Die Genien der Häuslichkeit
Der Friede
(Von einem jungen Manne in weißem, langwallendem Gewand und einem Ölzweig in der Hand darzustellen.)
Wenn aus der Kindheit Blumentagen
Die Jungfrau in das Leben tritt,
Begleitet Schüchternheit und Zagen
Den ersten ungewissen Schritt.
Doch ist ein Genius ihr beschieden,
Der bald den jungen Mut erhebt:
Es ist der starke Himmelsfrieden,
Der in dem stillen Herzen lebt.
Und was sich regt in dem Gewühle,
Sei's Kummer oder bunte Lust,
Ein Gott beherrschet die Gefühle
Und wahrt den Frieden in der Brust.
Die Treue
(Von einer jungen Dame in blauem Gewand mit weißen Rosen, wenn sie dunkel, und mit Kornblumen, wenn sie blond ist, im Haar zu repräsentieren.)
Doch wie der junge Lenz die Triebe
Zu hellen Blüten angefacht,
Naht sich die Göttertochter Liebe
Aurora leuchtend durch die Nacht.
Nun scheint des Friedens Reich geendet
Und Sorge ziehet in das Herz,
Der Frühling, welcher Blumen spendet,
Bedroht auch mit der Stürme Schmerz.
Allein der Frühling kehrt auf's Neue
In's wildbewegte Herz zurück,
Und in dem ew'gen Schutz der Treue
Verklärt die Liebe sich zum Glück.
Der Treue drohet Schmerz vergebens,
Ein Engel führt sie durch die Zeit,
Ein Engel, der die Glut des Lebens
Verbindet mit der Ewigkeit.
Die Milde
(Von einer Dame in einem rosa Gewand, mit weißer Tunika zu geben.)
Und wenn der Treue Bund die Seelen
Zum sel'gen Glücke hat vereint,
Darf auch der Milde Glanz nicht fehlen,
Der freundlich durch die Tage scheint.
Es ist das Glück, des Himmels Gabe,
Die manches Leben nie gewann,
Und nur durch Milde bis zum Grabe
Erkennen wir die Gabe an.
Es tröste holder Milde Strahlen
Die Seelen, die von Leid umdrängt,
Dem bleichen Kummer muß man zahlen,
Was man durch Himmelsgunst empfängt.
Der Fleiß
(Von einem Manne in idealer Handwerkstracht zu verkörpern.)
Von Paradiesesglück umwunden,
Das Liebe in die Herzen trägt,
Ist irdischer Bedarf verschwunden,
Der rings umher die Welt bewegt.
Doch es vergehen Tag' und Nächte
Und folgend ewigem Geheiß,
Begehrt das Leben seine Rechte
- Der Schutz des Lebens ist der Fleiß. -
Der Mann muß wirken statt zu träumen,
Muß nützen die entfliehn'de Zeit,
Und in des Hauses heitern Räumen
Schafft der Geliebten Emsigkeit.
Die Sparsamkeit
(Möchte am Besten von einer älteren Frau in Gestalt eines graugekleideten Mütterchen zu vergegenwärtigen sein.)
Und daß der Reichtum sich vermehre,
Herrscht Sparsamkeit mit klugem Sinn;
Der Hausfrau Kunst sucht ihre Ehre
Im wiederkehrenden Gewinn.
Es sind nur kleine, leichte Gaben,
Von der Entsagung Kraft Geschenkt,
Doch folgerecht vereinigt, haben
Sie oft schon das Geschick gelenkt.
Solch' Streben mehrt die Lebensfreuden
Und ziert des Hauses kleine Welt;
Nie darf die Liebe rasch vergeuden,
Was ihre Zukunft sicher stellt.
Die Gastlichkeit
(Wird am Füglichsten durch ein beiter erscheinendes weibliches Wesen versinnbildlicht, welches in sanfte Farben gekleidet ist und an ein Hausmütterchen erinnert.)
Es naht der Freude Schar dem Bunde
Denn es ertönet nah und fern
Von seinem heitern Glück die Kunde -
Wer nahet sich dem Glück nicht gern! -
Und lieblich schmücken sich die Hallen,
Dem freudigen Genuß geweiht,
Und die durch ihre Pforten wallen
Begrüßet offen Gastlichkeit.
Sie ist die echte, deutsche Tugend
Und wird geübt in unsern Gau'n,
Wo alter Sitten frische Jugend
Noch hält und wecket das Vertrau'n.
Die Frömmigkeit
(Möchte am Füglichsten durch die bekannte Figur der Kirchgängerin zu repräsentieren sein.)
Wie Blumendüfte aufwärts dringen
Und wie Gesang steigt himmelwärts,
So auf Gebetes Engelsschwingen,
Erhebet sich ein frommes Herz.
Durch aller Erden Not und Wirren
Dringt hell und klar ein heilger Ton,
Und läßt nicht zweifeln, läßt nicht irren,
Und leitet hin zu Gottes Thron.
Denn in der Frömmigkeit Geleite
Wird nimmermehr die Seele krank,
Sie bringt, nie mit sich selbst im Streite,
Für reines Glück den reinen Dank;
Sie hat in sichern, ew'gen Worten
Des Lebens freudig festgestellt:
Daß, trotz der dunklen Grabespforten
Der Hauch des Ew'gen uns umschwellt.
Das Glück
(Am Besten von einem Kind in Gestalt eines Genius vorgestellt.)
Wo Glaube weilet im Gemüte,
Wo Treue ob der Liebe wacht,
Wo Treue ob der Milde Blüte
Entflieht in wesenlose Nacht,
Wo Fleiß und Sparsamkeit verbunden
Nicht weisen Gastlichkeit zurück,
Wo Frömmigkeit verklärt die Stunden,
- Da herrscht das echte, wahre Glück.
Dies Glück und seine Blütenfülle,
O schafft es Euch, o haltet's fest;
Dann ist die Welt Euch nur die Hülle,
Durch die sich Gott erschauen läßt.
Die Genien alle, die es bieten,
Sie stellten sich Euch segnend dar:
Was sie empfahlen, was sie rieten,
Im Leben üb's, Du edles Paar!
