(Beide in tragischem Kostüm. Er mit langem Mantel, den er malerisch über die Schulter geworfen hat, sie im Ballettanzug.)
Kieselack.
Bon soir! Wir komman von der Reise eben,
Und möchten hier ein kleines Schauspiel geben.
Ich bin der Kieselack, ein Mime von Gewichte,
Und jener Springinsfeld ist meine Nichte.
Sie wissen, daß viel Lorbeern wir errangen;
Doch sind uns die Moneten ausgegangen,
Und wir gastieren jetzt von Haus zu Hause,
Und wo es riecht nach einem Hochzeitsschmause,
Da finden wir uns gleich zum Gastspiel ein.
Nun, Nichte, lege los - was kann da sein?
Nichte.
Es prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet.
So sagte damals Schiller schon.
(Auf das Brautpaar deutend.)
Die Herzen haben sich gefunden,
Und morgen werden sie verbunden;
Das ist der treuen Liebe Lohn.
Kieselack.
Bei Eurer Liebe, Eurer Treue,
Kann nie die Rede sein von Reue;
Nein, nur von Lust Eur' Lebelang.
Wo sich das Starke mit dem Zarten,
Wie hier bei Braut und Bräut'gam paarten,
Da gibt es einen guten Klang.
Nichte.
Womit vergliche man wohl dieses Paar?
Dem Romeo und Julia auf ein Haar.
Auch Werther könnt' es sein und seine Lotte,
Die Beid' ins Netz gegang'n dem Liebesgotte.
Doch ist der Bräutigam viel besser dran,
Als jener hoch beklagenswerte Mann.
Er darf doch seines Lottchens Lieb' genießen
Und braucht sich nicht, wie Werther, tot zu schießen.
Kieselack.
Die Ehe überhaupt, sie ähnelt viel,
Bei Licht besehen, dem Komödienspiel.
Der Mann spielt vor der Trau' den Seufzerheld,
Der Nachts die Sterne und den Mond anbellt!
Jedoch im ersten Jahr der Ehe geht er
Oft über, und spielt jugendliche Väter.
Der Hausfreund spielt die Intrigantenrollen,
Vor dem Sie sich sehr hüten wollen.
Im Lauf der Ehe tritt auch dann und wann
Der liebe Mann wohl auf als Haustyrann.
(Zur Braut.)
Das werden Sie jedoch nie fürchten dürfen,
Ihr Männchen wird nichts tun, als Küsse schlürfen.
Nichte.
Ei ja doch, soll die Rede sein von Küssen,
Wird er die Bettlerrollen üben müssen
So: "Bitte, bitt', ein armer Bettelmann;
Er möchte gern ein Zuckerküßchen ha'n!"
Kieselack.
Auch mancher Mann trägt, ohne daß er's glaubt,
'ne Krone oder ein gekröntes Haupt.
Solch eine Krone ist 'ne schwere Bürde,
Und Sie verzichten wohl auf solche Würde
Nichte.
Ich wüsch', daß Ihre Ehe jederzeit
Ein Lustspiel sei; voll Freud' und Heiterkeit,
In dem Sie unter steter Lust und Scherzen
Die Liebe stets erneu'n in Ihrem Herzen.
Kieselack.
Fern bleibe Ihnen jedes Spiel voll Trauer,
In dem uns allemal ein kalter Schauer
Beläuft, und Ächzen, Schluchzen, Tränen, Jammern
Verfolget uns bis in die Eh'standskammern.
Nichte.
Sie teilen's in ein Lustspiel in drei Akten;
Erst unterzeichnen Sie die Ehepakten,
Im zweiten spielt die Braut im Silberkranze,
Der letzte endlich strahlt im goldnen Glanze.
Kieselack.
Sie mögen immer fleißig memorieren;
Denn lassen Männer oder Frauen sich soufflieren,
Das heißt, zu deutsch, sich voll die Ohren flüstern
Von Onkel, Basen, Neffen und Geschwistern,
So gibt das oftmals Unglück in der Ehe,
Aus'm Lustspiel wird ein Trauerspiel voll Wehe.
Nichte.
Jetzt wollen wir uns bestens hier empfehlen,
Und Sie mit unserm Spiel nicht länger quälen.
Kieselack.
Doch übers Jahr, da sehen wir uns wieder,
Und bringen eine Anzahl Kinderlieder.
Nichte.
Dazu, als Requisiten ein'ge Wiegen!
Der Vorhang fällt. Wir wünschen viel Vergnügen!