Ein Schäfer und eine Schäferin

Schäfer.

Ein rätselhaftes Bangen
Trieb fort uns von der Flur,
Und folgend seiner Spur,
Sind wir hierher gegangen.

Verlegen wir nun stehen
Hier unter Fremden jetzt.
Was uns ins Auge blitzt,
Hat es noch nie gesehen.

Schäferin.

Wär' ich doch heim geblieben!
Komm, Lykas, laß uns gehn!

Schäfer.

Wo steht denn das geschrieben?
Das Pärchen, das wir lieben,
Das müssen wir erst sehn.

Schäferin.

Wer weiß, ob im Gedränge
Heraus ich's finden kann
Und in der bunten Menge
Wag' ich mich nicht heran.

Schäfer.

Das sind nur Zierereien,
D'rum, Phyllis, fasse Mut.
Wir dürfen Keinen scheuen,
Wir meinen es ja gut.

Uns plagt die Neubegier,
Nur Wünsche wollen wir
Dem jungen Paare weihn.

Schäferin.

Wohlan! ich folge Dir!

(Beide nahen sich dem Brautpaar.)

Schäfer.

Ein heit'res Vorfest heute
Euch hier entgegen lacht,
Denn Ihr seid Eheleute,
Sobald nach dieser Nacht
Euch eine still're zweite
Nach frommem Segen winkt,
Und froh an Eurer Seite
Die Fackel Hymen schwingt.

Schäferin.

Nicht nur im stolzen Schimmer
Der Stadt, dem Weltgewühl,
Mehr auf der Flur Euch immer
Die süße Ruh' gefiel:
Zwar Geßner'sche Idyllen
Hat nicht die Wirklichkeit.
Doch viel Natur uns beut,
Zu bannen finst're Grillen,
Den Spleen, die Traurigkeit.

Schäfer.

Jetzt, da Ihr bald im Stillen
An Eurem eignen Herd
Genießet reine Freude,
Hat für Euch, teure Beide,
Die Flur noch höhern Wert.

Schäferin.

D'rum seid Ihr erst verbunden
Durch Segen, Ring und Schwur,
So weiht die Musestunden
Den Wonnen der Natur
Und kommt nach uns'rer Flur.
Ihr seid dazu geladen,
Der Freundschaft Stimme ruft.
Dort in dem Blumenduft
Der Wiesen könnt Ihr baden.
Heilsamer wird's Euch sein
Als all' die Badereien,
Die, wie mir's däucht, allein
So oft die Aerzte preisen,
Um Kranke los zu sein.

(Zur Braut.)

Denn uns're Milch zu speisen,
Die besser selbst als Wein;
D'rum mit dem künft'gen Gatten
Lad' ich Dich bei uns ein.
Und laß von unsern Saaten
Dir ein' als Probe weih'n.

(Sie übergibt ihr einen Napf oder sonst etwas.)

Schäfer.

Kommst Du zu unsern Herden,
Leg' Prunk der Städter ab,
Zum Hirten mußt Du werden,
Mit einem Schäferstab.
Laß einen hier Dir geben,

(Er übergibt ihm einen Schäferstab oder einen Spazierstock.)

Mit Band, rot blau und weiß.

(Zu Beiden.)

Führt ein Idyllenleben
Noch in der Enkel Kreis.


hochzeits text


Müller und Schultze

(Die beiden weltbekannten Persönlichkeiten aus dem Witzblatt "Kladderadatsch." Schulze mit dem Regenschirm und Müller mit dem Stock.)

Schultze.

(Tritt zuerst allein ein.)

Gut'n Abend! Sie werden mir wohl kennen,
Ich habe die Ehre mir Schultze zu nennen.
Ja, mein wertester Freund, der Müller,
Der is zwar allerdings etwas stiller
Als ich; indessen det is einerlei,
Wo't lustig hergeht sind wir gerne dabei.
Drum komm' ick in Eile man hergelofen,
Der Müller muß sich erst 'ne weiße Halsbinde kofen,
Denn wir halten immer uf noble Passion,
Nie ohne dieses - da is er schon.

Müller.

(Tritt gravitätisch ein.)

Ah, serviteur, serviteur meine Damen und Herrn,
Ich globte der Schultze, der wäre noch fern;
Allein wo er was Nasses riecht,
Da lauft er nich lange, sondern er fliegt.

Schultze.

Na Müller, Du sitzt doch ooch nich gern trocken,
Dir kann man zehn Meilen mit'n Gläserklang locken.
"Der Wein und die Liebe" singst Du ja immer;
Un hinter die Beiden is Keiner woll schlimmer.

Müller.

(Sieht sich ängstlich um.)

Nu, hörst Du bald uf mit den faulen Witzen,
Es könnte zufällig meine Frau hier sitzen,
Die wird von die Eifersucht so schon geplagt,
Die läßt ihr keene Ruhe bei Tag und bei Nacht.
Un käm' se hierher und sähe die Braut,
Wie sie so freundlich uf Müllern schaut,
Denn gäb' das gewiß einen schrecklichen Streit
Un ick hätt' meine Ogen die längste Zeit.

Schultze.

(Seufzend.)

Ach, davon hab' ick ooch viel schon gelitten;
Drum liebes Brautpaar, wollt' ick Ihnen bitten,
Zu hüten sich vor dieses Deibelsei!
Die Eifersucht liegt nur im Magen wie Blei.

Müller.

(Zur Braut.)

Wenn's Männecken mal nach 'ne Andre schielt
Oder mit'n fremdes Schürzenband spielt,
Denn müssen Sie nich gleich an Untreue denken,
Oder durch'n Mißtrauens-Votum ihn kränken.
Denn Unsereins denkt sich gewiß nischt dabei -

Schultze.

Gewiß nich; wir sind unsre Frauen stets treu.

(Müller niest.)

Nu sehn Sie, der Müller muß et beniesen;
Kee'n bessern Wahrheitsbeweis als diesen.

Müller.

(Zum Bräutigam.)

Und Sie, Sie zeigen sich ooch als Mann,
In diesen Punkt immer een bisken human.
Eine schöne Frau is wie die Sonne,
Es blickt sie Jeder an mit Wonne,
Und davor lächelt die Sonne wieder,
Auf diese ihre Anblicker nieder.
Es gab noch keine Frau in keinem Jahrhundert,
Die drum gezankt hätt', wenn man sie bewundert.

Schultze.

Am besten werd'n Sie's Leben genießen,
Wenn Sie sich's Eener dem Andern versüßen,
Un wenn Sie das hitzige Blut überwinden,
Sich gegenseitig in'nander finden.

Müller.

(Zum Bräutigam.)

Die Frauens haben manchmal so kleene Mucken,
Da muß sich der Mann denn een bisken ducken.

Schultze.

(Zur Braut.)

Ja, un die Männer fehlt's ooch nich dran,
Doch sehn uns die Frauens man zärtlich an,
Denn wird sich die Laune gleich rosa gestalten,
Un von die Stirne verschwinden die Falten.

Müller.

Warum wir nu eigentlich sind gekommen,
Davon haben Sie noch nischt vernommen.
Nämlich wir gehör'n doch zu die verkehrten
Un weltbekannte Kladderadatsch Gelehrten;
Nu schickt sich's doch nich, daß man so'n heiteres Fest
Ganz ohne Weiteres vorüber gehn läßt,
Da haben wir beide denn, ich un der Schultze
Uns hingesetzt, un jubilo dulce
Einen Ehestandskladderadatsch gemacht,
Der Ihnen morgen wird dargebracht.

Schultze.

Un als besonderes Angedenken
Werd' ich Ihnen meinen Schirm hier schenken.

(Er übergibt ihn dem Brautpaare. Es kann dies ein wirklich neuer Schirm sein, oder ein roter baumwollener, der ein besonderes Geschenk in sich enthält.)

Wenn noch so hoch die Wolken sich türmen,
Denn wird der Humor am Besten Sie schirmen.

Müller.

Ja liebes Paar, wenn man ooch Alles verlör',
Wär gar nischt verloren, behält man Humeur.

(Sie fassen sich beide unter den Arm.)

Schultze.

Nu gehn Sie durch's Leben, so ohne Harm,
Wie Schultze un Müller, stets Arm in Arm;
Das macht selbst die rauhesten Wege eben,

Und - (stockt eine Weile.)

Beide.

Vivat hoch! das Brautpaar soll leben!






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