Eine kleine Polterabend-Szene, frei nach Kotzebue.
(Es bedarf hier weiter keiner Vorrichtung, als eines kleinen Raumes im Zimmer. Hinten eine Tür zum Kommen und Gehen, rechts und links steht ein Stuhl für den Mann und die Frau.)
Personen.
Der Mann.
Die Frau.
Der Nachbar.
(Der Mann und die Frau treten Arm in Arm ein und sprechen zum Brautpaar gewendet.)
Der Mann.
(Äußerst zärtlich zu der Frau.)
Siehst Du mein Kind, hier sitzen unsre Freunde,
Das liebenswürd'ge Pärchen, hold verklärt,
Und rings herum die freundliche Gemeinde,
Die anverwandt, dem Pärchen zugehört.
So saßen wir - heut grade ist's ein Jährchen,
Und blickten auch voll heißer Liebesglut,
Grad so, wie dieses Polterabendspärchen,
Und in uns wogte freudevoll das Blut.
Die Frau.
(Ebenso zärtlich.)
O, welche Wonne, sich geliebt zu wissen,
Von einem Manne so voll Zärtlichkeit!
Der unter Tändeln, Kosen, unter Küssen
Das Leben uns versüßt zu jeder Zeit.
Hier sieh, Du liebenswürd'ges, holdes Pärchen,
Hier mein Gemahl, das ist der beste Mann.
An ihm ist nicht ein einz'ges böses Härchen,
Kein Wunsch von mir, den er versagen kann.
Der Mann.
Und meine Frau, ein unschuldvolles Täubchen,
Der Frauen allerköstliches Juwel;
Es gibt auf Erden wen'ge solcher Weibchen,
So ohne Trug und List, ohn' Falsch und Fehl!
Und in der Wirtschaft so unendlich sparsam,
Den Pfennig gibt sie ohne Not nicht aus.
Ich gab ihr hundert Taler in Gewahrsam,
Die liegen noch ganz unberührt im Haus.
Die Frau.
Ganz unberührt nun grade nicht, mein Hänschen,
Ich kauft' für dreißig Taler mir ein Kleid.
Du weißt ja, es geschah beim letzten Kränzchen,
Da blickten alle Frau'n auf mich mit Neid.
Der Mann.
(Etwas gedehnt.)
So? - Gabst Du's aus ? - Gleich dreißig Taler? Kindchen,
Ich dächte, Kleider hättest Du genug,
Denn in dem neuen Mahagony-Spindchen,
Da hängt ja Kleid an Kleid, und Tuch an Tuch.
Die Frau.
(Etwas empfindlich.)
Man kann doch nicht dasselbe immer tragen,
Die Moden wechseln ja mit jedem Tag.
Wie? oder soll ich um Erlaubnis fragen,
Wenn ich ein neues Kleid mir kaufen mag?
Der Mann.
(Sehr ernst.)
Das allerdings würd' ich in Ordnung finden,
Denn es verdient sich heute nicht so leicht,
Man muß sich mühsam durch das Leben winden,
Und zur Verschwendung bin ich nicht geneigt.
Die Frau.
Das, Herr Gemahl, das nennen Sie Verschwendung?
Sie brauchen monatlich nur für Zigarr'n
Fünf Taler, und der Sparsamkeit Vollendung
Bei Ihnen ist: der Wein, den sie gefahr'n.
Der Mann.
Sie wissen, daß der Arzt mir anbefohlen,
Bei meiner angestrengten Tätigkeit
Mich dann und wann ein wenig zu erholen,
Und auch ein Gläschen Wein von Zeit zu Zeit
Zu trinken, um den Körper zu erquicken -
Mir solche Kleinigkeiten vorzurücken;
Das geht mir doch ein Wenig gar zu weit.
(Wirft sich auf den Stuhl rechts.)
Die Frau.
Nun denn, so hören Sie, ganz unverhohlen
Gerad wie das, was dort der Doktor riet.
Hat hier die Modezeitung anbefohlen.
Und was die Mode mir befiehlt - geschieht.
(Wirft sich auf den Stuhl links.)
Der Mann.
(Halb für sich.)
Ja, ja, so sind sie aber all' die Weiber;
'S soll Alles gehen, stets nach ihrem Kopf,
Den Mann betrachten sie als Zeitvertreiber,
Der nur zu sorgen hat, daß voll der Topf.
Die Frau.
(Ebenso.)
Ja, wohl mit Recht nennt man die Eh' ein Wehe;
Wir Frauen, ach was sind wir übel dran!
Ja, wo ich künftig eine Jungfrau sehe,
Ruf' ich ihr zu: "Halt fern Dir jeden Mann."
Der Nachbar.
(Ein alter Hagestolz, mit einem roten Regenschirme und einem Hunde auf dem Arm.)
Ich grüße Sie submissest meine Lieben!
Will mich nur weiden heut an Ihrem Glück.
(Sieht bald die Frau bald den Mann an.)
Was ist den das? Was konnte Sie betrüben?
Es dunkeln Tränen selbst des Weibchens Blick?
Die Frau.
Herr Nachbar, bitte, wollen Sie mich hören?
Der Nachbar.
O, mit Vergnügen steh ich zu Befehl!
Die Frau.
Ach, denken Sie, Er will das Glück zerstören.
Der Nachbar.
Ihr Mann?
Die Frau.
Ja Er.
Der Nachbar.
Unglaublich, meiner Seel'?
Der Mann.
Nur auf ein Wort, Herr Nachbar -
Der Nachbar.
O, sehr gerne!
Der Mann.
Sie wirft mir heut sogar das Rauchen vor.
Der Nachbar.
Nun grade, doppelt rauchen -
Der Mann.
Das sei ferne -
Absichtlich kränken? - Schonen Sie mein Ohr.
Die Frau.
Ich bitte, lieber Nachbar!
Der Nachbar.
Sie befehlen?
Die Frau.
Weil ich ein Kleid mir kaufte, schmollt er gar.
Der Nachbar.
Sechs neue Kleider, nur sogleich bestellen.
Die Frau.
Dann wäre ja mein Unrecht völlig klar.
Der Nachbar.
Was tuts? Sie müssen so durch Trotz ihn reizen,
Und dadurch seine Tyrannei zerbeizen.
Der Mann.
Herr Nachbar! - Wozu würden Sie mir raten?
Der Nachbar.
Den Mann geziemen immer kühne Taten.
Ich trüg' auf Scheidung an -
Der Mann.
(Heftig aufspringend.)
Sind Sie verrückt?!
Die Frau.
(Ebenfalls aufspringend.)
Mein Gott! - Herr Nachbar! - Wie er grimmig blickt!
Was hat er vor?
Der Nachbar.
Er will auf Scheidung klagen.
Die Frau.
(Sinkt auf ihren Sessel zurück.)
Ha! Fürchterlich! Das werd' ich nicht ertragen.
Der Mann.
(Springt zu seiner Frau. Während des steht der Nachbar und reibt sich schadenfroh die Hände.)
Was ist geschehn? Mein Kind! Woher dieser Schrecken?
Die Frau.
O, daß zehn Grabeshügel mich bedecken!
Du willst Dich von mir trennen?
Der Mann.
Ha! Wer sagt's?
Die Frau.
Der Nachbar -
Der Mann.
(Den Nachbar beim Kragen nehmend.)
Diese falsche Schlange wagt's?
Der Nachbar.
Na, na, Herr Nachbar, nur nicht gar so hitzig.
Was fragen Sie den Dritten denn um Rat?
Erzürnt Ihr Euch, dann seid auch selbst so witzig,
Und zeigt es niemals, wenn ein Fremder naht.
Je glücklicher zwei Ehegatten leben,
Je mehr ist auf der Wacht der gelbe Neid,
Dann dürft Ihr nur den kleinsten Anlaß geben,
Wird Euch der Zwietracht Sam' in's Haus gestreut.
Sehr selten wird man Euch zum Guten raten!
Fragt einen Dritten, und er hetzt gewiß.
Drum seid Euch selbst genug, in Euren Taten,
Vermittler flieht, wie tollen Hundes Biß.
Der Mann.
Was meinst Du wohl, mein Kind, zu dieser Rede?
Die Frau.
(Ihren Mann umarmend.)
Der böse Nachbar hat mich ganz geheilt.
Der Mann.
Ich bitte jede Sünde ab, ja jede,
Verzeihe mir! Ich hab' mich übereilt!
Der Nachbar.
Nun seh' doch Einer an, wie schön sie bitten!
Erst ging es nicht - na, warum geht's denn nun?
Ich hab' doch wieder Recht, ganz unbestritten:
Wenn Ehegatten gleich so wollten tun,
Kommt mal ein kleiner Skrupel in der Ehe -
Selbst in der glücklichsten bleibt das nicht aus, -
So geb' ein Jeder billig nach und sehe
Daß kein Vermittler nahe sich dem Haus.
Denkt: Toren nur sind ihre eignen Quäler:
Verzeiht einander - jeder Mensch hat Fehler.
Der Mann.
(Zu dem Brautpaare.)
O, wollet dieser Worte stets gedenken,
Und Liebe immer nur um Liebe schenken.
Die Frau.
(Auf den Nachbar deutend.)
Und kommt auch Euch so ein Vermittler vor -
Der Nachbar.
(Sich lachend verbeugend.)
So schließt ihm Haus und Tür und Herz und Ohr.
(Alle ab.)
(Gesprochen von zwei jungen Mädchen.)
Erstes.
Es hat als ihren Boten heute
Mich Deine Heimat Dir gesandt,
Daß mild ihr Segen Dich geleite
Zu Deiner neuen Heimat Land.
"Jetzt" - sprach sie - "wo die schönste Feier
Ihr naht mit selgem Hochgenuß,
Geh' hin zu Ihr, die mir so teuer,
Und biet' Ihr meinen Liebesgruß.
"Noch einmal ruf - gleich milden Sonnen -
Durch süße Rede Ihrem Blick
Der Kindheit längst verrauschte Wonnen
Aus der Vergangenheit zurück;
"Sprich von der Liebe Ihr beim Scheiden,
Die hier so innig sie umwand,
Sprich Ihr von all den süßen Freuden,
Die Sie in meinem Schoße fand;
"Und siehst Du, Daß dem Worte gerne
Sie lauscht, das Deine Lippe spricht:
Dann flehe: auch in weiter Ferne
Vergiß, vergiß die Heimat nicht!" -
Zweites.
Zu diesem Tage, wo zu schließen
Dein Herz begehrt ein schönes Band,
Hat mich mit heißen Liebesgrüßen
Die neue Heimat Dir gesandt.
Sie sprach: "Es scheucht aus Ihrem Herzen
Der Trennung Weh' jetzt Glück und Ruh,
Drum geh', und ruf' in Ihren Schmerzen
Ein Wort des Trostes mild Ihr zu.
"Sag' Ihr: nicht bange soll Sie zagen,
Gib Frieden Ihr zurück und Mut,
Sag' Ihr: verwandte Herzen schlagen
Auch hier für Sie in warmer Glut.
"Sag' Ihr: ob Sie die Flur auch meide,
Drauf Sie geträumt als Kind so süß,
Sie finde hier in Glück und Freude
Dereinst ein neues Paradies.
"Sag' Ihr, was Sie sich dort erkoren.
Was innig Sie ihr eigen nennt,
Dem Herzen sei es unverloren,
Ob auch das Schicksal sie getrennt.
"So mehren nur sich Ihre Freuden! -
Und zieht Sie in die Ferne hin,
Nicht klagt Sie, denn es war Ihr Scheiden
Für Sie der herrlichste Gewinn!"
Erstes.
Die süßen Worte, o, wie drangen
Sie tröstend in die Seele mir!
Nicht wahr, des Scheidens schweres Bangen.
Verklungen ist es auch in Dir?
Ob auch Dein Fuß nun von uns schreitet,
Du klagst nicht, daß Dein Glück entwich,
Denn unsre Liebe, treu geleitet
Sie in die neue Heimat Dich!