oder
Polterabend-Erlebnisse der Madam Schickedanz
Personen:
Madam Schickedanz (von einem Herren dargestellt).
Herr Schickedanz.
Ort: Beliebiges Zimmer. - Die Musik ist nach dem bekannten Liede von Louis Schneider "Mad. Schickedanz", auch durch die Verlagshandlung zu beziehen.
Herr Schickedanz.
Hier erlaube ich mir, Ihnen, meine Jattin, Madam Schickedanz aus Perleburg vorzustellen. Meine Jemahlin singt und spielt die Pauke, sie ist durch und durch musikalisch. Ach, ihr Triller, - Kind, leg' mal einen [...] 'raus. -
Madam Schickedanz. (Singt einige Koloraturen.)
Herr Schickedanz.
Nun erzähle 'mal den Herrschaften unsere Polterabend-Leiden, ach, wir haben viel erdulden müssen, bis wir hier ankamen. -
Madam Schickedanz.
(Singt.)
Da kommt nun heute früh zu mir
Mein Mann und sagt: Frau Schickedanz,
Heut' ist ein Polterabend hier,
Und hinterher Gesang und Tanz,
Erzählte mir so vielerlei,
Daß er ein Freund des Bräut'gams sei,
In ganz Berlin sei er bekannt
Und - (Name des Bräutigams) werde er genannt.
(Gesprochen.)
Na, wenn ich man wüßte, was ich anziehen soll, das weiße Kleid ist in der Wäsche und noch nicht aufgeplättet und meine Röcke sind ooch noch nicht trocken. - Komm, wie Du jehst und stehst, sagt mein Jatte und mach mich nicht so ville Fisimatenten. Die Braut ist ganz einfach und jar nich stolz und der Bräutigam - (schlägt auf die Pauke, die Herr Schickedanz umgehängt trägt) Ra-Ta-Tschin! Ra-Ta-Tschin! Ra-Ta-Tschin! Ra-Ta-Tschin! usw. (siehe Partitur).
Und wie ich aus dem Hause ging,
Nahm ich den roten Paraplü,
Weil's furchtbar an zu regnen fing.
Ich wurde sehr naß, wie noch nie.
Und wie ich mich nun durch so quäle,
Bemerk ich meine Hundetöle,
Die nicht von unsrer Seit' gewichen.
(Gesprochen.)
Er wollte absolut mit zum Polterabend. Wie ich fortgung, warf ich ihm noch einen schönen Knochen hin, deck ihn zu mit meiner wollnen Unterjacke und rufe: Schlaf wohl, Humpel - er heißt Humpel - sei artig, mein Kind, ich bring Dir ooch was mit. Und nu war mir das Beest nachgelaufen. Schickedanz, sag ich, - mein Mann heißt nämlich Schickedanz - wir wollen ihn nach Hause bringen. Ich hätte vor Ärger bersten mögen - muß ich wegen dieser drei Taler Steuer bezahlenden Töle noch einmal umkehren, die ganze Friedrichsstraße ruf, die Kochstraße runter, die Lindenstraße rin. nach'm Dönhofsplatz bis in die Jertraudenstraße. Was hätte ich nicht während dieser Zeit Alles verzehren können und dann erst der Tanz, - das - (wie oben) Ra-Ta-Tschin!
Nu mußten wir ganz eilig gehn,
Damit wir nicht die Zeit versäumen,
Ne Droschke war nicht mehr zu sehn,
Herr Schickedanz fing an zu träumen.
So wie wir um die Ecke biegen,
Da gleiten wir mit einmal aus,
Und kommen in den Schnee zu liegen
Und mußten weder ein noch aus.
(Gesprochen.)
Nun denken Sie Sich mal meinen Aufzug - das weißgewaschene, frischgeblaute, getrocknete Ballkleid sah schrecklich aus. Mein Mann hatte seine Perücke verloren, sich die Nase wund geschlagen und den Ellenbogen verrenkt. Zuerst hielt ich ihn, dann er mich unter die Pumpe; vergebliche Mühe einen Mohren weiß zu waschen. Wir mußten also abermals umkehren, da kommt so'n Straßenjunge angeflitzt, stellt sich hin, lacht uns aus und ruft - (Paukenschlag) Ra-Ta-Tschin - Ra-Ta-Tschin - (wie oben).
Ne, so viel Pech ist doch zu arg,
Zu Fuß wollt' ich nicht länger gehn,
Doch Schickedanz ist ja so karg,
Fünf Silbergroschen - jo nicht sehn.
Das Unglück war jedoch nicht aus,
Als wir hier kommen vor das Haus,
Fliegt mir mit einmal an den Kopf
Ein alter, ordinärer Topf.
(Gesprochen.)
Herr ich dachte, die Tarantel hätte mir jestochen! So'ne Brut, stellen sich hier vor's Haus und werfen ihre alten Töpfe gegen die Tür und ich Unglückliche muß grade solchem Topf in die Quere laufen - der Topf war mit Sauerkohl und Erbsen gefüllt und er flog mit solcher Heftigkeit - es krachte förmlich - (Paukenschlag) Ra-Ta-Tschin - (wie oben).
(Geht mit ihrem Manne ab, indem sie fortwährend auf die Pauke schlägt.)
(Arbeitsmann im Kostüm, Frau ziemlich bejahrt gekleidet.)
(Frau tritt auf.)
Frau: Guten Abend meine Herren und Damen! (sieht sich um nach der Tür und ruft:) Friedrich! Friedrich! (für sich) Gott wie bleibt der Mann wieder lange hat mir versprochen, in der Dämmerung mit mir zum Polterabend zu gehen, aber da warte nur d'rauf! kömmt vielleicht erst nach der Hochzeit, wenn Alles zu spät ist, oder gar zur Taufe (ruft noch einmal) Friedrich! Friedrich!
(Mann, tritt auf, ohne die Gesellschaft zu beachten.)
Mann: Dar bin ick ja all, wat grölst Du denn, Du ohle Schachtel, watt is denn los?
Frau: Du wolltest ja mit mir zum Polterabend!
Mann: So, so, nu wenn't wider nix is, darum brukst nich so to gröhln, datt de Herr N. N. (Name des Bräutigams) Brut von de Junfer N. N. (Name der Braut) is, datt weet ick, datt se sick leew hewt, datt weet ick; un datt se sick heiraspeln wölt, datt weet ick ook! datt Du en ohle Plappersüster bist, datt is mi ook noch nicht vergäten!
Frau: Fritzchen! werde hier nicht grob, Du weißt, ich werde eklich, wenn ich den Pantoffel kriege, ich habe ihn leider nicht mitgebracht, sonst würde ich in Gegenwart des ganzen Publikums Dir einen Eheprozeß machen, denn wir sind hier gekommen zu gratulieren, aber nicht um Schmeicheleien umzutauschen.
Mann: Ha, ha! also datt nennst Du Smeichelee? denn mutt ick Die vertell'n, datt ick na Dien Holtentüffelsmeichelee gar nix nafrag.
(Zur Gesellschaft.)
Nu söl'n Se mal hör'n, meine Herren und Damen, watt ick forr en nette, stille Froo hew, Se fier'n gewiß man eenmal Pulterabend, aber bi uns to Huus ward oft söb'n Mal in de Woch Pulterabend fiert.
Frau: Du lügst!
(Zur Gesellschaft.)
Jetzt frage ich Sie, geehrte Anwesende, ist das Polterabend, wenn ich aus Liebe, um meinen Mann zu bessern, ihm einen Topf oder Schüssel an den Kopf werfe? - ich glaube es nicht! und Sie werden mir Recht geben, oder ist das Hochzeit, wenn ich ihn mit einem Pantoffel züchtige? Den man lieb hat, den straft und züchtigt man.
Mann: Danke datt hest good makt, min Putje!
(Zur Gesellschaft.)
Datt is noch gar nix, meine Herren und Damen, wenn ick dett Abends utgah, slutt se Klock nägen de Döör to, un lett mi nich in; aber ick hew en nees Mittel utfunn, ick haak de Döör ut, un nehm se mit nat Wertshuus, denn sall se dat Tosluten woll vergäten.
Frau: Glauben Sie das nicht, meine Herren und Damen, mein Mann ist ein Spaßvogel, und wir leben die meiste Zeit glücklich und zufrieden. - Nun, in jedem Ehestand fällt eine kleine Prügel, - ich wollte sagen ein kleiner Trübel vor!
(Zur Braut.)
Aber meine liebe Braut, Eines müssen Sie nicht dulden, der Mann darf durchaus nicht bei'n Feuerherd kommen, und seine Nase nicht in jeden Topf stecken, denn da ist die Frau unumschränkte Herrscherin. Wenn Sie sonst gut sind, dann wird Ihr Mann Sie auf den Händen tragen.
(Zum Mann.)
Nicht wahr mein Fritz! Du trägst mich auf den Händen? (Streicht ihm die Wange.)
Mann: O ja, dar war ick mi for bedanken! Du wiggst 150 Pfund, un spattelst wi soon duun Matros op St. Pauli.
(Zum Bräutigam.)
Herr Brögam! ick wünsch Ihnen den besten Ehesegen, aber een Dehl lehren Se de junge Froo bi datt erste Spindbrodt to, so wi datt Sprickwort lehrt! siehn Se god und nett mit Eär, aber drägen Se Eär nich op de Hann, denn, wenn Se datt een Mal daan heb'n, denn söll'n Se datt immer, un datt geiht nich, denn de Froonslüd sünd mitunner bannig swaar, smeicheln möten Se wenn't Tied is, aber fehlt ook een Knoop in de Büx, denn möten Se gliek mit een Perleplü dartwischen fahr'n, Se söll'n mal sehn, flink sitt de Knoop drinn! un een söten Kuß is Eär Lohn!
Süh so! Nu leben Se recht glücklich lange Jahr'n. Un kummt mal en lütten Striet, denn endig he op düsse Art. (Umarmt seine Frau und küßt sie.)