(Zum Silberpaare sprechend.)
Seid mir gegrüßt, Ihr lieben Beide,
Die ich als Kinder in der Schule sah,
O herrlich große Augenweide,
Daß ich Euch räumlich jetzt so nah.
Ich habe nie von Euch gelassen;
Im Herzen trug ich Euer Bild,
Und so noch heut! - Nie soll erblassen,
Was ich geschützt mit meinem Schild!
Ja ja! Als Ihr - ganz unbeschrieben,
Besondrer Richtung nicht bewußt,
Und im Gemüte nichts als Frieden -
Geruht an Eures Lehrers Brust!
Kann denn die Sprache Worte geben
Für diesen himmlischen Genuß?
So wenig, als ein Bild zu weben
Von reiner Liebe erstem Kuß.
Leicht war es, Euren Geist zu leiten
Zu dem, was gut und schön und wahr,
Ihr machtet Euch zu allen Zeiten
Das wahre Heil der Tugend klar.
So lerntet Ihr ein Gut erringen,
Das auf des Lebens Thron erhebt;
Ihr saht durch Eures Geistes Schwingen,
Daß Gott in allen Dingen lebt.
Da strahlte Euren reinen Seelen
Des Glaubens und der Liebe Licht -
Wenn Glaub' und Liebe sich vermählen,
Die Hoffnung durch den Himmel bricht!
Wer im besitze der drei Sterne,
Dem blüht ein Glück auf jeder Tat.
Drum hört' ich auch in weiter Ferne,
Daß Ihr erlebt, um was ich bat.
Ich zähle mehr als siebzig Jahre,
Doch fließt in mir noch junges Blut;
So wünsch ich denn dem Silberpaare
Zum spät'sten Alter gleiches Gut!
Und daß Euch einst die goldne Feier
So rein wie dieser Abend winkt,
Verkündet mir dieselbe Leier,
Die Euch das heut'ge Liedchen singt.
Liegt auch mein Leib im Aschenkruge,
Schaut doch mein Geist des Äthers Glanz!
Von dort nah' ich im schnellen Fluge
Und reich' der Braut den goldnen Kranz!
(Auf einem Steckenpferde reitend, um dessen Hals ein Brummkreisel und eine Rauchtabaksdose in Form eines Buches hängen. Die Gegenstände seien Attrappen, in welchen sich beliebige Geschenke befinden.)
Potz Element! Da sitzt mein alter Junge,
Und neben ihm die schmucke Silberbraut!
Was mach' ich denn mit dem Gedankenschwunge,
Der lustig mir durch alle Poren schaut!
Ei was, da soll man sich in Schranken halten,
Wenn man aus seiner Jugend Quelle trinkt!
Nein, taumelnd Herz, ich lass' dich munter walten,
Wenn dir des Schulkam'raden Glücksstern blinkt!
Geniert euch nicht, ihr ungebund'nen Streiche,
Die ich in froher Jugend ausgeübt;
(Zum Silberbräutigam.)
Hoch thront mein (Name des Silberbräutigams) ja in ihrem Reiche;
Der Schelm, Er ließ kein Wasser ungetrübt!
Ja, weißt Du, daß der Lehrer einst erklärte,
Wie dem Gedächtnis aufzuhelfen sei? -
Da die Methode sich mir schlecht bewährte,
Sprang mnemonistisch mir Dein Rücken bei!
Und als zum ersten Male eine Brille
Auf des Kollaborators Nase blitzt,
Da hab' ich Kobold denn in aller Stille
Euch Allen eine aus Papier geschnitzt!
Erinn're Dich - die Sache ist zum Wälzen!
Einst lachte durch den hohen Zaun der Wein -
Doch wie hinauf? - Es mußten uns die Stelzen
Gehilfen zu dem losen Naschwerk sein!
Wir haben manchen tollen Streich begangen;
Doch Bosheit - nein, wir kannten Bosheit nicht;
Wenn Scheiben auch durch unsern Ball zersprangen,
Wer kann dafür, daß Glas so leicht zerbricht!
Lass', (Name des Silberbräutigams), brechen, was da will; doch nimmer
Erleide unsre Freundschaft einen Bruch!
Sie zeig' uns stets im Jugend-Rosenschimmer
Den unserm Ich tief einverleibten Spruch:
"Wer schon in seiner Jugend heitern Tagen
Sich einen Freund erwirbt durch Spiel und Fleiß,
Zu dem er noch kann Freund und Bruder sagen,
Wenn Beiden längst erblüht der Liebe Preis.
Und Beiden es am hohen Göttermahle
Der Kraft-Idee geworden sonnenhell:
Dem sprudelt aus des Schicksals goldner Schale
Ein frischer, ätherreiner Lebensquell!"
(Er läßt das Steckenpferd Sprünge machen.)
Ha, sieh! Aus diesem Quell kommt angesprungen
Ein muntres aufgezäumtes Steckenpferd;
(Er überreicht es, nachdem er Brummkreisel und Dose losgelöst.)
Was auf der Jugendlaute uns erklungen,
Hat reichlich dieses Tierchen hier ernährt.
(Er ahmt das Geräusch des Brummkreisels nach. Zur Silberbraut.)
Hörst Du den frischen Lebensquell wohl rauschen?
Das ist der meisten Frauen Lieblingskind!
(Er überreicht ihn der Silberbraut, und blickt sich nach allen Seiten um.)
Verberge ihn, man könnte uns belauschen;
Du weißt, daß dies der Ehe Lieder sind.
(Die Dose betrachtend.)
Potztausend! Will der Quell denn nicht versiegen?
Da hüpft ein Buch auf seinem Strahle her -
(Er überreicht sie dem Silberbräutigam.)
Den Inhalt lass als blauen Qualm verfliegen,
Saugst Honig Du aus dem Ideenmeer!
(Zu Beiden.)
Daß ich an Euerm goldnen Hochzeittage
Mein Steckenpferdchen wieder satteln kann,
Ist das, geliebtes Paar, noch eine Frage?
Mir ist, als bräche schon sein Morgen an!
Wohl war der Tag ein festlicher im Leben,
Der tief gerührt vor dem Altar Euch fand,
Da Euch des Himmels Segen ward gegeben,
Der Euch zu Lieb' und Treue eng' verband.
Doch schöner freudiger glänzt heut' die Sonne,
Und grüßet das geliebte treue Paar,
Ihr reichet Euch mit noch viel rein'rer Wonne
Die Hand, wie heut' vor 25 Jahr.
Der Zweifel hebt sich nicht in Euren Herzen:
Was wird uns werden? Freuden oder Schmerzen?
Denn Alles, was Ihr hofftet, ist erfüllt;
Froh, rein und heiter glänzt der Zukunft Bild.
Ja, überdenket nur die frohen Stunden,
Die Ihr von damals bis auf heut' verlebt;
Ihr habt in Liebe Euren Weg gefunden,
Mit Rosen war er ja so oft durchwebt.
Ihr pflücktet jede dankend, die Euch blühte,
Und freutet Euch vereint des Himmels Güte.
Doch ach, auch Dornen waren in den Blüten
So oft versteckt und trafen tief das Herz;
Der Liebe Hand selbst kann davor nicht hüten,
Sie mildert nur durch Mitgefühl den Schmerz.
Wo hätt' es auch in diesem Erdenleben
Wohl ohne Dornen einen Pfad gegeben!
Ihr habt gekämpft, gelitten, überwunden,
O standhaftes, getreues Paar!
Und auch in Not Euch stets bewährt gefunden!
Euch ziemt der Silberkranz wohl in dem Haar.
In Leid und Sorgen, Krankheit und Gefahren
Kann nur die Tugend Mut und Kraft bewahren.
Und Mut und Kraft gehört zu guten Werken,
Wie Ihr in Eurem Leben sie vollbracht,
In manchem Kummer mußt' Euch Tugend stärken,
Wie habt Ihr willig Opfer oft gebracht!
Die Herzen, die sich dankbar jetzt bewegen,
Erflehn für Euch des Himmels schönsten Segen.
Und wahrlich, nein! er ist nicht ausgeblieben!
Ihr seid so gut, so glücklich und so reich!
Denn vor Euch stehen alle Eure Lieben,
Sie sind an Zärtlichkeit Euch Eltern gleich.
Die Jungfrau in des Lenzes Blütenkranze,
Der Knabe in der Kindheit Unschuldglanze,
Wie kann ein Brautpaar hier auf Erden
Wohl glücklicher und froher werden?
O wandelt lange, lange noch hienieden,
Von Frohsinn, Glück und Heiterkeit bestrahlt!
In Euren Herzen wohne Himmelsfrieden,
Der sich in Euren Zügen deutlich malt!
So mag der goldne Hochzeitstag Euch finden.
Wo Enkel freudig Kränze für Euch winden!
(Von einer jungen Dame in einfach schönem, idealischen Kostüm, einen Palmenzweig in der Hand, darzustellen.)
Aus des Himmels lichten Höhen,
Wo des Friedens Palmen wehen,
Und bei der Vergeltung Kronen
Die verklärten Geister wohnen,
Schweb' ich als ein milder Bote
Auf die Erdenwelt herab.
Bring' den Gruß vom Kreis der Engel,
Der den Thron der Liebe schmückt,
Einen Gruß, des Himmelskunde
Treu sich Liebende beglückt!
(An das Silber-Brautpaar sich wendend.)
Ja, Ihr Edlen, deren Treue
Heut' empfängt die Silberweihe,
Von den Herzen, die in Liebe
Und Verehrung für Euch glühn!
Freundlich nehmt zur heut'gen Feier
Meine Himmelsbotschaft hin:
Daß die Engel im Verein
Eurer Lieb' und Treu' sich freun,
Daß Ihr Eures Ehrenkranzes,
Der von mildem Silber strahlend
Festlich Eures Stirn umwunden,
Wahrhaft würdig seid befunden;
Daß der Allmacht güt'ge Hand,
Die am Altar Euch verband,
Sorgsam schützend auf Euch ruht,
Daß des Dankes Opferglut,
Welche fromme Herzen zünden,
Ihm, der segnend Euch erhält,
Gott, dem Vater, wohlgefällt;
Daß zu den bewegten Stunden
Eures Lebens, die entschwunden,
Er den schönsten Abend fügen wird,
Der im lachend ausgeschmückten Bilde
Auf der Ruhe feierndem Gefilde
Sanftes Rosenlicht auf Eure Pfade malt,
Wann die Sonne zögernd ihren Abschied strahlt.
Wandelt denn im Schutze Gottes
Weiter auf der schönen Erde,
Die Euch immer teurer werde!
Lebet wohl! - ein inn'ger Kuß
Besiegle meinen Himmelsgruß.
(Macht die Bewegung des Küssens mit der Hand.)
Denn mich ruft von diesem sel'gen Augenblick
Jene Macht, die mich gesandt, zurück!