Hochzeitsbuch (Hochzeitsbräuche)






Das Buch ist im Stile der Zeit aus heutiger Sicht recht aufwändig gedruckt. Der Einband ist fest und die Verzierung als 3D-Relief eingepreßt. Die Seiten haben dreiseitigen Goldschnitt.

Die Autoren sind das Ehepaar von Reinsberg-Düringsfeld. Ida von Reinsberg-Düringsfeld (im Buch nur von Düringsfeld genannt, ohne den Zusatz Reinsberg) war eine erfolgreiche Schriftstellerin. Sie schrieb Gedichte, Novellen, Romane. Er war Historiker, Sprach- und Kulturforscher und verfaßte wissenschaftliche Werke. 1845 heirateten sie sich und beinflußten die Werke des anderen positiv. Während Ihrer Ehe begleitete sie ihn auf seinen Studienreisen durch Zentral- und Südosteuropa. Neben anderen gemeinsam und auch einzeln verfaßten Werken entsand aus diesen Reisen das Hochzeitsbuch über die europäischen Hochzeitsbräuche.

Im Erscheinungsjahr 1871 endete der deutsch-französische Krieg. Das Buch ist Victoria von Preußen als Kronprinzessin gewidmet - was sie erst seit diesem Jahr ist. Albert Kretschmer war Professor in Berlin, Maler und Kostümkundler. Er war bekannt für (nicht nur) seine detailgetreuen Lithographien historischer Trachten.


Hochzeitsbräuche


unten links: Gem. v. Marie v. Reichenbach.
unten rechts: Lith Anst v. J. G. Bach, Leipzig.


Hochzeitsbuch

Brauch und Glaube der Hochzeit

bei den

christlichen Völkern Europas

von

Ida von Düringsfeld

und

Otto Freiherr von Reinsberg-Düringsfeld

Mit XXIV Illustrationen von Albert Kretschmer

und

einem symbolischen Titelbilde von Marie v. Reichenbach

In Farbendruck ausgeführt von J. G. Bach in Leipzig

Leipzig

Verlag von J. G. Bach

1871


Hochzeitsbuch


Ihrer königlichen Hoheit

der

Frau Kronprinzessin von Preussen

Victoria
Princess Royal von Großbritannien und Irland

in tiefster Ehrfurcht

gewidmet

von den Verfassern.





Vorwort

"Heirat ist Jedermanns Ziel," sagt man in Norwegen, und wenn es, nach dem in Deutschland herrschenden Glauben:

"Ehen werden im Himmel geschlossen,"

auch nicht Jedem beschieden ist, in den "heiligsten Orden" zu treten, wie die Ehe vom deutschen Volk genannt wird, so ist doch sicherlich kein menschliches Herz ganz von der Sehnsucht frei, sich einem andern gleichgesinnten für ewig zu verbinden, denn:

"Die Liebe kommt unversehens,"

heißt es im Persischen;

"Liebe kennt kein Gesetz,"

im Russischen, und der Engländer setzt bedenklich hinzu:

"Kein Kraut kann Liebe heilen."

Zur Beruhigung über diese verhängnisvolle Macht der Liebe spricht der Deutsche:

"Wer ohne Liebe lebt, der ist lebendig tot;"

der Czeche:

"Wo die Liebe, da ist Gott,"

und der Finne:

"Liebe zeuget stets das Schönste
Und gebieret stets das Beste."

Freilich hört man nicht immer die Rede des Provenzalen:

"Ich liebe, wer mich liebt,"

und oft sogar muss man des Spruchs gedenken, den die Bewohner der Färöer haben:

"Schwer ist's, den zu lieben, der nicht Gegenliebe nährt," indessen ist auch die erwiderte Liebe nicht ohne Schmerz,

indem man in Toscana sagt:

"Wer liebt, fürchtet,"

und auf Island versichert:

"Große Liebe macht große Sorge."

Gleichwohl behauptet der Deutsche:

"Die Liebe ist der größte Reichtum;"

der Korse:

"Wo Liebe ist, da schadet kein Übel; wo keine Liebe ist, da hilft kein Gut,"

der Finne erklärt:

"Eine Blüte ist die Liebe,
Früchte trägt sie in der Ehe."

Natürlich ist damit die wahre Ehe gemeint, von der es schon im Althochdeutschen heißt:

"Ein Leib, zwei Seelen, das ist, so sich Zweie zusammentun, mit rechter Ehe,"

und zu welcher das Schweizermädchen mit den Worten auffordert:

"O Mannli, schlag' nur ein,
Wir wollen Beide unser sein."

Denn, wenn auch so manches Sprichwort gegen die Ehe eifert, so bleibt doch wahr:

"Alleinsein taugt dem Menschen nicht" (czechisch);

"Besser Zwei, als Eins" (estnisch),

und:

"Die beste Genossenschaft ist zwischen Mann und Weib" (hindostanisch).

Der Türke führt als Beweis dafür den Spruch im Munde:

"Wer sein Brot allein isst, ist allein, um seine Last zu tragen,"

und in Deutschland gilt als Erfahrungssatz:

"Mann ohne Weib,
Haupt ohne Leib;
Weib ohne Mann,
Leib ohne Haupt daran,"

welchen der Bewohner der Altmark dahin abändert:

"Wo kein Mann ist, da ist kein Rat, Wo keine Frau ist, da ist kein Staat."

Diese Übereinstimmung der verschiedensten Völker über den Wert der Ehe macht es leicht begreiflich, dass der Schluss derselben seit den ältesten Zeiten mit besonderer Feierlichkeit begangen worden ist, und schon der Name des Festes deutet auf die Wichtigkeit, die man ihm beilegt.

Die Deutschen haben das schöne Wort Hochzeit (altsächsisch hôgetîdi) bewahrt, mit dem sie einst die höchsten Fest- und Weihzeiten des Jahres zu bezeichnen pflegten. Den Polen und Kleinrussen ist der Eintritt in die Ehe das eigentliche Freudenfest, den Tirolern und andern oberdeutschen Stämmen der Ehrentag des Lebens, und das slawische "svatba" der Czechen, Serben und Slowenen ist eines Stammes mit "svatek" (svetak), dem Ausdruck für Feiertag eines Heiligen.

Auch die Benennungen der Personen, welche die Zeremonienmeister der Hochzeit spielen, sind zum Teil den obersten Würden des Staates entlehnt und berechtigen ihre Träger zur unumschränkten Gewalt während der Dauer der Hochzeitsfestlichkeiten. Diese selbst bieten eine so unendliche Fülle von Verschiedenheiten dar, dass mancher Volksstamm in unserer Darstellung unberücksichtigt bleiben musste, um den Umfang des "Hochzeitsbuches" im richtigen Maß zu erhalten. Leider verlieren sich seit Einführung der Zivilehe die althergebrachten Hochzeitsbräuche mehr und mehr, und schon die hier folgenden dürften in manchen Ländern und Gegenden bereits der Vergangenheit angehören. Unsere Zeit schreitet rasch. Haben sich doch sogar in unseren Tagen die Grenzen zweier Reiche so verändert, dass ganze Provinzen wieder deutsch geworden sind, die bisher unter französischem Zepter standen. Um so notwendiger war es, jetzt zu sammeln, was von Bräuchen noch nicht in Vergessenheit geraten ist, und so Allen, die sich für die Sitten und Eigentümlichkeiten der Völker interessieren, ein wahrheitsgetreues Bild der Zeremonien zu liefern, welche mit der Heirat, diesem bedeutungsreichsten Akte des Familienlebens, von Alters her verbunden sind.





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