Polterabend-Burleske mit Gesang.
Personen:
Flock, Farbenreiber.
Flick, Schriftsetzer, Mitglied des Vereins gegen die Vergiftung durch Alkohol.
Buldogg, Gastwirt.
Din, Trommelschläger.
Ort der Handlung: Edinburg.
(Szene: Ein freier Platz, rechts Buldogg's Gasthaus, vor demselben eine Bank.)
1. Szene.
Buldogg. Flock.
Buldogg (aus dem Hanse kommend). Nein, nein, dreimal nein - ich nehme es nicht -
Flock (mit einem Wirtshausschilde hinter ihm herkommend). Dreimal nein ist siebenundzwanzig - aber nehmen müssen Sie
das Schild doch, da Sie es bestellt haben -
Buldogg. Ich bestellte bei Ihnen einen "goldenen Löwen".
Flock. Und ich riet Ihnen, nehmen Sie lieber eine "rote Rose", weil das poetischer klingt, weil das ein gutes Omen ist, daß Ihr Geschäft blühen wird und weil - weil - (für sich) ich weiter Nichts malen kann als Rosen.
Buldogg. Ich sagte Ihnen aber, daß ich meinen Gasthof zum
"Goldenen Löwen" nennen will -
Flock. Das können Sie ja, da - (er zeigt das Schild, man sieht eine
große, rote Rose mit der Unterschrift: "Zum goldenen Löwen".)
Buldogg. Das nennen Sie einen goldenen Löwen?
Flock. Das ist ja eben das Originelle, das Erhabene - der Löwe ist hinter dieser Rose verborgen. Mensch, begreifen Sie diese himmlische Allegorie nicht?! - Der gewaltige Leu, der König der Wüste, der nach den Lagunen wandert, schlummert im Schatten einer zarten Rosenknospe. Hüten Sie sich, ihn zu wecken, denn das soll nach Schiller sehr eklich sein.
Buldogg. Ach was, dummes Zeug, - ich will mich nächstens verheiraten und meiner Zukünftigen einen Löwen mitbringen - die Rose nehm ich nicht -
Flock. Aber mein Frühstück werden Sie mir doch wenigstens noch kreditieren.
Buldogg. Ich schreibe Ihnen Nichts mehr auf -
Flock. Dann will ich mir's so merken.
Buldogg. Is nich! - wenn Sie Hunger haben, können
Sie sich die Rose sauer kochen lassen - (ab in das Haus.)
2. Szene.
Flock, dann Flick.
Flock. Auch noch Spott? - Warte, Barbarenseele - das soll schrecklich gerochen werden. - Aber an dem ganzen Unglück ist nur die "weiße Dame" Schuld, die ich im Opernhause gesehen hatte. Sie kennen doch die Geschichte, wie der Georg im ersten Akt in Schottland ankommt und so ein Hochschotte, ich glaube er heißt Dickson, oder Mendelsohn, oder Löwisohn - singt -
(Singt nach der betreffenden Melodie aus der weißen Dame.)
"Fremd, seid Ihr wohl hier zu Land,
Gastfrei werden wir genannt,
Gern erfüllen wir die Pflicht,
Doch dafür bezahlt man nicht
Nein, nein, bezahlt man nicht."
Wenn das so ist, denke ich mir, willst du auch 'mal dahin reisen - und richtig ich riß. Ich komme hier vor acht Tagen in Edinburg an, kehre bei diesem Buldogg ein, esse und trinke und denke immer an den Löwisohn (singt)"Doch dafür bezahlt man nicht -" bis der Kerl von Wirt heute die Frechheit hat, mir den Kredit zu kündigen. Nu bitt' ich Sie, ist das Gastfreundschaft? - Kann heutzutage noch ein anständiger Mensch ins Theater gehn, wenn man so belogen wird? O Löwisohn, Löwisohn - warum haben Sie mir das getan?! - (sieht nach links) Doch, wer kommt denn da? das Gesicht sollt' ich kennen - richtig, er ist es Flick, mein Busenfreund - (stürzt sich dem auftretenden Flick in die Arme.)
Flick (er hat einen Bündel unter'm Arm). Wär's möglich, Du Flock?
Flock. Wie du siehst - wie kommst Du denn hier her?
Flick Das ist eine sehr lange Geschichte - kannst Du mir nicht acht Groschen pumpen?
Flock (greift in die Tasche). O mit Vergnügen -
Flick (vergnügt). Du bist doch immer ein prächtiger Kerl gewesen -
Flock. Wenn ich sie hätte - (zieht die leere Beinkleidertasche heraus) aber so sieht der Bestand meiner Finanzen aus.
Flick. Also auch Du abgebrannt?! - dann - (mit Pathos) "verwildere zur Hyäne, männliche Gelassenheit" - (sehr ruhig) dann müssen wir Rosabella's Überreste verfrühstücken -
Flock. Wer ist Rosabella?
Flick. Ein himmlisches Wesen, welches Kunst reitet - ich lernte sie kennen, wir schworen uns ewige Liebe - als Renz Berlin verließ, sagte sie mir, ich gehe nach Schottland zurück, sie ist nämlich Schottin, folge mir -
Flock. Und Du warst folgsam?
Flick. Konnte ich anders - unterwegs gestand sie mir, daß sie zwar verheiratet sei, sich aber mit ihrem Manne arrangieren wolle -
Flock. Aha, das mag ein guter Esel von Mann sein -
Flick. Esel? nein - ein Tiger ist er, eine Hyäne, ein Unmensch - denke Dir, er hat seine Frau bald nach ihrer Ankunft für zwanzig Schillinge verkauft -
Flock. Verkauft? - wie hat er denn das angestellt?
Flick. Na, wie sie's hier Alle machen, er hat ihr einen Strick um den Hals gebunden und sie auf den Weibermarkt geführt -
Flock. Also hier zu Lande verkauft man seine Frauen?
Flick. Ein Irländer erstand sie und schleppte sie mit sich fort. Als sie weinend von mir Abschied nahm, ließ sie mir dieses Päckchen
Circus-Kostüme zum Andenken zurück ich bringe es jetzt der Freundschaft zum Opfer, weil Du frühstücken willst.
Flock. Und Du bist überzeugt, daß ich Dich einlade, Du gute Seele. Ich würde Dein Opfer nicht annehmen, aber mein Wirt, der barbarische Buldogg -
Flick. Ein Buldogg?
Flock. Er heißt Buldogg - will nicht nur nichts mehr pumpen, er bezahlt mir nicht einmal die lumpigen zehn Guineen für ein Schild, das ich ihm gemalt habe.
Flick. Du hast ihm ein Schild gemalt und er will es nicht bezahlen - das ist gemein.
Flock. Nicht wahr - und das will heiraten.
Flick (rasch). Der Buldogg will heiraten -?
Flock. Ja, er wartet nur noch, bis sich eine passende Lebensgefährdin findet -
Flick (freudig). Lebensgefährdin?! - Hurrah! - ich hab's - ich hab's -
Flock. Was hast Du denn? - Bist Du verrückt geworden?
Flick. Einen Plan - eine himmlische Idee, die uns Beiden aus der Klemme hilft. Rosabella's Überreste sollen mir dabei behilflich sein. Komm bald zu mir, ich logiere hier nebenan, im roten Ochsen - der Buldogg soll sich wundern (rasch ab).
3. Szene.
Flock allein.
Flock. Was mag er haben - wie es scheint, will er den Buldogg unter die Haube bringen. Na, mir solls recht sein - die Ehe gleichet einer Lotterie und da fällt für meinen Buldogg sicherlich eine Niete ab -
Lied.
(Melodie: "Wenn ich am Fenster steh'.")
Ein Jeder baut so gern
Auf seines Glückes Stern
Und hofft auf's große Los,
Das wäre ganz famos.
Doch leider, leider ist es Essig.
Und greift man noch so fein,
Dabei in's Rad hinein
'S sind viele Nieten - sehr viele Nieten.
So ist's beim Eh'stand auch
Schon lange, lange Brauch,
Man spekuliert und hofft
Und ach, man täuscht sich oft
Viel Stacheln birgt die duft'ge Rose.
Sind Eure Herzen gleich,
Dann gratulir' ich Euch
Zum großen Lose - zum großen Lose (ab).
4. Szene.
Buldogg allein.
Buldogg (aus dem Hause kommend). Das ist eine dumme Geschichte, die dicke Margareth hat mir auch einen Korb gegeben, das ist nun der dreiundzwanzigste in diesem Jahre und wir haben erst Mai. Was soll ich nun machen, ich brauche eine Frau für's Büffet, die mir Gäste anzieht - (man hört Lärm von außen) was ist denn das? (sieht nach links) ah - ein Mann, der eine Frau am Strick führt, very well, ich verstehe, er führt sie auf den Markt, um sie loßzuschlagen. Na, vielleicht läßt sich da ein Geschäftchen machen -
5. Scene.
Buldogg. Flock. Flick. Ein Trommelschläger.
Flick (in Weiberkleidern, Circuskostüm, einen Strick um die Hände, woran ihn Flock führt).
Tambour (schlägt einen Wirbel).
Flock (ausrufend). Wer kauft eine Frau?! - immer ran, meine Herrschaften, sie ist jung und hübsch und schuldenfrei - immer 'ran, immer 'ran - das Ansehn hat Jeder umsonst.
Buldogg. Was seh' ich? Sie sind's Herr Flock und Sie haben eine Frau?
Flock. Sie ist so eben aus Berlin angekommen und da ich Geld brauche, verkloppe ich sie - immer 'ran meine Herrschaften - Tambour, noch einen Wirbel - (es geschieht.)
Buldogg (besieht Flick von allen Seiten). Das Weibchen ist gar nicht so übel - trägt sie eine Krinoline?
Flock. Nicht die Spur - was Sie da sehen, ist sie Alles selbst -
Buldogg. Alles selbst - was soll sie kosten?
Flock. Das Äußerste ist zehn Guineen -
Buldogg. Das ist viel Geld - aber sie gefällt mir - hier - (gibt ihm Geld).
Flock. Merci - wünsche wohl zu bekommen.
Buldogg (Flick den Arm bietend). Na, komm mein Täubchen, gib mir einen Kuß -
Flick (mit rauher Stimme). Ne, lieber nich -
Buldogg. Was bedeutet das - diese Stimme -
Flick (reißt Haube und Perücke ab). Das bedeutet, daß ich nicht die Ehre habe, zum schwachen Geschlecht zu gehören -
Buldogg. Ich bin also betrogen - meine zehn Guineen -
Flock. Behalte ich als bedungenen Preis für das Schild -
Flick. Und wenn Sie noch Skandal machen, erzählen wir ganz Edinburg eine Geschichte, wie man -
Buldogg. Um Gottes Willen nicht - da werde ich ja zum Gespötte der ganzen Stadt und bekomme am Ende gar keine Frau. Behaltet in Teufels Namen das Geld, ich will das Schild behalten. (Zu Flock) Es war recht schlecht von Ihnen, mich so zu blamieren, vor so vielen Menschen.
Flock. Am Polterabend ist jeder Spaß erlaubt. Hier, lieber Herr Buldogg, ist ein Brautpaar, das morgen sich auf ewig verbindet. An ihm mögen Sie lernen, daß wahre Liebe nicht zu kaufen ist -
Buldogg.
(Tritt bis dicht an den Bühnenrand und spricht zum Brautpaare.)
Ja, heut zum ersten Mal beim Anblick dieses Paares,
Fühl ich, daß in der Lieb' vorhanden sei was Wahres,
Wenn so, wie hier, die Herzen treu sich bleiben,
Wer möchte da sich nicht in's Ehekonto schreiben.
Euch hat das schönste Los der Himmel wohl beschieden,
D'rum läch'le Eurer Eh' die Freude nur, der Frieden,
Euch sprossen Blumen, wie des Lebens Lenz sie beut,
Ein wahrhaft Eheglück in steter Heiterkeit.
Alle Drei (wiederholen zusammen).
Ein wahrhaft Eheglück in steter Heiterkeit.
(Unter Tusch fällt der Vorhang.)