Eine alte Kinderfrau

Ach Götting! Nee Wo lang' is't hea?
Dunn was sei noch en lüttes Jöah,
Un nu, nu is't 'ne grote Bruut!
Un ach, wo schmucking süht sei ut!
Wo is dat doch woll mäglich? Neeking!
Dat har ick doch mendag nich dacht!
Wo süht sei schmucking ut? Herr Jeking!
Wat is sei nüdlich doch getacht! -
Ick hew Di up den Arm 'rüm dragen,
Du olles, leiwes, säutes Jöah,
Bet mi tauletzt dei Schullern möah,
Un sich mien Puckel krumm hett bagen;
Dunn nehm 'ck Di von den Arm heraf
Un leet Di in dei Stuw 'rümkrawweln;
Un wenn Du Di mal dehrst besawweln,
Denn putzt ick Di Dien Näsing af;
Denn hew 'ck Di in den Wagen führt,
Un nahsten hew 'ck Di loopen liehrt:
"Ganz leining, leining, ganz alleining
Up Diene leiwen, flinken Beining",
Bet Du so fixing loopen liehrst
As wenn Du 'n lütten Kiewitt wierst
Un as Du man ierst loopen künst,
Dunn liehrt ick Di dei schönsten Künst:
"Wo gröting büst Du?" "Kaukenbacken"
Un "Soltveköpen", "Hukepacken",
Un endlich liehrt ick Di dat Schnacken.
Dat duurte denn ok goa nich lang',
Dunn künnst Du nüdlich plattdütsch rehren;
Doch dunn kehm Dien Mama mit mang,
Dei hett dat Plattdütsch sich verbeeren,
Un as dei ierst doamang is kamen,
Herr Gott, wat kohltst Du dunn tausamen!
Dat Di kein Minsch vestahen künn.
Bet ick 't för gaut inseihen dehr,
Un mi ok up dat Hochdütsch lähr.
Un was Du davon hast geliehrt,
Das kommt von mich,
Das lernt ich Dich,
Das hast von mich Du profentiert.
Das sollt' nu aber doch nich gellen,
Un die Mama füng wieder an zu schellen,
Daß Allens, was ich tät un sähr,
Kein richtig Hochdütsch wesen dehr.
Sie ließ 'ne Guwernantin kommen,
Un die hat Dich denn fürgenommen.
Das aber kann ich nu nich wissen.
Was Du da All hast lernen müssen,
Un was Du profentiert bei sie.
Denn ich kam bei das Haunervieh.
Na, dat is vähle Johren hea,
Mi äwe is't, as wier dat hüt.
Wenn wi ierst olt, kümmt 't uns so vöa,
Un rasch vergeht uns denn dei Tiedt.
Ein Joah is goa tau bald vebi! -
Na, gistern kehm denn uns' Zaphie,
Wat nu uns' Stubenmäten is,
Dei sähr tau uns för ganz gewiß,
Dat hüt süll Pulterabend sin,
Un morgen süll dat Kinting friegen.
Ach Göttin, nee! Wo würr mi dunn tau Sinn!
Dei Tranen dehren in dei Oogen stiegen.
Dat Kind sall friegen! Jere bringt
Di taum Geschenk ein Angedenken,
Dei Ein, dei danzt, dei Anne singt,
Un wat hew ick woll Di tau schenken?
Gott un Dien Öllern utgenamen,
Bün ick Di doch dei Alleneegst;
Un wenn Du ok dat Schönste kreegst
Von all dei fienen Herrn und Damen,
Ehr Gaaw dei wir nich half so groot,
As mien - as dit - dit leiwe Brot.

(Sie enthüllt ein noch warmes Brot.)

(Zu den Umstehenden.)

Oh, lach Ji nich! Mien Brot is bete,
As all Jug Sülwe, all Jug Gold;
Oh lach Ji nich! Mien Gaaw is gröte;
Mien Brot is warm, Jug Gold is kolt.
Un weit Ji, wat an't Brot all hackt?
Vähl Tranen sünd doarinnen backt,
Vähl Tranen, dei dei Armut rohrt,
Dei sünd in dit leiw Brot vewohrt.
Vähl Arbeit un vähl suuren Schweit
In dit leiw Brot sich bargen deiht.
Un weit Ji denn wat Arbeit heit?
Ja Arbeit, Armut, Sorg' und Not,
Dei sünd vebackt in dit leiw Brot!
Dat Brot is heilig! seggt dei heil'ge Schrift,
Un wenn 'ne olle Fru, ehr letztes gift,
Denn gift sei't Hart mit weg, ehr ganzes Leben;
Un so vähl hett von Jug nich Eine geben;

(Zur Braut.)

Un Di, mien Kind, will ick nu noch wat seggen,
Wenn ick dat Brot in Diene Hand dauh leggen,

(Sie überreicht das Brot.)

Denn denk doaran, dat dat 'ne schlimme Tied,
Un Keine weiht, wat noch geschüht;
Dat an Dien Döah so männigeine steiht,
Dat Männig friert und Männig hungern deiht;
Dat Du möst Recknung leggen morr'n
Von dat, wat Di hüt geben worr'n.

Un nu lew' woll, mien säutes Kind!
Dien Glück wes' warm as Sommewind,
Dien Hart bliew' jung, as Vagelsang,
Un duurt Dien Leben noch so lang,

So still un ruhig, as dei Mahn,
So as dei Stiern an'n Heben gahn,
So as dei Wolk' bi Sommetiedt,
So as dei Sommemetten tüht.

So as dörch Gras un Blumen bunt
Dei Bäk sich schmiegt dörch gräunen Grund,
So rein un frisch un hell un kloa,
So fleit Dien Leben Joah för Joah.

Lew' woll! Lew' woll; Ick bün tau En'n.
Uns' Herr Gott legg' up Die sien Hän'n,
Hei holl' Di fiern von alle Not
Un gew' Di stets Dien däglich Brot.


Hochzeitsverse


Eine Kaffeeschwester

(Im altmodischen Kostüm mit Haubenmütze.)

Gott grüß' Dich, liebe Braut, Herrn Bräut'gam auch daneben!
Ich komm' wohl etwas spät, doch werdet Ihr vergeben,
Bei der Frau N. N. (passender Name) mußt' ich so lang' verweilen,
Sie hatte mir gar sehr Verschiednes mitzuteilen.
Doch nun zur Sache schnell, ich muß vor allen Dingen
Dir, liebes Herzenspaar, den besten Glückwunsch bringen;
Ach, wüßtest Du, wie warm mein Inn'res für Dich denkt,
Der Kaffeetrommel gleich, die in der Flamme hängt
Ihr Glück tut mir so wohl, ja ich verhehl es nicht,
So wohl, als wenn man frisch gebrannten Kaffee riecht,
Ihr Unfall würde mich so fürchterlich erfassen,
Als wenn man mir zerschlüg' all meine Kaffeetassen.
Ich freue mich schon drauf, Dich bald im Kreis der Frauen,
Du liebe, schöne Braut! am Kaffeetisch zu schauen.
Noch kennst Du freilich nicht die hohe Himmelslust,
Und bist des wahren Glücks der Frau Dir nicht bewußt;
So bald der weiße Krug sich auf's Tablettchen stellt,
Vergißt die brave Frau die Qual der ganzen Welt,
Und alle Grillen bald zerfließen sanft und mild,
Wenn hoch zur Decke auf des Kaffees Duft erquillt,
Und wie der Zucker schnell im Göttertrank verschwunden,
So schwindet spurlos auch in jenen selgen Stunden
Beim Kaffeekränzchen, das die liebe Freundin gibt,
Was uns die Brust beengt, was unser Herz betrübt.
Du wirst, als eine Frau von löblich feinen Sitten,
Gewiß allwöchentlich einmal zum Kaffee bitten;
Drum nimm im Voraus hier aus dankbarem Gefühle
Den Urquell alles Heils, nimm diese Kaffeemühle.



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