(Elegant gekleidet, trägt eine Brille, ein spanisches Rohr mit elfenbeinernem Knopfe, und ein Etui mit der Aufschrift: "Homöopathische Apotheke.")
Kaum angelangt von Leipzigs Musensitze,
Als dieses Ortes jüngster Aesculap,
Vertrauend nur dem bisschen Mutterwitze
Und was Natur an Fähigkeit mir gab -
So wag' ich es, bei Ihnen einzudringen,
Geehrtes Paar, und kühn um ihre Gunst
Für mich und meine Wissenschaft zu ringen;
Kurz ist das Leben, aber lang die Kunst!
Man ist in unsern Tagen, wie Sie wissen,
Wie überall, auch in der Medizin
Der Neuerungen mehr als je beflissen:
Von Petersburg, bis nach Berlin und Wien,
Sind leider unsre heut'gen Hippokraten
Durch Sektengeist, Parteienwut und Mode,
In Feindschaft, Hader, Zank und Streit geraten,
Und stimmen einzig darin überein,
Daß um so sich'rer sämtlich sie dem Tode
Die ihnen zugefall'nen Opfer weihn. -
Vor Allen sind es zwei bekannte Namen:
"Allopathie" und "Homöopathie,"
Die säen überall der Zwietracht Samen,
Und ihre Jünger einigen sich nie;
Denn schroff geschieden sind die Fundamente,
Auf denen dieser Lehren Pfeiler stehn,
Und ewig fremd die Lebenselemente
Der zwiegespalt'nen Schüler des Galen.
"Allopathie", um kurz es auszusprechen,
Sie ist die Kunst, jedweder Krankheit Macht
Durch ihr gerades Gegenteil zu brechen:
Und so ist es von Alters hergebracht,
Weil die Natur zunächst den Menschen lehrt,
Daß Gegensätze sich einander heben;
Wie wir es täglich selber denn erleben:
Durch Hitze weicht der Frost, und umgekehrt.
Die "Homöopathie" dagegen tut
Das gleiche Übel immer zu dem gleichen,
Die Kälte zu der Kälte, Glut zur Glut,
Und auch für sie gibt's altbewährte Zeichen;
Denn längst schon hüllt, wie Jeder von uns weiß,
Man die Erfror'nen ja in Schnee und Eis,
Um Wärme und Belebung zu erreichen.
Das Wahre nun, was hier und dort wir finden,
Zu einem einig Wahren zu verbinden,
Der goldnen Mitte goldenen Gewinn
Verschmäh'n Einseitigkeit und Eigensinn.
So ist das Publikum denn schlecht beraten:
"Entweder, oder!" heißt es, - "Ihr müßt wählen,
"Ob ihr des Homöo-, des Allopathen
"Gleich blinder Glaubenswut Euch wollt befehlen."
Den tief empfund'nen Übelstand zu meiden,
Trieb ich eklektisch meine Studia,
Und prägte mir die Quintessenz von beiden
Systemen in den Kopf, und bin nun da,
Die erste Probe Ihnen abzulegen
In einem kleinen Eh'stands-Recipe;
Es sich're Ihrer Zukunft Heil und Segen,
Und bringe meiner Praxis Renommée!
Die Heilkunst ist der Ehe unentbehrlich,
Denn Frau und Mann sind Arzt und Patient;
Doch wird die Kur gefährlich und beschwerlich,
Und trotzt selbst dem Pantoffelregiment,
Wenn jene nicht mit Klugheit sonder Weilen
Die Mittel wählt, die schnell und sicher heilen.
Will sie streng allopathisch nur verfahren,
Das stete Widerspiel vom Manne sein,
Mag Gottes gnäd'ge Hand das Haus bewahren,
Sonst stellt sich eine böse Krisis ein!
Doch auch homöopathisch darf nicht immer
Die Kurmethode sein, damit nicht gar
Manch Übel, anstatt besser, werde schlimmer; -
Ich mache Beides durch Exempel klar.
Gesetzt: der Mann beginnt einmal zu grollen,
Geplagt, wie man zu sagen pflegt, von Mücken,
Da darf sie nicht homöopathisch schmollen,
Und bieten Trotz mit Ränken und mit Tücken.
Nein! allopathisch nur ist hier zu heilen:
Durch Freundlichkeit, Nachgiebigkeit, und Güte
Muß sie des Ungewitters Wolken teilen,
Damit sie Blitz und Donnerschlag verhüte.
Doch, leidet er an Wallung im Geblüte,
Die Pulse fliegen, seine Lippen brennen,
Kurz, - um nicht mehr Symptome noch zu nennen, -
Das heiße Fieber, das Sie Beide kennen,
Verzehret ihn mit lichterlohen Flammen, -
Da ist homöopathisch nur zu siegen;
Denn, wenn sich Lippen fest an Lippen schmiegen,
Und beide Herzen klopfen laut zusammen,
Wenn, Aug' in Aug', die Hände sanft sich drücken,
Dann wandelt sich dies Leiden in Entzücken!
Und wieder, - wie's die Männer leider treiben, -
Verbringt er außer Hause Geld und Zeit,
Da muß das Weibchen Allopathin bleiben,
Und halten um so mehr auf Häuslichkeit.
Dem Leichtsinn muß sie Ernst entgegenstellen,
So wie der Schwermut einen leichten Sinn,
Dann wird sie seine düstre Stirn erhellen,
Dann fesselt sie den lockern Flattersinn.
Doch, beugen seine Seele tiefe Schmerzen,
Dann handle als Homöopathin sie:
Was ihn betrübt, das geh' auch ihr zu Herzen,
Das ist so Homöo-, als Sympathie
Und so ermesse die Frau Doktorin
Die Indikationen und Prognose
In jedem Fall mit feinem Weibersinn;
Dann wird sie, selber eine Makellose,
Auch den Gemahl von Übeln leicht befrein,
Und Ihre Ehe dauernd glücklich sein!
Zum Schlusse nehmen, um der Vorsicht willen,
Sie diese Taschenapotheke hier,
Gefüllt mit echt - homöopath'schen Pillen,
Als Angedenken freundlich an von mir!
(Überreicht das Etui.)
(In kurzer Jacke, mit einem roten Halstuch, einer grünen Schürze.)
(Mit einem gläsernen Bierkrug.)
(Schiebt seinen Karren mit Glaswaren in das Zimmer und ruft:)
Köpt Gläs' un Buddeln!
(Er setzt den Karren nieder und schaut sich verwundert um.)
Zapperlot!
Hier gift't Gesellschaft. - Dat is goot!
Hier koam ick just to rechter Tiet;
Gewiß is Pulterabend hüt.
Un, wo en Pulterabend is,
Doa moak ick mienen Schnitt gewiß;
Denn bie so'n Pultern un Juchhei,
Doa föllt ohk woll en Glas entwei.
(Zum Brautpaar, mit einem linkischen Kratzfuß.)
Gott grüß Ju, Brodgam, Jumfer Brut! -
Jie seiht so söt un fründlich ut,
Dat mie bienah dat Hart up geiht,
Un schier dat Muul vull Water steiht.
Bie Old un Jung bün ick bekannt;
Ick treck jo ummer dörch dat Land
Hennup, hennaf, de Krüz un Quer,
Mit Bier- un Schnappsgläs' hen un her.
Vör Tieden ging'n de Biergläs' goot,
Doa läwt' man nich up'n grooten Foot;
Man sööp väl Bier, un dat was stark,
Set't in de Knaken Murr un Mark.
Nu äwerst läwt man hoch un fien,
Süppt Rotspohn un Schampanjer-Wien;
Dat Bier is dünn un goar nicks nütt,
Un süht ost ut as Klüter-Grütt.
Sülwst Branntwien mag kein Minsch mehr giern
Sied man den ollen blagen Twiern,
Hätt ut Kartüffeln bruugen liehrt;
Dat Tüg is nich den Düwel wiert! -
Un, kieckt de nieen Gläs' moal an!
Woväl so'n Quark wol faten kann? -
So'n Wienglas is itzund man knapp
So groot, as sünst en Vagelnapp.
Doa morgen is Ju Ihrendag,
So bring ick Ju to dat Gelag,
As Quasig-Pulterabendgast,
Een Huusrat mit, de vör Ju paßt.
De Leew', de moakt den Minschen heet,
Set't äm von Kopp to Foot in Schweet,
Arg ward de Dörst, groot ward de Lung,
Spröd ward dat Muul, un drög de Tung.
(Zieht einen großen gläsernen Bierkrug aus seiner Glaskiste hervor, und überreicht ihn dem Bräutigam.)
Damit Jie nu den Dörst ward't los,
Bring ick Ju hier en düchtig Kroos,
Dat holl't man ümmer Ju to'r Hand
Vull brösig Bier in'n Ehestand.
Wenn ohk dat Schnütern noch so söt
Un höglich is vör dat Gemöt,
Löscht doch den Dörst dat Schnütern nich,
De Brand blift ümmer innerlich.
I nu! So 'n Küßken is keen Hund!
Doch ward bie't Küssen drög de Mund,
Drum holl't Ju flietig an dat Fatt,
Un moakt Ju oft dat Mülken natt.
Un nu, Adjü's jie schmuckes Paar!
Ick hew Ju goar to leef förwahr.
Denkt an den Glasmann, de itzt tru
Un ihrlich röppt: Gott seg'n Ju!