Mag das stolze Laub der Eichen
Sich zum Heldenscheitel neigen,
Dir gebührt der Myrtenkranz.
Diese Zweige, Dir gewunden,
Sind die Bilder schöner Stunden
Aus der Jugend Morgenglanz.
Die sie suchten, die sie fanden,
Die sie Dir zur Krone wanden,
Sind Dir liebend zugetan.
Mag die Zeit die Blätter bleichen,
Freundschaft hält in festern Zweigen,
Flieht der Liebe süßer Wahn.
Laß Dir g'nügen, was wir geben,
Dieses frische Blätterleben
War Dir immer wert und lieb.
Find'st Du nicht die Immortelle,
Denke, daß an ihrer Stelle -
In der Freundin Brust - sie blieb.
Fröhlich, wie wir oft geschieden
Vor des Schlafes gold'nem Frieden,
Stehn am Scheidewege wir.
Nimm den Kranz, Dein Haupt zu kleiden.
Lebe wohl; wir wollen scheiden
Von dem Kranze - nicht von Dir.
Seid mir gegrüßt! Ihr seid's, ich kann nicht fehlen,
So war ihr Bildnis ja, sie sah'n Euch gleich!
Laßt, holdes Brautpaar, Euch von mir erzählen;
Viel Gutes ganz gewiß verkünd' ich Euch.
Und mir gereicht es zur besondern Freude,
Daß ich des Glückes Bote werde heute.
Hört mich! Der Luftbewohner süße Lieder
Verlockten in den Park mich, und allein
Ließ ich mich in der Eichen Schatten nieder;
Die grüne Rasendecke lud mich ein;
So lag ich da und schaute wonnetrunken
In die Natur, in süßen Rausch versunken.
Ein Zephyr küßte meine Augenlider;
Sie schlossen sich zum sanften Schlummer bald.
Da war's, als schwebt' ein Engel zu mir nieder,
Gar hold von Antlitz, lieblich von Gestalt,
Faßt' meine Hand; - rasch ward ich fortgezogen
Bis an des Himmels hochgewölbten Bogen.
Da war's so schön! Von himmlischen Gesängen
Bezaubert, lauscht' mein ungeweihtes Ohr,
Und unter geisterhaften Zitherklängen
Umschwebte mich der Seraphinen Chor,
Und es begann mit leisen Silberlauten
Zu mir der eine von den Lichtvertrauten:
"Nimm diesen Kranz und gib ihn dort, wo heute
"In Liebesglück die höchste Freude wohnt,
"Zum Brautschmuck jener seligsten der Bräute,
"Der heut' die Wonne jeden Seufzer lohnt,
"Und künd' ihr an: es sei ihr Glück gefunden,
"Ihr Schutzgeist hat die Myrte ihr gewunden."
"Wo find' ich sie, daß ich mein Werk verrichte?
"Woran soll kenntlich mir dein Schützling sein?"
So frug ich, und vor meinem Angesichte
Stand ein kristall'ner Spiegel klar und rein;
In seinem Wasser sah ich mit Vergnügen
Das Bild von Euch in wohlgetroffnen Zügen.
Und Alles um mich war in Nichts zerflossen,
Ein Rauschen in den Zweigen weckte mich;
Ich rief, als ich die Augen aufgeschlossen:
"O, welch ein schöner Traum! wie wonniglich!"
Fort waren all' die lieblichen Gestalten,
Doch diesen Kranz hatt' ich zurückbehalten.
Ich eilte fort; da sah ich viele Gäste
In dieses Haus mit heit'rer Eile gehn;
Ich kehrte ein, und sieh! beim frohen Feste
Erblickt' ich Euch, die ich vorher gesehn. -
Drum nimm, o Braut, den Kranz aus meinen Händen,
Er bringt Dir Heil, weil ihn die Engel senden.
Auch ich, Du Teure, bring' Dir einen Kranz,
Doch muß ich ihn mit andrer Deutung bringen:
Nichts prahlet hier von bunter Blumen Glanz,
Im stillen Ernst soll er, der Myrtenkranz,
Einfach und grün um Deine Stirn' sich schlingen.
Denn wenn sie naht, die ernste schöne Stunde,
Wo sich die Braut dem Teuren ganz ergibt,
Da flechte, meldet uns die alte Kunde,
Den Brautkranz ihr, die sie am meisten liebt,
Und flechte in die grünen Zweige gut
Die Wünsche all, die Kinder treuster Liebe,
Die Jugendhoffnung und den Jugendmut,
Die Unschuld und des Herzens reinste Triebe, -
Dann, heißt es, werde dieser Kranz umschlingen
Ihr liebes Haupt als heller Glorienschein.
Der Sternenbahn gleich wird ihr Leben sein,
Und selbst ein Stern, wird sie hindurch sich schwingen.
Denn was aus treuem Herzen sich ergossen,
So fromm und treu - Gott läßt es nicht vergehn,
Und aus des Kranzes immergrünen Sprossen
Fühlst du es segnend stets durchs Leben wehn.
Und Myrten sind's. Dem grünen Bäumchen gleich
Sei ernst und schlicht die Braut und hoffnungsreich.
Muß sie doch jetzt mit schönster Hoffnung streben
Zum rechten Dasein und zum echten Leben!
Und wie die Blättchen froh zum Lichte dringen,
Soll Aug' und Herz von ihr zu ihm sich schwingen,
Der all ihr Licht, ihr Hoffen und Genügen.
So flocht ich denn mit treuem Sinn,
Die ich so ganz die Deine bin,
Die ich Dir, ob wir spät uns fanden,
Verknüpft durch doppelt liebe Banden:
Durch Freundschaft und durch Liebe heiß -
Ich flocht Dir ein das Myrtenreis,
Und hab' in die Zweige hineingewebt
Alles, was dieses Herz durchbebt,
Das stets mit allen seinen Schlägen
Für Euch erfleht des Himmels Segen.
Ja Euch! - Denn sein gedenk' ich auch,
Dem zufliegt liebevoll das Aug',
Dem ich vereint zum engsten Bunde
Seit meines Lebens frühster Stunde, -
Des Bruders, der sich Dir geweiht,
Der Eins mit Dir zu Freud' und Leid.
Zu Freud' und Leid! - Ihr wißt es doch,
Das Leben bringt allein nicht Glück,
Auch Sorgenstunden legen herb' ihr Joch
Auf's Herz und auf der Augen Blick.
Doch kommt die Stunde, wo die Sorg' gewann,
O Schwesterlieb, des Kranzes denke dann!
Und trau' ihm fest und bau' auf seinen Segen,
Da schirmt und schützt er gut Dich allerwegen!
Zur Ferne zieht Ihr nun hinfort,
Zur Ferne, die uns lange, lange trennt!
Doch bangt mir nicht vor diesem Wort.
Da nie Ihr mir entschwinden könnt.
Mein Lieben ist bei Euch alldort,
Und Eures bleibt mir hier vergönnt -
So muß ein heiter Band uns stets vereinen:
Ich bleibe Euer und Ihr seid stets die Meinen.
Bald schlägt die ernste Feierstunde,
Wo zu dem engsten Herzensbunde
Dein Ja ertönet am Altar.
Darum bring' ich bewegt Dir heute,
Hier diesen Kranz von Myrten dar;
Ihn Dir die reinste Freundschaft weihte.
Es prangt mit Knospen rot und weiß
Hier dieser Kranz von Myrtenreis,
Durch seine Farben zu bekunden,
Wie Lieb' und Unschuld stets verbunden,
Und so wie seiner Blätter Grün,
Soll in den künft'gen Lebensstunden
Die süße Hoffnung stets Dir blüh'n.
Hier dieser Kranz von frischen Myrten
Gibt auf den Schwesternamen mir
Ein süßes Anrecht, wird er Dir
Die Stirn', die heitere umgürten;
Dir werd' ich Schwesterliebe weihn
Und Deiner Liebe mich erfreun.
Wohl sinnig hat der Sitte mächt'ges Walten
Der zarten Myrte dauernd Grün gewählt,
Biegsame Zweig' in Kränze zu gestalten,
Wenn Hymens Band die Liebenden vermählt,
Und so des Bundes Deutung zu entfalten,
Die des Verlangens Rausch dem Sein verhehlt;
Denn heilsam ist ein freundlich mildes Mahnen,
Will sich das Herz des Glückes Pfade bahnen.
Wie leicht von selbst am Reif' ohn' Widerstreben
Die schlanken Zweige sich in Kränze ziehn;
So soll der Gatten Sinn sich innig weben,
Sanft schmiegend sich im zärtlichen Bemühn,
Und heil'ge Treu durchwehn des Bundes Leben,
Wie stets die Myrte blüht in frischem Grün,
Auch hegt sie hold der Hoffnung schön Gefilde
In ihrer Blätter lieblichem Gebilde.
Die Freundin beut in dieser Kränze Ringen
Zugleich der wärmsten Wünsche Unterpfand,
Des Glückes Zauber mög' Euch so umschlingen,
Wie diese Blumenfessel Euch verband!
Auch soll der Freundschaft Genius Euch umschwingen
In Freud' und Leid mit liebereicher Hand;
Denn an der Freundschaft starken Schutzesbogen
Trotzt stärker Liebe wilden Schicksalswogen.
Nicht fehlen darf am schönen Feste
Der Braut des Kranzes edle Zier;
Ihn, der Dich weiht zu ernsten Pflichten,
Ihn reicht die Freundin liebend Dir.
Aus seiner grünen Blätterkrone
Erschimm're Dir der Hoffnung Blick,
Und ob auch seine Farben schwinden,
Nie schwinde Dir der Liebe Glück!
Und wenn dereinst zur gold'nen Feier
Sich sammelt Deiner Lieben Reihn,
Dann magst Du ihm die erste Träne,
Die Träne frommen Dankes weihn!