Pilgerin.
Vergönne, holdes Paar, das an der Pforte
Des neuen Tages stillerwartend stehet,
Daß ich, - belehrt durch mancherlei Erfahrung,
Ein Wort der Weisheit liebend Dir verkünde!
Lang irrte ich umher in fremden Landen,
Und spähte, wo des Glückes Frucht gedeihe,
Und welcher Götter Huld die zarte Saat
Entwickle, hüte, und mit Segen kröne;
Da wurde mir einst an geweihter Stelle
Das Auge aufgetan; ich sah vor mir
Drei Genien, die liebend sich umarmten,
Und eine Stimme flüsterte mir zu:
Dies sind die Schöpfer jedes stillen Glücks.
Seitdem erblick ich dieses holde Bild
An jedem Ort, wo stille Tugend wohnet;
Und irr' ich nicht, so deuten Eure Sterne
Auch auf die Nähe dieser Himmelsboten;
Schon hör' ich ihren frommen Gruß ertönen;
Sie nahn, sie nahn! O nehmt sie freundlich auf.
(Nachdem eine sanfte Musik die Szene eingeleitet, erscheinen Hand in Hand Glaube, Liebe, Hoffnung.)
Der Glaube.
(Einen Kelch tragend.)
Ich grüße Euch mit meiner Friedensstimme
In Eurer Liebe stillem Heimatland!
Ich bin der Engel, der in Freud' und Schmerzen
Den Sterblichen erhebt zum Vaterherzen
An ewig-fester, starker Liebe Band
Das Leben, selbst das glücklichste auf Erden,
Bedingt zum Kampf oft feste Heldenkraft;
Drum reich' ich Euch im schimmernden Pokale
Den Himmelstrank zum ird'schen Freudenmahle,
Der ewig-frisches Leben in Euch schafft.
Die Hoffnung.
(Einen Anker mit Rosen umwunden tragend.)
Kennt Ihr mich nicht? - Ich zeigte aus der Ferne
Euch oft der Knospen zarte Frühlingspracht,
Aus deren Kelch, zum wonnigen Entzücken,
Der reiche Lenz mit seinen Strahlenblicken
So segensreich, so selig ist erwacht.
Jetzt bring ich Euch die aufgeblühten Rosen;
Die Hoffnung hält dem frommen Glauben Wort.
Und was die Ahnung flüsternd Euch verkündet,
Es ist auf dieses heil'ge Wort gegründet,
Und wird sich treu bewähren fort und fort.
Die Liebe.
(Einen goldenen Ring überreichend.)
Ich walte in der Schöpfung weiten Kreisen,
Ein stiller Geist, vom Vater ausgesandt; -
Der Bote bin ich seiner ew'gen Liebe,
Des Menschenherzens mächtiges Getriebe,
Und auch das Weltall ruht in meiner Hand.
Der Ewigkeit bedeutungsvolles Zeichen
Reich ich in diesem goldnen Reif Euch dar.
Er wird hienieden innig Euch vereinen,
Und wenn des Morgens Strahlen scheinen,
Euch winken zu der Gottheit Hochaltar.
mit Fackeln oder buntfarbigen Lampen erscheint, sogleich einen
Fackeltanz tanzend. - Danach bringen sie dem Brautpaar Salz und Brot in den Hausstand.
Es müssen mindestens vier Paare sein. Je mehr desto besser.
Anzug der Männer: Eng anliegende (schwarze) Ober-und Unterkleider. Die schwarzen Pantalons (Hosen) endigen in hohen Gamaschen, die vom Knie herab, an der Seite mit einer dichten Reihe silberner Knöpfe besetzt sind. Das Oberkleid entweder bis ans Kinn herauf zu, und auf der Mitte von oben herab bis zur Taille ebenfalls mit einer ganz dichten Reihe silberner Knöpfe zugehalten; - oder: soll das Oberkleid offen sein, dann muß darunter eine himmelblaue oder feuerrote Weste hoch bis an den Hals mit silbernen Knöpfen zugehalten, getragen werden. Über der Schulter ein kleines leichtes Mäntelchen, von der Farbe des Anzugs und dazu ein dreieckiger Hut, mit Silber besetzt. -
Ein Modell oder Zeichnung ist aus Halle leicht zu haben.
Die Damen: Den Herrn entsprechend, mit kurzen Röcken und Miedern, welche letztere entweder die rote oder himmelblaue Farbe der Westen ihrer Tänzer haben müssen.
Nach dem Tanz (oder vielleicht auch vorher, wenn man es lieber will) treten zwei Paare zum Brautpaare heran. Die Hallorinnen tragen auf einer Schale Salz und Brot.
Erster Hallore.
(Zum Brautpaar.)
Aus Halle an der Saale,
Dort an der Felsen Fuß,
Da sind wir hergewandert
Zu bieten unsern Gruß.
Denn wo ein Fest, ein großes, -
Ein Krönungsfest es gibt,
Da sind selbst unsre Gaben
Von Königen geliebt. -
(Zur Braut.)
Und weil die Myrtenkrone
Das Haupt Dir morgen schmückt,
So sind wir hergezogen -
Weil es auch uns beglückt.
Gott geb' Euch Heil und Segen,
So lang' das Herz Euch schlägt,
So lang' in Eurer Seele
Sich edles Denken regt!
Erste Hallorin.
(Mit dem Salz.)
Das Salz ist die Würze der Speisen,
Die Liebe die Würze fürs Haus,
Wird diese getreulich gepfleget,
Geht Freude und Glück niemals aus.
Im Schlosse, im Haus, in der Hütte,
Muß Salz in dem Haushalte sein;
Auch Liebe, sie darf niemals fehlen,
Soll Alles zur Freude gedeihn.
Bei uns im lieblichen Tale,
Auch anderwärts legt man's so aus:
Soll glücklich es gehn in der Ehe,
Muß Salz erst und Brot in das Haus.
Ich bringe das Salz Euch mit Freude,
Bewahret es treu wie die Lieb' -
Seid glücklich! - bleibt gut Euch nun Beide,
Dann wird Euch der Himmel nicht trüb'. -
Zweiter Hallore.
Der Landmann streuet seinen Samen
Vertrauend in der Erde Schooß,
Bald sprießt er auf beim Kuß der Sonne,
Wirft Blätter, Halme und wird groß.
Schön ist es, wenn das Kornfeld woget,
Und hoch die goldne Aehre schwankt;
Auch schön ist's, wenn man heim sie holet
Und Gott für seinen Segen dankt.
Die Garbe geht durch fleiß'ge Hände;
Die Mühle schafft das weiße Mehl,
Dann kommt der Bäcker, schafft die Brote,
Daß niemals es an Nahrung fehl'.
Mögt Ihr's mit Freude stets genießen,
Und auch mit Dank zu unserm Gott,
Daß Er Euch ließ die Saat ersprießen,
Die Euch bis jetzt den Segen bot.
Hallorin.
(Gibt das Brot.)
Ja nur als Sinnbild soll Euch dienen,
Was unsre Hand Euch liebend bringt,
Der Freude Saat mög' stets Euch grünen,
Auf daß Euch jeder Wunsch gelingt.
Damit Ihr einst auch goldne Aehren
Euch sammelt ein zum Brot ins Haus.
Gott möge diesen Wunsch erhören! -
Ihr seine Liebe sehn daraus.
Und nun lebt wohl, wir müssen wieder
Nach unserm Halle heimwärts ziehn. -
Gott sende seine Engel nieder,
Laß tausend Freuden Euch erblühn.
(Drei Genien.)
I. Glôw
Glôw is ne wisse Tauvésicht
Wat man hofft un nich süt.
De em het, äwétügt sich licht,
Em nich in Twiwel tüt.
Den rein vénüftgen Globen holl
Denn het't uck keine Nôd.
Deist du dat man, denn deist du woll,
Denn is din Glôw nich dôd.
Di bring ick nu den Globen,
Den echten wi'ck di wisen;
Den blinden un den doben,
Den sall mi keiné prisen.
Nich Globensdwang wi'ck di upleggen,
Un wierst noch globensfri;
Up Tru un Globen, doch wi'ck seggen,
Drupp holl, un blif dorbi!
Dat wat di kein kann roben:
Up gaud Gewissen holl
Un'n ungefarwten Globen!
Deist bû't, so deist du woll. (1. Tim. 1, 5.)
Din Glôw, so steit jå schräben
Dat dei di hulpen het,
Dat Gott, dei in'n Häben
Di nümmé miér vélett.
Nu dråg dîn Krütz mit Freuden
As Globensteiken fri,
Erlösen sall't, behäuden
Von allen Äwel di.
II. Leiw.
De Leiw, dei låt man kåmen,
De deit ja Keinen wei,
Dei schlütt in einen Råmen
Ståds Einen ümme twei.
Sei mag nich lang'n sinnen,
Veeint sich so geschwinn;
Sei's, wo sei uck to finnen:
Twei Seelen un ein Sinn.
Hest du dei Leiw vénåmen
Un wat sei is, véstån?
Leiw is Entgegenkåmen
Un Mitenannégån.
De Leiw, de is en Sträben,
Un wo sei uck för läwt,
Un as sei uck wad dräben,
Rå den Véein sei sträwt.
De Leiw is Wollgefallen,
Denn wat man leiwt geföllt,
Un'n Vörtoch het't vör Allen
Dat leibend Einé höllt.
De Leiw, de is wollwillen,
So tru un gaut sei't meint,
Un schafft för sich in Stillen,
So dat sei Annern deint.
Dî'st seggt - du kannst sülfst präuben,
Wîl dat för jeden paßt: -
Gottswurthollen un Leiwäuben,
Demäurig wäsen sast. (Mich. 6, 8.)
De Haß, de bringt Vétüren,
Leiw deckt de Sünden tau; -
Söcht allen Strîd to stüren
Un bringt 'n Strîd tôv Rau. (Spr. 10, 12. 1. Petr. 4, 8.)
Kümmt uck den Äweltäté,
De Äwéflott to pass:
Kost-Krud mit Leiw is bäté,
Denn ein mäst't Oss mit Haß. (Spr. 15, 17.)
De recht wäl weiten willen,
Upblåsen's sich dormit.
Leiw wâd sich nicks inbillen,
Sei bätert äwerdit. (1. Korinth. 8, 1.)
De Leiw de is so fründlich,
Sei iwert nich en Mål,
Sei deit uck nich wat sündlich,
Un wisst sich nich perdal. (1. Korinth. 13, 4.)
Flücht Jugendlüst - mit Bäden -
Gerechtigkeit jåg nå,
Mit Glôw un Leiw un Fräden
Dat Gaur entgegengå!
Wer leif nich het, nich Einen,
Dei kennt Gott nich - dat sei 'w...,
Dat dei't nich gaud kann meinen:
Denn Gott is jå de Leiw. (1. Joh. 4, 8.)
Sô'w leiben, as wi schüllig,
So blift Gott in uns nu,
Un sine Leiw is vüllig
In uns ån Furcht un Schu. (1. Joh. 4, 12.)
Denn Gott het uns nich gäben
Den Geist, dei Furcht uns bringt;
Doch den, de Kraft un Lëben
Un Leiw un Tucht bedingt. (2. Tim. 1, 7.)
Du sast - låt dî's vebreiben -
De Hauptsumm von Gebot:
Von reinen Harten leiben
Un dat bet in'n Dôd. (1. Tim. 1. 5.)
Glôw, Hoffnung, Leiw, de bliben;
As't Gröttst mötj Leiw ansein.
Jûg' Ding all De'j bedriben,
Låt't in de Leiw geschein. (1. Korinth. 13, 14. C. 16.)
III. Hoffnung Håpning.
De Hoffnung deit de Seel so woll,
Bi dei büst gaut to Maur,
Un an de Hoffnung fast man holl,
Dat kümmt di uck to Gaur.
Du hoffst mag ümmé gaud di gån,
Véstännig äwé fråg,
Un wat di mag entgegen stån
Wîllt woll, man nich vèzåg.
So süst de Mäglichkeit woll in,
Hest Tauvéficht dorbi jå denn;
Doch schleist du dei di ut'n Sinn,
So is dîn Hoffnung uck dorhen.
Dat's Hoffnung dei to Wåté würr
Wîl dei so idel was;
Up dei Art is's ne schwere Bürr
Un Keinen kümmt's to Pass.
Liggt Ein ån Hoffnung dål,
Dat's wor, dat dei nich hofft;
Doch lickers wad dei mennig Mål,
Denn unvéhofft kümmt oft.
So väl dat to bedenken gift
Un kümmt uck licht afhanden,
Wenn man dei Hoffnung äwrig blift,
Un dei måkt nich to Schanden.
Hest glücklich Dâg, dei di geföllt,
Holl än de Hoffnung wiss,
As't Schipp, dat sich an'n Ankéhöllt
So as't in'n Håben is.
Ji stürt nu in den Håben rin
Jûch is nick's in'n Wäg,
Hef'j Hoffnung noch bi froen Sinn,
Henn hef'j uck Glück un Däg.
Chr. Gilow.