Der Jubelbraut

(Bei Überreichung eines Myrtenkranzes oder einer Myrtenkrone.)

Lieblicher doch in den Haaren
Prangt der keuschen Myrte Grün,
Wenn nach fünf und zwanzig Jahren
Sie der edlen Gattin blühn.
Dort der Hoffnung, hier dem Lohne,
Kränzchen dort und hier als Krone,
Blühen Sie, und schlingen sanft
Fester noch der Eintracht Band,
Das, durch Zeit geprüft, bestand.
Kann man wohl ein schön'res Zeichen
Heut' zum Angebinde reichen? -
Myrten deuten ja auf Liebe,
Auf Beständigkeit und Treue,
Deuten, daß des Altars Weihe
Heilig stets der Gattin bliebe;
Zieren Myrten junge Bräute,
Wie viel schöner noch die Gattin,
Der die Taten schon gehören,
Welche Bräute erst beschwören;
Wer, wie Du, den teuren Gatten
Und der Mutter (des Hauses) heilg'e Pflichten
Gern und freudig stets geübt,
So viel Jahre treu geliebt,
Wer, durch Sanftmut zu beglücken,
Allen Edlen Vorbild war:
Der gebührt es, neu zu schmücken
Mit der Myrte Grün das Haar.
Myrten, treuer Liebe Bild,
Deren Deutung Du erfüllt.

Nimm zum wohlverdienten Lohne
Freundlich hin die Myrtenkrone,
Neu verjüngt darin zu blühn;
Neu verjüngt und hochbeglückt,
Bis der Goldkranz einst Dich schmückt!


Silberhochzeit Verse


Die alte Pantoffelmacherin

(Bei Überreichung eines Paares Pantoffeln.)

Muß mir vielmals excusieren,
Daß ich mir die Freiheit nahm,
Und, um hier zu jratulieren,
So janz ungebeten kam.

Lieber Jott, wo sind die Zeiten,
Wo dies wackre Ehepaar,
Hochjeehrt von allen Seiten,
Einstens Braut und Bräut'jam war.

Damals kurz vorm Polterabend,
Kam zu mir die Jungfer Braut,
Sprach so sanft und herzelabend:
"Baldigst werde ich getraut."

"Drum muß Sie vor allen Sachen,
"Frau Pantoffelmacherin,
"Mir een Paar Pantoffeln machen!"
Und hielt mir ihr Füßchen hin.

"Nötig sind sie Eheleuten,"
Sagt' ick, denn mir macht et Spaß,
"Jeder weeß, wat sie bedeuten."
Drauf nahm ich bedächtig Maß.

Abends vor dem Hochzeitstage
Hatt' ick sie ihr hingebracht,
Und jleich war die erste Frage,
Ob ick sie ooch jut jemacht.

Schildern kann det keene Feder,
Wie sie sich jefreut. Jewiß!
Denn ick nahm dazu een Leder,
Das janz unverwüstlich is.

Kürzlich nun hab ick erfahren,
Was janz herzlich mir jefreut,
Daß nach fünf und zwanzig Jahren
Sich der Hochzeitstag erneut.

Heute just vor vierzehn Tagen
Sagte mir's die Nachbarin,
Als wir so ins Fenster lagen.
Na, dacht ich, da jehste hin.

Siehst was die Pantoffeln machen
Die du einst jemacht der Braut,
O Herrje, wie mußt ick lachen,
Als ick die mir anjeschaut.

Oben, unten, Hacken, Sohlen.
Janz und jar verrugeniert,
Na, dacht ick bei mir verstohlen,
Die hat jut euch strappeziert!

Hab' drum die Pantoffelreste
Unterm Bett hervorgeholt
Und zum Silberhochzeitsfeste
Sie aufs Neue renofiert.

(Zur Silberbraut.)

Renofiert mit dicken Ränden
Bring ick sie als Jabe dar.
Mögst Du nützlich sie verwenden
Wieder fünf und zwanzig Jahr.

Aber laß ooch Nachsicht walten,
Denn des Jatten Liebesglut
Wird wol nu nich mehr erkalten,
Wenn ooch der Pantoffel ruht.

Auf der Ehe heil'gem Throne
Herrschet Beide nu vereint,
Bis mit seiner joldnen Krone
Einst das schönste Fest erscheint.





Bauerfrau

(Unter Überreichung eines Pakets oder einer Attrappe in Gestalt eines Landbrots, worin beliebige Geschenke.)

Na, joden Dag, dät paßt sick recht
Vörtrefflich, akkorat -
Ick koam met Jostens Ossenknecht
To Märkte na de Stadt.

An't Dohr de Schriewer meld üns an,
De'n Zull awfnehmen där,
Dät hüt bie düssen Fru un Mann
De Silwerhuchtiet wär.

Ick jlöwe, wenn mi recht is, har'k
Schons oft genog vör jü
Brot, Bodder rinbracht un ok Quark
Un Ent' un Höhnervieh.

Ok sinn jü bie üns oft all west
To Woagen un to Fot,
In ünse Dörp, det olle Nest,
Jü kennen't goar to got.

De Melksupp' un det schwarte Brot
Was groade recht mal so,
De städtsche Lüden schmeckt dät got,
Se hebb'n Apptit dato.

Nu har ick dacht, wat mokste hüt?
Wat saste an woll fäng'n,
Wat saste woll de Silwerlüd'
Up'n Jobel Altoar leng?

Ick froagt üm Roat den Ossenknecht,
De sägt: dät is so so
Een nüjer Wägenkorwf, de möcht'
Sick passen got dato.

Ick säg: Dörpdüwel, dommer Hecht,
Wo denkt he hin, ho ho!
He is un bliewt een Ossenknecht,
He hät im Däz män Stroh.

Denn bie de Silwerhuchtiet sinn
De Kinner all gewägt,
Gott lowf, dät ick doch klöger bin,
Vörsichtig, öberlegt.

Ick jlöwe, dät een Lannbrod, schwart,
Dät allerbeste is,
Et mokt den Liew un Moagen hart,
Dät Lewen frisch un wiß.

Un wenn de jüld'ne Huchtiet is,
Denn komm ick werrer rin,
Denn werd dät Lannbrod ganz gewiß
All upgeäten sinn.





Zwei Kinder

Mädchen (mit einem Kranze).

(Zur Braut.)

Heut sind es fünfundzwanzig Jahr,
Als Mutter noch ein kleines Mädchen war
Da stand sie so vor Dir, wie ich
Und hatte einen Kranz für Dich;
Nun legt sie ihn in meine Hand,
Und Alle haben mich gesandt;
Sie sagen: aus der Kinder Mund
Tu' sich des Herzens Sprache kund; -
Sie banden Alle, Groß und Klein,
Viel Blumen in den Kranz hinein,
Der nun, in seiner Farben Licht.
Von ihrer Liebe zu Euch spricht,
Von ihrem Segen und Gebet,
Womit sie für Eu'r Glück gefleht:
Daß Ihr, im freundlichem Verein,
Mögt lange, lange glücklich sein.

Ein Knabe (mit einem Weinglas).

(Zum Bräutigam.)

Kleine Mädchen bringen Kränze,
Knaben treten ernster auf,
Jedes Ding hat seine Grenze
Auch im kleinsten Lebenslauf.

Sieh' es schicken mich die Männer
Mit dem Glase Wein.
Und sie sagen: Du wirst Kenner
In der Sache sein.

Und so ruf' ich denn: es lebe
Hoch das Jubelpaar
Und der liebe Herrgott gebe
Noch manch frohes Jahr! -





Zur Silberfeier des Bruders

Längst verschwunden ist von Tellus Fluren
Jener Göttertraum, die gold'ne Zeit.
Drei Mal glücklich, wer des Traumes Spuren
Ein Gewand von lichtem Silber leiht!
Silbern glänzt des Stromes klare Welle,
Silbern spiegelt sie Selenens Licht;
Silbern tanzt des Lenzes frische Quelle,
Wenn sie sich durch Dorngewinde bricht.

Silbern sind des Saitenspieles Töne;
Silbern ist Aeolis Melodie,
Überall das Zarte wie das Schöne,
Traun, Du siehst es ohne Silber nie.
O, so sei denn tausendmal willkommen,
Silberfest im lichten Horentanz!
Zeig' uns wieder, den Du einst genommen,
Zeig' uns wieder jenen Myrtenkranz!

Laß ihn zarte Enkelinnen winden
Für das Lockenhaar der Silberbraut!
Auch im Winter wirst du Myrten finden,
Von der Liebe Sorge frisch betaut.
Und so wie Du heut' im Silber blühend,
Bringst dem Bruder süßer Freuden viel,
Ihn mit froher Heiterkeit durchglühend,
Zeig ihm fern das schöne gold'ne Ziel.



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