Böhmen


Es ist sehr natürlich, wenn wir bei der Hochzeit im Egerlande viele Gebräuche der Oberpfalz wiederfinden; verschmelzen doch beide Länder im Fraisgebiete ethnographisch völlig in einander, möge dasselbe immerhin geographisch zwischen Böhmen und Bayern geteilt sein.

Vor Allem begegnet uns als werter alter Bekannter der "Prokurator", welcher den "Leihkauf'" anzubahnen hat. Dieser wird, wenn nicht im Hause der Braut, in der Stadt bei einem befreundeten Bürger gehalten, und der Prokurator muss die Verwandtschaft feierlich dazu einladen. Er tut es in dem uns bereits vertrauten Style, die Anrede allein ist neu; sie lautet: "Ehrbarer, arbeitsamer, günstiger, vielgeliebter Schwager, Nachbar (Gevatter), Hauswirt und guter Freund." Wenn er an dem festgesetzten Sonntag nach Tische um zwei Uhr mit dem Bräutigam und dessen Begleitern vor dem Hause der Braut erscheint, so bleiben Alle draußen stehen, nur der Prokurator begibt sich mit noch Einem in das Haus und beginnt dort abermals seine Litanei: "Ehrbarer, arbeitsamer, günstiger" u.s.w. Dann begehrt er bei dem "vielgeliebten Hauswirt" Einlass für den "arbeitsamen Junggesellen N. N., dessen Vater oder Thud (Thuadherrn)", d. h. Paten. Wie es sich von selbst versteht, hat der "vielgeliebte Hauswirt" Nichts gegen das Eintreten des "arbeitsamen Junggesellen", und nun erfolgen wie in der Oberpfalz die langwierigen Verhandlungen an zwei Tischen, während welcher der Bräutigam Nichts sagen darf und die Braut sich in einer Kammer oder in der sogenannten "Hölle", nämlich hinter dem Ofen, verbergen muss. Vorher hat sie jedoch einen Blick auf den Bräutigam zu werfen versucht, ohne dabei von ihm gesehen zu werden, denn sähe er sie zuerst, so müsste sie entweder vor ihm sterben, oder sie bekäme in der Ehe Schläge.

Wenn "der Leihkauf geraten ist," so spricht der ewig redende Prokurator: "Vielgeliebter Schwager, Nachbar u.s.w., u.s.w., der Bräutigam hat noch etwas zu wenig. Er hat noch keine Braut gesehen. So bitte ich, Sie wollen selbe durch den "Brautführer" vorstellig machen, dass wir sie dem Bräutigam überantworten können. Ist sie gleich auf dem Boden oder im Haus, so will ich gleich gehen nach ihr hinaus."

Die Braut kommt, aber nicht die rechte; eine Tagelöhnerin oder eine Magd, in einer Verkleidung, die für den Bräutigam kompromittierend sein soll. Die "alte Braut", so wird diese Karikatur genannt, gibt sich als Verführte an, weist auf ihre Gestalt, erzählt die nähern Umstände, bringt Hochzeitsgeschenke zum Vorschein, die der Bräutigam ihr gegeben: einen Strick, an welchem Erdäpfel statt der Rosenkranzperlen aufgereiht sind, ein aus "Schleissenspalten" (Kienspänen) verfertigtes Kreuz, einen Stein, der, in Papier gewickelt, das Gebetbuch vorstellt. Endlich wird sie durch ein Geldgeschenk des Bräutigams zum Abzug bewogen, und statt ihrer zeigt sich im Festputz die wirkliche, die "junge Braut", welcher dem allgemeinen Glauben nach die "alte Braut" das Unglück aus dem Hause getragen hat. Der Prokurator hebt an: "Da nun Alles bis auf die Handgelübde und nachmalige Kopulation in Richtigkeit ist, so frage ich den ehrengedachten Bräutigam: Ist das noch immer Euer bedachter Willen und Meinung, Euch mit dieser gegenwärtigen Jungfrau zu vorehelichen, so sprecht Ja." Dieselbe Aufforderung richtet er an die Braut, und dann schließt er: "Nun, so gebt einander die Hände im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Gott Vaters, Sohnes und des heiligen Geistes, und wünscht einander Glück."

Die Festlichkeit beginnt, nachdem die Frauen der Verwandten nachgekommen sind. Vor und nach der Mahlzeit wird getanzt. Der Bräutigam liefert das Bier, der Brautvater das Übrige. Bisweilen währen die Lustbarkeiten des Leihkaufes die ganze Woche lang.


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Die Münzen, welche der Bräutigam seiner Braut außer dem Rosenkranz, dem Gebetbuch und dem silbernen Ehering verehrt, werden "angeöhrt", an rote Bänder gehängt und so aufbewahrt. Ehedem ging er mit ihr in die Stadt und kaufte für sie einen breiten Gürtel mit "drei messingnen Schlüsseln daran", eine schwarze Pelzmütze und einen braunen Pelz, für ihren Vater einen langen, weißen.

Von ihrer Taufpatin empfängt die Braut "einen Kopfpolster", der nur zum Kindbett verwendet wird, und zum Zeichen, sie solle wie ein Lamm sanft sein, ein "Agnus Dei". Auch von ihren Freunden erhält sie Geschenke, sie selbst schickt drei Tage vor der Hochzeit ihrem Bräutigam den Ehering und ein feines Hemd,'welches mit Goldfäden und bunter Seide ausgenäht ist.

Die Einladung zur Hochzeit geschieht durch den Prokurator, und zwar bittet er, die Gäste möchten den "gewöhnlichen Kirchengang zieren helfen über Rain und Stein," und schließt mit den Worten:

"Stellt Euch nur recht fleißig ein,
Lasst mich keinen schlechten Boten sein."

Die "Fertigung" oder Aussteuer der Braut ist inzwischen auch angeschafft und in der Stube der Braut "zur Schau vorgerichtet" worden. Diese Ausstellung, welche hauptsächlich von dem weiblichen Teil der Dorfeinwohnerschaft in Augenschein genommen wird, umfasst nicht nur die, um so zu sagen, persönliche Habe der Braut, sondern auch Alles, was sie an Zimmer- und Küchengerätschaften mit bekommt, ja, sogar das Geld, welches sie dem Bräutigam zubringt, wird aufgezählt, und diese sämtlichen "Fährnisse" werden einige Tage vor der Hochzeit vom Priester eingesegnet. Zugleich spenden die nächsten Anverwandten Milch, Butter und Käse; Rinder, Kälber und Schweine werden geschlachtet; Karpfen, die während der Hochzeit täglich schwarz gesotten auf den Tisch kommen müssen, in großer Menge angekauft. Auch verfehlt man nicht, Bier, "damit es abliege," in gehörigem Masse in's Haus zu schaffen.

Am Morgen des Hochzeitstages erscheint der Bräutigam mit seiner "Freundschaft" auf dem Hofe der Braut, wo ihnen unter dem "Schupfen" ein Frühstück aus Kaffee, Kuchen und Würsten angeboten wird. Außerdem werden von der Braut dem Bräutigam und dem Brautführer, von den Brauteltern den Freunden des Bräutigams neue "Tüchel" gesandt, welche so in den Busen gesteckt werden, dass sie halb sichtbar bleiben. Wer das nicht täte, würde Geringschätzung des geschenkten Tüchels verraten.

Während nun unter dem Schupfen gefrühstückt wird, geht der Brautführer mit dem Prokurator in das Haus, und der Letztere bittet sich im Namen des Bräutigams die Braut aus, welche im vollständigen Hochzeitsstaat hinter dem Ofen sitzt.

Drei Mal trägt er seine Anrede vor. Das erste Mal erwidert der Vater oder der "Thud", oder in Ermangelung Beider der nächste Freund: er wolle sich noch besinnen. Das zweite Mal entgegnet er: es sei ihm noch widerraten worden. Das dritte Mal sagt er endlich: "Alles in Gottes Namen." Die Braut kniet auf der Türschwelle nieder, ein zweiter Prokurator bewilligt in ihrem Namen alles Nötige, und fügt die Einladung zum Hochzeitsmahl bei. Darauf wählt die Braut ihrerseits einen Brautführer, bittet, an der Stubentür niederkniend, um den elterlichen Segen, und nimmt tränenreichen Abschied von den Ihrigen. Die Mutter sagt zu ihr: "Steig, Tochter, steig, das Trischaml ist dein höchster Berg,"

Sobald die Braut aus dem Hause tritt, schießt der Brautführer des Bräutigams eine Pistole ab, und der Geiger und der Sackpfeifer, welche der Bräutigam als "Musik" mit sich gebracht, lassen ihre Instrumente ertönen und ziehen voran. Ihnen folgt der Bräutigam, gesenkten Hauptes und langsamen Schrittes, unter dem Hut, selbst im heißesten Sommer, die kleine Pelzmütze, an den Händen mächtige Pelzhandschuhe. Hinter ihm kommt sein Brautführer, die Reihe der jungen Burschen, der Vater, der "Thud" und endlich je nach dem Grade des Verwandtseins die übrige männliche Hochzeitsgesellschaft.

Im Abstand von fünfzig bis sechzig Schritten folgt der Brautführer der Braut. So stark und





häufig sonst bei der vorderen Abteilung geschossen wurde, so selten feuerte er seine schwachgeladene Pistole ab. Mit niedergeschlagenen weinenden Augen kommt die Braut, zum Glück ohne Pelzhandschuhe, in den Händen Gebetbuch, weißes Tuch und Rosenkranz, auf dem Scheitel eine kleine "Krömpfe" aus Silberdraht mit verschiedenfarbigen Steinchen, um die Stirn das "Glockenpendel" (Glockenband), ein schwarzes Samtband, an welchem vergoldete Blättchen hängen und klingeln. Den Hinterkopf bedeckt eine runde, sechs Zoll große "Masche" aus rosa Bändern, unter welcher der übereinandergeschlagene Doppelzopf mit zwei roten Wollquasten auf den Rücken herabfällt, auf dem Kirchgange jedoch durch den langen schwarzen rotgefütterten Mantel mit steifem spitzenbesetzten Kragen verborgen wird, den die Braut über der gewöhnlichen Tracht und einem Pelz tragen muss, und den ihr der Vater, der"Thud" oder der nächste Freund umhängt. Die "Kranzjungfer" oder "Brautmagd", sowie die übrigen eingeladenen Mädchen tragen denselben Kopfputz wie die Braut, nur fällt bei ihnen der Zopf über den Mantel. Die Weiber, welche den Zug beschließen, setzen weiße infulartige Hauben, im Winter große schwarze Pelzmützen auf.

Vor der Kirchtüre machen die Musiker Halt und verstummen, sobald die Braut eingetreten ist. Die Kirchenstühle werden nach der Ordnung des Zuges besetzt. Oft dauert es nach dem Messopfer noch lange, ehe der Bräutigam sich zum Hervortreten entschließt. Vielleicht will er sicher sein, dass er das Krönchen, welches die Brautmagd ihm aufgesetzt hat, im Gleichgewicht erhalten kann, denn fällt es, so erweckt das entweder die Befürchtung eines Unglücks, oder Zweifel an des Bräutigams Junggesellenschaft. Er muss das Kränzchen, welches mit Flittergold und Steinchen besetzt und mit einem roten Bändchen verziert ist, unverrückt wieder in den Kirchstuhl zurücktragen, dann erst darf er es abnehmen und an seinen Hut befestigen.

Hat er seinen Platz eingenommen, so holt der Brautführer die Braut, der man es sehr verdenken würde, wenn sie früher als der Bräutigam an den Altar träte oder von diesem wegginge. Umsehen darf kein Teil sich, "denn das sähe aus, als suche er schon jetzt eine zweite Ehehälfte." "Damit kein "Eheteufel" sich einschleiche und Niemand die Herzen der Gatten trenne", schlägt der Brautführer den Mantel der Braut um den halben Rücken des Bräutigams, so dass die untere Hälfte des Körpers bis zu den Füssen bedeckt wird.

Auf dem Rückwege werden die Brautführer gewechselt, und wo die Braut aufgehalten wird, muss ihr neuer Geleiter sie lösen. Das Mittagsmahl findet an diesem ersten Tage im Brauthaus statt, der Bräutigam sitzt bei der Braut hinter dem Tische "am Eck", im "Brautwinkel", und wird gleich ihr bedient. Aber die Pelzmütze darf er nicht abnehmen, und sie darf den Pelz nicht ausziehen; man kann von ihnen buchstäblich sagen, dass sie ihr Brod im Schweiße ihres Angesichtes essen müssen.

Nachdem gespeist, gesungen und getanzt worden, bricht man, ist der Bräutigam aus einem andern Dorfe, um Mitternacht nach seiner Heimat auf. Die Braut, welche nochmals kniend der Eltern Segen empfangen hat, geht im Geleit der Weiber langsam den voraus schreitenden Männern nach. Sind Alle beim Hause des Bräutigams angelangt, so tritt er nebst den Männern ungehindert ein, die Braut dagegen bleibt vor der Haustür stehen, bis die Schwiegermutter sie mit den Worten begrüßt:

"Wirst du eine gute Schnure sein,
Werd' ich eine gute Schwieger sein;

Tritt ein in mein Haus,
Und mach' dir nichts d'raus."

Hierauf reicht sie der Braut ein Glas Wein oder Kaffee, welches die Braut in einem Zuge leeren und dann über die Schulter werfen muss. Bleibt es ganz, so wird das Brautpaar lange leben und glücklich sein.

Jetzt naht sich wenigstens die "heiße Pein" der Brautleute ihrem Ende, denn die Braut wird in die Kammer auf dem Hausboden geführt, wo ihr der Brautführer den Mantel abnimmt. In der Stube unten nimmt er ihr auch Gebetbuch und Rosenkranz ab, während der Brautführer des Bräutigams diesen von seiner Pelzmütze befreit hat. Dann werden von zwei Laib Brot zwei Stücke geschnitten und den Brautleuten gegeben, die sie sorgfältig aufheben. "Wessen Brot eher schimmelt, dessen Leib früher himmelt,"





d. h. stirbt. Auch soll, so lange diese "Brotschnitte" aufbewahrt werden, das Brot in der Haushaltung beim Backen niemals "umschlagen". Bäckt die junge Frau zum ersten Male, so "gibt" sie etwas von diesem Brot in den "Backkübel", damit bei ihr nie Mangel an Brot entstehe.

Jetzt kommt ein Frühstück und hierauf der Ehrentanz in der Scheuer, wobei die Braut mit den beiden Brautführern und dem Bräutigam tanzt. Dann wird in der Stube fortgefahren, bis um vier Uhr Nachmittag das Hochzeitsmahl aufgetragen wird. Gegessen wird auf hölzernen Tellern, wenn auch Zinn und Steingut zur Genüge da wäre. Eine Ausnahme macht man bei den geladenen Honoratioren, die an einem besonderen Tische ihrem Stande gemäß bewirtet werden. Die Musik geht während des Essens fort. Neben der Braut sitzt an diesem Tage der Brautführer, der Bräutigam bedient, sein Bruder gibt die Speisen herum. Hat dieser unter den eingeladenen Mädchen eine Geliebte, so darf er ihr Nichts anbieten. Die Gäste bewerfen die Brautleute mit Pfeffernüssen und Lebzelten auf eine so gewaltsame Art, dass im Gesicht oft deutliche Spuren davon zurückbleiben. Der Prokurator spricht vor dem Essen ein Gebet, nach Beendigung des Mahles eine Dankrede. Der "ehrbare Bräutigam tut sich besonders hoch und fleißig bedanken gegen Gott den Allmächtigen, dass er ihn und seine Jungfer Braut diesen Ehrentag hat frisch und gesund erleben lassen." Er bedankt sich "für Haus und Hof, Stuben, Keller, Tisch und Bänke, Nägel und Stangen, wo jeder Hochzeitsgast sein Gewand hat hinhängen können." Er bedankt sich "für die Kammerfrauen, die den Wagen mit der Morgengabe seiner Jungfrau Braut begleitet und überantwortet haben." Er bedankt sich noch für mehr Dinge. Am hübschesten ist der Dank an seine Schwiegermutter, "dass sie seine Jungfrau Braut unter ihrem Herzen getragen, mit Schmerzen geboren und christlich erzogen habe."

Nach allem diesem Danke bemerkt der Prokurator, dass "ein und der andere Hochzeitsgast sagen könnte: Ich hab' gegessen und getrunken, jetzt möcht' ich gern ein wenig ruhen. Es ist ein gemeines Sprichwort: Geld und Gut kann man tragen bei sich, aber die liebe Herberge nicht. Der Bräutigam hat eine Vorsorge getroffen: die Mannspersonen sollen bei dem braven N. N., die Weibspersonen bei M. M. ihr Nachtlager haben." Der Prokurator bringt ferner in Erinnerung, dass die Junggesellen ihn einer "Gaukelhenne" wegen "gezupft" hätten. Diese Gaukelhenne solle, nach altem Gebrauch, die Schwiegermutter hergeben, hätte sie aber keine, so wollten sie auch mit einem dreijährigen "Öchslein" vorlieb nehmen und "ihre Kurzweil daran treiben."

Die "Gaukelhenne" ist, was man anderswo den "Hahnenschlag" nennt. Eine Henne wird in der Scheuer unter einen Topf getan, den Burschen werden der Reihe nach die Augen verbunden, Jeder schlägt ein Mal mit dem "Dreschel" nach dem Topf, und wer ihn trifft, hat die Henne.

Das größte Ereignis auf der Hochzeit ist die Ankunft des "Plunderwagens", welcher, in der uns nun schon bekannten Weise beladen, mit vier Kammerfrauen und dem vorschriftsmäßig bebänderten Gespann vorfährt, aber durchaus nicht in den Hof hinein kann, weil die Pferde nicht weiter wollen. Man schaufelt die Erde vor den Rädern fort - umsonst: die Räder kommen nicht wieder in's Rollen. Endlich bringt der Bräutigam, welcher unter dem Tore steht, das alte Sprichwort zur Anwendung: wer gut schmiert, der gut fährt. Es hilft: die Pferde ziehen an, die Räder setzen sich in Bewegung, der Wagen wird eingefahren, und der Fuhrmann bekommt ein Paar Fausthandschuh.

Die "Kammerfrauen" sitzen je zwei und zwei mit dem Rücken gegeneinander an den Enden des Wagens. Der Regel nach müssen sie unterwegs spinnen, und dann winden die Brautleute jedes eine Spindel ab. Wessen Faden der kürzeste ist oder zuerst reißt, der stirbt zuerst.

Weiter dürfen der Regel nach die "Kammerfrauen" nicht eher vom Wagen heruntersteigen, bis man ihnen Kaffee, Wein oder Branntwein gereicht hat. Dann werden von den männlichen Hochzeitsgästen die Sachen abgeladen und in's Haus geschafft. Der Bräutigam wird angewiesen, einen Korb mit zerbrechlichen Dingen herabzuheben, von welchem die Tragbänder losgemacht worden sind. Fasst er nun bei den





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Tragbändern an und fällt folglich der Korb herunter, so gibt es Spott auf des Ungeschickten Kosten. Die Kranzeljungfern müssen ihrerseits scharf aufpassen, dass Nichts von den Sachen im Scherz entwendet werde. Ist der Wagen leer, so wird der Bräutigam befragt: ob er zufrieden sei? Die Antwort lautet: er wäre es vollkommen, wenn man ihm noch das beste Stück (die Braut) dazu gäbe.

Dazu wird endlich Aussicht. Die Brautmägde heben der Braut trotz alles Sträubens und Weinens das Kränzchen und das Glockenband ab, und die Musik geleitet sie in die Kammer, wo inzwischen die jungen Bursche in "herkömmlichem Mutwillen" aus der "Bettstatt" die hölzernen Nägel gezogen haben. Aber obgleich das Brautpaar verschwunden ist, bleibt die Musik doch noch da, und zwar so lange, bis der Bräutigam ihr ein Trinkgeld gegeben und ihr ein Laib Brot, drei Kuchen, Zwetschgen und eine "gestandene Schüssel", nämlich eine Sülze, versprochen hat.

Das Gespann des "Plunderwagens" bleibt mit diesem so lange auf dem Hofe, wie die Hochzeit dauert. Geht diese Donnerstags oder Sonnabends zu Ende, so erbietet der Bräutigam sich, die Gäste, welche dem Brauthaus zunächst wohnen , mit dem Plunderwagen zurückzufahren; auf dem Wege indessen besinnt er sich eines Andern, wirft vorsichtig um, empfiehlt sich und überlässt es den Gästen, sich selbst und den Wagen nach Hause zu befördern.

In der Tepler Gegend verfügt am Abend vor dem Hochzeitstage der Brautführer mit den "Spielleuten" sich zur Braut, bringt ihr ein Ständchen, und überreicht ihr von Seiten des Bräutigams die "Brautschuhe".

Erscheint am nächsten Morgen der Bräutigam mit seiner Begleitung, die er zuvor daheim mit Fleisch und Würsten bewirtet hat, vor dem Hause der Brauteltern, so begibt der Brautführer allein sich hinein und spricht: "Gelobt sei Jesus Christus! Ich bin ein abgesandter Bote vom Herrn Bräutigam, er lässt bitten, ob die Worte noch beständig sind oder nicht ?"

Die Einladung zum Eintreten erfolgt, der Brautführer ist jetzt der Letzte. Während die Hochzeitsgäste des Bräutigams mit denen der Braut Begrüßungen austauschen, tritt der Brautführer mit den - Spielleuten an die verschlossene Brautkammer, und spricht durch die Tür:

"Mit Verlaub, ihr Frauen und Jungfrauen! Ich bin ein abgesandter Bote von dem Herrn Bräutigam und komm' her von Waldsachsen, wo die schwarzbraunen Mädchen wachsen. Hoffentlich wird auch eine unter Euch sein, die vor etlichen Tagen oder Wochen sich mit dem Herrn Bräutigam verlobt und versprochen hat, mit Hand und Mund bis auf die priesterliche Kopulation. Daher ist mein höfliches Bitten und Suchen, Ihr wollet mir dieselbe vorstellig machen und abfolgen lassen. Ich will sie führen in ihrem seidnen Rock und goldnen Zopf, in ihren jungen Jahren und gezierten Haaren vor den Herrn Bräutigam. Ich will sie führen über Weg und Steg, Gassen und Straßen, und dazu in das hochheilige Haus Gottes; alldort werden wir alle zu Hilfe kommen mit einem andächtigen Vaterunser und Englischem Gruß, damit ihnen Gott Glück und Segen möchte geben. Dann will ich sie führen wieder in ihres Vaters Behausung; alldort will ich sie setzen zum Tisch, vom Tisch zum Tanz, vom Tanz zu Bett, und ihr aufwarten nach aller meiner Möglichkeit, gleich wie es einem jungen Burschen oder Brautführer an-und zusteht. Nun, meine herzallerliebste Jungfrau Braut, ich bin zwar nicht allein, ich habe auch andere Kameraden bei mir, und das sind fünf Musikanten. Ich bitte und hoffe, die ehr- und tugendsame Jungfrau Braut wird auch nicht allein sein. Sie wird auch versehen sein mit einem Tüchlein, Bandl, Sträußlein oder Ehrenkranz; wenn dieses Alles ist, so ist die Frage: "wie teuer ist die Braut?"

Es wird gefeilscht, der Brautführer zahlt, empfängt die Braut und führt sie dem Bräutigam zu. Natürlich ist es nicht die echte, sondern eine alte, hässliche, die "den Mund auf dem rechten Flecke hat." Der Bräutigam zahlt, um sie loszuwerden, der Brautführer kehrt zur Brautkammer zurück, holt die rechte Braut, und kommt mit ihr abermals zum Bräutigam.

"Nun, mein ehrbarer und wohlgeachteter Herr Bräutigam, weil Er hat mir vertraut die ehr- und





tugendsame Jungfrau Braut als einem Brautführer, so will ich Ihm diese Vorstellung machen, ob es die rechte ist oder nicht; wenn es die rechte ist, so bitte ich den Herrn Bräutigam, ein oder zwei Schritt näher zu kommen, und gebt Eines dem Andern die rechte Hand, wie es Gebrauch und Sitte ist in unserm katholischen Vaterland."

Die Brautleute tun, wie ihnen gesagt worden ist, der Brautführer geht zum "Brautvater". "Nun, mein ehrbarer und wohlgeachteter Herr Brautvater! Ich bin ein abgesandter Bote von dem Herrn Bräutigam. Er und die Jungfrau Braut lassen Sie bitten um den väterlichen Segen."

Der Brautvater erteilt ihn, und die Gesellschaft zieht in dem bei der egerischen Hochzeit beschriebenen Gänsemarsche nach der Kirche. Der Bräutigam trägt in der rechten Hand ein großes spanisches Rohr, um welches die Braut ein schönes Seidenband geschlungen, in der linken den Hut, welcher ebenfalls durch die Braut mit Bändern und einem großen seidenen Tuche verziert worden ist. Sämtliche "Hochzeitsmänner" haben auch spanische Rohre mit Seidenbändern: die Braut hat sie gekauft, die Weiber haben sie angebunden, während der Brautführer um die Braut feilschte. Der Brautführer, welcher die Reihe der Männer schließt, trägt den Hut ebenso geschmückt wie der Bräutigam, nur trägt er ihn auf dem Kopfe.

In der Kirche geht der Bräutigam an die Kommunionsbank, während die Braut an einem Seitenaltar stehen bleibt, bis der Brautführer sie zum Trauungsakt abholt. Ist dieser vollzogen und haben die Brautleute geopfert, so knien sie seitwärts vom Altar nieder, und an ihnen vorüber ziehen auch die Hochzeitsgäste zum Opfer, indem sie Beiden die Hand reichen und Glück und Segen wünschen. Die Tür der Kirche wird von den Singbuben "der Braut vor der Nase zugeschlagen" und nicht eher wieder geöffnet, als bis der Bräutigam die Braut "von den Singbuben ausgekauft hat."

Beim Zuge in's Wirtshaus, wo vom Brautpaar, vom Brautmädchen und vom Brautführer drei "Touren" getanzt werden, knallt und kracht es in allen Gassen. Im Brauthaus zieht Alles sich um, dann geht's zurück in die Wirtsstube und zum Tanz. Um fünf wird "zum Essen gerufen." Am Brauttisch muss der Brautführer auf einem großen hölzernen Tranchierteller alles Fleisch schneiden, und dabei auch noch der Braut und dem Brautmädchen, die ihm zu beiden Seiten sitzen, die Speisen vorlegen. Die Braten werden stets unter Musikbegleitung aufgetragen. Zur Unterhaltung werfen die Gäste sich von einem Tische zum andern mit trocknen Erbsen. Bis um zehn wird gegessen, bis um zwölf getanzt, dann eine "gestandene Schüssel" verzehrt, und wieder getanzt bis zum Morgen. Viele gehen gar nicht erst zur Ruhe, sondern "machen einen Natzer hinter dem Tische." Um neun Uhr früh ist die Lust schon wieder in vollem Gange und währt bis um zwölf, zum Mittag. Dieses wird heute etwas schneller abgemacht, als gestern, denn die Braut muss in's Haus ihres jungen Gatten, und der "Kammerwagen" muss auch hin. Die "Hochzeitsmänner" schaffen die Aussteuer Stück für Stück hinaus, damit Jeder etwas zu tragen bekomme, sei es auch nur ein Bettüberzug. Die aus den "Hochzeitsweibern" ausgewählten "Kammerwagenweiber" überwachen das Aufladen.

Ist dieses fertig, so wird eine "Geländerbank" (Püapenk) gebracht, auf welche die Brauteltern, die Braut und das Brautmädchen sich niederlassen, und dann erfolgt durch den Brautführer das "Ausbeten" der Braut in zwölf "Gesetzeln", von denen wir das letzte und umfassendste mitteilen wollen.

"Nun, meine herzliebste Jungfrau Braut, weil sie heut muss scheiden von ihren liebenden Eltern und muss Urlaub nehmen von Vater und Mutter, Schwestern und Brüdern, Freund und Feind, Nachbarn und Bekannten, redet ihr nichts Böses nach. Beurlaube dich von allen Blümlein im Blumengarten, so dich hier umgeben haben, beurlaube dich von Berg und Tal, von Allem, was auf der Welt lebt und schwebt, und weil sie heut nicht zu einem Jeden kann kommen, um mit eigener Hand um Verzeihung zu bitten, so will ich statt ihrer Euch grüßen und abdanken. So bitte ich den Herrn Schwiegervater und Frau Schwiegermutter, und auch alle versammelten Herren Hochzeitsgäste und Zugehörigen, wenn sie eines oder das andere sollte beleidigt haben mit Worten und Werken, mit einem Schritt oder Tritt, oder gar mit einem





Augenblick zu nahe gekommen ist, so lässt sie durch mich alle um Verzeihung bitten und grüßen. Nun, meine herzliebste Jungfrau Braut, mit der heutigen Sonne ist für dich ein Tag angebrochen, einerseits ein Tag der Freude, andererseits ein Tag der Trauer, wenn du überlegst, dass du aus dem Hause deiner Eltern musst scheiden, wo du wie eine Rose im Garten bist aufgesproßt unter der Aufsicht deiner Eltern, wofür du ihnen großen Dank schuldig bist, an welches dich kindliche Pflicht erinnern soll. Zuletzt danke ich meinem Herrn Lehrer und hochwürdigen Herrn Pfarrer, von welchem die besten Früchte kommen in der Jugend und im Alter. Ich scheide im Namen Jesu und Maria von allen. Sollte ich ein Wort zu viel oder zu wenig geredet haben, so bitte ich, Ihr wollt es mir nicht übel nehmen, und ich mache den Beschluss mit dem heiligen Gruß: Gelobt sei Jesus Christus."

Der Brautführer schweigt, dafür brechen die Brauteltern und die Braut selbst in lauten Jammer aus, denn laut muss besonders der Jammer der letzteren sein. Jammerte sie nur leise, so würde man glauben, sie sei froh, von den Eltern wegzukommen.

Wenn hinreichend gejammert worden ist, denkt man an die Wanderung. Aber hier kriegt der Kammerwagen beim Ausfahren Mucken. Die "Kammerwagenführer", mit den Seidenbändern an den Hüten und den großen roten Schleifen an den Peitschen, machen die kühnsten Wendungen, werfen allerdings nicht um, kommen jedoch nicht eher von der Stelle, als bis die "Kammerwagenweiber" ihnen ein Schmiergeld verabfolgt haben. In der Dorfgasse neuer Aufenthalt: die "Knechte", d. h. die jungen Bursche des Ortes, haben eine Kette über den Weg gespannt, in deren Mitte eine mächtige Schleife von Seidenband hängt. Der Bräutigam muss an zehn bis fünfzehn Gulden zahlen; in den andern Dörfern, durch welche der Zug kommt, sind die aufhaltenden Knechte aber auch mit einem zufrieden. Vor der Tür des Bräutigamshauses steht die Mutter mit einem Krug Bier, aus welchem sie den Anlangenden der Reihe nach zu trinken reicht. In der Stube ist bereits gedeckt, das Mahl ist reichlich, der Bräutigam wartet auf.

Dann beginnt das Schenken. Die Braut sitzt im Brautwinkel, neben ihr das Brautmädchen, neben dieser die Weiber, deren letztes von einer "Plesche", einem Deckelkrug aus Steingut, welcher vor ihr auf einem Tische steht, das "Pleschenweib" heißt. Der Brautführer kommt mit einem Teller und spricht: "Jetzt werde ich aufsetzen eine Schüssel mit zwei Lichtern, damit wir der ehr- und tugendsamen Jungfrau Braut eine kleine Beisteuer geben auf ein Kindeskappel, ein Breipfannl, ein Wiegenbandl und wie es dergleichen hergeht." Ein Mann nach dem andern nähert sich, trinkt Bier aus der Plesche, begrüßt der Reihe nach die Weiber und legt ein Geldstück auf den Teller. Darauf erheben sich die Frauen und jede schenkt der Braut einen in ein Tuch gebundenen Pack Flachs, so dass die Braut zuletzt einen wahren Flachsberg neben sich hat. Zum Schluss erhält die Braut eine Gans, der sie einige Federn am Halse abschneidet, ein Schaf, das auch gezeichnet wird, ein Rind, eine Breipfanne und endlich ein "Büschelkind", welches letztere sie auf die Arme nimmt, um es zu küssen und ihm ein Geldstück vom Teller zu schenken. Unterdessen hat der Brautführer ein Butterfass mit Wasser hereingeholt und es auf den Tisch gestellt. Er buttert eine Zeit lang mit scheinbarem Eifer, dann macht er plötzlich das Fass auf und schüttet das Wasser über die eingedrungenen Zugaffer aus. Ist das Schenken vorüber, so geht es in's Wirtshaus zum Tanze, welcher auch noch den ganzen Donnerstag über fortgesetzt wird.

Im Böhmerwald, wo die Gatten nach der Trauung noch drei Wochen lang getrennt bei den Eltern leben, wird der Kammerwagen mit vier Pferden einige Tage vor dem Einzuge der Braut in das Haus des jungen Ehemannes geführt. Der Hochzeitlader wird "Hauzatloda" ausgesprochen, die Kranzjungfern heißen "Brautmaschl". Die Burschen halten vor der Hochzeit einen Wettlauf. Die Dorfmädchen singen unter den Fenstern das Lob der Braut und werden darauf hereingenötigt.

Um Budweis herum wird der Zeremonienmeister der Hochzeit "Plampatsch" genannt, was im Czechischen Lustigmacher bedeutet. Er ist es, welcher mit den Burschen, deren Hüte mit einem "großen Strauss in Kranzform" aus gemachten Blumen umgeben sind, den Bräutigam aus dessen Wohnung abholt





und in das Brauthaus geleitet. Hier wird dem Bräutigam vom "Plampatsch" ein Toller mit einem Rosmarinkranz und einem buntseidenen Halstuch überreicht und die Braut von ihren Eltern gesegnet. Dann fährt man unter dem Vorritt eines Burschen in einem vierspännigen Wagen nach der Kirche. Die Musikanten sitzen vorn und spielen was sie können; das Schießen ist jetzt untersagt worden. Das Aufhalten bei der Rückkehr ist dagegen noch gestattet und wird vermittelst einer Kette oder eines Balkens getreulich ausgeführt, wo nur der Wagen durch ein Dorf oder an einem Wirtshaus vorüber fährt, so dass der Bräutigam "die Maut zum Vertrinken für die Burschen" fleißig bezahlen muss. Nachdem im Elternhaus der Braut der Bräutigam ganz allein mit ihr getanzt, beginnt das Mittag, und der "Plampatsch" bringt die Suppe, d. h. meistens heißes Wasser in einer alten Suppenschüssel, die er unter der Tür mit gewaltigem Spektakel fallen lässt. Dann jedoch wird die wirkliche Suppe aufgetragen und zwar unter dem Spruch:

Gott segne die Suppen
Vor Fliegen und Mucken,
Vor Hirschen und Hasen,

Wem's z'heiss ist, der soll's blasen;
Wenn's Einer dem Andern nüd verginnt,
Dass ihm abi rinnt!

Nach der Suppe gibt es Rindfleisch, Kuttelfleck, Breingasch (Hirsebrei), Schweins - und Kalbsbraten, Gänse, Enten, Kolatschen. Von diesen nimmt außer dem Teller mit dem "Pschadessen" (Bescheidessen, bei Tepl "Bschoidessen") jeder Gast "einen Pack" mit nach Hause. Nachdem mehrere Tage getanzt worden ist, wird die Braut in Begleitung aller ihrer Verwandten zu Wagen feierlich in das Haus des Bräutigams gebracht, wo man abermals tanzt, auf das Wohl der Neuvermählten trinkt und dann von der jungen Frau Abschied nimmt. Den Schluss dieses Heimführungszuges bildet der Kammerwagen.

Am Fuße des böhmischen Erzgebirges haben wir gleichfalls den "Plampatsch", der auch "Sackelpatsch" und "Hochzeitsrummel" heißt, aber da ist er nicht Ein und Alles, sondern fungiert nur als "Altvater" für den Bräutigam, in dessen Namen er am Donnerstag vor der Hochzeit einladet. Mit ihm geht oder reitet der Brautführer, welcher, am Hut einen Rosmarinzweig mit Seidenmasche, die Einladungen der Braut ausrichtet. Der "Altvater" trägt den Rosmarin im Knopfloch. Das Formular für die Einladungen steht in kleinen Handbüchlein gedruckt. Ungeladene dürfen als "Brautschauer" kommen, werden jedoch nicht bewirtet. Die geladenen Gäste zeichnen sich bei der Hochzeit durch Rosmarinzweige aus.

Die Trauung findet in der Kirche, wo die Braut hingehört, die Hochzeit in ihrem elterlichen Hause statt. Völlig geschmückt erwartet sie oben in der Brautkammer die Ankunft des Bräutigams, seiner Eltern, der Zeugen und des Brautführers. Wie die Braut im Egerland, versucht auch sie, einen Blick auf den Bräutigam zu werfen, ohne von ihm bemerkt zu werden, doch tut sie es nur, um die Herrschaft im Hause zu gewinnen. Auch die "alte Braut" haben wir hier, indessen will sie nicht den Platz der echten usurpieren, sondern ihr lediglich mit Rat und Tat beistehen. Sie ist es, welche die zwei Taler oder Gulden in Empfang nimmt, durch welche der Brautführer den Einlass in die Brautkammer und die Erlaubnis erkaufen muss, die Braut hinunter in die Stube zu führen.

Dort wird Kaffee getrunken, wobei die Brautleute aus einem Topf löffeln müssen. Darauf wird in die Mitte der Stube ein Bänkchen gestellt, auf welches das Brautpaar, die Braut rechts, niederknien muss. Der " Altvater" hält eine Rede und segnet und besprengt das Paar. Nach ihm tun die Eltern ein Gleiches.

Beim Kirchzug geht der "Altvater" voran, dann folgt der Bräutigam mit seinen Beiständen, die Braut am Arm des Brautführers, die "Kränzeljungfer" nebst der "alten Braut" und endlich die übrige Gesellschaft. Früher schoss der "Altvater", jetzt muss er sich begnügen, gemeinschaftlich mit dem Brautführer Juchzer auszustoßen.

In der Kirche nehmen die Männer rechts, die Weiber links Platz. Während des Trauungsaktes nimmt die "Kränzeljungfer" die Rosmarinkränze ab, welche die Brautleute auf dem Kopfe tragen. Nach der Einsegnung wird die Braut vom Bräutigam, die "Kränzeljungfer" vom Brautführer an ihren Sitz geführt. Der Brautführer legt der Braut zur Messe ein am gehörigen Orte aufgeschlagenes Messbuch vor, welches





sein Hochzeitsgeschenk ausmacht. Nach der Messe gellt man im Gebirge, z. B. in Langenwiese, zum Opfer, und das Brautpaar bleibt am Opferstock stehen, um sich beglückwünschen zu lassen. Anderswo wird im Hause Glück gewünscht, vom "Altvater" zuerst. Der "Altvater" fordert auch zu Tische auf und spricht ein kurzes Tischgebet, weiter bedient er, während der Bräutigam obenan bei der Braut im Brautwinkel sitzt. Bei der Suppe beginnt vor dem Fenster Musik; nach dem Eingemachten treten die Musikanten ein und lassen sich an einem Seitentische nieder. Um vier Uhr wird Zuckerzeug aufgesetzt, womit man diejenigen wirft, die man lieb hat. Ist das Zuckerzeug alle, greift man zu Erbsen. Wer recht gemisshandelt wird, der wird sehr geliebt. Früher warf man auch mit dem (damals) letzten Gericht: dem Hirsebrei.

Nach dem Mahle bleibt das Brautpaar, die "Kränzeljungfer" und die "alte Braut" sitzen. Diese hat vor sich einen Teller mit einem Tuche und einem "bemaschelten" Rosmarin, auf welchen die Brautgeschenke gelegt werden. Um aus ihrem Winkel herauszukommen, muss die Braut auf den Tisch steigen, von welchem der Bräutigam sie herunterhebt. Der "Altvater" tut dasselbe für die "alte Braut". Dann bittet er liebst der Köchin um Gaben, sie hat auf dem Teller einen geschmückten Quirl, er einen Rosenkranz.

Beim Brauttanz geht die Braut aus den Armen des Brautführers in die des Bräutigams über und aus den seinigen in die der Väter und der sämtlichen Männer. Den allgemeinen Tanz eröffnet das Brautpaar; der Brautführer tanzt mit der "Kränzeljungfer", der "Altvater" mit der "alten Braut". Der Brautführer trägt den Hut auf dem Kopfe und auf dem Hut drei Schleifen; eine von der Braut, eine von der Kränzeljungfer und eine kleine rote, die er sich selbst verehrt hat. Gegen Mitternacht tanzt er mit der Braut und entschlüpft mit ihr zum Bräutigam, der sich bereits davon gemacht hat. Er hat den Schuh der Braut erwischt und muss, ohne sich denselben entwenden zu lassen, durch die Tür, wo die "alte Braut" und die Frauen ihm auflauern. Glückt es ihm, so zahlt die "alte Braut"; verliert er den Schuh, muss er zahlen. Das "Weibsvolk" mit Musik voran, geht es in die Brautkammer. Dort singt man: "Wo kommt der Eh'stand her?" Das Brautpaar gibt Geld für die Musikanten, für die Gäste Punsch, Rosoglio und den ungeheuren "Eh'standskuchen" her. Darauf währt der Tanz unten bis zum Morgen, wo die vornehmsten Gäste mit Musik nach Hause geleitet und den Brautleuten vor ihrer Kammer, sowie der alten Braut vor ihrer Wohnung Ständchen gebracht werden.

Am nächsten Morgen um neun Uhr trommelt der "Altvater" die "alte Braut" und darauf die übrigen Gäste zum Frühstück zusammen. Die Eltern des Bräutigams haben im Brauthaus übernachtet. Ist das Frühstück verzehrt, so bleiben die Männer unten beim Zechen sitzen, während die Weiber sich zum "Brauthauben" in die Brautkammer begeben. Zwei kleine Mädchen, die im Voraus mit Marzipan belohnt worden sind, tragen die weiße Brauthaube zur Braut, welche, anders als am vorigen Tage, aber ebenfalls ganz neu gekleidet, sich auf einem großen Topf niedergelassen hat. Drei Mal setzen die Kleinen ihr die Haube verkehrt auf, drei Mal reißt sie dieselbe wieder vom Kopfe. Endlich kommt die "alte Braut", setzt ihr die Haube von rückwärts ordentlich auf, bindet ihr die Schleifen und zerschlägt den Topf. Auf dieses Signal erscheint der Brautführer, holt die Braut herunter, und wedelt ihr mit einem Wedel die Fliegen ab, die nicht da sind. Die "alte Braut" singt:

Wir kommen aus dem Wald Sachsen,
Wo die schönen Mädchen wachsen,

Wir haben (es uns) wohl bedacht
Und Ihnen eine mitgebracht.

Dann lobt sie die Braut, ihren Wuchs, ihre Haltung, ihren Tanz, während der Brautführer, gleichsam um sie sehen zu lassen, mit ihr tanzt. Nach dieser Schaustellung wird sie feilgeboten, und der Bräutigam ersteht sie für einige Gulden, von denen jedes Stück in so und so viele Papierchen gewickelt ist. Dann tanzt er selbst mit ihr, sie stellt sich bucklig, lahm und ungeschickt, und er wird seines schlechten Kaufes wegen unbarmherzig verspottet.

Nun kommen die Weiber, bürsten die Männer mit Flederwischen ab und rasieren sie mit Holzspänen. Sie ihrerseits bürsten den Weibern die Schuhe ab, für Alles wird gezahlt, und das Geld, zusammen





mit dem, welches vorher der Bräutigam für die Braut erlegte, und mit dem, was am Abend vorher die "alte Braut" oder der Brautführer zahlte, zum Ankauf von Marzipan verwandt. Von diesem bekommen sämtliche Frauen, die Hochzeitsmutter, die Köchin und der"Altvater" jedes ein volles Teil, jeder Musikant ein halbes, und die übrigen Männer Nichts. Zur Entschädigung dürfen sie den Kammerwagen laden. Ist er fertig, so besteigt der Kutscher eines der Pferde, trinkt ein Töpfchen Bier und wirft es dann so stark auf die Deichsel, dass es zerschmettert. Die "alte Braut", welche mit zwei andern Frauen und den unaufhörlich spielenden Musikanten "am Kammerwagen" sitzt, muss, damit der Wagen glücklich sei, dem Kutscher "die Peitsche schmieren" und den Vorübergehenden "Backobst" und Zuckerwerk zuwerfen. Vor dem Kammerwagen her fährt das Brautpaar in einer Kutsche, welche durch die Armen und die Jugend vermittelst einer mit Bändern verzierten Schnur "gehemmt" wird, wenn nicht das "Hemmen" gleich bei der Rückkehr aus der Kirche stattgefunden hat. Angelangt bei seiner Wohnung, wirft der Bräutigam das Oberbett zweimal auf den Wagen zurück, erst das dritte Mal trägt er es in's Haus. Nachdem abgeladen, gegessen und auch noch getanzt worden ist, bleibt der "Altvater" allein noch zurück, um aufräumen zu helfen.

An der böhmisch-sächsischen Gränze finden wir statt des "Plampatsch" den "Kamscher" oder "Kamschner", statt der "alten Braut" die "Brautfrau" oder "Salzmäste". Jener hat, in der Hand das spanische Rohr, am linken Arm einen Ungeheuern Strauss von gemachten Blumen, die Einladungen zu besorgen, der "Brautfrau" liegt die Anordnung des "Brautfuders" ob, welches einige Tage vor der Hochzeit in des Bräutigams Haus geführt wird. Die Hauptsache hierbei besteht darin, die Betten so zusammenzubinden, dass von jedem sämtliche Zipfel in die Höhe stehen, denn je mehr Zipfel, je mehr Ansehen für die Braut. Der Bräutigam folgt dem Wagen und muss ihn fleißig von den "Fürziehern" (Weghemmern) auslösen. Ist der Wagen angekommen, so packt die "Brautfrau" die Betten aus und macht das Brautbett zurecht.

Am Hochzeitsmorgen erscheint der "Kamscher" im Brauthaus und fragt die Eltern, ob sie dem draußen harrenden Bräutigam gestatten, dass er eintrete und um die Hand ihrer Tochter werbe? Er empfängt die Erlaubnis und einen großen Kuchen, welchen er draußen als "das der Erlaubnis zum Eintritt des N. N. beigedrückte Siegel" vorweist, und dann den versammelten Neugierigen zum Verschmausen überlässt. Darauf folgt im Hause die "Warbche" (Werbung), mit einer Rede des "Kamschers" an die Brautleute, die von den Eltern gesegnet werden. Die Kranzeljungfer heftet den Gästen die "Huchststroissel" (Hochzeitssträußchen) an die Brust, Kaffee und "Butterhörnel" werden verzehrt. Der "Kamscher" führt den Zug in die Kirche. Die "Fürzieher" fehlen nicht.

Das "Huchstessen", zu welchem die Gäste sich umkleiden, findet im Brauthaus statt. Im Brautwinkel, in der Wandecke am oberen Ende des Tisches, sitzt die Braut zwischen Kranzeljungfer und Brautfrau. Diese muss die oft nicht ganz feinen Scherze der Gesellschaft beantworten, denn die Braut darf nicht laut reden. Der Bräutigam bedient in Hemdsärmeln und Schürze. Der "Kamscher" schneidet vor. Die Schüsseln werden in langen Zwischenräumen aufgetragen. Beim Schenken, einige Stunden später, überreicht der "Kamscher" das gesammelte Geld auf einem verdeckten Teller der Braut; die Brautfrau nimmt es in Empfang. Dann sammelt er für die Kirche und die Armen und zuletzt für die Köchin, "die sich die Schürze verbrannt hat."

Zum Magenschluss kommt Brot und ein Lamm aus Butter, das "Huchstlammel", auf den Tisch, dann führt der "Kamscher" den "Gerichtszug" in's Wirtshaus. Diese Benennung stammt noch aus der Zeit her, wo die Richter das Privileg der Schankgerechtigkeit hatten und man daher zu Bier "in's Gericht" ging. Der Wirt hat heutzutage auch noch ein Privileg: er tanzt den "Brauttanz", einen langsamen Walzer, mit der Braut. Der ganze Tanz heißt "Brautschoun" (schauen).

Am nächsten Morgen wohnen die Gäste einer Messe bei, welche das Brautpaar für seine Eltern oder Großeltern lesen lässt. Dann wird im "Huchsthaus" gefrühstückt und allerlei Schabernack getrieben.


Hochzeits bräuche in Böhmen


Die Burschen stehlen, wenn sie können, die Brautbetten und verbergen sie in einem benachbarten Hause, wo die Mädchen sie im Namen der Braut suchen und auslösen müssen. Ihrerseits verstecken die Mädchen den mit Rosinen umwundenen Brautrocken, die Burschen entdecken ihn und essen die Rosinen. Ein Bursche spinnt einen möglichst dicken Faden zu einer "Wiegenschnur". Hierauf folgt, ist das Wetter irgend gut, im Freien das "Broitchenbolbieren" (Bräutigambarbieren). Der "Kamscher", als Baderkarrikatur angetan, erbietet sich, "ihm den Flaumfederbart abzunehmen, damit an dessen Stelle der Mannesbart wachsen könne." Der Bräutigam hat statt der Serviette einen Hader um, der "Kamscher" gebraucht als Messer eine Dachschindel, als Abziehriemen einen Besen, als Seife ein viereckiges Stück Holz. Dass der Bräutigam für diese buchstäbliche Schererei noch bezahlen muss, ist selbstverständlich. Nicht minder muss die Braut beim "Hauben" eine Pelzmütze mit einer Schelle an der Spitze, welche die Burschen ihr auf den Kopf drücken, erst küssen und dann bezahlen. Die Frauen reichen ihr nun die wirkliche Haube, die Burschen aber "hauben" Kranzeljungfer und Hochzeitsmädchen, ja, sogar die Mädchen in den benachbarten Häusern. Beim Essen werfen Burschen und Mädchen sich derb mit Erbsen und Zuckerzeug, und die ersteren suchen den letzteren Schuhe, Taschentücher und allerlei sonst noch zu rauben, wo dann wieder Lösegeld erlegt werden muss. Von allen diesen erpressten kleinen Summen wird am Abend eine Tanzmusik nebst Schmaus im Hochzeitshaus abgehalten, nachdem die jungen Leute in ein entferntes Wirtshaus gefahren sind und den Nachmittag über sich dort lustig gemacht haben. Dauert die Hochzeit drei Tage, so verschiebt man das Schenken auf den zweiten, welcher abermals mit einem Gerichtszuge schließt.

Am folgenden Sonntage besuchen die Gäste das neue Ehepaar und verschmausen die Überbleibsel von der Hochzeit auf der "Nouchhuchst" (Nachhochzeit). Man sieht, die Grenzbewohner wissen von fremdem Liebesglück ganz hübsch Vorteil für ihren Magen zu ziehen; fangen die jungen Burschen doch sogar damit schon an, sobald einer von ihnen "in allem Ernst in die Heirat zu einem Mädchen geht." Auf welche Weise es sei, ob durch das Dach, durch den Schornstein oder durch den Ofen, genug, sie wissen in das Gemach einzudringen, wo das Pärchen kos't. Einer der "Hanselnden" - diese Brandschatzung heißt nämlich das "Hanseln" oder "Ohbinden" - einer der Überraschenden also hält dem überraschten Burschen eine Rede, und, indem er ihm "Glück zur neuen Liebschaft" wünscht, zugleich einen Teller hin. Was der Liebhaber "seinem Madel zu Ehren" gibt, wird in Punsch, Kaffee oder dergleichen an Ort und Stelle sofort vertrunken.

Bei den Deutschen im Riesengebirge ist wiederum der "Plampatsch" anzutreffen, der "Plaudermann "oder auch "Plauderer" heißt. Diese letztere Benennung ist die wörtliche Verdeutschung des czechischen "tlampaě", welcher bei den Hochzeiten der Czechen die Hauptrolle spielt. Schon zur Verlobung begleitet er den Freier und dessen Vater, welche beide Rosmarin am Ärmel tragen, an dem bestimmten Sonntage in das Haus des Mädchens, dessen Vater den Herrn Kantor und einige alte Nachbarn eingeladen hat und sie auf der Schwelle empfängt, während das Gesinde, hinter der Schwelle stehend, den frommen und höflichen Wunsch ausspricht: "Der Herrgott gebe Euch recht viel Glück!" - "Der Herrgott geb' es!" antwortet der "tlampaě" für den Vater und den Sohn, welcher zuletzt über die Schwelle tritt. Bis zum Abend ist der Herr Kantor mit dem Ehevertrag fertig, dieser wird von Allen unterzeichnet, sei es auch nur mit drei Kreuzen, und das Mädchen gibt dem Freier die Hand darauf, dass es nach drei Wochen seine Frau werden wolle. Am nächsten Tage kommen die "Kameradinnen", dem Mädchen Glück zu wünschen, und wenn dieses sich im Dorfe zeigt, so sagt ihm ein Jedes: "gebe dir Gott Glück, Braut!"

Am Tage vor der Hochzeit versammelt sich das junge Volk, das ihr beiwohnen soll, im Brauthaus, dessen Tür mit Kränzen und Fichtenreisern verziert worden ist. Auch die Stube ist festlich rein und hinter jedem Bilde steckt ein grüner Zweig. Der Tisch, den ein weißes Tischtuch bedeckt, liegt voll von Rosmarin und weißen und roten Bändern. Es gilt, die Kränze und Sträuße zum folgenden Tage zu binden; die Braut tut es für den Brautführer und den "Tlampatsch", die jüngere Brautjungfer macht den





Kranz für die Braut, die ältere den für den Bräutigam. Die anderen Mädchen sorgen ein jedes für seinen Jüngling; auch die Sträuße für die älteren Gäste, so wie die zum Schmucke der Pferde werden nicht vergessen. Die Brautjungfern fangen an zu singen:

Wo flogest du, o Täubchen, hin?
Wo flogst du hin?

Dass du beschmutzt die Federn dir,
Die Federn dir?

Die andern Mädchen folgen, Jugend, Schönheit, Liebe wird gepriesen, zuletzt auch der Ehestand, "wie er schön sei, wenn Zwei sich lieben wie Turteltäubchen und einig leben, wie zwei Körner in einer Ähre." Der "Tlampatsch" ist weniger Enthusiast für den einigen Ehestand, er bittet um die Erlaubnis, ein Solo vortragen zu dürfen und hebt an:

Eheliche Einigkeit
Geht über Engelsseligkeit!
Wenn ich sage: Erbsen gib,
Seh' ich Graupe kommen;

Sag' ich: Fleisch, das war' mir lieb,
So wird Mehl genommen;
Eheliche Einigkeit
Geht über Engelsseligkeit.

Man lässt den Spötter nicht fortfahren, die hübsche Arbeit ist getan, die Mädchen stehen vom Tisch auf, fassen sich an den Händen, tanzen in der Runde und singen:

Nun ist vollendet Alles,
Vollendet und vollbracht;

Gebacken sind die Kuchen,
Die Kränze sind gemacht.

Auf den Tisch, wo es eben noch von Grün duftete und von Bändern leuchtete, werden jetzt prosaische, aber willkommene Schüsseln gesetzt. An Getränk mangelt es auch nicht- der Brautführer bringt es herein. Dann setzt er sich neben die Braut, welche auf der andern Seite die jüngere Brautjungfer hat, deren Amt es ist, ihr die Speisen vorzuschneiden und vorzulegen. Dasselbe tut die ältere Brautjungfer für den Bräutigam, der zwischen ihr und der "Braut-" oder "Hochzeitsmutter" (starosvata, starosvatka), der deutschen "Salzmäste", sitzen muss. Ist abgetragen, so bringt der "Tlampatsch", der während des Essens überall war und sich besonders von den Brautjungfern füttern ließ, drei Schüsseln als Geschenk für die Braut. In der ersten ist Weizen, der wird ihr gebracht, "dass sie fruchtbar werde." In der zweiten ist Asche mit etwas Hirse gemengt, den sie heraus klauben muss, "dass sie sich in der Geduld übe." Die dritte ist eine ganz verdeckte "geheimnisvolle" Schüssel, aus welcher, guckt die Braut hinein, ihr höchst wahrscheinlich ein Spatz in's Gesicht fliegt.

Am Morgen "gehen" die Brautjungfern und Jünglinge nebst dem "Tlampatsch" "um den Bräutigam", den sie mit Musik in's Brauthaus bringen, auf dessen Schwelle der Brautvater ihm ein volles Glas entgegenbringt. Dann hält der "Tlampatsch" seine Rede, vermittelt den elterlichen Segen und spaziert voran. Der Brautführer nimmt die Braut an einen, die jüngere Brautjungfer an den andern Arm; die ältere Brautjungfer wird dem Bräutigam zu Teil, und die Brautmutter geht zwischen den Zeugen. So gelangen sie an die Wagen, von denen die Braut mit ihren Brautmädchen den ersten, der Bräutigam nebst der Brautmutter und den Zeugen den zweiten besteigt. Bei der Rückkehr aus der Kirche wartet der Hochzeitvater schon wieder mit gefülltem Pokale. Nachdem die Braut sich umgekleidet, geht es zum Essen. Bei diesem werfen Burschen und Mädchen sich mit Weizen und den nie fehlenden Erbsen. Ist es vorbei, wird der Braut "auf eine Wiege" geschenkt. Die Burschen bieten den Mädchen Schüsseln und Handtücher zum Händewaschen an, die Mädchen werfen Silberstücke in's Wasser - was zusammenkommt, wird den nächsten Tag gemeinschaftlich vertanzt und vertrunken.

Nach dem Tanz, zu welchem die Braut sich nochmals umkleidet, wird sie um Mitternacht von den Frauen nach Hause in ihre Kammer entführt, wo sie sich die von der Brautmutter besorgte Haube aufsetzen lassen muss, so beweglich auch die Mädchen vor der Tür singen: sie möge sich den grünen Kranz nicht nehmen lassen. Dann wird der Bräutigam gefoppt. Die Brautmutter bringt ihm eine weiß verhüllte Gestalt, um die er so lange herumgeht, bis es ihm gelingt, die weiße Umhüllung zu lüften und das älteste





weibliche Gesicht zu erblicken, welches sich im Hause befindet. Natürlich dankt er, dankt auch für die zweite ihm Zugeführte, die vielleicht etwas weniger gräulich, aber doch nicht die rechte Braut ist, und zieht erst, wenn diese ihm zugeführt wird, seine Börse zum Bezahlen. Die Frauen nehmen ihn in ihre Mitte und singen zum Rundtanz:

Nun ist vollendet Alles,
Nun ist's mit Allem aus,

Die Braut ist unter der Haube,
Verzehrt der Kuchenschmaus.

Was der Bräutigam ihnen für die Braut gegeben hat, verschmausen sie am nächsten Tage, wenn sie zum "Bettmachen" kommen.

In andern czechischen Gegenden ist, wie bei Tepl, der Brautführer, "družba", die Seele jeder Hochzeit, von der es sich zu reden lohnt. Viel zu tun hat der Mann, aber dafür ist er auch mehrere Meilen in der Runde bekannt und gesucht.

Zu den Einladungen reitet er an der Elbe, vorzüglich in dem Chrudimer Kreise, in Gesellschaft von fünfzehn Musikanten und einigen "mladencove" aus. "Mladenec" heißt im Czechischen der Jüngling, der Bursche überhaupt, bei Hochzeiten aber bedeutet es speziell einen Brautdiener. Die Schar sitzt auf den schönsten Pferden, die aufzutreiben waren, Rosmarinzweige und rote Bänder bilden den Schmuck. Brautführer und Brautdiener sind an den größten Zweigen und den breitesten Bändern kenntlich, welche die Hände der Brautjungfern ihnen auf Hut, Mütze und Ärmel befestigt haben. Sie allein treten in's Haus, wo eingeladen werden soll, die Musikanten bleiben vor der Türe und spielen mit Macht. Dafür wird ihnen Bier und Branntwein gespendet; liegt das Haus sehr entfernt, bekommen sie auch ein Mittagessen.

Die Einladungsreden sind abgeschmackt, einförmig und daher langweilig. Nur wenn der Brautführer die Eltern eines jungen Mädchens angeht, "ihr Knöspchen" bei der Hochzeitsfeier als Brautjungfer "lieblich blühen und duften zu lassen," erhebt er sich zu einiger Poesie, und vergisst, wenn er auch in ungebundener Rede spricht, doch niemals auf "družicka" (Brautjungfer) ein "ružicka" (Röschen) folgen zu lassen. Um den Eltern die Nichtannahme seines Gesuchs so gut wie unmöglich zu machen, versichert er ihnen im Tone der tiefsten Überzeugung: die Hochzeit würde ohne dieses blühende Mädchen gerade so reizlos sein, wie ein Frühling ohne Rosen.

Hat er nun seine Rosen glücklich zusammen, so richtet seine nächste Sorge sich darauf, zu Brautdienern solche Jünglinge zu wählen, denen die eine oder die andere von den Rosen besonders holdselig dünkt. Das hat denn die erfreulichsten Folgen. Es ist wirkliche Tatsache, dass einer Hochzeit binnen kurzer Frist fünf gefolgt sind, wenn es auf der ersten ebenso viele Brautjungfern und Brautdiener gab.

Zum Kränzewinden am Abend vor der Hochzeit versammeln sich nicht nur alle "Röschen", sondern auch andere Mädchen. Die Männer sind verbannt, nur dem Bräutigam wird der Zutritt gestattet, doch muss auch er sich damit begnügen, im Winkel am Ofen zu sitzen: an den Tisch, wo die Braut mit den Mädchen sitzt, darf er nicht. Die Braut muss vorschriftsmäßig weinen, die Mädchen singen und warten auf den Rosmarin. Ist er gebracht worden, so wählt die älteste Brautjungfer einen passenden Zweig, biegt ihn rund und reicht ihn dann der zweiten, welche einen andern Zweig daran windet und den Kranz der dritten gibt. So geht jeder Kranz durch alle Hände, bis sie sämtlich fertig sind, die Klausur aufgehoben und der Abend mit Tanz und Gesang beschlossen wird.

Am nächsten Morgen ist der "družba" schon früh auf dem Posten - er hat ja die verschiedenen Begrüßungsreden an die Gäste zu halten, die sich beim Bräutigam versammeln. Ist das geschehen, so stellt er sich mit dem jungen Manne vor dessen Eltern, die sich mitten in die Stube setzen mussten. Im Namen des Sohnes dankt er ihnen für die Erziehung und alles Gute, was sie sonst noch an ihm getan, und verspricht lebenslängliche Erkenntlichkeit. Der Sohn begleitet die rührende Rede mit bitterlichen Tränen.

Gleich darauf verwandelt der "družba" sich in Vater und Mutter, und legt dem Bräutigam an's Herz: er solle, wenn er auch aufhöre, ledig zu sein, doch darum nicht aufhören, Sohn zu sein. Auch





beim Segen der Eltern, welchen der kniende Sohn empfängt, spricht der "družba" feierliche Worte. Dann wird ein Hochzeitslied angestimmt, und man begibt sich in's Brauthaus. Wenn dasselbe in einem andern Dorfe ist, so fährt man.

Die Eltern der Braut kommen heraus, um die Gesellschaft einzuladen. Die Braut befindet sich mit den Brautjungfern und einigen Frauen in der verschlossenen Kammer. Sollte noch eine Brautjungfer mit der Gesellschaft des Bräutigams angekommen sein, so wird sie zu den übrigen gebracht. Dann ersucht der "družba" die Eltern der Braut, sich an dem vornehmsten Platz niederzulassen, tritt, mit dem Bräutigam an seiner rechten Seite, vor sie hin, und bittet, sie möchten ihm gestatten, dass er die Braut hole.

Er bekommt die Erlaubnis, nimmt den "Hochzeitskuchen" in die Hand, geht mit den Verwandten des Bräutigams an die Brautkammer, klopft, grüßt, erhält von innen einen höflichen Dank, und beginnt seinen Spruch:

Fräulein Brautjungfern, edel und schön,
Und sehr angesehene Frauen,
Wir zogen über Täler und Höh'n,
Über Wässer und Auen,
Weit, breit, hoch uns umzuschauen,
Überall fragend,
Überall spähend,
Überall suchend
Nach einem großen Schatz,
Bis gute Leut' uns sagten im Vertrauen:
In dieser Wohnung da wäre sein Platz,
Und zwar in diesem Kämmerlein.
Doch lauter schöne Mägdelein
Die schlössen ihn im Kreise ein,

Als dieses Schatzes Hüterinnen,
Nebst angeseh'nen Frau'n als Kämm'rerinnen.
D'rum halten wir bescheiden an:
Es werde hier uns aufgetan,
Dass uns gegönnt, den Schatz zu schauen.
Wir kommen in böser Absicht nicht,
Mit keinem freundlich falschen Gesicht,
Wir haben vielmehr ein Kleinod hier,
Das ist an Gold und Silber reich;
Sobald erblickt das Kleinod ihr.
So hoff' ich, gebt den Schatz ihr gleich.
Wollet unser Gesuch gewähren,
Und so die Freude Aller mehren.

Eine Brautjungfer oder irgend eine von den Frauen antwortet, immer durch die Tür, ebenfalls in Versen. Die Hüterinnen des Schatzes wissen nicht recht, was die Bittsteller draußen wollen. Indessen durch Zugeständnis auf Zugeständnis kommt es doch endlich so weit, dass dem "družba" die Tür geöffnet und die Braut übergeben wird. Er führt sie an die rechte Seite ihrer Eltern und fordert diese in einer neuen langen Rede auf, nach altem Brauch und Vätersitte eigenhändig oder durch die Hand des anwesenden Freundes, der es gern an ihrer Statt tun werde, "die Braut dem Bräutigam zu übergeben."

Jetzt fängt der "anwesende" Freund an, über den Ehestand zu predigen. Er beginnt bei Adam und Eva und endigt bei der gegenwärtigen Hochzeit, und dringt besonders auf die gute Erziehung der Kinder, welche für den Augenblick glücklicher Weise noch nicht da sind. Nachdem er diese zu hoffenden "Ölzweige" den künftigen Eltern beweglich genug anempfohlen, kehrt er in die Gegenwart zurück und legt die rechte Hand der Braut in die des Bräutigams, doch nicht ohne die Braut noch durch eine kleine Privatpredigt zu erbauen, in welcher das Gleichnis der Schrift von der bösen Frau und dem Skorpion zur Anwendung kommt. Brustkrank darf der Freund nicht sein, noch weniger darf es der "družba", welcher jetzt wieder die Eltern auffordern muss, das vor ihnen niedergekniete Brautpaar zu segnen. Dann singt er nebst allen Gästen das Lied:

Komm, mein Täubchen, komm, mein Liebchen,
Denn dein Männchen girret,

und mit dieser zärtlichen Einladung führt er die Braut nach dem Wagen, welchen sie mit den Brautjungfern einnimmt, von denen eine auf einem mit Blumen geschmückten Teller die Hochzeitskränze hält. Der "Brautwagen" wird von vier der schönsten Pferde gezogen. Jeder reiche Bauer im Chrudimer Kreise hat nämlich ein oder zwei sogenannte "Hochzeitspferde", die er selbst gezogen und außer bei Kirchweihen und Hochzeiten selten einspannt. Steht nun eine Hochzeit bevor, so werden vier dieser Staatspferde schon





Wochen vorher geschont, ist es Sommer, Tag und Nacht auf den besten Weideplätzen gelassen, und mit ihnen fährt die Braut auf ihrem Wagen, welchem die Reihe der Zweispänner mit den Brautdienern, den Gästen und den Spielleuten folgt. Diese blasen auf ihren Trompeten, die Gäste trinken einander zu, und wäre der Weg in die Kirche auch noch so kurz. Ist sie gar zu nah, so macht man, um mit Anstand zu ihr zu gelangen, den möglichst weiten Umweg, denn gefahren muss werden, zu Fuß gehen schickt sich nicht. Der Bräutigam reitet mit einem Gefolge junger Bursche neben dem Brautwagen; man findet sein "schwarzes Pferd" eben so oft in den Hochzeitsliedern, wie "Hinschen" und "Ännchen", die Repräsentanten des Jünglings und des Mädchens. Dass bei dem Hochzeitszuge eine wahre Rosmarinverschwendung ausgeübt wird, braucht nicht erst gesagt zu werden, auch Kuchen, welche ihrer Bestimmung gemäß "metačky", Wurfkuchen, heißen, werden in Massen ausgeworfen. Doch stürzt die ehrenwerte Zunft der Dorfbuben selten ohne Weiteres darüber her: meistens wartet sie mit anstandsvoller Mäßigung, bis der Zug erst ganz vorbei ist, und lässt dann erst der Natur den Zügel schießen.

Bei der Trauung schenkt man sich nur ausnahmsweise die Ringe. Gewöhnlich ist das schon beim Beginn der Liebe auf einer Hochzeit oder Kirchweih während des Tanzens geschehen.

Kommt man von der Trauung zurück, so springt der "družba" rasch vom Wagen, um die Braut herabzuheben und in das Zimmer zu führen, wo schon sämtliche Tische gedeckt sind. Dann weist er Allen ihre Plätze an. Die Braut sitzt mit den Brautjungfern am "Brauttische", wo auch etwa eingeladene Honoratioren, Geistliche, Beamte oder Stadtgäste Platz finden.

Nun erst beginnt die eigentliche Tätigkeit des universellen "družba". Die erste Schüssel bringt er herein, ermahnt in gereimter Rede Jedermann, ihm und seinen Brautdienern aus dem Wege zu gehen, ruft den Musikanten zu, sie sollen aufspielen, setzt unter rauschender Musik die Schüssel auf den Tisch, indem er "die Herren und Frauen Hochzeitsgäste" willkommen heißt, erinnert sie an den alten Brauch, spricht ein Gebet, stimmt ein Lied an, und bittet mit veränderter Stimme die Gäste, namentlich die Brautjungfern und andern Frauen, sie möchten mit allen ihren Befehlen sich nur an ihn und seine Brautdiener wenden. Auch während des Fortgangs der Mahlzeit wiederholt er dieses Anerbieten, und dazwischen fleht er: man möge ihn nicht schlagen, indem er aufrichtig bekennen müsse, der liebe Herrgott habe ihn so wunderbar geschaffen, dass ihm ein kaum merkbarer Schlag von einem alten Weibe widerwärtiger sei, als ein warmer Kuss von einem hübschen Mädchen.

Weiter bittet er die Gäste um eine Gabe für die Musikanten und die Köchin. Für jene wird auf verschiedene Weise gesammelt, am häufigsten durch einen alten Spielmann mit einer Bassgeige, welcher derselbe eine Haube aufgesetzt, ein Tuch umgetan und eine Schürze vorgebunden hat. So ausstaffiert stellt der Alte die sogenannte "Käthe" der Gesellschaft vor, und erzählt, indem er eine Frauenstimme nachahmt und mit den Worten "ich armes Katharinchen" anfängt, die ganze Lebens- und Leidensgeschichte des bedauernswerten Brummbasses, der von Zeit zu Zeit einige dumpfe Töne dazu geben muss. Für die Köchin holt der "družba" eine schmutzige Schürze aus der Küche und beweist den Gästen durch den Augenschein, wie höchst nötig es sei, dass die Schürze gewaschen werde, damit die Köchin bei der künftigen Taufe das Mahl für die Herren Gäste in einer sauberen Schürze zubereiten könne.

Hat der "družba" die Braten aufgetragen, so bittet er die Gesellschaft um etwas Stille. Eine wichtige Zeremonie steht bevor, die auf keiner echt czechischen Dorfhochzeit je versäumt wird: es soll auf die Brautjungfern, auf ihre Kränze, auf ihren Mädchenstand getrunken werden. Mit einer Flasche Rosoglio in der rechten Hand, in der andern einen Teller mit einem Likörgläschen, tritt der "družba" an den Brauttisch, schenkt ein und bringt einen gereimten Toast auf die erste Brautjungfer aus, welcher mit dem Rufe: "Nahoru!" (Hoch!) geschlossen und von der Brautjungfer ebenfalls in Versen beantwortet wird. Jede der übrigen Brautjungfern wird der Reihe nach so gefeiert, jede antwortet und jede legt nach dem Beispiel der ersten einige Zwanziger auf den Teller, für welche Spenden der "družba" oder einer der


böhmische Hochzeits bräuche


Brautdiener in scherzhafter Rede dankt. Eine ganze Menge dieser Trinksprüche liegt uns vor: wir wählen einen der kürzeren, der zugleich der originellste ist:

Der weise König Salomo
Hat immerdar in seinem Palast
Die allerschönsten Mädchen gehegt
Und sie mit höchster Lieb' umfasst.
Ich liebe die Mädchen g'rade so sehr,
Nur bin ich so glücklich nicht wie er.

Brautjüngferchen , Ihr edle Maid,
Ihr Täubchen voller Lieblichkeit,
Ihr möchtet mir Euer Kränzchen geben,
Dann könnt' ich einen Ruf erheben:
Ich bin so reich und bin so froh
Wie der glückliche König Salomo.

Nahoru!

Nachdem sämtliche Brautjungfern ihr Teil Ehre dahin haben, nimmt der "družba" den Bräutigam mit sich zur Braut und bringt Beiden mit einem gleichfalls gereimten Trinkspruch ein volles Glas zu. Unter rauschender Musik trinken die Brautleute, jedes zur Hälfte, das Glas leer, um so anzudeuten, dass sie von nun an Alles gemeinschaftlich wie "ein Leib" gemessen wollen. Hierauf wird, sollte sich ein "Fremder" am Brauttische befinden, auf dessen Gesundheit, dann auf die der Eltern, des Richters, des Geistlichen, und schließlich auf die der ganzen Gesellschaft getrunken, und diese Phase des Hochzeitsmahles meistens mit dem folgenden drolligen Liede geschlossen:

Was sollten wir nicht fröhlich sein,
Da uns der Herrgott gewogen?
Er gibt uns auf der Welt das Bier,
Den Himmel nach dem Tode.

Was sollten wir nicht fröhlich sein,
Und stürben wir auf der Stelle?
Die Hölle voll Wasserrüben steckt,
Wir kommen nicht in die Hölle.

Damit man nicht nachrechnen könne, in welchem Masse sich die Gäste durch Biertrinken für den Himmel geschickt machen, wird auf einer Hochzeit nur aus hölzernen und folglich undurchsichtigen Pokalen getrunken, und zwar am Brauttisch nur aus einem, welcher die Runde machen muss.

Sollte eine Pause im Gespräch eintreten und Langeweile für die Gäste zu befürchten sein, so ist der "družba" oder einer der Brautdiener geschwind mit einer "gereimten Erzählung" bei der Hand, welche entweder Personen aus der Romantik des Altertums, wie Alexander den Großen, "die trojanische Helene," Jason, Antonius und Kleopatra, oder, und zwar noch lieber, einheimische Helden und Frauen, wie "Fürstin Libusa, Ritter Oldřich und die Bäuerin Božena, den tapfern Břetislav" und Andere behandelt. Den Schluss bildet eine Nutzanwendung auf den Erzähler, indem dieser gewöhnlich seine eigene Liebeserklärung anknüpft. Als Beispiel diene hier die Geschichte von Libuša:

Niemals wurde von der Liebe
Noch ein Unterschied erkannt
Zwischen Bauern oder Herren,
Hohem oder niederm Stand.
Blind auch ist die Liebe nicht,
Wie man immer von ihr spricht:
Eigenschaften, welche nie
And're seh'n, entdecket sie.
Libusche, die Czechenfürstin,
Schön, vom edelsten Geschlecht,
Nahm zum Manne sich vom Pfluge
Einen ihr leibeig'nen Knecht,
Přemysl, den Ackersmann,

Machte ihn zum Ritter dann,
Hat mit ihm in Lieb' gelebt,
Und so gut regiert die Czechen,
Dass ihr Ruhm erst untergeht,
Wenn wir nicht mehr czechisch sprechen.
Möcht' es mir so gut einst gehen,
Wie dem Bauer es geschehen,
Den die Fürstin in ihr Schloss
Holen ließ auf weißem Ross.
Springend auf den Schimmel, macht' ich
Auf nach deiner Wohnung mich,
Über sieben Berg' und Wasser
Flög' in einer Stunde ich!

Wird der Kuchen auf den Tisch gesetzt, so hat der "družba" schon wieder eine neue Rede und eine neue Bitte vorzubringen. Die Rede ist, wie bisher jede, in Versen, die Bitte besteht darin, dass die Gäste doch eine kleine Beisteuer in die Wiege legen möchten, die der "družba" herbeibringt. "In einem Jahre oder etwas später werden die neuen Eheleute, wenn sie sich lieben, zur Ehre ihres Schöpfers ein Söhnchen wiegen." Es ist so gut, als war' es bereits da - man singt ihm schon ein Wiegenlied, welches





im Czechischen mit seinen vielen liebkosenden Worten und Reimen ganz reizend klingt. Auch erweicht es alle Herzen, und dem Beispiel des künftigen Vaters folgend, legt Jeder etwas Geld in die Wiege, welche die Runde macht.

Ist für den zu hoffenden Stammhalter auf diese Weise gesorgt worden, so stellt der "družba" vor die Braut "die Schüssel des Geheimnisses" oder eigentlich die Schüsseln, denn eine wird so auf die andere gestülpt, dass es unmöglich ist, ihren Inhalt eher zu erraten, als bis der "družba" die obere abhebt und den Sinn der darunter verborgenen Überraschung oft höchst glücklich zu erklären beginnt. Sieht man z. B. die ungeheure Schüssel ganz einfach nur mit Kartoffeln gefüllt, so erzählt er von der Entdeckung derselben, welche er "Gabe Gottes" nennt, von ihrer allmählichen Verbreitung, erinnert daran, wie oft vor ihrer Einführung Teuerung und Hungersnot im Lande geherrscht, zählt die Speisen her, die aus ihnen bereitet werden können, und bittet schließlich die Braut, die kleine Gabe ja nicht zu verschmähen, sondern diese Kartoffeln so lange zu setzen, bis sie sich hinreichend vermehrt haben würden, um dem ganzen Hause zu gesunder Nahrung zu dienen. Sicherlich steckt die junge Frau, wenn die Zeit des Setzens kommt, diese Kartoffeln mit eigener Hand, und besteht das Geschenk in einer Schar Küchlein, welche um ihr Nest herumpiepen, so werden diese Tiere gewiss nie geschlachtet, sondern leben, so lange sie können, um Ururgroßmütter zu werden und den ganzen neuen Hühnerhof zu bevölkern.

Auf die Schüssel folgt ein Waschbecken mit "kristallenem Wasser". Die Gäste sollen sich die Hände waschen, der "družba" empfiehlt es ihnen dringend an: "es wird ihnen nicht zum Schaden sein, sondern zur Reinlichkeit und Gesundheit." Ob das Wasser gewechselt werden soll, das sagt er nicht, nur bittet er die Fräulein Brautjungfern, welche er den ganzen Tag über abwechselnd als "Täubchen" und als "Herzchen" angeredet hat, sie möchten zu seiner, des "družba", Freude, schöne weiße Zwanziger in das "Wasserchen" werfen. Darauf geht, wie die Wiege, auch das Waschbecken von Einem zum Andern, und gesungen wird das Lied von den drei Kränzen:

Meine Allerliebste wusch sich
Dort am Wässerlein,
Mein geliebtes Herzchen wusch sich,
Ganz für sich allein.

"Allerliebste mein, was machst du
Dort am Wässerlein?"
""Winde Kränz' aus Maienglocken,
Rote Rosen d'rein.""

"Wer bekommt die grünen Kränze,
Allerliebste mein?"
""Zweie sind für uns; der dritte
Soll des Družba's sein.""

Der Wurfkrieg mit Rosinen und Mandeln, Erbsen und Wacholderbeeren hat zwischendurch stattgefunden, gewöhnlich von der weiblichen Seite der Gesellschaft begonnen. Ein Mädchen wirft einem Jünglinge, den es auszeichnen will, eine Rosine oder Mandel zu. Erwidert er den Wurf, so weiß das Mädchen, dass es verstanden worden ist, wirft eine Hand voll, und damit ist die Fehde eröffnet.

Bevor die Gäste sich vom Tische erheben, wird ihnen das Bescheidessen, "vejsluzka", bestehend aus Kolatschen, gebratenem Geflügel und "Hochzeitsflechten" oder "Kränzen" (svatebni pletenec), einem semmelartigen Gebäck, gebracht, welches sie in einem Schnupf- oder Kopftuch nach Hause tragen. Nun noch ein Gebet und ein frommes Lied, und man bricht nach dem Wirtshaus auf.

Voran schreitet natürlich der "družba", in der einen Hand einen Krug mit Bier, in der andern einen Teller mit Kolatschen. Beides überreicht er dem Wirt mit der Bitte, dieses wohlgemeinte Geschenk anzunehmen, den Hochzeitsgästen seine weiten Räume zum Tanze zu öffnen und der Braut nebst den Brautjungfern Plätze an dem großen Tische einzuräumen, welcher als "Richtertisch" bekannt ist, weil bei Bauernversammlungen der Richter daran sitzt. Der Wirt hat den besten Willen, aber der Tisch ist nicht mehr frei, "Fremde", d. h. Männer, welche nicht zur Hochzeit gehören, haben sich dort niedergelassen, "um den Tisch in Besitz zu nehmen." Der "družba" wendet sich an sie und ersucht sie, den Tisch dem





alten Herkommen gemäß der Braut abzutreten. Sie beraten sich ebenfalls auf das alte Recht, bleiben sitzen, und es entspinnt sich ein höflicher Streit, welcher erst nach einer halben Stunde damit endigt, dass die "Fremden" unter Musikbegleitung an einen andern Tisch ziehen, ihre angeschriebene Rechnung aber am Richtertische hängen bleibt und so auf den Bräutigam übergeht.

Nun wird gesungen, getrunken und getanzt, bis gegen Mitternacht die Frauen sich mit der Braut davon zu schleichen suchen. Das müssen sie sehr geschickt tun, denn werden die Mädchen es gewahr, so halten sie die Braut auf und so lange fest, bis der Bräutigam sie auslöst.

Haben die Frauen die Braut glücklich in die Brautkammer gebracht, so muss sie sich auf einen Schemel niedersetzen, und die "Starosvatka" fängt an, ihr die Flechten aufzulösen, was die übrigen Frauen vollenden. Sitzt die Braut nun mit herabfallendem Haare da, so wird der Weihwedel genommen, welcher an der Tür hängt, und die junge Frau damit besprengt. Dann ordnet man ihr das Haar nach Frauenart, und die "Starosvatka" setzt ihr die Haube auf. Den ganzen Vorgang begleitet ein Lied, welches in elegischen Worten von dem grünen Kränzchen und von dem Geliebten spricht, dem dieses zum Opfer werden soll.

Am folgenden Tage unterhalten die Gäste sich, so gut sie können, in der Wohnung der Braut, bis der Augenblick herannaht, wo diese das elterliche Haus verlassen soll. Die Eltern müssen sich nochmals an den Ehrenplatz setzen, und, vom "družba" dazu aufgefordert, die jungen Eheleute zum letzten Male segnen. Dann besteigt man die bereitstehenden Wagen, und es ertönt der Abschied der Braut:

Gott segne Euch,
Lieber Vater, zehnfach!
Und ich danke Euch,
Ach, ich danke Euch,
Väterchen, hundert Mal.

Gott segne Euch,
Liebe Mutter, zehnfach!
Und ich danke Euch,
Ach, ich danke Euch,
Mütterchen, hundert Mal.

Ich danke Euch,
Dass Ihr mich ernähret,
Mich gehegt mit Sorgen
Seit der Kindheit Morgen,
Bis Ihr mich vermählet.

Gott segne euch,
Meine lieben Mädchen,
Die ihr war't bis gestern
Meine treuen Schwestern,
Meine Kamerädchen.

Gott segne euch,
Meine lieben Burschen,
Euch, die einst gewesen,
Ach, die einst gewesen
Meine treuen Burschen.

Ihr liebtet mich,
Dürft mich nicht mehr lieben;
Aber denkt an mich,
Die fortan ich mich
Einsam muss betrüben.

Gott segne euch,
Alle meine Freunde!
Danke euch für Alles,
Wünsch' euch, gönn' euch Alles -
Segn' euch Gott, ihr Freunde!

Während dieses Gesanges ist man aus dem Dorfe herausgekommen, und die Wagen fangen an zu rollen. Nach einiger Zeit singt man in demselben Versmaße weiter:

Schon führt man mich
Über die Gebirge -
Wer, o ihr Geliebte,
Tröstet die Betrübte
Jenseits der Gebirge?

Schon führt man mich,
Weiß nicht, an welchen Ort;
Abschied wird genommen,
Sind wir angekommen,
Ich allein bleib' dort.





Hinterm Gebirg,
Hinter jenen Wäldern,
Werd' ich wohnen, Mutter,
Und Nichts sehen, Mutter,
Vor den schwarzen Wäldern.

Ich werde geh'n,
Von den Bergen lauschen,
Ob ich nicht vernehme,
Mutter, deine Stimme
In des Windes Rauschen.

Ich werde geh'n,
Von dem Berge spähen,
Ob im Tälchen unten
Meine gold'ne Mutter
Nicht vielleicht zu sehen.

Ich höre Nichts
Und kann auch Nichts sehen;
Wie, du gold'ne Mutter,
Soll in meinem Kummer
Mir die Zeit vergehen?

"Mein Töchterchen,
Gott ist allerwegen -
Lob und Dank ihm bringe,
Fleißig sei und singe,
Und er wird dich segnen."

Mit dieser Versicherung ist das Kapitel der Klagen erschöpft, und die Lieder, welche noch gesungen werden, tragen einen heiteren, oft neckisch phantastischen Charakter.

In den Dörfern, durch welche der Wagenzug muss, werden inzwischen die Sperrketten zurecht gemacht. Gewöhnlich ist das die Sache der jüngeren Frauen, doch legen auch die ältesten Mütterchen mit Hand an. Und es können nicht leicht der Arbeiterinnen zu viel sein, denn die Kette ist nicht bloß, wie anderswo fast immer, ein alltäglicher Strick, nein, ein Gewinde von seidenen Tüchern, Bändern, Schleifen, von Rosmarin und, ist Blumenzeit, von bräutlichen Rosen. Der Strick oder die wirkliche Kette ist nur inkognito da.

Mit diesem glänzenden Gehänge, einigen Flaschen Rosoglio und einer genügenden Anzahl von Gläsern begeben nun die Frauen und Altmütterchen sich dahin, wo der Weg vor dem Dorfe sich zu einem Geleise verengt. Der Hochzeitszug muss halten, der "družba" unterhandeln, und der Bräutigam bezahlen, während die Gäste die ihnen zugebrachten Gläser leeren. Bisweilen geschieht es, dass der Bräutigam, welcher vor dem Brautwagen her reitet, mit einem Stock oder einem alten Säbel die Kette durch haut, sie mit dem Pferde sprengt oder auch darüber hinwegsetzt und davonjagt. Dann vergleicht der "družba" ihn mit dem bekannten Helden Břetislaw, welcher dasselbe tat, als er seine schöne Braut davontrug und der Weg ihm durch eine Kette, wohlverstanden, eine wirkliche und ernstliche Kette, versperrt wurde. Die Frauen hören die Geschichte andächtig mit an, aber bezahlt werden muss doch, denn sonst würde der Bräutigam im Umkreis mehrerer Meilen als ein unanständiger Knicker verschrieen werden.

Die eigentliche Lust bei dieser Fahrt besteht in dem Wetteifern an Schnelligkeit, zu welchem die breiten wüsten Strecken, die sich von Dorf zu Dorf ziehen, ganz vortrefflich geeignet sind. Ja, man behauptet, dass lediglich um der hochzeitlichen Wettfahrten willen diese Striche Landes unbebaut liegen bleiben. Denn so kann der Weg, wo er aus dem Dorfe herauskommt, sich mehrere Male nach einander in parallel laufende Geleise teilen, welche sich erst in der Nähe des folgenden Dorfes wieder vereinigen, und damit ist den Wagen des Hochzeitszuges eine Rennbahn eröffnet. Kommen sie an eine solche Stelle, sind sämtliche Pferde, dem herkömmlichen Ausdruck nach, im Winde. Ihre Lenker brauchen sie nicht erst anzutreiben, sie selbst haben den Ehrgeiz, einander vorzukommen. Am schwersten hat es der Bauer, welcher den Brautwagen führt. Er muss an der Spitze bleiben, seine Pferde müssen die besten sein, es ist das seine Verpflichtung, es gilt seine Ehre und noch mehr die seiner Pferde, welche ihm hundert Mal mehr ist, als seine eigne, selbst als sein Leben. Wenn die Braut nach dieser wilden Jagd mit unversehrtem Wagen in den Hof des Bräutigams hinein donnert, so mag sie wirklich von Glück sagen.