Sonnabend geheiligt ist. Acht Tage, in Niederbayern den Sonntag nach der Hochzeit, bewirtet die Ehrmutter das junge Paar mit der altherkömmlichen "Glückssuppe".


bayerische Hochzeitsbräuche