(Bringt ein Körbchen mit Brot, Butter, Käse, Eiern und einem
Hühnchen. - Tritt verlegen ein und macht an der Türe einen Knicks.)
Verzeihen die Herrschaften mein link'sches Benehmen!
Ach Gott! ich muß mich vor mir selber schämen!
Beim Hergehn war ich ohne Furcht und Zagen,
Jetzt wag' ich kaum, die Augen aufzuschlagen.
Wir alle im Dorfe N. (Name des Dorfes) sind N. N.'s (Vorname der Braut) so gut,
Da haben wir Mädchen denn auch nicht geruht;
Wir wollten von Herzen der Braut gratulieren,
Die morgen der Bräutgam zur Trauung wird führen.
Wer geht nun - so hieß es - zum Glückwunsch herein?
Denn alle das geht nicht, zu voll ist das Haus -
Sonst jagt uns der Hausherr wohl sämtlich hinaus.
Das Los sollt' entscheiden. - Wir waren's zufrieden,
Und mir ward die Botschaft vom Glücke beschieden.
Wohl hab ich darüber mich herzlich gefreut,
Doch jetzt wünsch' ich wieder, ich wär' von hier weit.
Die Herren und Damen, die hier auf mich schauen,
Benehmen den Mut mir und alles Vertrauen.
Ja wär ich mit Fräulein N. (Vorname der Braut) allein,
Ich möchte viel dreister und mutiger sein. -
Das Nötigste, was man bedarf zu dem Leben,
Das möge der Himmel stets reichlich Euch geben.
Drum nehmt, was hier wahrhaft von Herzen ich bringe:
Ist wertlos die Gabe - ich weiß es - und geringe,
So ist's doch das Beste, was Landleute wählen,
Und darf auf den Tafeln der Reichen nicht fehlen.
Brot bring' ich und Butter, nebst Käse dabei,
Ein Hühnchen zur Suppe, zum Kuchen das Ei.
(Überreicht das Körbchen.)
Fehlts nie in der Wirtschaft an solcherlei Gaben,
Dann werd't ihr nicht hungern gleich garstigen Raben;
Zufriedenheit würzt uns das einfachste Mahl,
Verwandelt uns Wasser zu Wein im Pokal. -
Es mög' Euch der Himmel stets so viel bescheren,
Daß Ihr nicht nach Anderer Gut dürft begehren;
Ja trifft ein Bekannter und Freund bei Euch ein,
Und pocht an die Türe, - ruft herzlich: - Herein!
(Mit einem großen Paket, welches in vieler Emballage ein Geschenk von geringem Umfang, z. B. silberne Löffel oder dergl., enthält.)
Entschuld'jen Se, wenn ick es wage
Un Ihnen stören duh;
Indeß da ich hier immer drage,
Dräng ich mir ooch herzu.
Ick stehe heut' an meine Ecke,
So recht in Sonnenschein,
Da ruft zu janz besondrem Zwecke
Mir meine Olle 'rein.
"Hör'", sagt se, "olle treue Seele",
"Komm", sagt se, "an mein Herz";
Do ward ick wunderbar fidele
Vor lauter Liebeschmerz.
"Hör" sagt se, "Rispe, hör mein Lieber,"
Wat ich Dir sagen duh:
Bei unse Nachbarn hier jrad über
Da jeht et lustig zu.
Et soll, so habe ick vernommen,
Da Polterabend sin,
Wo alle juten Freunde kommen,
Drum stell' ooch Du Dir in.
Da hab' ick mir denn anjezogen,
Un wurste mir in Wix,
Daß meine Olle ungelogen
Vor Freude macht' en Knix.
Doch macht' ick mir zu jroße Eile,
Et war noch früh am Dag;
Un so jung ich noch alleweile
Dem Eckenstehen nach.
So eben wollt' ick et nu wagen,
Un stellen mir hier in,
Da bringt mir Ener wat zu dragen,
Doch det sollt' jrad' hier hin.
Drum nehmen Se et ohne Fragen,
(Er gibt das Geschenk ab.)
Hier is nu des Paket.
Doch alleweil will ick noch sagen,
(Er zeigt auf sein Herz.)
Wat hier jeschrieben steht.
Ick wünsche Ihnen Ilück un Segen
Un ooch Zufriedenheit
Un Frohsinn uf den Lebenswegen,
Rebst andrer Kleinigkeit.
Aus meinem Eh- und Eckenstande
Wird jetzt wenn Sie's gefällt,
Zu meiner Freindschaft Unterpfande
Jar mancherlei erzählt.
Im Ehstand muß en Jeder dragen,
Doch wer nich Ecke steht.
D'rum nehm' en Jeder ohne Klagen
Sein zujedeelt Paket.
Im Ehstand stößt man oft uf Ecken,
Man jehe sacht vorbei,
Un suche nur sie zu verdecken,
Un mache keen Jeschrei.
Beim Ehe- wie beim Eckenstehen
Jebraucht man oft des Schild;
(Auf seine Nummer auf dem Arme zeigend.)
Hier kann man's uf'm Arme sehen,
(Auf das Brautpaar deutend.)
Dort ist's im Herzen mild.
Entschuld'jen Se, nu muß ick jehen,
Un hab'n Se wat zu drag'n -
So können Se man nach Nummer zehen,
Nach Jottlieb Rispe frag'n.
(Als Einleitung zu einem größeren Zuge.)
Guten Tag, Ihr werten Herren
Und Ihr schönen Damen alle,
Zürnt nicht, wenn ich mit der Türe
Gleichsam in das Haus hier falle,
Doch als Bote ward ich heute
Zu dem Fräulein Braut gesandt,
Die schon morgen, wie ich höre,
Eingehen will in Hymens Land.
Nun, da wünsch ich denn von Herzen
Ihnen auch des Himmels Segen,
Daß Sie durch das Leben heiter
Und beglückt stets wandeln mögen,
Daß entfernt von Ihrem Pfade
Immer bleibe Schmerz und Qual.
Und daß Alles wünsch' ich gleichfalls
Auch dem künft'gen Herrn Gemahl.
Muß ihn dabei mir von nahem
Nun doch einmal auch beschauen -
(Er tritt dem Bräutigam näher und spricht dann wieder zu der Braut.)
Der gefällt mir ganz passabel,
Fräulein Braut! dem ist zu trauen,
Der wird Ihnen immer gut tun,
Wird Sie lieben immerdar.
Nun, was sagen Sie, Herr Bräutgam!
Traf ich es nicht auf ein Haar?
Doch erfüllen muß ich endlich
Was mir wurde aufgetragen
Von den Passagieren allen
In dem großen Schnellpostwagen,
Von der heut'gen Feier hatten
Sie auf der Station gehört,
Und da sind sie samt und sonders
Denn mit mir hier eingekehrt.
Zwar gemischt ist die Gesellschaft,
Doch sie werden wohl vergönnen
Daß sie alle mit dem Glückwunsch
Sich hier produzieren können?
Viele Herrn sind es und Damen,
Deutsch, französisch und auch polnisch;
Hell sieht Einer in das Leben,
Und der Andre melancholisch.
Nun ich seh', Sie sinds zufrieden!
Eilen will ich drum hinaus
Und die Passagiere alle
Führen in das Hochzeithaus.
Aber eins noch in der Eile -
Hätt' ich es beinah' vergessen -
Fräulein Braut! dies Päckchen nehmen
Sie doch gütigst unterdessen,
Mit der Post ist es gekommen! -
So, nun will ich eilig gehn
Um die Gäste einzuladen!
Nun, auf bald'ges Wiedersehn!